„Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft in „gut“ und „schlecht“ einteilen“ und Feminismus

Shehadistan bedauert in einem Artikel bei der Mädchenmannschaft bzw bei sich im Blog, dass in folgenden Zeiten leben:

In einer Zeit, in der es seit Jahren und Jahrzehnten normal ist, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft in „gut“ und „schlecht“ eingeteilt werden.

Natürlich findet sie es trotzdem richtig, dass bei „Criticial Whiteness“ erst einmal alle Weißen als Rassisten bezeichnet werden.

Wahrscheinlich sieht sie die Haltung gegenüber „weißen heterosexuellen Männern“ gar nicht als Einteilung in „gut“ oder „schlecht“, sondern ganz wertneutral als Darstellung der privilegierten Stellung wegen dieser Hautfarbe, die ja gar nichts darüber aussagt, ob derjenige Mann seine Privilegien vielleicht hinreichend hinterfragt.

Dass die Polizisten das ganz wertneutral als Merkmal eines Täterprofils sehen könnten, welches auf die potentiellen Täter vom letzten Silvester zutraf, was ja gar nichts darüber aussagt, ob der jeweilige Mann tatsächlich etwas schlechtes machen wollte, dass also beide Seiten eine Form der „Rasterfandung“ darstellen (auf der einen Seite “ was haben Leute in Führungspositionen gemeinsam?“ die dann auch dem Bettler eine privilegierte Stellung zuweist,  auf der anderen Seite „was hatten die Leute bei den Vorfällen Silvester in Köln gemeinsam?“), das kommt ihr wahrscheinlich gar nicht in den Sinn.

Der Mensch und die geringere Notwendigkeit für Anpassung an verschiedene Umwelten sowie die Fähigkeit zur Lösung ganz neuer Probleme

Leszek hatte neulich folgende Kritik in einem Kommentar zitiert:

In the first place, there is little point in claiming that our minds are adapted to the conditions of the Stone Age when we have no way of knowing what these were like, beyond the obvious facts that such a life must have involved a foraging existence by very small groups. It is quite possible that the love of personal decoration, singing and dancing, and even of telling stories round the camp fire are part of human nature, but we infer this from their cultural universality at the present time, and not from the imaginary activities of our prehistoric ancestors.

Secondly, if our minds and behavioural dispositions are indeed closely adapted to the problems of the Pleistocene in East Africa, one would expect this to have high predictive value about the subsequent development of Man, especially in the last 10,000 years that have led to modern global society. What we actually find is that humans have found out how to thrive in environments vastly different from that of East Africa, and develop technology, modes of thought, and social organization of a variety and complexity that have no relevance to any ‘adaptive problems’ that could have existed in the Stone Age. In this respect, therefore, evolutionary psychology has zero predictive value, and the whole theory that our dispositions and capacities are adaptations linked to any particular environment is completely refuted by the facts

Das erste Argument ist also, dass es unwesentlich ist, wenn wir wüssten, dass unsere Gehirne in der Steinzeit entwickelt worden sind, weil wir nicht wissen, wie es dort aussah. Demnach könnten wir auch keine Rückschlüsse ziehen, welcher evolutionäre Druck dort herrschte und was genau dort passiert ist.

Dazu ist zunächst erst einmal zu sagen, dass wir sehr leicht feststellen können, wann sich unser Gehirn entwickelt haben muss, weil es Auswanderungswellen aus Afrika gegeben hat und der genetische Rückfluss aufgrund der großen Entfernungen sehr gering bis nicht vorhanden war. Anhand der erfolgten genetischen Veränderungen kann man die Auswanderungen des Menschen nachverfolgen und rückrechnen, wann sie erfolgt ist. Alles, was an Gemeinsamkeiten beim Menschen vorliegt kann nur vor diesen Auswanderungen erfolgt sein, denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Mutation in genau der gleichen Weise auftritt . Die Auswanderungswellen fanden vor ca 40.000 bis 80.000 Jahren statt, also in der tiefsten Steinzeit.

Auch das zweite Argument, dass wir nicht wissen können, was zu dieser Zeit los war, ist nur eingeschränkt richtig. Zum einen gibt es archäologische Funde, die ein gewisses Bild davon geben, wie Menschen gelebt haben. Zum anderen gibt es die Körper und die Gene selbst und des weiteren biologische Regeln, die sich über alle Tiere finden. Wir wissen beispielsweise, dass Frauen auch damals schwanger wurden und eine längere Tragzeit hatten und das Männer bereits damals Sperma mit wesentlich geringeren Kosten herstellen konnten. Damit kennen wir die Kosten des Sex. Wir wissen des weiteren, dass alle Menschen, egal von welchem Kontinent sie stammen eine Biochemie haben, die ihnen erlaubt, Paarbindungen einzugehen und die demnach ebenfalls bereits vor der Auswanderung entstanden sein muss. Wir wissen auch um die Größen- und Kraftunterschiede zwischen Männern und Frauen, die sich zum einen aus Knochenfunden ergeben, aber auch daraus, dass wir sie bei allen Menschen vorfinden. Daraus können wir bereits einiges über das Leben der Frühmenschen und deren typische Konflikte was Partnerwahl, Verhältnis zu Sex etc herleiten und es dann mit heutigen Menschen abgleichen. Man kann eine Vielzahl weiterer Schlußfolgerungen aus entsprechenden Daten herleiten, mittels Tierstudien und medizinischen und anderen Studien abgleichen und dadurch weitere Erkenntnisse bekommen. Weitere Hinweise gibt auch die Spieltheorie, die deutlich macht, welche Probleme beispielsweise in der Paarbindung auftreten (Zusammenarbeit fördert die Kinder am besten, aber den anderen zu betrügen, ohne das er es merkt, kann einem helfen die eigenen Gene noch günstiger weiterzugeben, ein klassisches Prisoners Dilemma etc). Auch andere evolutionäre Regeln, wie etwa die der sexuellen Selektion sind im Tierreich entwickelt worden und lassen sich problemlos auf den Menschen übertragen und erklären dessen Verhalten und dessen Unstimmigkeiten am Besten. Der Verfasser des Textes hat sich insofern aus meiner Sicht wenig damit beschäftigt, wie die Theorien in der evolutionären Psychologie ermittel, begründet und getestet werden.

Das zweite Argument ist, dass dann eben eine Anpassung an die Zustände damals vor Ort aufgetreten wäre und das es daher verwunderlich wäre, dass der Mensch sich dennoch über die ganze Erde ausgebreitet hätte und Sachen, Techniken und Organisationsformen entwickelt hat, die für die damaligen Probleme gar nicht relevant waren.

Dazu lohnt es sich beispielsweise die Geschichte der Besiedelung Australiens zu betrachten: Die ersten Menschen, die sich in Australien niederließen, mussten dazu über Generationen zunächst durch Asien, dann über das Meer nach Australien und fanden dann dort eine vollkommen andere Flora und Fauna vor als sonst wo auf der Erde. Ein anderes Tier hätte vielleicht erst die Fähigkeit zu schwimmen oder zu fliegen entwickeln müssen, damit es überhaupt die Entfernung überwinden kann, dann hätte es sich langsam immer weiter an die dortige Vegetation und das Klima anpassen müssen.

Vieles von dem konnte sich der Mensch sparen, weil er eine sehr wesentliche Eigenschaft hat, die andere Tiere nicht haben: Eine hohe Intelligenz. Diese erlaubte ihm Lösungen für die oben genannten Probleme zu finden, beispielsweise indem man Schiffe entwickelte, die die Entwicklung von Flossen, einem Atemsystem für die Wasserumgebung und die Anpassungen zum späteren Landgang ersparten. Auf Australia angefangen fügten sich die Menschen auch nicht einfach in das dortige Ökosystem ein, sondern sie brandrodeten viele Flächen von Australien, was dort überhaupt erst die Verbreitung bestimmter Pflanzen begünstigte. Sie haben wahrscheinlich auch dazu beigetragen, dass die Megafauna Australiens durch Bejagung verschwunden ist.

Auch ansonsten erging es gerade größeren Tieren bei der Besiedelung der Gegend durch den Menschen nicht gut. Sie starben meist kurz nach seinem Erscheinen aus. Der Mensch nutze dann beispielsweise in kälteren Gegenden Techniken wie Iglus oder Tierfelle, um sich gegen die Kälte zu wehren oder feste Unterkünfte als Schutz vor anderen Gefahren oder sonstigen Umwelteinflüssen. Der Mensch musste sich also nicht langsam durch Mutation und Selektion anpassen, sondern konnte sich kulturell anpassen, könnte aber genetisch in der Steinzeit bleiben.

Des weiteren wird oft nicht bedacht, dass die Steinzeit noch nicht lange her ist. Die Jungsteinzeit ist gerade mal etwa 12.000 Jahre entfernt. Und es wird nicht bedacht, dass dies sehr wenige Generationen sind, also aus evolutionärer Sicht sehr kurze Zeiträume.

Auch der Vorhalt, dass der Mensch heute Probleme löst, die er damals nicht hatte, ist nur eingeschränkt richtig. Ich vermute sehr stark, das der Autor sich wenig mit sexueller Selektion, also intrasexueller Konkurrenz und intersexueller Selektion beschäftigt hat. Denn ein Großteil der Probleme sind inzwischen nur anders skaliert worden, bleiben aber in ihrem Kern gleich. Es ist letztendlich das gleiche Problem einen Eindringling in sein seinen Territorium abwehren zu wollen, ob dieser aus 40 Leuten mit Keulen oder 10.000 Leuten mit Maschinengewehren und Panzern besteht. Der Konflikt ist bereits in dem menschlichen Territorialdenken angelegt, welches eben aus der Steinzeit stammt. Ebenso ist es egal, ob man Status in der Gruppe zum Beeindrucken der Frauen aufbauen möchte und dies dadurch macht, dass man der beste Jäger ist oder ein hochrangiger Manager eines Multimillardenkonzerns. Das merkt man auch daran, dass selbst ein Multimillionär, der alles hat, was er zum Leben braucht, sich neben einem Millardär klein fühlen kann, der zu seiner sozialen Gruppe gehört, schlicht weil unserer Gehirn darauf ausgelegt ist, den Status im Umfeld zu vergleichen.

Sexuelle Selektion bringt offene und in jeder Zeit bestehende Probleme und Handlungsmotivationen wie Status, Signalling, der Wunsch dazu zu gehören und vieles andere hervor, was in jeder Gesellschaft eine Rolle spielt, auch wenn es zu verschiedenen Ausprägungen führen kann.

Und hier spielt auch herein, dass unser Gehirn gar nicht dafür entwickelt sein muss, nur bestimmte Probleme zu lösen. Denn es ist gerade ein Organ, welches uns zu abstrakten Denken befähigt und damit den Vorteil bietet, auch auf neues reagieren zu können und Probleme zu lösen, die vorher nicht bestanden und zum ersten Mal auftreten.

So etwas kann auf verschiedene Weise entstehen und einer davon ist erneut sexuelle Selektion innerhalb einer sozialen Gruppe aber auch „soziale Selektion“ innerhalb dieser Gruppe. Denn Menschen treten ja nicht nur gegen Umweltbedingungen an, sie treten insbesondere gegen andere Menschen an und es ist ein großer Vorteil, dem anderen jeweils einen Schritt voraus zu sein, seine Handlungen einzuplanen, einzuplanen, dass er einplant, dass man seine Handlungen einplant und so weiter. Bereits diese Selektion untereinander kann dazu führen, dass eine immer schneller Selektion auf Intelligenz und abstrakte Problemlösung eintritt, gerade wenn über die Sprache auch Informationsübertragung, Abstimmung untereinander und gemeinsames Planen möglich ist. Hinzu kommt die Intelligenz, die in soziale Spiele und Wettkämpfe um Status und Macht hineinspielt und schließlich auch noch sexuelle Selektion indem Frauen die Partner attraktiver finden, die sich als besonders intelligent herausstellen.

Es ist in der Evolution nichts ungewöhnliches, dass eine Selektion auf eine bestimmte Folge gleichzeitig dazu führt, dass auch anderweitig neue Möglichkeiten entstehen. Unsere Fähigkeit Probleme zu lösen ist eine davon, die aus dieser Gemengelage hervorgegangen ist und uns nur erlaubt, ganz andere Probleme ebenso zu lösen.

Dass diese Fähigkeit bereits in der Steinzeit entstanden sein muss zeigt sich auch bereits daran, dass für genug Völker die Steinzeit noch nicht sehr lange vorbei ist, seien es Völker im Urwald oder in Afrika. Insbesondere, wenn sie den Schritt vom Jäger und Sammler zum Ackerbau nicht gemacht haben, den der Mensch ohnehin erst vor ca. 12.000 Jahren vollzog, konnten sie die Ressourcen nicht ansammeln, die ihnen erlaubten, Spezialisten auszubilden und damit Wissen zu konkretisieren und Techniken über das tägliche Leben hinaus zu schaffen. Wer meint, dass diese Gehirnleistung nicht innerhalb der Steinzeit entstanden ist, der müsste davon ausgehen, dass Menschen aus diesen Völkern sie auch heute noch nicht haben können.