Butler zur Konstruktion der Geschlechter

In „Körper von Gewicht“ sagt  Butler etwas zur Konstruktion der Geschlechter:

„Die Kategorie des ‚sex’ ist von Anfang an normativ; sie ist, was Foucault ein ‚regulierendes Ideal’ genannt hat. In diesem Sinne fungiert das ‚biologische Geschlecht’ demnach nicht nur als Norm, sondern ist Teil einer regulierenden Praxis, die die Körper herstellt, die sie beherrscht, das heißt, deren regulierende Kraft sich als eine produktive Macht erweist, als Macht, die von ihr kontrollierten Körper zu produzieren – sie abzugrenzen, zirkulieren zu lassen und zu differenzieren. Das ‚biologische Geschlecht’ ist demnach also ein regulierendes Ideal, dessen Materialisierung erzwungen ist, und zu dieser Materialisierung kommt es (oder kommt es nicht) infolge bestimmter, höchst regulierender Praktiken. Anders gesagt, das ‚biologische Geschlecht’ ist ein ideales Konstrukt, das mit der Zeit zwangsweise materialisiert wird. Es ist nicht eine schlichte Tatsache oder ein statischer Zustand eines Körpers, sondern ein Prozeß, bei dem regulierende Normen das ‚biologische Geschlecht’ materialisieren und diese Materialisierung durch eine erzwungene ständige Wiederholung jener Normen erzielen. Daß die ständige Wiederholung notwendig ist, zeigt, daß die Materialisierung nie ganz vollendet ist, daß die Körper sich nie völlig den Normen fügen, mit denen ihre Materialisierung erzwungen wird. Es sind sogar die durch den Prozeß hervorgebrachten Instabilitäten, die Möglichkeiten der Re-Materialisierung, die einen Bereich kennzeichnen, in dem die Kraft des regulierenden Gesetzes gegen dieses selbst gewendet werden kann, um Neuartikulationen hervorzutreiben, die die hegemoniale Kraft eben dieses Gesetzes in Frage stellen.“

(Butler: Körper von Gewicht, S. 21)

In „Das Unbehagen der Geschlechter“ hatte  Butler noch auf das Verbot der Homosexualität und das Inzestverbot abgestellt.

Da sie davon ausgeht, dass ständige Wiederholung notwendig ist, wäre immerhin verständlich, dass sie davon ausgeht, die Geschlechterrollen aufheben zu können. Das allerdings in der Praxis Umerziehungsversuche immer wieder scheitern, sei es im Kibbuz oder bei der geschlechtsneutralen Erziehung spricht hiergegen. Auch die (teilweise) Unwirksamkeit dieser Vorgänge bei CAH, CAIS, Transsexualität, David Reimers etc spricht hiergegen.

Zu den wirkenden Maßnahmen bei Butler aus der Wikipedia:

Der Prozess ihrer Materialisierung funktioniert auf verschiedenen Ebenen. Butler betrachtet insbesondere die Verschränkung von

  • Sprache und Materie
  • die psychische Dimension der körperlichen Gestalt bei Individuationsprozessen
  • die Wirkungsweise von Diskursen zur körperlichen Geschlechterdifferenz.

In Bezug auf die Materialität des Geschlechtskörpers oder „biologischen Geschlechts“ (sex) wendet sie sich gegen die Annahme eines faktischen, materiellen körperlichen Geschlechts, das mit einem sozialen Konstrukt (gender) überschrieben wird. Sie geht davon aus, dass der Begriff des „biologischen Geschlechts“ (und der damit zusammenhängende Rekurs auf Naturalität) selbst „eine kulturelle Norm, die die Materialisierung von Körpern regiert“ ist.