Evolution in einer modernen Gesellschaft

Bei Betrachtungen des zukünftigen Menschen oder einer Abschätzung der weiteren Evolution des Menschen wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass gesellschaftliche Trends sich immer evolutionär auswirken und Anforderungen aus der heutigen Leistungsgesellschaft sich in der Evolution des Menschen niederschlagen müssen.

Dabei wird aber übersehen, dass Evolution nicht einfach eine Anpassung an bestehende Herausforderung ist, wie sie gerne dargestellt wird. Sondern Evolution immer voraussetzt, dass die Gene weitergegeben werden. Evolution belohnt nicht die besten Gene per se, sondern es reichern sich Gene im Genpool an, wenn sie sich über lange Zeit in Körpern befinden, die viele Kopien dieser Gene machen.

Das fällt häufig zusammen: Gene, die bessere Startvoraussetzungen schaffen, sorgen dafür, dass mehr Genkopien angefertigt und unterhalten werden können und damit auch die Gelegenheit haben, weitere Genkopien anzufertigen.

Allerdings befreit uns die moderne Gesellschaft von dem Druck, der bisher auf schlechten Genen lag. Nicht angepasste Menschen sterben nicht unbedingt früher oder haben schlechtere Leben. Vielleicht haben sie im Gegensatz zu hochintelligenten fleissigen Menschen ein geringeres Einkommen, aber das reicht auch aus, um Nachwuchs in hoher Zahl auf die Welt zu bringen. Hingegen mag eine Anpassung an das moderne Leben zu einer Karriere führen, wenn diese aber dann so erbittert verfolgt wird, dass Nachwuchs keinen Platz hat oder nur ein statt zwei oder gar mehr Kindern produziert wird, dann reichern sich diese Gene nicht im Genpool an, sondern werden im Gegenteil seltener.

Die zukünftige genetische Entwicklung des Menschen bestimmen daher nicht mehr die Anforderungen oder Vorstellungen der Gesellschaft, sondern – sofern wir keine Technik entwickeln, mit der wir unsere Gene verändern können – der Teil der Gesellschaft, der die meisten Kinder bekommt, unabhängig davon, ob dieser dem Leitbild der Gesellschaft entspricht.

Die Evolution ist nicht modern oder gerecht. Sie hat kein Ziel und führt nicht zu einer besseren Welt. Es zählt nur die Anzahl der Gene.