Auf S. 24 der Handreichung sind die Ergebnisse grafisch dargestellt. Die Gruppe der Jungen hat immer noch einen „Vorsprung“ zur Gruppe der Mädchen, aber dieser ist kleiner geworden. Finnland bildet einen signifikanten Ausreißer. Wie kann man den erklären?
Der Tagesspiegel schreibt dazu:
„In Mathematik liegen die Mädchen in Deutschland jetzt nur noch fünf Punkte hinter den Jungen, in den Naturwissenschaften ist der Unterschied von nur noch drei Punkten nicht mehr signifikant. Allerdings hat sich der Abstand zu den Jungen in Mathematik nicht verringert, weil die Mädchen zugelegt haben: Sie halten bloß ihre mittleren Leistungswerte aus den beiden Vorläuferstudien. Vielmehr sind die Leistungsvorsprünge der Jungen, die 2007 in Mathematik noch 12 Punkte und in den Naturwissenschaften noch 15 Punkte betragen hatten, deutlich zurückgegangen. Verbessert haben sich die Mädchen – allerdings nur leicht – in den Naturwissenschaften, was mit der verstärkten naturwissenschaftlichen Förderung der Mädchen erklärt wird.“
Meiner Meinung nach einer der bedeutsamsten Kritikpunkte an allen „Gender Mainstreaming Projekten“:
Sie achten immer nur auf den Unterschied zwischen Männern und Frauen, nicht darauf, ob die Lösung insgesamt besser ist oder Spitzenleistungen ergibt.
Gerade dann, wenn biologische Unterschiede bestehen lässt sich der Unterschied aber häufig nur beseitigen, wenn man das Gesamtergebnis nach unten zieht.
Ja, das läßt sich ja auch bei Quoten beobachten. Die Konsequenz beim Ausblenden biologischer Faktoren ist schon beachtlich. Der Artikel im Tagesspiegel differenziert in der Hinsicht auch nicht gut. Im Artikel heißt es, daß es keinen signifikanten Unterschied in den Naturwissenschaften gibt. In der Fußnote auf S. 24 der Handreichung aber heißt es:
„Für die Gesamtskala Naturwissenschaften zeigen sich in Deutschland keine signifikanten leistungs- bezogenen Disparitäten zwischen Mädchen und Jungen (hier nicht dargestellt, siehe Berichtsband Abb. 9.7).“
Dann aber eine Einschränkung:
„In Deutschland lassen sich innerhalb der einzelnen Inhalts- und Anforderungsbereiche sowohl in Mathematik (Arithmetik und Anwenden) als auch in den Naturwissenschaften (Geographie und Repro- duzieren) signifikante Leistungsvorsprünge der Jungen beobachten (ebd., Abb. 9.8 und 9.9).“
Die Übersichten dazu finden sich leider nur in der kostenpflichtigen Broschüre.
„Sie achten immer nur auf den Unterschied zwischen Männern und Frauen, nicht darauf, ob die Lösung insgesamt besser ist oder Spitzenleistungen ergibt.“
Ich hatte diesen Mechanismus ja in meinem Gastartikel gezeigt. Die Fixierung auf Gleichstellung macht die soziale Frage unsichtbar.
Im Gender Equality Index der EU gleichen sich Männer und Frauen bei der Freizeit an. Das wird als Erfolg gewertet. Völlig unberücksichtigt bleibt dabei: Der Gap wir kleiner, weil Männer stärker an Freizeit verlieren als Frauen. Seit 2005 haben beide Geschlechter insgesamt weniger Freizeit. Die heutige Situation ist also schlechter für alle….dafür aber „gleichgestellter“. Hurra!
Auch der Tagesspiegel thematisiert den Punkt, daß aufgrund eines Leistungseinbruches auf der Seite der Jungen im Fach Mathematik die deutschen Schüler schlechter abschneiden, als bisher:
„In Mathematik liegen die Mädchen in Deutschland jetzt nur noch fünf Punkte hinter den Jungen, in den Naturwissenschaften ist der Unterschied von nur noch drei Punkten nicht mehr signifikant. Allerdings hat sich der Abstand zu den Jungen in Mathematik nicht verringert, weil die Mädchen zugelegt haben: Sie halten bloß ihre mittleren Leistungswerte aus den beiden Vorläuferstudien. Vielmehr sind die Leistungsvorsprünge der Jungen, die 2007 in Mathematik noch 12 Punkte und in den Naturwissenschaften noch 15 Punkte betragen hatten, deutlich zurückgegangen. Verbessert haben sich die Mädchen – allerdings nur leicht – in den Naturwissenschaften, was mit der verstärkten naturwissenschaftlichen Förderung der Mädchen erklärt wird.“
Dort kann man auf S.24 der Handreichung eine Grafik sehen, die auch den Leistungsvorsprung der Gruppe der Jungen zu der der Mädchen darstellt.
Was sagen uns die Daten? Und was sagt uns der dort erkannbare „Ausreißer“ in Finnland, wo die Mädchengruppe in Mathe einen Vorsprung hat?
Christopher Hallpike ist ein Kritiker des Einflusses der postmodernen Political Correctness innerhalb der Ethnologie und gleichzeitig ein Kritiker der Evolutionären Psychologie, seiner Ansicht nach agieren beide Seiten zu unwissenschaftlich und zu dogmatisch.
Aus dem verlinkten Artikel:
„Evolutionary psychology is an attempt to explain human culture as the product of human psychology, but it also asserts that the properties of the human brain itself have been determined by a series of adaptations, over millions of years, to the conditions of the Pleistocene in East Africa. Tooby and Cosmides (1992), two of the leading evolutionary psychologists, make a powerful critique of what they call the Standard Social Science Model (SSSM), especially familiar to social anthropologists. This claims, in particular, that there is no such thing as human nature that provides us with innate cognitive or behavioural dispositions: we are basically blank slates, totally malleable. All human thought and behaviour are therefore learned, conditioned by the unique culture in which we have grown up, but our culture itself is not influenced by any innate human psychology. Tooby and Cosmides, however, draw attention to the many universals in human thought and behaviour which are clearly not dependent on culture, and give other good reasons for regarding the SSSM as seriously flawed. Some years previously (Hallpike 1976, 1979), I had also criticised the SSSM in rather similar terms to those of Tooby and Cosmides, and to this extent I therefore agree with their critique of its many absurdities. Unfortunately, the cure which they advocate, evolutionary psychology, merely substitutes a new set of fallacies, as we shall now see.“
Gesehen und ggespeichert. Ich mache erst mal die Postmoderne flach. Die ist gefährlicher als Feminismus und Biologismus zusammen. Aber ich komme auf dein Thema zurück.
Scheinen mir alles an den Haaren herbeigezogene Argumente zu sein. Beispiele:
„In the first place, if one is claiming that the traits of a species are very specific adaptations to a particular environment, it is obviously essential to know in detail what that environment is like. While, however, we are quite well informed about physical conditions in East Africa one or two million years ago, by the standards of ethology and of social anthropology we know virtually nothing about the social relations and organization of our ancestors in those remote epochs, and even less about their mental capacities. We cannot, in particular, even be sure that they even possessed grammatical language, and this general level of ignorance is quite incompatible with any informed discussion of possible adaptations.“
Wenn ich recht sehe, versucht die Evolutionäre Psychologie genau das zu erklären, wie Sprache, Sozialverhalten usw. entstanden sind. Der Vorwurf, das man nicht versuchen könne zu erklären, was man noch nicht weiß, erscheint mir unsinnig.
„if our environmental preferences had been significantly shaped by the environment, we would expect humans, in their subsequent expansion all over the globe, to choose environments with a discernible resemblance to the savannah of East Africa, and to avoid those that differed markedly from it, like rain-forests, deserts, the arctic, islands in the Pacific Ocean, and high mountain ranges. We would also expect them, after millions of years of simple, egalitarian hunter-gatherer existence in small groups, to be strongly resistant to the formation of large-scale, highly stratified societies, and, again, to have great difficulty in mastering modern electronic technology, just to mention a few glaring examples of major cultural change. Yet we know very well that in these and innumerable other respects, human habitats, social organization, culture, technology and modes of thought have diverged in wildly different ways from the model of man in the EEA, so that evolutionary psychology has no predictive value at all in these essential respects.“
Das es evtl. Gründe (Klimaveränderung, Überbevölkerung) gegeben haben könnte, die angestammte Umgebung zu verlassen, sich in einer anderen, weniger günstigen Umgebung niederzulassen und sich an die dortigen Verhältnisse anzupassen, fällt dem Autoren nicht ein.
„Thirdly, this raises the methodological objection that in Darwinian theory, biological adaptations can only be to existing circumstances, never to those that might exist in the future. This fundamental point about human abilities was first made by A.R.Wallace, Darwin’s co-formulator of the theory of natural selection, who had extensive first-hand acquaintance with hunter-gatherers of south-east Asia. He noted that on the one hand their mode of life made only very limited intellectual demands,and did not require abstract concepts of number and geometry, space, time, and advanced ethical principles, or music, yet they were potentially capable of mastering the advanced cognitive skills of modern industrial civilisation. Since, as noted, natural selection can only produce traits that are adapted to existing, and not future, conditions, it ‘could only have endowed savage man with a brain a little superior to that of an ape, where he actually possesses one little inferior to that of a philosopher’. (Wallace 1871:356) How, then, can this ‘excess’ intellectual capacity be explained by natural selection?”
Ich denke hier liegt kein Problem vor. Es kommt ja in der Evolution häufiger vor, dass bestimmte Anpassung an ein Phänomen sich auch auf andere anwenden lassen. Die Sprache z.B. ermöglichte erst die Entwicklung der höheren Kultur, obwohl sie ursprünglich vielleicht nur entstand, um sich bei der Jagd besser zu koordinieren oder um vor gefährlichen Feinden zu wahren.
“Some have argued that language developed as far back as 2 Myr ago, with Homo erectus, while others maintain the opposite view that language has only developed quite recently, some time in the last 100,000 years and probably in the last 50,000 years or so. If something like the second view turns out to be correct, this would mean that for the duration of the EEA our ancestors lived in a basically pre-linguistic state, and the consequences for evolutionary psychology would be enormous.”
Dass die Annahme korrekt ist, unterstellt er einfach so und baut darauf seine folgende Argumentation auf.
„Instead, to understand the human mind, we must rely on the study of modern humans and how the brain actually works, not on speculations about its adaptive origins in the remote past.“
Ich sehe allerdings nicht, wie man denn den menschlichen Geist erklären will, wenn nicht durch Aufweisung von Kausalitäten, sprich: durch den Nachweis, wie er so geworden ist, wie er jetzt ist.
„„Instead, to understand the human mind, we must rely on the study of modern humans and how the brain actually works, not on speculations about its adaptive origins in the remote past.““
Ein sehr schwaches Argument, da die Gehirnforschung schlicht noch nicht so weit ist, dass wir aus deren Struktur bereits so etwas ableiten können. Es bleibt nichts anderes als die evolutionären Regeln auch auf das Gehirn und das Verhalten anzuwenden und die Ergebnisse zu testen.
und: Nur weil eine Theorie nicht absolut bewiesen werden kann ist sie nicht falsch. Sie kann dennoch die Theorie sein, die die Gegebenheiten am besten erklärt.
Zumal man sie ansonsten auch akzeptiert, etwa bei allen anderen Tieren.
Ich kenne jedenfalls keinen Forscher, der evolutionäre Theorien bei Schimpansen und Gorillas bestreitet.
Es ist letztendlich auch nur eine Variante von „der mensch ist zu weit entwickelt um diesen Regeln noch zu unterliegen“, also eine Form der biologischen Kränkung.
Das es evtl. Gründe (Klimaveränderung, Überbevölkerung) gegeben haben könnte, die angestammte Umgebung zu verlassen, sich in einer anderen, weniger günstigen Umgebung niederzulassen und sich an die dortigen Verhältnisse anzupassen, fällt dem Autoren nicht ein.
Der Kritikpunkt ist: Inwiefern taugt der evolutionspsychologische Erklärungsansatz, wenn das Verhalten des Menschen primär als spezifische Adaption an sehr spezifische Umweltbedingungen (ostafrikanische Savanne) behauptet wird, dieser Savannenmensch sich aber mittlerweile in einem ganz anderen Umfeld bewegt, was die Prognosekraft seines Modells erheblich in Frage stellt.
… if one is claiming that the traits of a species are very specific adaptations to a particular environment …
Und dass EvoChris wie der pavlovsche Hund zähnefletschend reagiert, bevor er sich ernsthaft mit den Kritiken auseinandergesetzt hat. Das – der unerschütterliche Glaube – zeichnet den wahren Gläubigen aus!
So wie ich EvoChris kenne, wird er jetzt wieder das Sexualverhalten der Spezies Homo sapiens hervorkramen, weil er sich hier – zu Recht, wie ich meine – auf einigermassen sicherem Terrain wähnt.
Es ist doch der ewige Kritikpunkt an den evochrisschen „just so storys“. Er erklärt den Istzustand als logische Konsequenz aus der Vergangenheit, als logische Konsequenz aus der evolutionären Adaption an eine spezifische Umwelt. Das trägt nicht all zu weit.
Die Kritik ernst zu nehmen heisst ja nicht, dass nun alle Aspekte der Evolutionspsychologie als irrelevant entsorgt werden.
Es ist letztendlich auch nur eine Variante von „der mensch ist zu weit entwickelt um diesen Regeln noch zu unterliegen“, also eine Form der biologischen Kränkung.
Ist Physik die geeignete Wissenschaft, um menschliche Kultur im weitesten Sinne zu erklären? EvoChris argumentiert, dass es doch keine Kultur geben kann, die die physikalischen Gesetze verletzt. Das ist natürlich richtig, erklärt den Istzustand aber nur marginal. Ersetze „Physik“ durch „Evolution“, und man hat das evochrissche Erklärungsmodell.
Strohmann Argumente. Natürlich wäre eine Theorie, die physikalische Gesetze verletzt in arger Erklärungsnot und musste sich die Kritik gefallen lassen. Aber die Physik hat eben einen deutlich geringeren Erklärungswert und Bezug als die Biologie bezüglich des Verhaltens. Weil unser Gehirn als das Organ, mit den wir denken, eben durch Evolution entstanden ist.
Natürlich hat die Ethnologie nach deinem Maßstab auch nur „just so“ Erklärungen, wenn sie über Gründe für soziale Prozesse spekuliert. Das ergibt sich schon daraus, dass sie die biologischen Theorien eben nicht widerlegen können.
„Es ist das soziale“ hat erst einmal keinen höheren Wert als „es ist die Biologie“.
Es streitet keine Vermutung für eine soziale Erklärung
Das ergibt sich schon daraus, dass sie die biologischen Theorien eben nicht widerlegen können.
Das ist ja das Problem mit deinen „just so storys“. Sie sind nicht falsifizierbar.
Ich versuch es mal mit einer Metapher.
Du hast eine Gleichung mit drei Variablen. Jetzt kommst Du daher und zeigst uns deine Lösung unter den vielen Lösungen. Warum deine Lösung vor allen anderen bevorzugt sein soll, das erklärst du nicht. Das glaubst du einfach.
Abenteuerlich werden deine Theorien, wenn du die Gesellschaftsformen als Ganzes als logische Konsequenz evolutionärer Entwicklung behauptest. Deine Theorien taugen nur für die Phänomene, die in allen Gesellschaften auftreten. Die Unterschiede kannst Du mit deinem Ansatz nie begründen. Ausserdem siehst du regelmässig Muster, wo keine sind.
Du solltest dich auf diejenigen kulturellen Ausformungen beschränken, die ausnahmslos in allen Kulturen vorkommen. Dann hast du ein starkes Indiz für deine Behauptung, dass die Ursache sich direkt aus der Biologie des Menschen ableiten lässt. Alles andere sind just so storys.
Die von mir beschriebenden Phänomene zeigen sich weltweit, nur eben in anderen Ausprägungen
Die unterschiedlichen Ausprägugnen bestimmter Phänomene in unterschiedlichen Kulturen lassen sich in der Regel durch die unterschiedliche Umweletn erklären. Ich sehe da auch keinen Grund, auf nichtnaturalistische Erklärungen zurück zu greifen.
Ich verstehe die genannten Aussagen und Argumente etwas anders.
Zuerst vielleicht kurz etwas zu Hallpike und seinen Interessen, Forschungsschwerpunkten und seiner wissenschaftlichen Verortung, um seine Analyseperspektive etwas besser einordnen zu können:
Christopher Hallpike ist ein empirisch orientierter Ethnologe und befasst sich unter anderem mit kulturvergleichender kognitiver Entwicklungspsychologie, insbesondere mit der kognitiven und moralischen Entwicklung im Kontext von Kulturen von Jägern und Sammlern, Gartenbauern und Ackerbauern sowie mit Theorien sozialer und kultureller Evolution.
Es war Hallpike, der den Forschungsstand der kulturvergleichenden Psychologie zur kognitiven und moralischen Entwicklung (übrigens eines der am besten untersuchten Gebiete innerhalb der kulturvergleichenden Psychologie) in die Ethnologie/Kulturanthropologie einbrachte und für die Ethnologie/Kulturanthropologie nutzbar zu machen versuchte.
Das brachte ihm den Zorn der postmodernistischen Strömung innerhalb der Ethnologie ein, da die Postmodernisten entwicklungspsychologische Stufenmodelle und Theorien soziokultureller Evolution grundsätzlich für diskriminierend halten.
Hallpike ist innerhalb der Ethnologie/Kulturanthropologie als Kritiker des Postmodernismus, der Political Correctness, der Evolutionären Psychologie und des Kulturmaterialismus bekannt. Siehe hierzu folgenden m.E. lesenswerten Artikel (welcher als Einführung für eines seiner Bücher fungierte):
Political correctness and the death of cultural anthropology
„Wenn ich recht sehe, versucht die Evolutionäre Psychologie genau das zu erklären, wie Sprache, Sozialverhalten usw. entstanden sind. Der Vorwurf, das man nicht versuchen könne zu erklären, was man noch nicht weiß, erscheint mir unsinnig.“
Hallpikes Argument scheint mir hier zu lauten, dass die Evolutionäre Psychologie hockspekulativ sei, da sie die Herausbildung ganz bestimmter adaptiver modularer evolutionärer Mechanismen bei Menschen für eine Zeit behauptet, bezüglich derer keinerlei Forschungsbefunde über die spezifische soziokulturelle Organisation und die mentale und psychische Beschaffenheit der damaligen Menschen vorhanden sind.
Das ist ein von Ethnologen häufiger gehörtes Argument, das m.E. vor dem Hintergrund verstanden werden muss, dass Ethnologen/Kulturanthropologen, wenn sie Theorien aufstellen, immer konkrete Forschungsergebnisse über spezifische soziokulturelle Organisationsformen von Menschen vor Augen haben. Einem Ethnologen kann das Vorgehen von Evolutionären Psychologen in dieser Hinsicht daher u.U. schnell als ein „Spekulieren ins Blaue hinein“ erscheinen. Im Grunde sagt Hallpike hier also, dass er der Ansicht ist, dass die Evolutionäre Psychologie stark Gefahr läuft Just-So-Stories zu produzieren, da keinerlei Forschungsbefunde vorliegen, um ihre Aussagen über das Leben der Menschen in jener Zeit, auf die sie sich bezieht, zu verifizieren oder zu falzifizieren.
„Das es evtl. Gründe (Klimaveränderung, Überbevölkerung) gegeben haben könnte, die angestammte Umgebung zu verlassen, sich in einer anderen, weniger günstigen Umgebung niederzulassen und sich an die dortigen Verhältnisse anzupassen, fällt dem Autoren nicht ein.“
Ich denke, das Argument lautet hier, dass die Evolutionäre Psychologie erstaunlich wenig Vorhersagekraft und Erklärungswert für wesentliche Aspekte menschlichen Verhaltens besitzt. Wenn die Psyche des Menschen wesentlich durch adaptive modulare evolutionäre Mechanismen strukturiert ist, die als Anpassung an ganz bestimmte klimatische und geographische Bedingungen fungieren, würde man Hallpike zufolge erstmal spontan annehmen, dass Menschen sich nur in solchen Gebieten niederlassen, die von diesen Bedingungen nicht allzu stark abweichen und ansonsten weiterwandern sowie dass sich menschliche soziokulturelle Organisationsformen hinsichtlich Struktur und Komplexität nicht zu drastisch unterscheiden. Tatsächlich haben Menschen aber die verschiedensten klimatischen und geographischen Gebiete besiedelt sowie soziokulturelle Organisationsformen von hoher Komplexität hervorgebracht und dauerhaft erhalten. Wie ist diese Vielfalt und Komplexität des menschlichen Potentials zur Herausbildung sehr verschiedener Lebensformen, die z.T. sehr verschiedene Anforderungen stellen nun aber mit den von der Evolutionären Psychologie postulierten modularen evolutionären Mechanismen in Beziehung zu setzen? Welchen Erklärungswert hat die Evolutionäre Psychologie bezüglich des menschlichen Potentials zu soziokulturellen Veränderungen oder gar soziokultureller Evolution? Hallpike zufolge sehr wenig. Hier ist bezüglich Hallpikes Perspektive zu berücksichtigen, dass die entwicklungspsychologische Dimension soziokultureller Evolution einen der Forschungsschwerpunkte seiner eigenen Arbeit darstellt.
„Ich denke hier liegt kein Problem vor. Es kommt ja in der Evolution häufiger vor, dass bestimmte Anpassung an ein Phänomen sich auch auf andere anwenden lassen. Die Sprache z.B. ermöglichte erst die Entwicklung der höheren Kultur, obwohl sie ursprünglich vielleicht nur entstand, um sich bei der Jagd besser zu koordinieren oder um vor gefährlichen Feinden zu wahren.“
Ich kann mir schon vorstellen, dass hier ein Problem vorliegt. Hallpike meint m.E. Folgendes: Jäger und Sammler benötigen keine zu ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten, um in ihrer Umwelt zu überleben und ihr gesellschaftliches Leben zu gestalten. Die in der kognitiven Entwicklungspsychologie als formal-operationales Denken konzeptualisierte Stufe des abstrakten Denkens tritt dem Forschungsstand der kulturvergleichenden Psychologie zufolge in Jäger- und Sammler-Gesellschaften unter deren ursprünglichen Bedingungen in der Regel nicht auf.
Wenn sich eine vormoderne Bevölkerung aber nun beginnt zu modernisieren, wenn sich die Sozialisationsformen ändern, wenn eine moderne Form der Sozialisation und Bildung entsteht, wird das Potential zum formal-operationalen abstrakten Denken auf einmal aktiviert, was weitreichende soziokulturelle Veränderungen sowie Veränderungen von menschlichen Verhaltensweisen und Einstellungen nach sich zieht.
Wo aber kommt das abstrakte Denken her, wenn es auf der Kulturstufe des Jagen und Sammelns nicht benötigt wird und dort in der Regel auch nicht vorzufinden ist? Warum kommt es erst zum Vorschein, wenn die entsprechende Bevölkerung sich modernisiert? Wie ist dies mit den postulierten adaptiven evolutionären Mechanismen in Einklang zu bringen? Was hat die evolutionäre Psychologie dazu zu sagen? Hallpike hat offenbar den Eindruck, dass sich Evolutionäre Psychologen mit solchen, in seinen Augen wichtigen Problemen nicht befassen.
„Dass die Annahme korrekt ist, unterstellt er einfach so und baut darauf seine folgende Argumentation auf.“
Nein, er formuliert es ja nur als Möglichkeit:
„If something like the second view turns out to be correct, this would mean (…)”
Es ist also nur ein weiteres Argument dafür, dass er die Evolutionäre Psychologie für hochspekulativ halt.
“Ich sehe allerdings nicht, wie man denn den menschlichen Geist erklären will, wenn nicht durch Aufweisung von Kausalitäten, sprich: durch den Nachweis, wie er so geworden ist, wie er jetzt ist.“
Man kann die Funktionsweise des menschlichen Geistes – also WIE er funktioniert – natürlich auch ohne evolutionär-psychologische Annahmen erforschen und erklären. Ich persönlich habe aber nichts dagegen einzuwenden, im Anschluss an solche Forschungen zu versuchen auch gut begründete evolutionär-psychologische Erklärungen zu finden.
Hallpike scheint diesbezüglich allerdings der Ansicht zu sein, dass die Evolutionäre Psychologie bestimmte höhere kognitive Funktionen des menschlichen Geistes mit Hilfe ihres theoretischen Instrumentariums nicht angemessen erforschen und erklären kann.
Auch diesbezüglich sollte m.E. wieder Hallpikes Perspektive berücksichtigt werden, um das Gesagte besser einordnen zu können. Es gibt innerhalb der Ethnologie drei miteinander konkurrierende psychologische Theorien, deren Vertreter jeweils für sich beanspruchen die psychologische Dimension ethnologischer Forschung am besten fundieren zu können, nämlich
1. die Psychoanalyse, also Ethnopsychoanalyse
2. die Evolutionäre Psychologie
3. die kognitive Entwicklungspsychologie
Hallpike ist, wie gesagt, Anhänger der drittgenannten Richtung und argumentiert gegen die anderen beiden.
(Mein persönlicher Ansatz ist hingegen, alle drei psychologischen Richtungen jeweils auf Ihre Teilwahrheiten hin zu befragen und zu versuchen diese zu verknüpfen.)
Hallpike vertritt in diesem Artikel also explizit den Standpunkt, dass die evolutionär-psychologischen Theorien bislang nicht dazu in der Lage seien, die höheren kognitiven Funktionen des menschlichen Geistes zu erklären und dass die kognitive Entwicklungspsychologie diesbezüglich aus empirisch-wissenschaftlicher Perspektive für die Ethnologie mehr zu bieten habe.
Hallpikes Text enthält übrigens noch weitere Argumente.
„da sie die Herausbildung ganz bestimmter adaptiver modularer evolutionärer Mechanismen bei Menschen für eine Zeit behauptet, bezüglich derer keinerlei Forschungsbefunde über die spezifische soziokulturelle Organisation und die mentale und psychische Beschaffenheit der damaligen Menschen vorhanden sind.“
Da wird immer vergessen, dass das Endprodukt der Selektion ja vorhanden ist.
„Ich denke, das Argument lautet hier, dass die Evolutionäre Psychologie erstaunlich wenig Vorhersagekraft und Erklärungswert für wesentliche Aspekte menschlichen Verhaltens besitzt. “
Es gibt allerdings keine Theorie, die das menschliche Verhalten besser erklärt.
„Wenn die Psyche des Menschen wesentlich durch adaptive modulare evolutionäre Mechanismen strukturiert ist, die als Anpassung an ganz bestimmte klimatische und geographische Bedingungen fungieren, würde man Hallpike zufolge erstmal spontan annehmen, dass Menschen sich nur in solchen Gebieten niederlassen, die von diesen Bedingungen nicht allzu stark abweichen und ansonsten weiterwandern sowie dass sich menschliche soziokulturelle Organisationsformen hinsichtlich Struktur und Komplexität nicht zu drastisch unterscheiden.“
Dann hat er nicht verstanden, dass es auch bei ansonsten gleichen grundlegenden Sturkturen je nach Umwelt und den besonderheiten der Lage unterschiedliche spieltheoretische Gleichgewichte und Strategien gibt.
Beispielsweise bietet sich in dünnbesidelten Gegenden eben eine Betonung von Gastfreundschaft an, da jeder einmal in die Lage kommen kann, dass er Hilfe braucht und oft nur eine Person in der Nähe ist. In Städten kann man hingegen unpersönlicher sein, weil man nicht im gleichen Maße aufeinander angewiesen ist. Das führt dann eben trotz gleicher Anlage zu der Ausbildung unterschiedlicher Kulturen, weil man bestimmte Punkte eher betonen muss.
„Wo aber kommt das abstrakte Denken her, wenn es auf der Kulturstufe des Jagen und Sammelns nicht benötigt wird und dort in der Regel auch nicht vorzufinden ist?“
Auch dazu werden diverse Theorien diskutiert, nicht zuletzt sexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz. Von diesen beiden haben die meisten Leute, die sich nur oberflächlich mit Evolution beschäftigen, meist keinerlei Kenntnis. Sie gehen davon aus, dass es nur natürliche Selektion gibt, weswegen sie nur auf die Umgebung abstellen, nicht auf Handeln untereinander
Jäger und Sammler benötigen keine zu ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten, um in ihrer Umwelt zu überleben und ihr gesellschaftliches Leben zu gestalten.
Wie belegt er denn das eigentlich? Für das Leben in einem Paradies mit sehr lebensfreundlichen Bedingungen und hinreichend kleiner Population dürfte das stimmen. Aber sobald es darum geht (aufgrund des Populationsdrucks) lebensfeindlichere Gebiete zu erschließen, werden höhere kognitive Fähigkeiten gebraucht, welche die besondere Qualität des Menschen darstellen. Am Anfang ist das „höher“ gewiss noch niedriger, aber es lässt sich problemlos eine Entwicklungslinie von der Organisation einer Jagdgruppe zur Beutesuche bis zum interstellaren Raumflug ziehen.
„Schon um effektiv im Team zu Jagen braucht es Abstraktionsvermögen und Sprache, damit die Teammitglieder sich koordinieren können.“
Kognitiver Entwicklungspsychologen entgegnen hierauf, dass der logische Umngang mit konkreten Dingen – also konkret-operationales Denken – für das Jagen in Gruppen ausreichend sei und man dafür kein abstrakes Denken im Sinne formal-operationalen Denkens benötigt.
„Scheint mir in der Tat eine gewagte Behauptung zu sein.“
Ist es aber nicht, ist der allgemeine Forschungsstand hierzu innerhalb der Kulturvergleichenden Psychologie.
„Kognitiver Entwicklungspsychologen entgegnen hierauf, dass der logische Umngang mit konkreten Dingen – also konkret-operationales Denken – für das Jagen in Gruppen ausreichend sei und man dafür kein abstrakes Denken im Sinne formal-operationalen Denkens benötigt. “
Es sind doch nun wirklich dutzende Bereiche in der zwischenmenschlichen Interaktion denkbar, wo man formal-operatonal denken muss, da einfach nur die Haupttätigkeiten ohne weitere Interaktionen auf ihre konkret operationalen Denkweisen zu beschränken ist halt eine vereinfachung, die der Lebenswirklichkeit nicht gerecht wird.
Wo Menschen interagieren kommt man nicht um formal-operationales Denken herum. Man kann das ausklammern, wenn man diverse Interaktionen ausblendet, aber das ist dann eben unterkomplex
Ich bin auch der Meinung, dass ein Mensch aus dem Mittelalter oder der Antike in unsere Zeit verstzt in der Lage wäre, Autofahren zu lernen oder einen Computer zu bedienen, obwohl es sowas in seiner Zeit nicht gab. Ich sehe da keinen qualitativen Unterschied zwischen den Fähigkeiten, die man braucht um Wild zu jagen und denen, die man braucht um ein Auto zu fahren.
Es gibt mehrere hundert Studien zur kognitiven Entwicklungspsychologie, die in mehr als hundert Gesellschaften durchgeführt wurden. Eines der Ergebnisse war, dass die Sozialisationsformen in vorindustriellen Gesellschaften nicht dazu geeignet sind formal-operationales Denken zu fördern. Formal-operationales Denken tritt in vorindustriellen Kulturen nur selten oder gar nicht auf.
Falls du es genauer nachlesen möchtest, Hallpike hat ein Buch dazu geschrieben, in dem er den Forschungsstand hierzu zusammenfasst:
„Am Anfang ist das „höher“ gewiss noch niedriger, aber es lässt sich problemlos eine Entwicklungslinie von der Organisation einer Jagdgruppe zur Beutesuche bis zum interstellaren Raumflug ziehen.“
Ausgehend vom Forschungsstand hierzu ist das so nicht ganz zutreffend. Für die Organisation einer Jagdgruppe sind die prä-formalen kognitiven Strukturen ausreichend, für die Herstellung fortgeschrittener Technologien nicht, dafür braucht es eine formal-operationale Denkweise.
„Eines der Ergebnisse war, dass die Sozialisationsformen in vorindustriellen Gesellschaften nicht dazu geeignet sind formal-operationales Denken zu fördern. Formal-operationales Denken tritt in vorindustriellen Kulturen nur selten oder gar nicht auf.“
Mit dem Erreichen der Phase der formalen Operationen ist das Individuum in der Lage, Probleme vollständig auf einer hypothetischen Ebene zu lösen. Logische Schlussfolgerungen sind ebenso möglich, wie das geistige Variieren von Variablen.
Ein Jugendlicher kann sich auch mit unrealistischen Annahmen auseinandersetzen, was in verschiedenen Wissenschaften eine wichtige Rolle spielt: „Was wäre wenn…“
Die Jugendlichen sind in der Lage, hypothetische Fragen zu stellen („Was wäre, wenn jemand Augen am Hinterkopf hätte?“) und sich logische Beweise für abstrakte Probleme ausdenken.
Problemlagen werden systematisch abgearbeitet, was ein Versuch von Piaget und Inhelder aus dem Jahr 1958 verdeutlicht, in dem die Versuchspersonen fünf Glasgefäße mit farbloser Flüssigkeit erhielten. Sie sollten herausfinden, welche beiden Flüssigkeiten miteinander vermischt eine gelbe Flüssigkeit ergäben. Viele formale Denker fanden die Lösung, indem sie planmäßig sämtliche Kombinationsmöglichkeiten ausprobierten (vgl. Mietzel, 1998 a, 84)
„Das erste (Piaget, 1961) ist ein einfacher Test zum verbalen Denkenden des Typs: A > B; A < C; wer von A, B oder C ist der größte? (z.B. John ist dünner als Bill; John ist dicker als Sam; wer ist der Dickste von den dreien? Kinder, die jünger als 11 oder 12 Jahre sind, haben große Schwierigkeiten mit solchen Aufgaben, außer wenn es sich um Objekte handelt, die sie sehen können. Der Grund ist, daß die Lösung der Aufgabe propositionales Denken erfordert, d. h. Nachdenken über hypothetische Aussagen." Lefrancois (1994, 138)
Das können Kinder also ab 12 Jahren. Und wie man an dem Beispiel sieht bringt es einem auch bei der Planung innerhalb einer primitiven Gesellschaft vorteile, selbst wenn man vielleicht eine Jagdgruppe auch so zusammen stellen könnte.
Es ist auch für intrigen, Machtkämpfe, Statuskämpfe etc nützlich. Oder dafür einen Gegner allgemein einzuschätzen und taktisch zu denken oder beim Handeln vorteile zu haben.
Sprich: Die Vorteile ergeben sich aus der Interaktion untereinander: Sexueller Selektion und intrasexueller Konkurrenz
Ich wollte darauf hinaus, dass der Unterschied der Notwendigkeit prä-formalen zu formal-operationalen Denkens nur die Schwierigkeit der Herausforderung des Überlebens angesichts der Umweltbedingungen ist. Die Entwicklung dürfte dabei aber meistens so verlaufen, dass nur wenn die kognitiven Mittel zum Überleben da sind, bestimmte Gebiete betreten und benutzt werden können.
Ich will auch gar nicht behaupten, dass höheres Denken schon vor 50.000 Jahren da war (auch wenn es wesentlich älter als die Industrialisierung ist und wir es bis zu den frühesten Schriftfunden -Schuldschein-Tafeln nämlich- zurückverfolgen können) aber die Entwicklung dahin wirkt ziemlich naheliegend, wenn man nur größer werdende Herausforderungen (auch aus der Organisation größer werdender Gruppen) annimmt.
Du hast 5 Jäger und ein totes Reh. Wieviel von dem Reh darf sich jeder nehmen? Man ist da ganz schnell am Rechnen.
„Du hast 5 Jäger und ein totes Reh. Wieviel von dem Reh darf sich jeder nehmen? Man ist da ganz schnell am Rechnen.“
Oder: Ich will mich mit wichtigerperson1 gut stellen, dazu könnte ich mich gegen seinen Feind1 stellen, dieser hat aber wiederum als verbündeten Bruder der FraumeinesBruders. Wie werden die sich verhalten, wenn ich X mache? Wie werden sie sich verhalten, wenn ich es zusammen mit wichtigerperson2 mache, die auch wiederum Freund des Bruders ist?
@ Christian
„Das können Kinder also ab 12 Jahren.“
Ja, bei Vorhandensein einer modernen Sozialisation.
Hallpikes Argument war aber, dass formal-operationales Denken in prämodernen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht auftritt, sondern erst aktiviert wird, wenn sich eine vormoderne Gruppe modernisiert.
Formal-operationales Denken findet sich gemäß dem Forschungsstand der Kulturvergleichenden Psychologie bei Menschen in vormodernen Kulturen in der Regel nur bei solchen Personen, die aus irgendwelchen Gründen mindestens 3 Jahre Schulbildung ähnlich wie in modernen Schulen hatten. Das gibt es bei Jägern und Sammlern aber nicht.
„Ich will auch gar nicht behaupten, dass höheres Denken schon vor 50.000 Jahren da war (auch wenn es wesentlich älter als die Industrialisierung ist und wir es bis zu den frühesten Schriftfunden -Schuldschein-Tafeln nämlich- zurückverfolgen können)“
Zur Bildung von Schriftkulturen ist konkret-operationales Denken ausreichend, also die kognitive Stufe vor dem formal-operationalen Denken.
„aber die Entwicklung dahin wirkt ziemlich naheliegend, wenn man nur größer werdende Herausforderungen (auch aus der Organisation größer werdender Gruppen) annimmt.“
Nach meinen Kenntnissen korreliert formal-operationales Denken aber nicht mit der Gruppengröße, sondern mit den Faktoren Alphabetisierung und Bildung.
Wie erklärt man sich denn abseits biologischer und damit immer evolutionärer Theorien, dass formal-operatives Denken ab dem 12 Lebensjahr auftritt? Die Kinder heute in dem Alter brauchen es ja noch weniger als prähistorische Gesellschaften?
Und was ist mit dem Handeln untereinander? Braucht man da nicht sehr schnell kognitiv-formales denken? (intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz dazu noch einmal als Stichwort)
@Leszek: Ich habe das Beispiel nicht wegen der Schrift gebraucht. Das ist nur der früheste direkte Einblick in kognitives Arbeiten. Es ging mir um den Schuldschein.
„Wie erklärt man sich denn abseits biologischer und damit immer evolutionärer Theorien, dass formal-operatives Denken ab dem 12 Lebensjahr auftritt?“
Die Befunde der Kulturvergleichenden Psychologie zeigen, wie gesagt, dass formal-operationales Denken nicht einfach so auftritt, sondern nur unter bestimmten Sozialisationsbedingungen, die die kognitive Entwicklung besonders anregen.
„Die Kinder heute in dem Alter brauchen es ja noch weniger als prähistorische Gesellschaften?“
Für einen optimalen Umgang mit den abstrakteren Aspekten moderner Gesellschaften, ist es natürlich sinnvoll formal-operationales Denken zu entwickeln.
Allerdings zeigt der Forschungsstand der Entwicklungspsychologie, dass auch in modernen Gesellschaften nicht alle Erwachsenen das formal-operationale Denken entwickeln. Ein gewisser Prozentsatz der erwachsenen Menschen in modernen westlichen Gesellschaften befindet sich auf der konkret-operationalen Stufe, also der kognitiven Stufe vor dem formal-operationalen Denken.
„Und was ist mit dem Handeln untereinander? Braucht man da nicht sehr schnell kognitiv-formales denken? (intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz dazu noch einmal als Stichwort)“
Wie gesagt entwickeln auch in modernen Gesellschaften nicht alle Erwachsenen das formal-operationale Denken.
In vorindustriellen Gesellschaften ist es allerdings die Regel, dass das formal-operationale Denken nicht entwickelt wird, weil prämoderne Sozialisationsformen dafür nicht geeignet sind.
Ich denke, du unterschätzt etwas, was Menschen, die konkret-operational anstatt formal-operational denken, trotzdem für Leistungen erbringen können.
Ein Mensch, der konkret-operational denkt, kann z.B. ein großartiger Künstler oder Handwerker sein, sozial und kommunikativ kompetent sein, er kann u.U. auch viel lesen, nur wird er eben abstrakte und stärker theoretisch ausgerichtete Gedanken nicht verstehen.
Der Durchschnitt solcher prämodern-religiöser Theologen, die ihre „heiligen Schriften“ wörtlich nehmen anstatt sie historisch zu kontextualisieren oder sie symbolisch zu interpretieren, denkt z.B. konkret-operational, nicht formal-operational. (Die konservativ-islamische Theologie ist z.B. schwerpunktmäßig konkret-operational, der liberale Reform-Islam ist hingegen schwerpunktmäßig formal-operational ausgerichtet.)
Kulturen, die ihren kognitiven Schwerpunkt auf der konkret-operationalen Ebene anstatt auf der formal-operationalen Ebene haben, können auch bereits Wissenschaft betreiben, nur ist diese Wissenschaft dann eben begrenzter und gelangt nicht zu Forschungsergebnissen und Erfindungen, die ein stärker abstrakt und theoretisch ausgerichtetes Denken benötigen (Beispiele wären das antike Rom oder das antike China).
Also, natürlich können Dinge wie intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz sich auch im Kontext prä-formaler kognitiver Strukturen abspielen, und so war es den größten Teil der Menschheitsgeschichte auch, denn formal-operationales Denken gibt es als relativ verbreitetes Phänomen innerhalb von Gesellschaften erst seit wenigen Jahrhunderten.
„Die Befunde der Kulturvergleichenden Psychologie zeigen, wie gesagt, dass formal-operationales Denken nicht einfach so auftritt, sondern nur unter bestimmten Sozialisationsbedingungen, die die kognitive Entwicklung besonders anregen.“
Das kommt doch hinten und vorne nicht hin: Hier entwickeln sie es nach gängigen Theorien ab 12 Jahren, obwohl die Kinder da wahrscheinlich wenn man ihre Tätigkeiten betrachet auch nichts besonderes planen müssen, sondern mit konkreten Denken auskommen würden
Dort soll es angeblich gar nicht vorliegen, aber man betrachtet nur sehr selektive handlungen und lässt komplexe Interaktionen außen vor.
Definieren doch bitte noch einmal konkret operational und formal operational.
Im Jugendalter verschwindet die Bildhaftigkeit des Denkens, es beginnt die Phase der formalen Operationen. Diese Art zu denken entspricht dem logischen Denken, sie stützt sich auf Verbales und Symbolisches und nicht mehr nur auf Gegenstände. Kognitive (vom ital. conoscere = erkennen) Prozesse geschehen nun ohne konkrete Vorstellungen. Das formale Denken ermöglicht unter anderem das Denken in Hypothesen; Fragestellungen wie „Was wäre, wenn…?“ oder Aussagen wie „Wenn…, dann…“ können verarbeitet werden. Jugendliche können sich nun genauso gut Gedanken machen über Alternativen zur Realität, wie zur Realität selbst.
Oder hier etwas genauer:
retes Bild, das sie sich vorstellen und dann beliebig verändern können. Ein Schulkind macht sich Gedanken: „Wenn sich Mami und Papi scheiden lassen, werden wir vielleicht in eine andere Stadt ziehen und ich müsste dann die Schule wechseln, so wie Stefan.“ Das 10-jährige Kind kann sich schon hypothetisch mit dieser Frage beschäftigen, wenn auch keine Scheidung der Eltern bevorsteht. Doch geht es von einem ihm bekannten Fall aus: Die Scheidung von Stefans Eltern. Ein Jugendlicher von 15 Jahren kann in formalen Ursache- Wirkungs- Zusammenhängen denken. Eine Veränderung kann der Auslöser sein für eine ganze Reihe von Ereignissen. Diese Erkenntnis wenden sie auf die Wirklichkeit an und können daraus schlussfolgern: „Wenn Eltern sich trennen, kann das für die Kinder eine Menge Folgen nach sich ziehen; es ist im Allgemeinen so, deshalb ist es auch in diesem bestimmten Fall so möglich.“
Diese Art in Hypothesen zu denken, kann sich noch stärker von der Realität lösen als beim Beispiel „Scheidung“. Es handelt sich dann um logisches Denken, losgelöst von jeglicher Realität: „Nehmen wir an A ist wahr, ist dann B auch wahr?“ Die Annahme „A ist wahr“ muss dann nichts mehr mit der Realität zu tun haben. Für ein Schulkind wären rein theoretische Fragen dieser Art noch zu schwierig. Es kann sich Sachen vorstellen, die nichts mehr mit der Realität zu tun haben, jedoch noch keine logischen Überlegungen dazu anstellen.
Dazu noch ein Beispiel von Conger:
Frage: „Wenn alle Mondmännchen gelbe Füsse haben, und dann kommt ein Männchen mit gelben Füssen, ist das dann ein Mondmännchen?“
Antwort Schulkind: Mondmännchen gibt es doch gar nicht!“
Antwort Jugendlicher: Nicht unbedingt, denn es ist ja nicht gesagt, dass nur Mondmännchen gelbe Füsse haben.“ = Lässt sich auf die Frage ein.
2.2.2 Intelligenz
Piaget wurde von verschiedenen Seiten kritisiert. Denn bei seiner Theorie geht er davon aus, dass alle Menschen das formale Stadium erreichen. Piaget berücksichtigte den Aspekt Intelligenz nicht genug, obwohl dieser eine wichtige Roller spielt, da Jugendliche mit einem höheren IQ das formale Denkstadium früher erreichen als andere mit einem niedrigeren IQ. Niedrig begabte Kinder mit einem IQ unter 80 können das formale Denkstadium gar nicht erreichen. Trotzdem ist es nicht so, dass beim formalen Denken nur die Intelligenz eine Rolle spielt. Es muss auch erwähnt werden, dass diese Art zu denken zu einem passen muss. So gibt es hochintelligente Menschen, die im formalen Denken nicht geübt sind, weil es ihnen einfach nicht entspricht so zu denken. Menschen mit musischer Begabung oder solche deren Interessen eher im sozialen Bereich liegen, haben andere als formale Lösungswege um die ihnen gestellten Aufgaben zu lösen. Ihre Intelligenz entwickelt sich in eine andere Richtung.
So ist es auch erklärbar, dass Knaben oft mehr Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern aufweisen als Mädchen. Ausserdem ist zu erwähnen, dass formales Denken kein Reifungsprozess ist, sondern auf Erfahrung beruht. Das heisst, dort wo mehr Erfahrungen gemacht werden, findet mehr Assimilation und Akkomodation statt. Das formale denken wird zuerst bei Aufgaben in den „erfahrungsreichen“ Bereichen angewandt. So kann die Entwicklung in verschiedene Richtungen verschieden stark ausgebildet sein. Wer zum Beispiel auf einem Bauernhof aufwächst, hat andere Erfahrungen und Eindrücke über die er sich Gedanken macht, als jemand der neben einem grossen Flughafen aufgewachsen ist. Um nochmals auf Mädchen und Knaben zurück zu kommen: Die formale Denkweise eines Mädchens das mit Puppen spielt entwickelt sich in eine andere Richtung als die eines Knaben, der versucht mit Bauklötzen einen möglichst hohen Turm zu bauen. Wenn hochbegabte Kinder / Jugendliche Probleme im emotionalen Bereich haben, ist das darauf zurückzuführen, dass ihr denken einseitig- formal ist; sie sehen das soziale Miteinander aus rein rationaler Perspektive.
2.2.3 Generationenkluft
Mit dem formalen Denken öffnet sich den Jugendlichen auch die Möglichkeit mit abstrakten Begriffen wie Gerechtigkeit, Freundschaft, Toleranz und Gleichberechtigung umzugehen. Diese Begriffe können in verschiedenen Zusammenhängen, moralisch oder politisch, eingesetzt werden. Erst jetzt sind die Jugendlichen im Stande zu philosophieren. Durch die Fähigkeit abstrakt zu denken, erhält der Jugendliche Zugang zur bildhaften Sprache, bei der auch Symbole eingesetzt werden. Die Texte die er jetzt liest sind anspruchsvoller, er kann zwischen den Zeilen lesen und den Text interpretieren, was vor allem bei Gedichten sehr wichtig ist. In diesem Alter beginnen Jugendliche oft gezielt Musik zu hören; sie fangen an, sich für einen bestimmten Musikstil zu interessieren. Auch das muss man mit dem formalen Denken verbinden. Denn auch Liedtexte bestehen oft zu einem grossen Teil aus bildhaften Ausdrücken die zuerst in unsere Art von Sprache übersetzt werden müssen.
2.2.4 Argumentieren
Wenn Kinder zu Jugendlichen werden, verändert sich ihr Körper, das heisst ihr Äusseres. Aber auch ihr Inneres, ihre Denkweise verändert sich. Sie erreichen den Zustand des formalen Denkstadiums, und sie haben nun die Möglichkeit in Hypothesen zu denken.- Zum ersten Mal im Leben sehen sie sich mit einer Vielzahl von Widersprüchen konfrontiert. „Gott hat die Menschen lieb“ und „Es gibt viel Leid auf der Welt“ sind Gedanken, die für einen Jugendlichen zu vereinbaren sind. Es müsste doch heissen „Weil Gott die Menschen liebt, gibt es kein Leid auf der Welt“. Doch wenn wir die Welt anschauen, mit all denn Missständen, stimmt der obige Satz nicht. Zum ersten Mal im Leben versucht der Jugendliche mit Hilfe der Logik Widersprüche aufzulösen. Er kann zwei verschiedene Schlüsse ziehen: Der eine wäre, dass es Gott nicht gibt – der Jugendliche wendet sich von Religion und Glaube ab. Das kann je nachdem schon zu einem Problem innerhalb der Familie führen. Eine andere Schlussfolgerung wäre, dass der Jugendliche das Leid der Welt als eine Aufforderung von Gott ansieht und zu einem feurigen Anhänger der Evangeliumsbewegung wird. Aber auch bei weniger brisanten Themen, stossen die Jugendlichen im Alltag auf Widersprüche, zu Hause oder in der Schule. Das führt zu endlosen Diskussionen, die in erster Linie dem Ausprobieren der neu erworbenen kognitiven Fähigkeiten dienen. Die vielen Fragen nach warum und wieso sind vergleichbar mit der Fragerei von Kleinkindern. Schon der griechische Philosoph Plato hatte dies bemerkt: „Sie schauen unter jeden Stein, und in ihrer Begeisterung darüber, zum ersten Mal die Weisheit zu schmecken bekommen, verärgern sie alle um sich herum mit ihren Diskussionen.“ Dieses Sich-über-alles-Gedanken-machen und hinterfragen hat noch einen anderen Hintergrund. Der Jugendliche lernt zu relativieren. Was für ihn als Schulkind als normal galt und seine vertraute Welt darstellte, ist nun nur noch eine von verschiedenen Möglichkeiten etwas zu handhaben.
Beispiel: Die Eltern von Stefan stimmen immer gleich ab, für ihn ist das normal. Bei Tom zu Hause ist das anders, seine Eltern wählen nicht die gleich Partei. Im Schulkindesalter findet es Stefan unangepasst, dass Toms Eltern nicht gleich stimmen, es entspricht nicht seiner Norm. Erst während der Adoleszenz vermag Stefan zu erkennen, dass Gewohnheiten, Werte, Regeln und Auffassungen von Personen und ihrem Umfeld abhängen, dass diese unterschiedlich sein können und relativ sind. Stefan fragt seine Eltern: „Warum stimmt ihr die gleiche Partei, wenn ihr doch unterschiedliche Meinungen habt? Bei Tom stehen beide Elternteile zu ihrer persönlichen Meinung, sie stimmen nicht gleich!“
Nicht nur, wie im Beispiel, die Eltern, sondern das gesamte Umfeld und die Gesellschaft werden nun vom Jugendlichen mit kritischeren Augen betrachtet und hinterfragt. Der ständige Vergleich des einen mit dem andern, lassen den Jugendlichen zum Rebellen werden. Vor allem in sozialer- und politischer Hinsicht entdeckt er Missstände zum ersten Mal. Er kann nur darüber reden und kritisieren, ändern kann er jedoch nichts. Treffend sagt Conger: „Die Tatsache, dass ein grosser Teil der Kritik, die die Jugendlichen an ihren Eltern und der Gesellschaft üben, mehr eine Sache von Worten ist als von Taten, zeigt, dass das formale Denken noch so neu für sie ist, dass es noch nicht völlig in ihre Anpassung an die Realität integriert ist.“ Meist kommt es bei den Jugendlichen zu einem Schwarz- Weiss- Denken, alles ist gut oder schlecht, wahr oder unwahr. Im Moment indem es dem Jugendlichen klar wird, dass er nichts bewirken kann, kommt es bei ihm zu einer Resignation; manchmal fällt er dann ins andere Extrem. Dieses Phänomen ist mir selbst schon aufgefallen. Knaben die sich selbst als Rechtsextreme betitelten, Bomberjacken und weisse Schuhbändel trugen, wechselten vom einen auf den andern Tag ihre Gesinnung und gingen zu der „linken“
Szene über. Zudem änderten sie auch ihr Outfit, weite Hosen und rote Schuhbändel, sie wechselten so ihren ganzen Freundeskreis. Diese Extrem- Phase dauert so lange, bis der Jugendliche wieder einen Sinn für Abstufungen entwickelt, und es ihm bewusst wird, dass im Leben vieles auf einen Ausgleich von nehmen und geben beruht. Und dass man manchmal Kompromisse eingehen muss.
Da sind Beispiele bei, die relativ einfach erkennbar auch in einer Jäger und Sammler Gesellschaft Vorteile bringen: Wenn Eltern sich trennen dann tritt üblicherweise dies und das ein, das wird dann auch bei mir so sein“ oder „Im Kampf sterben Leute, das ist für deren Kinder schlecht, auch wenn mein Vater in den Krieg zieht, dann könnte das für mich schlecht sein“ oder „Bei schlechten Wetter ziehen zu jagende Tiere eher langsamer durch die Gegend. Das werden auch die von mir beobachteten Tiere gemacht haben. Sie werden daher eher in Gegend X sein“
Aber auch Fragen von Gerechtigkeit oder dem Sinn des Lebens, vom Leben nach dem Tod oder nach Religion, allgemeine Philosophische Fragen stellen sich Jäger und Sammler gemeinschaften, auch wenn sie das nicht müssen. Beerdigungsrituale, die Ausdruck eines formal operationalen Denkens sind, sind bereits aus der Steinzeit bekannt.
„Also, natürlich können Dinge wie intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz sich auch im Kontext prä-formaler kognitiver Strukturen abspielen, und so war es den größten Teil der Menschheitsgeschichte auch, denn formal-operationales Denken gibt es als relativ verbreitetes Phänomen innerhalb von Gesellschaften erst seit wenigen Jahrhunderten.“
Das ist bereits die falsche Frage: Können sich bestimmte Operationen bereits mit präformal kognitiven Strukturen abspielen ist evolutionär nur die halbe Miete. Interessanter wäre: „Hat ein Individuum vorteile, das innerhalb dieser Strukturen bereits formal-operativ denken kann?“ Und das wird man kaum verneinen können.
Das eine ist eine Frage nach den Mindestvoraussetzungen, das andere eine Frage nach einer potentiellen Selektion
@ Ih
„Ich habe das Beispiel nicht wegen der Schrift gebraucht. Das ist nur der früheste direkte Einblick in kognitives Arbeiten. Es ging mir um den Schuldschein.“
Es ist nicht so, dass Menschen, die nicht formal-operational denken, keine Symbole verstehen könnten. Sie assoziieren Symbole allerdings nur mit konkreten Dingen und konkreten Erfahrungen, nicht mit abstrakten Prinzipien und Theorien.
Ist doch ganz einfach: Präformales Denken bedeutet im übertragenen Sinne, das 1×1 zu beherrschen; höhere Mathematik dagegen setzt formales Denken voraus. Höhere Mathematik braucht aber praktisch niemand für sein Alltagsleben, erst recht nicht der Steinzeitjäger.
„Das kommt doch hinten und vorne nicht hin: Hier entwickeln sie es nach gängigen Theorien ab 12 Jahren, obwohl die Kinder da wahrscheinlich wenn man ihre Tätigkeiten betrachet auch nichts besonderes planen müssen, sondern mit konkreten Denken auskommen würden“
Nochmal, das formal-operationale Denken entwickelt sich bei zwöfjährigen Kindern nur unter kognitiv-anregenden Sozialisationsbedingungen.
„Dort soll es angeblich gar nicht vorliegen, aber man betrachtet nur sehr selektive handlungen und lässt komplexe Interaktionen außen vor.“
Natürlich beachten Entwicklungspsychologen und Ethnologen, die solche Dinge erforschen auch komplexe Interaktionen.
„Definieren doch bitte noch einmal konkret operational und formal operational.“
Konkret-operationales Denken bezeichnet die Fähigkeit zum logischen und systematischen Denken in Bezug auf konkrete Dingen, Objekte, Personen, Ereignisse und Erfahrungen – also alles, was konkret vorstellbar ist. Das logische Denken bleibt an konkrete Vorstellungen gebunden und kommt nicht oder nur sehr begrenzt darüber hinaus.
Formal-operationales Denken bezeichnet die Fähigkeit zum logischen und systematischen Denken in Bezug auf abstrakte Dinge, also hypothetisch-deduktives Denken, losgelöst von konkreten Vorstellungen. Auf der formal-operationalen Stufe wird Denken auf Grundlage abstrakter Begriffe und Symbole unabhängig von konkreten Vorstellungen möglich.
Beide Stufen bestehen aber nochmal aus Unterstufen und Teilfähigkeiten.
Nun liegen der Kulturvergleichenden Psychologie wie gesagt über tausend Studien zur kognitiven Entwicklung aus über 100 Gesellschaften auf verschiedenen Kulturstufen vor und zu den Ergebnissen dieser Untersuchungen gehörte, dass in vormodernen Gesellschaften das formal-operationale Denken in der Regel nicht aufgefunden werden konnte, es sei denn, eine Person hatte aus irgendwelchen Gründen eine mindestens dreijährige, der modernen Bildung ähnliche Bildung erfahren.
Auch in Bezug auf das vorhergehende konkret-operationale Stadium scheinen nicht in allen vormodernen Kulturen alle Teilfähigkeiten und Unterstufen entwickelt zu werden.
Unter den Sozialisationsbedingungen moderner industrieller Gesellschaften entwickelt eine große Mehrheit das konkret-operationale Denken und viele, aber nicht alle Menschen auch das formal-operationale Denken, es gibt aber auch in modernen Gesellschaften einen gewissen Prozentsatz von Personen, die dauerhaft konkret-operational denken.
„Das ist bereits die falsche Frage: Können sich bestimmte Operationen bereits mit präformal kognitiven Strukturen abspielen ist evolutionär nur die halbe Miete. Interessanter wäre: „Hat ein Individuum vorteile, das innerhalb dieser Strukturen bereits formal-operativ denken kann?“ Und das wird man kaum verneinen können.“
Es spielt allerdings keine Rolle, ob ein Individuum potentiell Vorteile davon hätte, wenn diese Art des Denkens in vorindustriellen Gesellschaften nunmal in der Regel aufgrund der dortigen Sozialisationsbedingungen nicht entwickelt werden kann und dort schlicht nicht nachweisbar ist.
„Also nochmal: Das Konzept einer bezifferbaren Schuld (mit Zinsen übrigens) ist ein sehr abstraktes.“
Nicht, wenn es mit einer konkreten Vorstellung, dass von Personen Schulden gemacht werden und diese Schulden zurückgezahlt werden müssen, einhergeht.
Und mathematische Fähigkeiten entwickeln Menschen auch auf der konkret-operationalen Stufe bis zu einem gewissen Kompetenzgrad. (Wie weit dieser Kompetenzgrad auf der konkret-operationalen Stufe geht, müsste ich mal nachrecherchieren.)
Nochmal Leszek: Es geht mir nicht um den Nachweis, dass es schon vor knapp 5000 Jahren ein formal-operationales Denken gab (das ist sowieso nur Definitionssache), sondern um die Rückverfolgbarkeit eines hypothetischen Entwicklungsweges dahin. Für diese These muss ich nur nahe Vorstufen aufzeigen, die umso ferner sein dürfen, je weiter ich zurück gehe.
Hören wir nochmal Christopher Hallpike selbst zum Thema:
„If the ideas of primitive society and social evolution are bad enough, the suggestion that there could be such a thing as ‘primitive thought’ has generated near-hysteria: one leading anthropologist has described the notion as a ‘stain’ on the
subject’s reputation; according to Hamill (1990), anyone who doubts that members of all cultures understand the syllogisms of formal logic, for example, is a ‘colonialist’, and Malcolm Crick described my Foundations of Primitive Thought as ‘offensively
racist and a piece of European academic arrogance’(1982:290). In 2005 I gave a Plenary Address to the Jean Piaget Society, in which I said, among other things, that the moral ideas of hunter-gatherers tend to be on a simpler developmental level than those found in farming societies. At the conclusion
of the paper, (Chapter 17) a lady rushed to the microphone and said that my views led directly to genocide. The structuralist theory of Lévi-Strauss, on the other hand, maintaining that human thought is everywhere basically the same, and that
‘primitive’ thought is a different, but equal, version of Western science, was just the kind of thing anthropologists
wanted to hear, like relativism and the doctrines of Post-Modernism.
Just as it is obvious that there are primitive societies, it should not be surprising that their members should, in certain respects, think in ways that are unlike those of educated members of our society, not only about myth and magic, but about causality, space, time, classification, number, and probability, and also about the nature of language, thought, and the mind, as well as ethical issues, and the nature of society.
The Tauade of Papua New Guinea, for example, with whom I lived, had no words for numbers beyond single, pair, and many, no measurements, no forms of time-reckoning into years, months, or weeks, no basic colour terms beyond black and white, and no general direction-indicators apart from where the sun rose and set. The obvious conclusion is that the learning process in societies like this will not require mastery of some of the cognitive skills, such as those involved in mathematics, that children will be obliged to develop in our kind of society. So while the Tauade have the same basic intelligence, the same innate ability to learn, as we do, it will not be developed to the same degree in the actual cognitive skills used in their environment.
Those who deny this are therefore committed, whether they like it or not, to the remarkably implausible alternative thesis that the development of literacy and numeracy and the availability of printed books, going to school and university and learning the techniques of argument and debate, living in large urban communities among people of different backgrounds and cultures, the experience of advanced legal systems, money, and commerce, and the development of modern science and technology and all the experience of machines this has involved, to list some of the most obvious innovations in the cognitive lives of human beings, have nevertheless made no real difference at all to the basic ways in which we think about the natural
world, human society, our own selves and about how
we think. Is that really very likely, or even believable?
In primitive society there is a marked inability to think analytically about the properties of the natural world, or about thinking and the mind, about intention, about grammar and meaning, and about the structure of society in any sort of abstract terms, (…). Historically, we only find these abilities developing during the great literate civilisations of the Axial Age c.500 BC, and Flynn (2007) has recently shown how, in the same way, development from agrarian to industrial and scientific civilisation in the West during the last hundred and fifty years has had much more profound cognitive effects than in those societies where this development has been relatively insignificant.“
aus: C.H. Hallpike – Political Correctness and the death
of cultural anthropology , S. 15 – 16,
nachzulesen hier:
„Es geht mir nicht um den Nachweis, dass es schon vor knapp 5000 Jahren ein formal-operationales Denken gab (das ist sowieso nur Definitionssache), sondern um die Rückverfolgbarkeit eines hypothetischen Entwicklungsweges dahin. Für diese These muss ich nur nahe Vorstufen aufzeigen, die umso ferner sein dürfen, je weiter ich zurück gehe.“
Die Erklärung des menschlichen Geistes durch natürliche Selektion greift zu kurz. Moderne evolutionspsychologische Theorien fokussieren auf sexuelle Selektion. Zudem gibt es wahrscheinlich komplizierte Wechselwirkungen zwischen kultureller und biologischer Evolution.
Wo ist da jetzt der Widerspruch zu meiner These? Aus der Annahme einer evolutionären Entwicklung (und Trennung durch Distanz sowie unterschiedliche Umweltbedingungen) folgt fast zwangsläufig, dass es kognitiv weiter und weniger weit entwickelte Kulturen gibt.
Warum werden hier kognitive Leistungen der menschlichen Psyche in den Vordergrund gestellt? Sind unter evolutionspsychologischen Gesichtspunkten die Emotionen nicht wichtiger?
Die Trennung von natürlich und kulturell ist willkürlich. Auch Kulturen sind Ergebnis von menschlichem Handeln, und Menschen sind materiell/biologische Wesen. Kulturelles ist ohne bezug auf Biologie nicht erklärbar.
Hallpike schreibt zur Bedeutung der Erforschung der menschlichen Natur und menschlicher Universalien:
„Since Man has undoubtedly evolved from pre-human primates, this makes it entirely legitimate to investigate the extent to which this ancient genetic inheritance continues to influence human behaviour. As might be expected, there are important continuities from pre-human to human in the structure of the emotions and their facial expression, for example, or the young male propensity for physical violence, and here and elsewhere the study of ethology and of human universals show quite clearly how implausible are the attempts to deny the existence of basic human nature. (…)
In the same way, the unique human brain and its capacity for language have been essential for the development of culture, and we also find some sorts of ideas much easier to understand than others: statistical reasoning, for example, is a very late development in human civilisation. Our genetic inheritance is therefore a fundamental component in the development of human society and culture, because it explains why we find some things harder to do or to think than others, and studies of cross-cultural universals are a very promising means of investigating the biological foundations of human nature (e.g. D.E.Brown’s Human Universals, 1991).“
aus: C.H. Hallpike – Political Correctness and the death of cultural anthropology , S. 25
Das ändert für ihn aber nichts daran, dass er die Evolutionäre Psychologie für wenig wissenschaftlich hält:
„Evolutionary psychology is another variety of sociobiology, and believes that it is possible to show that the human mind is composed of a set of mental modules adapted to the conditions of the Pleistocene in East Africa. I discuss this theory in great detail
in Chapter 11, and here I shall merely note the inherent implausibility of the whole enterprise.
In the first place, there is little point in claiming that our minds are adapted to the conditions of the Stone Age when we have no way of knowing what these were like, beyond the obvious facts that such a life must have involved a foraging existence by very small groups. It is quite possible that the love of personal decoration, singing and dancing, and even of telling stories round the camp fire are part of human nature, but we infer this from their cultural universality at the present time, and not from the imaginary activities of our prehistoric ancestors.
Secondly, if our minds and behavioural dispositions are indeed closely adapted to the problems of the Pleistocene in East Africa, one would expect this to have high predictive value about the subsequent development of Man, especially in the last 10,000 years that have led to modern global society. What we actually find is that humans have found out how to thrive in environments vastly different from that of East Africa, and develop technology, modes of thought, and social organization of a variety and complexity that have no relevance to any ‘adaptive problems’ that could have existed in the Stone Age. In this respect, therefore, evolutionary psychology has zero predictive value, and the whole theory that our dispositions and capacities are adaptations linked to any particular environment is completely refuted by the facts.
Evolutionary psychologists, and sociobiologists in general, typically have little grasp of the practicalities of life in primitive society, and often display remarkable ignorance of the anthropological literature and an amateurish level of analysis
(This is in marked contrast to their studies of non-human species such as ants and baboons, which are typically well-informed and professional.)“
aus: C.H. Hallpike – Political Correctness and the death of cultural anthropology , S. 28 – 29
Den letztgenannten Punkt, dass Evolutionäre Psychologen oft zu wenig Wissen über ethnologische Daten und Fakten besäßen und ein zu geringes analytisches Niveau in dieser Hinsicht an den Tag legen würden, erwähnen übrigens auch andere bekannte Kritiker der Evolutionären Psychologie in der Ethnologie wie Marshall Sahlins und Susan McKinnon.
Christopher Hallpike schlägt vor, dass in Ausbildungsgängen für Evolutionäre Psychologie immer auch fundiertes Wissen über Ethnologie/Kulturanthropologie vermittelt werden sollte, damit Evolutionäre Psychologen diesbezüglich informierter und kompetenter agieren könnten.
Leider scheint Hallpike die Erfahrung gemacht zu haben, dass Evolutionäre Psychologen nicht selten ähnlich sektiererisch auf wissenschaftliche Kritik reagieren wie politisch korrekte Postmodernisten:
„The hostility of moderate social scientists, such as myself, to biologists’ applications of Darwinian theory to human society and its evolution is not, therefore, because the truths which they reveal are too painful to contemplate, but because many of them are not only bad science but are presented with a dogmatic intolerance of criticism which is probably unique in the natural sciences. As Professor Ingold says, ‘I have found neo-Darwinian selectionists peculiarly intolerant of any intellectual challenge to their point of view. They simply assume it to be unassailable and refuse to discuss it further. Their favourite ploy, of course, is to brand anyone who doesn’t fall into line as a crypto-Creationist.’ (Ingold 2000:2)“
Also, ich finde es ja schade, dass Evolutionäre Psychologen und Ethnologen bei relevanten Forschungsfragen nicht enger zusammenarbeiten und konstruktiver mit gegenseitiger Kritik umgehen.
Er hat sich ja anscheinend selbst nicht vertieft mit evolutionäre Psychologie beschäftigt.
Das Problem bei diesen zusammenarbeiten ist doch, dass die anderen Wissenschaften plötzlich einen Großteil ihrer Lehrwerke überarbeiten müssten und sich in ein fremdes Fach einarbeiten müssten.
Und plötzlich waren viele Experten quasi fachfremd. Deswegen bedeutet „wir sollten zusammenarbeiten“ meist „ihr musst unsere Theorien gleichwertig behandeln, damit sie relevant bleiben“
if our minds and behavioural dispositions are indeed closely adapted to the problems of the Pleistocene in East Africa, one would expect this to have high predictive value about the subsequent development of Man, especially in the last 10,000 years that have led to modern global society
Warum sollte man gerade diese Vorhersagequalität für die menschliche Entwicklung erwarten? Das scheint mir nicht die These von Evolutionspsychologie zu sein. Die Entwicklung des Menschen in den letzten 10.000 Jahren würde man eher mit der Anpassung an die Bedingungen der letzten 10.000 Jahre erklären.
Die Vorhersagequalität von Evolutionsbiologie bezieht sich auf die Erklärung heutigen menschlichen Verhaltens aus den Bedingungen der Vorzeit und zwar insbesondere da, wo dieses Verhalten im Hinblick auf heutige Bedingungen nicht optimal ist.
Und während dabei ganz klar die erheblich Gefahr besteht, durch Schlüsse hin und zurück unter Verbiegen der Evidenz eine Fantasie zu rationalisieren, bietet die Evolutionspsychologie für etliche Verhaltensphänomene noch die besten Erklärungen.
„In the first place, there is little point in claiming that our minds are adapted to the conditions of the Stone Age when we have no way of knowing what these were like.“
Da kann man doch die Geduld verlieren. Wir wissen inzwischen einiges über sie Steinzeit, vielleicht nicht genug, aber dieses Wissen einfach außer acht zu lassen aus prinzipiellen Gründen wäre doch wohl unentschuldbar. Früher hätte man eine solche Position auf der Linken als unhistorisch kritisiert.
„Also, ich finde es ja schade, dass Evolutionäre Psychologen und Ethnologen bei relevanten Forschungsfragen nicht enger zusammenarbeiten und konstruktiver mit gegenseitiger Kritik umgehen.“
Da ist es wie mit der Zusammenarbeit von Biologen und Soziologen: Es gibt keine gemeinsame Basis dafür. Wenn man durch empirische Forschung gewonnene Erkenntnisse der Biologen aufgrund irgendwelcher ausgedachter, nichtempirischer Theorien kritisiert, kann man wohl nicht zusammen kommen.
Beispiel: Ich schätze sehr die Werke des Ethnologen Napoleon Chagnon über die Yanomami-Indianer.
Chagnon versucht die Kultur der Yanomami auf der Basis von evolutionärer Psychologie (auch wenn das seinerzeit noch nicht so hieß) zu verstehen, er hat Jahre unter ihnen gelebt und spricht ihre Sprache. Er stellte fest, das sie extrem gewalttätig sind, und das es bei ihren Kriegen fast immer um Frauen geht. Daraufhin haben ihn seine akademischen Kollegen heftig angegriffen und versucht, seine bürgerliche existenz zu vernichten. Die Indigenen sind ja bekanntlich gute Menschen, und kein weißer Mann darf etwas dagegen sagen. Chagnon spricht da von einer „Peace and Harmony-Mafia“ an den ethnologischen Fakultäten.
Bezeichnend ist übrigens der deutsche Wikipedia-Artikel zu Chagnon: https://de.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
In dem über seine Forschungen praktisch nichts berichtetv wird, man ihm aber vorwirft, „den Mythos des „brutalen Wilden““ zu fördern. Die Kommentare zu dem Artikel kritisieren das heftig.
„Es gibt keine gemeinsame Basis dafür. Wenn man durch empirische Forschung gewonnene Erkenntnisse der Biologen aufgrund irgendwelcher ausgedachter, nichtempirischer Theorien kritisiert, kann man wohl nicht zusammen kommen.“
Zumal die Kritik an der evolutionären Theorie oft schlicht zeigt, dass man sich mit der Theorie nicht beschäftigt hat. Die Leute glauben sie könnten mitreden, wenn sie natürliche Selektion verstehen und die grobe Vorstellung haben, dass man da irgendwie Eigenschaften hat, die nach diesem Prinzip selektiert sind.
Die Leute, die Ahnung haben, schreiben ja solche Artikel nicht.
@ El_Mocho
„Da kann man doch die Geduld verlieren. Wir wissen inzwischen einiges über sie Steinzeit, vielleicht nicht genug, aber dieses Wissen einfach außer acht zu lassen aus prinzipiellen Gründen wäre doch wohl unentschuldbar.“
Hallpikes Argument scheint allerdings zu sein, dass wir im Hinblick auf die in der Ethnologie gängigen wissenschaftlichen Standards, die es uns erlauben begründete Aussagen über das soziokulturelle Leben von Menschengruppen zu machen, zu wenig über das Leben in der Steinzeit wissen, dass unser Wissen über das Leben in der Steinzeit daher nicht ausreiche, um fundierte Theorien über modulare evolutionäre Mechanismen zu entwickeln.
Wenn du hier anderer Meinung bist, wäre vielleicht ein Buchtipp sinnvoll. Was sollte man Hallpike deiner Ansicht empfehlen mal zu lesen, um ihn davon zu überzeugen, dass unser Wissen über die Steinzeit inzwischen weit genug fortgeschritten ist, um fundierte Aussagen über das soziokulturelle Leben von Menschengruppen in der Steinzeit machen zu können, die auch von einem empirisch orientierten Ethnologen akzeptiert werden können?
„Früher hätte man eine solche Position auf der Linken als unhistorisch kritisiert.“
Ich weiß nicht, ob Hallpike politisch links steht.
„Da ist es wie mit der Zusammenarbeit von Biologen und Soziologen: Es gibt keine gemeinsame Basis dafür. Wenn man durch empirische Forschung gewonnene Erkenntnisse der Biologen aufgrund irgendwelcher ausgedachter, nichtempirischer Theorien kritisiert, kann man wohl nicht zusammen kommen.“
Nun beruht aber die Soziologie vor allem auf empirischer Sozialforschung, insofern könnten empirisch arbeitende Soziologen und empirisch arbeitende Biologen in dieser Hinsicht potentiell durchaus zusammenkommen.
Des Weiteren hatte ich ja schon mehrfach erwähnt, dass speziell die Evolutionäre Psychologen ohnehin sehr weitgehend vom Forschungsstand in den Sozialwissenschaften und anderen Forschungsbereichen der Psychologie abhängig ist.
Das ist erstens deswegen der Fall, weil die wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Natur, wie Hallpike zutreffend betont, die Erforschung menschlicher Universalien voraussetzt.
Und um wissenschaftlich festzustellen, welche menschlichen Eigenschaften und Merkmale tatsächlich in allen Kulturen auftreten, ist es zwingend notwendig den Forschungsstand in Ethnologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft diesbezüglich heranzuziehen und auszuwerten, denn nur dies kann die empirische Basis für eine wissenschaftliche Feststellung menschlicher Universalien sein.
Zweitens beruhen aber auch ganz allgemein viele der Forschungsergebnisse, auf die sich Evolutionäre Psychologen gerne beziehen und auf deren Grundlage sie ihre Theorien entwickeln auf den Forschungsbeständen anderer Forschungsbereiche der Psychologie oder der Sozialwissenschaften, denn die Evolutionären Psychologen besitzen ja nicht die finanziellen und organisatorischen Ressourcen, um bezüglich aller Themen, zu denen sie sich äußern (wie z.B. Geschlechterverhältnisse, Umgang mit Kindern, Arbeitsverhältnisse, Formen der Kooperation, Aggressions- und Konfliktverhalten usw.) selbst Forschungen in den verschiedenen Gesellschaften und Kulturen durchzuführen, sondern häufig beziehen sie sich in dieser Hinsicht auf die Forschungsergebnisse anderer Psychologen, Soziologen, Ethnologen usw.
Die Evolutionäre Psychologie befindet sich in wissenschaftlicher Hinsicht diesbezüglich also in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Forschungsbereichen der Psychologie sowie zu den Sozialwissenschaften, hier insbesondere zu Ethnologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft, denn ohne diese hätten sie nicht ausreichend Daten zur Verfügung.
Die Kritiker der Evolutionären Psychologie in der Ethnologie sagen nun, dass Evolutionäre Psychologen vom Forschungsstand der Ethnologie oft zu wenig Ahnung hätten; dass sie zum Teil Dinge als menschliche Universalien ausgeben würden, die in Wahrheit keine menschliche Universalien seien; dass sie zum Teil Theorien aufstellen würden, die im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht plausibel seien und dass sie Forschungsergebnisse, auf die sie sich beziehen, oft zu selektiv auswählen würden.
Insofern ethnologische Kritiker der Evolutionären Psychologie solche Kritiken auch ausführlich begründen, wie es z.B. Christopher Hallpike, Marshall Sahlins und Susan McKinnon tun, wäre es nun m.E. schon wünschenswert, wenn Evolutionäre Psychologen sich in dieser Hinsicht in einen konstruktiven Dialog mit ihren Kritikern begeben würden.
„Beispiel: Ich schätze sehr die Werke des Ethnologen Napoleon Chagnon über die Yanomami-Indianer. https://en.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
Chagnon versucht die Kultur der Yanomami auf der Basis von evolutionärer Psychologie (auch wenn das seinerzeit noch nicht so hieß) zu verstehen, er hat Jahre unter ihnen gelebt und spricht ihre Sprache. Er stellte fest, das sie extrem gewalttätig sind, und das es bei ihren Kriegen fast immer um Frauen geht. Daraufhin haben ihn seine akademischen Kollegen heftig angegriffen und versucht, seine bürgerliche existenz zu vernichten.“
Die Sache mit Chagnon ist mir bekannt und ich fühle mich bezüglich der Angriffe von politisch korrekten Kollegen auf ihn mit Chagnon solidarisch.
Wie oben erwähnt, wurde auch Hallpike von politisch korrekten Kollegen schon angegriffen.
Das alles bedeutet aber natürlich nicht, dass man deswegen als Ethnologe die Evolutionäre Psychologie nicht auf Grundlage rationaler Argumentation kritisieren dürfe.
„Die Indigenen sind ja bekanntlich gute Menschen, und kein weißer Mann darf etwas dagegen sagen. Chagnon spricht da von einer „Peace and Harmony-Mafia“ an den ethnologischen Fakultäten. Bezeichnend ist übrigens der deutsche Wikipedia-Artikel zu Chagnon: https://de.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
In dem über seine Forschungen praktisch nichts berichtetv wird, man ihm aber vorwirft, „den Mythos des „brutalen Wilden““ zu fördern. Die Kommentare zu dem Artikel kritisieren das heftig.“
Dass Jäger-und-Sammler-Gesellschaften oft Stammeskriege führen, ist in der Ethnologie allerdings schon sehr lange bekannt. Der französische Ethnologe Pierre Clastres hat zu diesem Phänomen z.B. auch ein Buch geschrieben („Archäologie der Gewalt“).
Dass die häufigen Stammeskriege bei Jägern und Sammlern geleugnet werden, ist eher ein neueres Phänomen speziell eines Teils der US-amerikanischen Ethnologie/Kulturanthropologie, aber davon abgesehen ist die Häufigkeit von Stammeskriegen seit den Anfängen der Ethnologie bekannt.
„um ihn davon zu überzeugen, dass unser Wissen über die Steinzeit inzwischen weit genug fortgeschritten ist, um fundierte Aussagen über das soziokulturelle Leben von Menschengruppen in der Steinzeit machen zu können, die auch von einem empirisch orientierten Ethnologen akzeptiert werden können?“
Was er eben nicht versteht: wir müssen auch gar nicht so viel wissen.
1. wir haben das Produkt der Evolution.
2. wir haben alleine evolutionäre Regeln, die über alle Lebewesen konstant sind
Die Regel, das Eier teuer und Sperma billig ist erfordert kein Wissen des damaligen Verhaltens.
Der Umstand, das großen und Kraftunterschiede zugunsten des Männchens starke intrasexuelle Selektion als Grund hat ist eine sehr valide Theorie, auch wenn wir das damalige Leben nicht kennen.
Dass bei Tiere mit Hierarchien und starker intrasexueller Konkurrenz unter Männchen der Umstand, dass die Männchen eher versuchen einen hohen Platz in der Hierarchie zu erreichen ist auch eine sehr valide Theorie ohne diese Kenntnisse.
Nachweise müssen nicht immer dadurch erfolgen, dass man bei den Ereignis dabei war. Theorien können eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, weil sie durch eine Vielzahl von Fakten aus anderen Bereichen gestützt werden. Das kann durch über alle Lebewesen beobachtbare Regeln, biologisch- medizinische Forschung, spieltheoretische Überlegungen oder den Vergleich mit anderen, nahe verwandten Lebewesen etc
@ Christian
„Die Leute, die Ahnung haben, schreiben ja solche Artikel nicht.“
Hast du die beiden verlinkten Artikel denn ganz gelesen?
Und du fandest dort keinen einzigen bedenkenswerten Kritikpunkt?
Es wird einfach deutlich, dass der Verfasser sich wenig mit Evolutionstheorie beschäftigt hat.
Das dort auch Theorien aufgestellt werden, die angreifbar sind oder Spekulation sind ist doch klar. Das entwertet diese Ansätze als mögliche Erklärungen nicht, man muss sie dann eben mit der gebotenen Unsicherheit betrachten. Es führt aber nicht dazu, dass man sie per se mit diesen Argument verwerfen kann. Das ist ein Argument aus Nichtwissen.
Und es entwertet auch nicht die kerntheorien der evolutionären Psychologie, die einiges an Argumenten und Fakten hinter sich haben, die der Verfasser erkennbar nicht kennt.
Welchen Punkt seiner Kritik hältst du denn für den plausibelsten?
„Also, ich finde es ja schade, dass Evolutionäre Psychologen und Ethnologen bei relevanten Forschungsfragen nicht enger zusammenarbeiten und konstruktiver mit gegenseitiger Kritik umgehen.“
Wenn es Dich tröstet, das ist ein Phänomen, das ALLE wissenschaftlichen Disziplinen durchzieht, einschließlich der MINT-Fächer.
Nur wirst Du heute nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wenn Du die Lehrmeinung anzweifelst, sondern mit Ausschluss aus der wissenschaftlichen Gemeinde bestraft.
Vermutlich herrschen auch hier noch archaische Muster im Denkprozess.
Wäre doch auch mal ein lohnendes Forschungsgebiet 🙂
„Es wird einfach deutlich, dass der Verfasser sich wenig mit Evolutionstheorie beschäftigt hat.“
Er kritisiert ja auch nicht die Evolutionstheorie, sondern die Evolutionäre Psychologie und hier insbesondere deren Vorstellungen von der Modularität des Geistes.
Hierzu werden die Ansichten von Evolutionären Psychologen zitiert und dann mit Forschungsergebnissen der kulturvergleichenden kognitiven Psychologie und der Ethnologie konfrontiert und die Widersprüche herausgearbeitet.
„Das dort auch Theorien aufgestellt werden, die angreifbar sind oder Spekulation sind ist doch klar. Das entwertet diese Ansätze als mögliche Erklärungen nicht, man muss sie dann eben mit der gebotenen Unsicherheit betrachten. Es führt aber nicht dazu, dass man sie per se mit diesen Argument verwerfen kann. Das ist ein Argument aus Nichtwissen.“
Hallpike verwirft solche evolutionär-psychologischen Annahmen, die er als im Widerspruch zu Forschungsergebnissen der kulturvergleichenden kognitiven Psychologie und der Ethnologie sieht und er begründet dies auch genau. Er verwirft z.B. nicht alle Theorien zur Modularität des Geistes, sondern bestimmte, inbesondere solche in Bezug auf höhere kognitive Funktionen, die in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht gebraucht werden und dort nicht nachweisbar sind, die aber notwendig sind um moderne Gesellschaften dauerhaft zu erhalten.
„Und es entwertet auch nicht die kerntheorien der evolutionären Psychologie, die einiges an Argumenten und Fakten hinter sich haben, die der Verfasser erkennbar nicht kennt.“
In dem Text geht es primär um eine bestimmte Kerntheorie der Evolutionären Psychologie, nämlich um das evolutionär-psychologische modulare Modell von Psyche und Geist.
Vielleicht solltst du den Text einfach mal ganz lesen, um den Argumentationsgang im Zusammenhang zu verstehen.
„Welchen Punkt seiner Kritik hältst du denn für den plausibelsten?“
Ich habe den Eindruck, dass Hallpike Recht damit hat, dass das evolutionär-psychologische Modell die höheren kogitiven Funktionen nicht angemessen erklären kann.
Das klassische evolutionär-psychologische modulare Modell von Psyche und Geist ist in dieser Hinsicht wahrscheinlich unzulänglich.
Vielleicht gibt es in der Evolutionären Psychologie inzwischen ja modifizierte Modelle, die den Kritikpunkten Rechnung tragen, Hallpike ist ja auch nicht der einzige, der das Modularitätsmodell der Evolutionären Psychologie kritisiert, dann müsstest du solche modifizierten Theorien allerdings konkret nennen.
Gegen die empirische Evidenz zu behaupten, in Jäger-und -Sammler-Gesellschaften wäre formal-operationales Denken verbreitet, rettet die kritisierten evolutionär-psychologischen Theorien allerdings nicht.
Das hier z.B. ist m.E. kein besonders plausibles Gegenargument:
„Aber auch Fragen von Gerechtigkeit oder dem Sinn des Lebens, vom Leben nach dem Tod oder nach Religion, allgemeine Philosophische Fragen stellen sich Jäger und Sammler gemeinschaften, auch wenn sie das nicht müssen.“
In der Realität wird das Leben in Jäger-und Sammler-Gesellschaften allerdings durch tradierte Mythen, Werte und Normen strukturiert, die jedem Mitglied des Stammes von klein auf ansozialisiert werden und über die in der Regel nicht hinausgedacht wird.
Es gibt keine abstrakten Reflektionen und Diskussionen über Fragen von Gerechtigkeit, den Sinn des Lebens, Leben nach dem Tod, Religion oder gar über allgemeine philosophische Fragen in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften. Es gibt hierzu allgemein anerkannte Mythen und Normen und auf diese bezieht man sich, aber nicht im Sinne kritischer, analytischer Reflektion.
Formal-operationales Denken ist stets dort nachweisbar, wo es echte Philosophie im Gegensatz zu Mythologie gibt, also tatsächliche rationale Reflektion über philosophierelevante Themen. Die klassische ägyptische, griechische, römische, indische, chinesische Philosophie setzt formal-operationales Denken voraus, (auch wenn dieses in den damaligen Gesellschaften nur von sehr kleinen Teilen der Bevölkerung erreicht werden konnte, die entsprechende Sozialistions- und Bildungsbedingungen hatten).
In Jäger-und-Sammler-Gesellschaften gibt es nur Mythologie, keine Philosophie.
Das sind kleine, durch prämoderne Mythen strukturierte Gesellschaften, in denen jeder jeden kennt, der Tagesablauf und die Tätigkeiten – von Unterschieden bezüglich Alters- und Geschlechtergruppen abgesehen – für alle ähnlich ist, in denen keine Schrift existiert, nur sehr geringe Vergleichsmöglichkeiten zu den Denkweisen und Lebensweise anderer Menschengruppen vorhanden sind, alle relevanten Tätigkeiten auf Grundlage logischer Operationen mit konkreten Dingen erledigt werden können und abstrakte Konzepte nicht vorhanden sind.
Es ist daher an sich auch kein besonders überraschendes Ergebnis, dass wissenschaftliche Untersuchungen zur kognitiven Entwicklung zu dem Ergebnis kommen, dass formal-operationales Denken im Kontext der Sozialisationsbedingungen von Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht entwickelt wird.
Ähnlich sieht es auch mit den Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg aus. Jäger-und Sammler-Gesellschaften entwickeln sich im Allgemeinen bis zur 3. Moralstufe, einige Mitglieder auch bis zur 4. Moralstufe, aber nicht darüber hinaus, d.h. Vorstellungen von universellen Menschenrechten gibt es bei Jägern und Sammlern nicht. (Das ist übrigens die entwicklungspsychologische moralische Voraussetzung für die häufigen Stammeskriege.)
Wer die Evolutionäre Psychologie gegen Hallpikes Kritik verteidigen will, indem er – gegen die empirische Evidenz und entgegen den vorliegenden Untersuchungen – Jäger-und-Sammler-Gesellschaften Kompetenzen zuspricht, die diese nicht besitzen und unter den gegebenen Lebens- und Sozialisationsbedingungen nicht entwickeln können, der wird mit einer solchen Argumentation scheitern.
„Beerdigungsrituale, die Ausdruck eines formal operationalen Denkens sind, sind bereits aus der Steinzeit bekannt.“
Für Beerdingungsrituale wird kein formal-operationales Denken benötigt, konkret-operationales Denken ist ausreichend.
Vielleicht müssen wir erst einmal den Begriff „Formal-operationales Denken“ klären.
Nach dem was ich dazu gelesen habe fallen da viele typisch menschliche denkvorgänge im miteinander drunter. Du scheinst das anders zu sehen. Auf welche Definition stützt du dich?
Insbesondere würde mich interessieren, ob du zustimmst, das heutige 12 dieses denken beherrschen und ob du es als eine Fähigkeit ansiehst, die mit einer bestimmten biologischen Entwicklung des Gehirns beim altersgemäßen wachsen ausgebildet wird
Nach der kognitiven Theorie Jean Piagets ist das formal-operationale Entwicklungsstadium – etwa im Altersbereich ab 12 Jahren – durch die Fähigkeit zu abstraktem Denken und zu systematischem Denken nach formal-logischen Regeln gekennzeichnet. Mit dem formalen Denken tritt nach Piaget eine Sinnesumkehrung zwischen dem Wirklichen und dem Möglichen ein, d.h., das formale Denken ist grundsätzlich hypothetisch-deduktiv. Denkoperationen können auf dieser Stufe mit abstrakten, nicht mehr konkret vorstellbaren Inhalten durchgeführt werden, was der höchsten Form des logischen Denkens entspricht. Das Denken stützt sich jetzt vorwiegend auf verbale bzw. symbolische Elemente und nicht mehr auf konkrete Gegenstände.
Würdest du die so für richtig halten?
@ Christian
„Würdest du die so für richtig halten?“
Ja.
„Ich finde es faszinierend: er sagt wir wissen zuwenig über die Steinzeit.
Dann macht er diese Aussage aus hätte er an allen Lagerfeuern selbst gesessen.“
Hallpikes Argumentation ist in dieser Hinsicht logisch und plausibel. Er bezieht sich auf die Forschungsergebnisse der Ethnologie und der Kulturvergleichenden Psychologie zu Verhaltensweisen und Kompetenzen bei Jägern und Sammlern und schlussfolgert folgerichtig, dass wenn bestimmte komplexere kognitive Funktionen und damit einhergehende Verhaltensweisen bei Jägern und Sammlern nicht auffindbar sind, sondern erst auf komplexeren Kulturstufen, solche kognitiven Funktionen und damit einhergehende Verhaltensweisen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei Menschengruppen in der Steinzeit nicht vorhanden waren, zumal es dafür ja auch keinerlei Hinweise gibt.
„Was verhindert denn, dass Schamanen mit ihrem Stamm komplexe Diskussionen über recht und Unrecht, Gott und dessen Gegenspieler, die Frage warum Menschen leben und was ihr Sinn ist, führten?“
Das wird dem Forschungsstand entsprechend eben dadurch verhindert, dass die Lebens- und Sozialisationsbedingungen in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht geeignet sind, um formal-operationales Denken entstehen zu lassen.
Entsprechend würden Diskussionen über abstrakte Dinge von der Mehrheit der Stammesmitglieder nicht ausreichend verstanden.
Hallpike gibt in seinem Buch zum Thema auch Beispiele für das Stellen von abstrakten Fragen, die Jäger-und-Sammler im Allgemeinen nicht ausreichend verstehen und nicht logisch folgerichtig beantworten können.
„Er wirft also den Biologen etwas vor, was er dann selbst missachtet“
Hallpike hat in seinem Buch „Die Grundlagen primitiven Denkens“ den Forschungsstand der Kulturvergleichenden Psychologie bezüglich Jäger-und Sammler-Gesellschaften ausgewertet und zwar in Bezug auf die Aspekte Symbolismus; Klassifikation; Zahl, Messen, Zerlegung nach Dimensionen, Erhaltung; Raum, Zeit; begrifflicher Realismus, Kausalität; Handeln und Denken.
Das Buch hat zwar leider einen blöden Titel (die Verwendung des Wortes „primitiv“ gefällt mir nicht, auch wenn Hallpike am Anfang erklärt, warum er dieses Wort verwendet), das Buch ist aber inhaltlich ein sehr interesantes Standardwerk zur kulturvergleichenden kognitiven Psychologie aus ethnologischer Perspektive.
Hallpike hat darüber hinaus auch Feldforschung betrieben und lässt auch seine eigenen Erfahrungen und Befunde in das Buch einfließen.
1 kann formal operatives Verhalten bei intrasexueller Konkurrenz oder im allgemeinen Bereich der Interaktion untereinander oder beim virtue signalling Vorteile bieten.
Geht darum das nach feministischer Theorie die Geschichte neu interpretiert wird. Z.B. die Behauptung das Männer schon immer wählen durften und Frauen erst dafür kämpfen mussten, etwas das viele heute glauben.
Sie bringt dann noch weitere Beispiel, wie auch schon früher Frauen durch den Staat vor der bösen männlichen Sexualität beschützt wurden und Männer hart bestraft oder in die Pflicht genommen wurden, wenn sie Sex unter bestimmten Bedingungen mit einer Frau hatten. So konnten auch schon früher Männer zu Straftätern werden, wenn sie einvernehmlichen Sex mit Frauen hatten und die Frau dann im nachhinein einfach behauptet das der Mann versprochen hat sie zu heiraten.
Videospielrezensent Ben „Yahtzee“ Croshaw, der ja schon immer ein reger Ideologiekritiker war, hat sich aus der ganzen GamerGate-Sache ja rausgehalten, was sicher nicht unvernünftig war.
In den ersten Minuten seines Videos zu „Dishonored 2“ schießt er dann aber mal kurz eine gewaltige (und noch dazu treffende) Spitze gegen die angeblichen Kämpfer von Repräsentationsvielfalt ab:
„Wenn Moral nicht wirkt, hilft Strafe“ https://www.uibk.ac.at/newsroom/wenn-moral-nicht-wirkt-hilft-strafe.html.de
„Wie bringt man Menschen dazu, sich an ethischen Normen zu orientieren? Innsbrucker Ökonomen haben verschiedene mögliche Maßnahmen experimentell untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass Aufklärung gar nicht, aber monetäre Strafandrohung wirkt. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Management Science veröffentlicht.“
In Griechenland haben die Behörden gute Erfahrungen mit schlechtem Gewissen gemacht.
Sie haben Schilder aufgestellt, die darauf hinweisen, daß die Mitnahme von Steinen etc an archäologischen Stätten die Kultur schädige.
Die Crux an diesem Experiment ist das Fallbeispiel. Man kann m. E. nicht von der Nichtbereitschaft etwas zu spenden, auf eine allgemeine Moral oder Unmoral schließen.
Als sich eine Frau meldet, jubeln einige Männer spontan: Super, dass bei einer solchen Veranstaltung auch Frauen anwesend sind, die könnten schließlich viel ordentlicher und schöner schreiben!
Habe nicht den Eindruck das auf dieser Veranstaltung Frauen fehlten und glaube auch nicht das die sich besonders gefreut haben das da eine Frau ist, denn Frauen gibt es auf Väterveranstaltungen immer. Bei der Mütterlobby, die mit der Politik antritt „was gut für die Mutter ist, ist gut fürs Kind“, mag das anders aussehen.
Neulich in Bärlin auf einer Lesung von Anne Wizorek gewesen.
Hier ein kleiner Situationsbericht.
Etwa 45 Leute da; ca. 15% Männer, die meisten Besucher unter 25.
„Alternatives“ Aussehen eher weniger. Außer bei den Männern; da waren haarige, kernige Lederjackenträger und Antifatypen höheren Semesters. Die meisten Frauen hatten lange Haare und sahen aus wie normale Erstsemester-Stud*ierend_ixes.
Es war sogar eine junge Mutter mit Baby da. Ohne Gatten.
Und noch etwas Bemerkenswertes: Unter den Gästen waren nur offensichtlich ethnische Deutsche. Kein dunkler Teint; keine Kopftücher u.ä. Genderismus scheint keine multikulturelle Angelegenheit zu sein.
Anne Wizorek saß erst vorne im Publikum und unterhielt sich mit der Gastgeberin. Sie wurde nicht besonders von den Gästen_innen begrüßt.
Zu Beginn ging Anne vor, wurde vorgestellt und las aus „Feminismus -fuck, yeah!“
Man muß sagen, Anne ist wirklich eine Augenweide. 35 Jahre, sieht aber mindestens 10 Jahre jünger aus. Kaum eine Falte im Gesicht.
Aufmachung und Kleidung wie immer typisch weiblich-hetero: Leicht blondierte Haare, Schminke, überschulterlanges Haar, Schmuck, Rock und Stiefelchen. Echtes Schnuckelchen.
Die Argumente aus dem Buch erspare ich Euch; die Paranoia bezüglich Pay-gap, Performance gap, Care gap und den zahllosen anderen Gäps kennt Ihr ja.
Sie kann aber reden. Sie saß selbstbewußt am Pult und drückte sich zumindest im Ton überzeugend aus. Junge Student*innen ohne Ahnung würden ihr das Zeugs wahrscheinlich abkaufen.
Das ist ihr Erfolgsgeheimnis: Mädchenhaftes Aussehen weitab der üblichen Feminista-Klischees und selbstbewusste Ausstrahlung mit rhetorischen Fähigkeiten.
Mal sehen, wohin sie schwenkt wenn die Falten mehr werden und niemand mehr ihr das Mädchen abkauft…
Was will man mit einer 35jährigen, die zur Not auch noch als 25 durchgehen würde? Im Zweifel ist eine echte 25jährige trotzdem knackiger und an der angenehmen, gereiften Persönlichkeit kann es bei Frau Wizorek ja wohl kaum liegen.
Ihr Freund hatte sich ja über sie lustig gemacht und wurde verlassen. Ob es genug linke Männer*innen gibt, die kernig genug sind, für sie in Frage zu kommen UND es mit ihr aushalten?
Ich muß zugeben, daß ich mir die Fragerunde am Ende nicht mehr angetan habe. Das Publikum sah aber nicht so aus, als wenn es ansatzweise kritisch wäre. Es herrschte in jedem Fall allgemeine Ruhe und Aufmerksamkeit.
Ein anonymer unbezahlter Autor beschreibt im besten „9 Pfund in 2 Tagen“-Stil wie er durch Sam Harris und Youtube Vorschläge vom Linken zum Rassisten und danach wieder normal wurde. Alles in etwa 4 Monaten.
Schwergewichte wie Glenn Greenwald (Den ich übrigens schätze und per Twitter darüber zu belehren versuchte dass dieser anonyme Artikel nicht plausibel sei) nehmen es für bare Münze um ihren Lieblingsgegnern einen auf die Mütze zu geben.
Da fragt man sich ob das einfach nur Poe’s Law oder schon Peak SJW ist.
Der Umfang der Qualitätschecks, die ein Artikel durchlaufen muss, der den klassischen Medien in den Kram passt, erstaunt mich doch jedes mal wieder aufs Neue.
Herrlich finde ich die Doppelmoral und populistische Hetze der Medien selber. So versuchte Sascha Lobo z.B. wohl bei Meischberger den Begriff „gleichgeschaltet“ als Nazi-Vokabular bzw. diesbezügliche Verwender als „Latenznazis“ abzuwerten.
Wenn man aber mal den Begriff „gleichgeschaltet“ bei Spiegel Online in die hauseigene Suchfunktion eingibt, dann wird man feststellen, dass offensichtlich wohl auch eine ganze Menge solcher „Latenznazis“ beim Spiegel selber arbeiten, die den Begriff „gleichgeschaltet“ genauso selbstverständlich in ihrem Vokabular haben (z.B. im Zusammenhang der angeblichen Gleichschaltung der Kulturkritiker in der DDR, oder im Zusammengang mit der angeblichen Gleichschaltung der Medien in Ungarn, Russland …, oder im Zusammenhang mit der angeblichen Gleichschaltung des Binnenmarktes in Europa, …).
Vielleicht fängt Sascha Lobo ja mal an, vor der eigenen Haustüre zu kehren und seine Kollegen im eigenen Hause ebenfalls mit dem abwertenden Kampsbegriff „Latenznazis“ in die Naziecke zu stellen. Dann wäre Lobo wenigstens einigermaßen konsequent und man könnte ihm dann auch glauben, dass er tatsächlich der Ansicht ist, dass keiner die Wörter mehr benutzen sollte bzw. Menschen mit solchen Wörtern ihre politischen Neigungen offenbaren würden.
Das Schöne ist ja, dass Sascha Lobo mindestens genauso naziähnlich handelt und sich daher selber „Latenznazi“ bezeichnen müsste.
Denn jemand, der die Presse mit Kampfbegriffen wie „Lügenpresse“ oder „gleichgeschaltet“ abzuwerten versucht, tut nichts anderes wie Menschen, die andere als „Latenznazis“ oder „Populisten“ abzuwerten versuchen. Denn jemand, der die Presse als „gleichgeschaltet“ empfindet, will ja gerade sich NICHT mit der subjektiv gefühlten Gleichschaltung einverstanden erklären und somit genau das Gegenteil von dem, was Nazis gewollt hatten. Man könnte diesen Leuten (die den Begriff „gleichgeschaltet“ verwenden) daher allenfalls vorwerfen, dass diese mit der Verwendung solcher Begriffe die tatsächliche Nazizeit verharmlosen würden, weil damit die heutige Zeit mit der damiligen schlimmen Zeit vergleichen würden.
Aber exakt genau das kann man auch denjenigen vorwerfen, die andere wegen Bagatellen in die Naziecke stellen wollen. Denn auch diese Leute verharmlosen dann genauso die echte Nazizeit. Denn man vergleicht damit ja das Verhalten der Personen heute (die z.B. die Presse heute als verlogen und gleichgeschaltet empfinden) mit den Verhalten von echten Nazis aus der Nazizeit. Und damit wird dann die damalige Nazizeit genauso verharmlost.
Es erscheint mir ziemlich absurd, diejenigen als Nazi zu bezeichnen, die genau das Gegenteil von einer Gleichschaltung wünschen und die heutige Mainstream-Presse als auf irgendeine Art und Weise gleichgeschaltet empfinden. Und anstatt mindestens genauso naziähnlich die Kritiker mit abwertenden Kampfbegriffen mundtot machen zu wollen, könnte die Mainstreampresse ja mal versuchen, ihr Handeln nachvollziehbar zu erklären:
a) z.B. wie es dazu kam, dass gefühlt alle Mainstreammedien plötzlich ziemlich zeitgleich anfingen, penetrant nur die AfD mit abwertenden Zusätzen (z.B. „rechtspopulistisch“) zu versehen und wieso sie dieses nicht auch bei den anderen Parteien tut (z.B. die linkspopulistische Linke, die drogenverherrlichenden und pädophilgeneigten Grünen,
b) oder woran es gelegen haben könnte, dass wochenlang der AfD der Begriff „Schießbefehl“ untergejubelt wurde und zum medialen Thema gemacht wurde; aber nicht ansatzweise im gleichen Umfang, dass Merkel diesen „Schießbefehl“ mittelbar über die Türkei in die tatsächliche Realität umgesetzt hat bzw. dass an der Grenze dann tatsächlich Flüchtlingsfrauen und Kinder erschossen wurden, was die hiesige Presse dann irgendwie nicht mehr besonders berichtenswert fand,
c) oder woran es liegen könnte, dass z.B. der gender-pay-gap von sämtlichen Mainstreammedien immer wieder auf die gleiche unredliche Art und Weise dargestellt wird bzw. die feministischen Gehirnwäschen so penetrant einseitig und argumentationsresistent betrieben wird bzw. warum man nicht in der gleichen Logik dann auch die Benachteiligungen der Männer zu beseitigen versucht (z.B. Gender-Lebenserwartungs-Gap, Gender-Obdachlosen-Gap, Gender-Querfinanzierungs-Gap, Gender-Gefängnis-Gap, Gender-Suzid-Gap, Gender-Opfer-von-Gewaltdelikten-Gap, …).
Wer so offensichtlich Parteipolitik für bestimmte Politik betreibt und den Bürger in bestimmte Richtungen zu manipulieren versucht, der braucht sich dann auch nicht zu beschweren, dass ein Teil der Bürger diese Art der Volkserziehung als gleichgeschaltete Medien empfindet. Und, wenn dieser Schrott dann auch noch in den öffentlich-rechtlichen Medien stattfindet, der im Wege des Zwanges finanziert wird, dann ist der Begriff der Gleichschaltung für diese Art der Propaganda und Volkserziehung im Sinne der Regierung auch der passende Begriff.
Das Aktionsbündnis fordert mehr Frauen in politischer Verantwortung auf Landes-, Kommunal- und Bezirksebene. Die Kandidatenlisten aller Parteien sollen per Gesetz paritätisch mit Männern und Frauen besetzt werden. Immerhin seien 51 Prozent der Wahlberechtigten Frauen, betont Christa Weigl-Schneider, die Sprecherin des Aktionsbündnisses.
Frauen müssen nicht gewählt werden, Frauen fordern das sie die Posten bekommen die sie wollen.
„Es geht um gleiche Startchancen, die nicht die freie Entscheidung des Einzelnen an der Wahlurne darüber, wer zu wählen ist, beschränken.“ Das Frauenstatut ihrer Partei, das nunmehr seit 30 Jahren die Frauenparität für Ämter und Wahllisten regelt, führt sie als vorbildhaftes Beispiel an.
Es geht nicht darum die Probleme der Bürger zu lösen, sondern darum das die richtigen Personen an der Macht sind.
Silke Ruth Laskowski, Professorin für Völker- und Europarecht an der Universität Kassel, begründet die Popularklage auf mehr als 100 Seiten. Sie wirft dem Freistaat eine strukturelle, mittelbare Diskriminierung vor und damit einen Verstoß gegen die Verfassung, konkret gegen das demokratische Gleichberechtigungsgebot. „Die gesamte Republik schaut nun auf Bayern“, sagt Laskowski. Es sei in Deutschland ein „Rollback“ zu beobachten, was nicht zuletzt ein Nachhall des Wahlsiegs von Donald Trump in den USA sei, der den Sexismus wieder salonfähig mache.
Pures Shaming…
Die Klage setze diesem aufblühenden Trumpismus etwas Schlagkräftiges entgegen, sagt sie.
Ich vermute eher das Gegenteil.
Dem Standardargument ihrer Gegner, nämlich dass für die gewünschte Parität auf den Kandidatenlisten nicht überall genügend Frauen in den Parteien aktiv seien, hält sie entgegen: „Dann werden die Parteien aktiv werden und nach Frauen suchen müssen“
Hat man schon überprüft, ob die Besetzung der Parlamente auch die Menschen einer bestimmten Augenfarbe widerspiegelt?
Ist sie nach Schulbildung paritätisch besetzt?
Vielleicht rauchen zu wenig der Abgeordneten?
Alles Gruppen, die mit dem gleichen Recht eine die Quote in der Bevölkerung widerspiegelnde Vertretung beanspruchen können.
Man kann das beliebig fortsetzen – bis am Ende alle Bürger einen Sitz im Parlament beanspruchen können.
Und sowas ist Professorin.
Sie sollte sich in Berlin bei Professx Lann-Hornscheid Nachhilfe geben lassen, dass das Geschlecht eh nur ein Trugbild ist.
Und die Bayern lösen das Problem damit, dass vor jeder Parlamentssitzung ausgewürfelt wird, wer Frau und wer Mann ist.
„Und sowas ist Professorin.
Sie sollte sich in Berlin bei Professx Lann-Hornscheid Nachhilfe geben lassen, dass das Geschlecht eh nur ein Trugbild ist.
Und die Bayern lösen das Problem damit, dass vor jeder Parlamentssitzung ausgewürfelt wird, wer Frau und wer Mann ist.“
Nö, bei Quoten zählt dann wieder das biologisch Geschlecht:
Mit der Begründung, dass Geschlecht nur ein soziales Konstrukt ist, habe kürzlich ein habilitierter Wissenschaftler mit exzellenten Examina seinen Vornamen von Klaus in Claudia geändert und sich so auf einen Gender-Lehrstuhl einer deutschen Universität beworben. Antwort der Verwaltung: In solchen Fällen zähle allein die biologische Prägung.
Der scheinbare Widerspruch löst sich sofort auf, wenn man sich vor Augen führt: Beim politischen Gender geht es nicht um die soziale Konstruktion als solche. Sondern darum, (biologische) Frauen von Einschränkungen zu befreien die ihnen gesellschaftliche Geschlechtsrollenzuweisungen auferlegen.
Oder bildlich formuliert: Es geht nicht darum, dass Männer Kleider tragen dürfen sollen oder alle alles was sie möchten, sondern darum, dass Frauen Hosen anziehen möchten wenn sie wollen und alle (Männer aber auch Frauen) dies gefälligst gut finden müssen.
„Sondern darum, (biologische) Frauen von Einschränkungen zu befreien die ihnen gesellschaftliche Geschlechtsrollenzuweisungen auferlegen.“
Die Lichtgeschwindigkeit wurde ja schon als diskriminierend entlarvt.
Hat eigentlich irgendeine dieser Geistesgrößen schon verlangt, dass die Fesseln durch die böse Gravitation (die ja bekanntermaßen wiederum den Frauen – und hier den oberen Körperregionen – besonders schwer zusetzt, abgeworfen werden?
Geistige Höhenflüge – mit zuverlässiger Bruchlandung – schaffen sie ja schon.
Das Anti-Diskriminierungs-Blog „Hate-Mag“ kritisiert einen „Bild“-Artikel auf Facebook – und ist kurz darauf nicht mehr zugänglich.
Mit dem Hass auf Facebook ist es so eine Sache. Beim Hate Magazin, war man am Donnerstag hinreichend überrascht: Die Facebookseite des Blogs, das diskriminierende Zeitungsartikel sammelt, war plötzlich nicht mehr zugänglich. Der Verdacht der Redaktion: die Sperrung könnte mit einem rassistischen Bild-Artikel zusammenhängen, der auf dem Blog kritisiert worden war.
Es handelt sich um die am Dienstag veröffentlichte Titelgeschichte: „Neue Zahlen – So viele Ausländer leben von Hartz IV!“ Ein Autor des Hate Magazin hatte daraufhin einen Screenshot der Bild-Titelseite auf Facebook gepostet. Darunter schrieb er: „Es wird Zeit offensiv gegen Menschen vorzugehen, die für Bild und Springer arbeiten.“ Wenige Zeit später war die Facebookseite nicht mehr aufrufbar.
Bei Facebook kommentiert man solche Sperrungen in der Regel nicht. Auf Anfrage der taz gab die Pressestelle jedoch an, der Fall werde geprüft.
Beim Hate Magazin behauptet man, es bestehe ein Zusammenhang zwischen der Bild-Kritik und der Sperrung. Dafür gibt es keine Belege, auch wenn die Beziehungen zwischen Springer und Facebook äußerst gut sind. Hate-Redakteur Jonas Gempp sagte gegenüber der taz: „Wir wurden noch nie verwarnt oder ähnliches, aber der Screenshot wurde 500 Mal geliked und 160 Mal geshared, hat also doch recht viel Aufmerksamkeit erfahren.“ Die Löschung keine 12 Stunden später spreche für eine Intervention jenseits der gängigen Abläufe bei Facebook.
„In Deutschland ist jeder zwölfte Junge oder junge Mann süchtig nach Computerspielen. Einer aktuellen Studie zufolge, bei der solche Zahlen erstmals erhoben wurden, erfüllen 8,4 Prozent der 12- bis 25-Jährigen die Kriterien für eine Abhängigkeit. Bei den Mädchen und jungen Frauen liegt der Anteil der Computerspielsüchtigen mit 2,9 Prozent deutlich niedriger.“
„Der Studie zufolge spielen die männlichen Befragten im Schnitt fast drei Stunden täglich am Computer. Sechs Prozent haben dadurch ihren Angaben zufolge „ernsthafte Probleme mit Familie oder Freunden“. 13 Prozent können das Spielen trotz entsprechender Ratschläge nicht reduzieren. 19 Prozent gerieten durch ihr Spielverhalten bereits mit anderen Menschen in Streit. Und 26 Prozent gaben an, sich unglücklich zu fühlen, wenn sie nicht spielen dürfen.“
Sechs Prozent die dadurch „ernsthafte Probleme mit Familie oder Freunden“ bekommen, empfinde ich jetzt nicht als hoch.
„Laut Untersuchung vernachlässigen 46 Prozent der Befragten und 69 Prozent der 15- bis 17-Jährigen wegen ihrer Computerspiele soziale Kontakte zu Freunden oder Familienangehörigen, die ihnen früher wichtig waren.“
Auch darin sehe ich kein Problem per se. Es ist doch normal, dass man lieber da tut, was einem wichtiger ist als das andere.
Ja, aber in der Rolle ist sie eben auch die sexuell befreite Frau, die kein Shaming oder sonstige Nachteile fürchten muss, wenn sie etwas von ihren sexuellen Bedürfnissen berichtet.
Ich werde es versuchen, ist aber schlicht ein Zeitproblem, weswegen ich schauen muss, wie es passt.
Wenn jemand einen gastartikel dazu schreiben will, dann würde ich mich freuen
„The team defined empathy as a tendency to tune in to others’ feelings and perspectives. They asked participants to answer a list of questions drawn from several standardized tests which reflected on personal and cultural qualities. The tests were designed to assess basic personality traits (such as agreeableness, conscientiousness, and personal well-being), prosociality, individualism/collectivism, and personal empathy. It also measured each individual’s self-esteem and feeling of wellbeing. The participants were also asked to rank a series of statements such as “I often have tender, concerned feelings for people less fortunate than me,” or “On the whole, I am satisfied with myself.” The team also asked how happy the participants felt with their lives, if and how often they donated money to charity or volunteered time to organizations.“
Die Ergebnisse erscheinen mir sehr interessant. An der Spitze der Liste stehen Ecuador und Saudi-Arabien (!), am Ende Litauen und Venezuela. Nicht differenziert wurde zwischen Empathie mit Menschen der gleichen Kultur/Religion/Sprache und solchen mit unterschiedlicher. Ich denke, dies schränkt die Gültigkeit ein. Wenn man in Saudi-Arabien nach Empathie mit Muslimen und Empathioe mit Nichtmuslimen unterschieden hätte, wäre sicher ein anderes Ergebnis rausgekommen. Ebenso ist es seltsam, dass die Empathie in Ecuador so hoch und in Venezuela so niedrig ist; beides sind kulturell sehr ähnliche, Südamerikanische Länder.
Bin gespannt, was Karlsruhe sagen wird.
Eben wegen der zwingenden Verknüpfung von Unterhalt und Kinderfreibetrag kann es für Väter schlagartig verdammt teuer werden.
Mal sehen, was die in Berlin dann als Nächstes stricken werden.
„Der bisherige SPD-Landesgeschäftsführer Dennis Buchner beendet nach Tagesspiegel-Informationen seine Tätigkeit Ende des Jahres. Sein auslaufender Vertrag wurde von SPD-Parteichef Michael Müller nicht verlängert. Müller begründete dies intern mit der Notwendigkeit eines „Neustarts“, der Job solle mit einer Frau besetzt werden.“
Was soll man von einem Thema halten das schon 3 Seiten braucht um sich vorzustellen und das dann von 3 oder 4 Leuten in epischer Breite ausgewalzt wird? Und wo man im Eingangs-Link erstmal nach ganz oben scrollen muss um zu wissen um was es geht?
Also um die Existenzberechtigung der sog. „evolutionären Psychologie“, die im wesentlichen sagt, dass Kultur evolutionär vorprogrammiert ist.
„Wieso sind Kulturen dann nicht ähnlich, stattdessen so stark unterschiedlich?“, wird man sich fragen. „Aber sie sind doch ähnlich, man muss nur richtig hinschauen“, wird man vielleicht zur Antwort bekommen.
Alle Ähnlichkeiten werden dann von der einen Seite als Pro-Argumente gewertet, alle Unterschiede von der anderen Seite als Kontra-Argumente.
Bei der ohnehin sehr schwammigen Grundlage kann das ja nur in eine endlose philosophische Debatte ausarten. Es müsste daher eigentlich „evolutionäre Philosophie“ statt „evolutionäre Psychologie“ heissen.
Zitat von Wiki zur evolutionären Psychologie:
„Annahmen über die evolutionäre Bildung kognitiver Mechanismen seien häufig nicht mehr als plausibel klingende Geschichten, die sich nicht im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung bestätigen oder widerlegen ließen.“
Alles hier Geschriebene also so fruchtlos wie eine Debatte über den Solipsismus. Den kann man auch nicht bestätigen oder widerlegen.
Eine neue Bildungsstudie ist raus, der Vorsprung der Jungs in Mathematik und Naturwissenschaften existiert angeblich nicht mehr, Telepolis dazu:
Die TIMSS-Studie zeigt Erfolge beim Abbau der Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Die Mädchen sind besser geworden, die Jungen schlechter
Erfolge? Dass Jungen schlechter werden? Zum Ko…
Link vergessen:
https://www.heise.de/tp/features/Internationaler-Vergleich-Deutsche-Schueler-in-Mathe-mittelmaessig-3512097.html
Ich hatte auch schon einen Kommentar dazu geschrieben, aber der ist hier nicht aufgetaucht.
Die Studie kann man sich hier downloaden:
http://www.ifs.tu-dortmund.de/cms/de/Forschung/Gesamtliste-Laufende-Projekte/TIMSS-2015.html
Auf S. 24 der Handreichung sind die Ergebnisse grafisch dargestellt. Die Gruppe der Jungen hat immer noch einen „Vorsprung“ zur Gruppe der Mädchen, aber dieser ist kleiner geworden. Finnland bildet einen signifikanten Ausreißer. Wie kann man den erklären?
Der Tagesspiegel schreibt dazu:
„In Mathematik liegen die Mädchen in Deutschland jetzt nur noch fünf Punkte hinter den Jungen, in den Naturwissenschaften ist der Unterschied von nur noch drei Punkten nicht mehr signifikant. Allerdings hat sich der Abstand zu den Jungen in Mathematik nicht verringert, weil die Mädchen zugelegt haben: Sie halten bloß ihre mittleren Leistungswerte aus den beiden Vorläuferstudien. Vielmehr sind die Leistungsvorsprünge der Jungen, die 2007 in Mathematik noch 12 Punkte und in den Naturwissenschaften noch 15 Punkte betragen hatten, deutlich zurückgegangen. Verbessert haben sich die Mädchen – allerdings nur leicht – in den Naturwissenschaften, was mit der verstärkten naturwissenschaftlichen Förderung der Mädchen erklärt wird.“
http://www.tagesspiegel.de/wissen/neue-tims-studie-warum-schneiden-deutsche-grundschueler-schwaecher-ab/14910106.html
@focus Tunier
Meiner Meinung nach einer der bedeutsamsten Kritikpunkte an allen „Gender Mainstreaming Projekten“:
Sie achten immer nur auf den Unterschied zwischen Männern und Frauen, nicht darauf, ob die Lösung insgesamt besser ist oder Spitzenleistungen ergibt.
Gerade dann, wenn biologische Unterschiede bestehen lässt sich der Unterschied aber häufig nur beseitigen, wenn man das Gesamtergebnis nach unten zieht.
@Christian
Ja, das läßt sich ja auch bei Quoten beobachten. Die Konsequenz beim Ausblenden biologischer Faktoren ist schon beachtlich. Der Artikel im Tagesspiegel differenziert in der Hinsicht auch nicht gut. Im Artikel heißt es, daß es keinen signifikanten Unterschied in den Naturwissenschaften gibt. In der Fußnote auf S. 24 der Handreichung aber heißt es:
„Für die Gesamtskala Naturwissenschaften zeigen sich in Deutschland keine signifikanten leistungs- bezogenen Disparitäten zwischen Mädchen und Jungen (hier nicht dargestellt, siehe Berichtsband Abb. 9.7).“
Dann aber eine Einschränkung:
„In Deutschland lassen sich innerhalb der einzelnen Inhalts- und Anforderungsbereiche sowohl in Mathematik (Arithmetik und Anwenden) als auch in den Naturwissenschaften (Geographie und Repro- duzieren) signifikante Leistungsvorsprünge der Jungen beobachten (ebd., Abb. 9.8 und 9.9).“
Die Übersichten dazu finden sich leider nur in der kostenpflichtigen Broschüre.
„Sie achten immer nur auf den Unterschied zwischen Männern und Frauen, nicht darauf, ob die Lösung insgesamt besser ist oder Spitzenleistungen ergibt.“
Ich hatte diesen Mechanismus ja in meinem Gastartikel gezeigt. Die Fixierung auf Gleichstellung macht die soziale Frage unsichtbar.
Im Gender Equality Index der EU gleichen sich Männer und Frauen bei der Freizeit an. Das wird als Erfolg gewertet. Völlig unberücksichtigt bleibt dabei: Der Gap wir kleiner, weil Männer stärker an Freizeit verlieren als Frauen. Seit 2005 haben beide Geschlechter insgesamt weniger Freizeit. Die heutige Situation ist also schlechter für alle….dafür aber „gleichgestellter“. Hurra!
Das heisst, wir haben die Jungs schlechter gemacht, damit die Mädchen nicht mehr so doof aussehen?
„Die TIMSS-Studie zeigt Erfolge beim Abbau der Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Die Mädchen sind besser geworden, die Jungen schlechter
Erfolge? Dass Jungen schlechter werden? Zum Ko…“
Japp, zum Kotzen. wenn Frauen deutlich länger leben oder mehr verdienen wie Männer ist das ja auch besonders Gender-Equal.
Wie auch heute schon auf Genderama zu lesen war (Punkt 9), gibt es Interessantes über die TIMSS-Studie zu berichten:
http://genderama.blogspot.de/2016/11/vermischtes-vom-30-november-2016.html
Auch der Tagesspiegel thematisiert den Punkt, daß aufgrund eines Leistungseinbruches auf der Seite der Jungen im Fach Mathematik die deutschen Schüler schlechter abschneiden, als bisher:
„In Mathematik liegen die Mädchen in Deutschland jetzt nur noch fünf Punkte hinter den Jungen, in den Naturwissenschaften ist der Unterschied von nur noch drei Punkten nicht mehr signifikant. Allerdings hat sich der Abstand zu den Jungen in Mathematik nicht verringert, weil die Mädchen zugelegt haben: Sie halten bloß ihre mittleren Leistungswerte aus den beiden Vorläuferstudien. Vielmehr sind die Leistungsvorsprünge der Jungen, die 2007 in Mathematik noch 12 Punkte und in den Naturwissenschaften noch 15 Punkte betragen hatten, deutlich zurückgegangen. Verbessert haben sich die Mädchen – allerdings nur leicht – in den Naturwissenschaften, was mit der verstärkten naturwissenschaftlichen Förderung der Mädchen erklärt wird.“
http://www.tagesspiegel.de/wissen/neue-tims-studie-warum-schneiden-deutsche-grundschueler-schwaecher-ab/14910106.html
Die Studie bzw. eine Handreichung kann man sich hier downloaden:
http://www.ifs.tu-dortmund.de/cms/de/Forschung/Gesamtliste-Laufende-Projekte/TIMSS-2015.html
Dort kann man auf S.24 der Handreichung eine Grafik sehen, die auch den Leistungsvorsprung der Gruppe der Jungen zu der der Mädchen darstellt.
Was sagen uns die Daten? Und was sagt uns der dort erkannbare „Ausreißer“ in Finnland, wo die Mädchengruppe in Mathe einen Vorsprung hat?
Interessante Kritik an der Evolutionären Psychologie von dem kanadischen Ethnologen/Kulturanthropologen Christopher Hallpike:
C.R.Hallpike – Some anthropological objections
to evolutionary psychology
Klicke, um auf Some%20anthropological%20objections%20to%20evolutionary%20psychology.pdf zuzugreifen
Christopher Hallpike ist ein Kritiker des Einflusses der postmodernen Political Correctness innerhalb der Ethnologie und gleichzeitig ein Kritiker der Evolutionären Psychologie, seiner Ansicht nach agieren beide Seiten zu unwissenschaftlich und zu dogmatisch.
Aus dem verlinkten Artikel:
„Evolutionary psychology is an attempt to explain human culture as the product of human psychology, but it also asserts that the properties of the human brain itself have been determined by a series of adaptations, over millions of years, to the conditions of the Pleistocene in East Africa. Tooby and Cosmides (1992), two of the leading evolutionary psychologists, make a powerful critique of what they call the Standard Social Science Model (SSSM), especially familiar to social anthropologists. This claims, in particular, that there is no such thing as human nature that provides us with innate cognitive or behavioural dispositions: we are basically blank slates, totally malleable. All human thought and behaviour are therefore learned, conditioned by the unique culture in which we have grown up, but our culture itself is not influenced by any innate human psychology. Tooby and Cosmides, however, draw attention to the many universals in human thought and behaviour which are clearly not dependent on culture, and give other good reasons for regarding the SSSM as seriously flawed. Some years previously (Hallpike 1976, 1979), I had also criticised the SSSM in rather similar terms to those of Tooby and Cosmides, and to this extent I therefore agree with their critique of its many absurdities. Unfortunately, the cure which they advocate, evolutionary psychology, merely substitutes a new set of fallacies, as we shall now see.“
@leszek
Welches der von ihnen vorgebrachten Gegenargumente findest du denn plausibel?
Verstehe den Hallpike (anhand des Textes) nicht. Die humane Psychologie ist doch Produkt von Adaptionen.
Scheint interessant zu sein. Erstmal durchlesen.
@Leszek
Gesehen und ggespeichert. Ich mache erst mal die Postmoderne flach. Die ist gefährlicher als Feminismus und Biologismus zusammen. Aber ich komme auf dein Thema zurück.
Scheinen mir alles an den Haaren herbeigezogene Argumente zu sein. Beispiele:
„In the first place, if one is claiming that the traits of a species are very specific adaptations to a particular environment, it is obviously essential to know in detail what that environment is like. While, however, we are quite well informed about physical conditions in East Africa one or two million years ago, by the standards of ethology and of social anthropology we know virtually nothing about the social relations and organization of our ancestors in those remote epochs, and even less about their mental capacities. We cannot, in particular, even be sure that they even possessed grammatical language, and this general level of ignorance is quite incompatible with any informed discussion of possible adaptations.“
Wenn ich recht sehe, versucht die Evolutionäre Psychologie genau das zu erklären, wie Sprache, Sozialverhalten usw. entstanden sind. Der Vorwurf, das man nicht versuchen könne zu erklären, was man noch nicht weiß, erscheint mir unsinnig.
„if our environmental preferences had been significantly shaped by the environment, we would expect humans, in their subsequent expansion all over the globe, to choose environments with a discernible resemblance to the savannah of East Africa, and to avoid those that differed markedly from it, like rain-forests, deserts, the arctic, islands in the Pacific Ocean, and high mountain ranges. We would also expect them, after millions of years of simple, egalitarian hunter-gatherer existence in small groups, to be strongly resistant to the formation of large-scale, highly stratified societies, and, again, to have great difficulty in mastering modern electronic technology, just to mention a few glaring examples of major cultural change. Yet we know very well that in these and innumerable other respects, human habitats, social organization, culture, technology and modes of thought have diverged in wildly different ways from the model of man in the EEA, so that evolutionary psychology has no predictive value at all in these essential respects.“
Das es evtl. Gründe (Klimaveränderung, Überbevölkerung) gegeben haben könnte, die angestammte Umgebung zu verlassen, sich in einer anderen, weniger günstigen Umgebung niederzulassen und sich an die dortigen Verhältnisse anzupassen, fällt dem Autoren nicht ein.
„Thirdly, this raises the methodological objection that in Darwinian theory, biological adaptations can only be to existing circumstances, never to those that might exist in the future. This fundamental point about human abilities was first made by A.R.Wallace, Darwin’s co-formulator of the theory of natural selection, who had extensive first-hand acquaintance with hunter-gatherers of south-east Asia. He noted that on the one hand their mode of life made only very limited intellectual demands,and did not require abstract concepts of number and geometry, space, time, and advanced ethical principles, or music, yet they were potentially capable of mastering the advanced cognitive skills of modern industrial civilisation. Since, as noted, natural selection can only produce traits that are adapted to existing, and not future, conditions, it ‘could only have endowed savage man with a brain a little superior to that of an ape, where he actually possesses one little inferior to that of a philosopher’. (Wallace 1871:356) How, then, can this ‘excess’ intellectual capacity be explained by natural selection?”
Ich denke hier liegt kein Problem vor. Es kommt ja in der Evolution häufiger vor, dass bestimmte Anpassung an ein Phänomen sich auch auf andere anwenden lassen. Die Sprache z.B. ermöglichte erst die Entwicklung der höheren Kultur, obwohl sie ursprünglich vielleicht nur entstand, um sich bei der Jagd besser zu koordinieren oder um vor gefährlichen Feinden zu wahren.
“Some have argued that language developed as far back as 2 Myr ago, with Homo erectus, while others maintain the opposite view that language has only developed quite recently, some time in the last 100,000 years and probably in the last 50,000 years or so. If something like the second view turns out to be correct, this would mean that for the duration of the EEA our ancestors lived in a basically pre-linguistic state, and the consequences for evolutionary psychology would be enormous.”
Dass die Annahme korrekt ist, unterstellt er einfach so und baut darauf seine folgende Argumentation auf.
„Instead, to understand the human mind, we must rely on the study of modern humans and how the brain actually works, not on speculations about its adaptive origins in the remote past.“
Ich sehe allerdings nicht, wie man denn den menschlichen Geist erklären will, wenn nicht durch Aufweisung von Kausalitäten, sprich: durch den Nachweis, wie er so geworden ist, wie er jetzt ist.
„„Instead, to understand the human mind, we must rely on the study of modern humans and how the brain actually works, not on speculations about its adaptive origins in the remote past.““
Ein sehr schwaches Argument, da die Gehirnforschung schlicht noch nicht so weit ist, dass wir aus deren Struktur bereits so etwas ableiten können. Es bleibt nichts anderes als die evolutionären Regeln auch auf das Gehirn und das Verhalten anzuwenden und die Ergebnisse zu testen.
und: Nur weil eine Theorie nicht absolut bewiesen werden kann ist sie nicht falsch. Sie kann dennoch die Theorie sein, die die Gegebenheiten am besten erklärt.
Zumal man sie ansonsten auch akzeptiert, etwa bei allen anderen Tieren.
Ich kenne jedenfalls keinen Forscher, der evolutionäre Theorien bei Schimpansen und Gorillas bestreitet.
Es ist letztendlich auch nur eine Variante von „der mensch ist zu weit entwickelt um diesen Regeln noch zu unterliegen“, also eine Form der biologischen Kränkung.
Der Kritikpunkt ist: Inwiefern taugt der evolutionspsychologische Erklärungsansatz, wenn das Verhalten des Menschen primär als spezifische Adaption an sehr spezifische Umweltbedingungen (ostafrikanische Savanne) behauptet wird, dieser Savannenmensch sich aber mittlerweile in einem ganz anderen Umfeld bewegt, was die Prognosekraft seines Modells erheblich in Frage stellt.
… if one is claiming that the traits of a species are very specific adaptations to a particular environment …
Und dass EvoChris wie der pavlovsche Hund zähnefletschend reagiert, bevor er sich ernsthaft mit den Kritiken auseinandergesetzt hat. Das – der unerschütterliche Glaube – zeichnet den wahren Gläubigen aus!
So wie ich EvoChris kenne, wird er jetzt wieder das Sexualverhalten der Spezies Homo sapiens hervorkramen, weil er sich hier – zu Recht, wie ich meine – auf einigermassen sicherem Terrain wähnt.
Es ist doch der ewige Kritikpunkt an den evochrisschen „just so storys“. Er erklärt den Istzustand als logische Konsequenz aus der Vergangenheit, als logische Konsequenz aus der evolutionären Adaption an eine spezifische Umwelt. Das trägt nicht all zu weit.
Die Kritik ernst zu nehmen heisst ja nicht, dass nun alle Aspekte der Evolutionspsychologie als irrelevant entsorgt werden.
Ist Physik die geeignete Wissenschaft, um menschliche Kultur im weitesten Sinne zu erklären? EvoChris argumentiert, dass es doch keine Kultur geben kann, die die physikalischen Gesetze verletzt. Das ist natürlich richtig, erklärt den Istzustand aber nur marginal. Ersetze „Physik“ durch „Evolution“, und man hat das evochrissche Erklärungsmodell.
Strohmann Argumente. Natürlich wäre eine Theorie, die physikalische Gesetze verletzt in arger Erklärungsnot und musste sich die Kritik gefallen lassen. Aber die Physik hat eben einen deutlich geringeren Erklärungswert und Bezug als die Biologie bezüglich des Verhaltens. Weil unser Gehirn als das Organ, mit den wir denken, eben durch Evolution entstanden ist.
Natürlich hat die Ethnologie nach deinem Maßstab auch nur „just so“ Erklärungen, wenn sie über Gründe für soziale Prozesse spekuliert. Das ergibt sich schon daraus, dass sie die biologischen Theorien eben nicht widerlegen können.
„Es ist das soziale“ hat erst einmal keinen höheren Wert als „es ist die Biologie“.
Es streitet keine Vermutung für eine soziale Erklärung
Das ist ja das Problem mit deinen „just so storys“. Sie sind nicht falsifizierbar.
Ich versuch es mal mit einer Metapher.
Du hast eine Gleichung mit drei Variablen. Jetzt kommst Du daher und zeigst uns deine Lösung unter den vielen Lösungen. Warum deine Lösung vor allen anderen bevorzugt sein soll, das erklärst du nicht. Das glaubst du einfach.
Abenteuerlich werden deine Theorien, wenn du die Gesellschaftsformen als Ganzes als logische Konsequenz evolutionärer Entwicklung behauptest. Deine Theorien taugen nur für die Phänomene, die in allen Gesellschaften auftreten. Die Unterschiede kannst Du mit deinem Ansatz nie begründen. Ausserdem siehst du regelmässig Muster, wo keine sind.
Du solltest dich auf diejenigen kulturellen Ausformungen beschränken, die ausnahmslos in allen Kulturen vorkommen. Dann hast du ein starkes Indiz für deine Behauptung, dass die Ursache sich direkt aus der Biologie des Menschen ableiten lässt. Alles andere sind just so storys.
Die von mir beschriebenden Phänomene zeigen sich weltweit, nur eben in anderen Ausprägungen
Die unterschiedlichen Ausprägugnen bestimmter Phänomene in unterschiedlichen Kulturen lassen sich in der Regel durch die unterschiedliche Umweletn erklären. Ich sehe da auch keinen Grund, auf nichtnaturalistische Erklärungen zurück zu greifen.
@ El_Mocho
Ich verstehe die genannten Aussagen und Argumente etwas anders.
Zuerst vielleicht kurz etwas zu Hallpike und seinen Interessen, Forschungsschwerpunkten und seiner wissenschaftlichen Verortung, um seine Analyseperspektive etwas besser einordnen zu können:
Christopher Hallpike ist ein empirisch orientierter Ethnologe und befasst sich unter anderem mit kulturvergleichender kognitiver Entwicklungspsychologie, insbesondere mit der kognitiven und moralischen Entwicklung im Kontext von Kulturen von Jägern und Sammlern, Gartenbauern und Ackerbauern sowie mit Theorien sozialer und kultureller Evolution.
Es war Hallpike, der den Forschungsstand der kulturvergleichenden Psychologie zur kognitiven und moralischen Entwicklung (übrigens eines der am besten untersuchten Gebiete innerhalb der kulturvergleichenden Psychologie) in die Ethnologie/Kulturanthropologie einbrachte und für die Ethnologie/Kulturanthropologie nutzbar zu machen versuchte.
Das brachte ihm den Zorn der postmodernistischen Strömung innerhalb der Ethnologie ein, da die Postmodernisten entwicklungspsychologische Stufenmodelle und Theorien soziokultureller Evolution grundsätzlich für diskriminierend halten.
Hallpike ist innerhalb der Ethnologie/Kulturanthropologie als Kritiker des Postmodernismus, der Political Correctness, der Evolutionären Psychologie und des Kulturmaterialismus bekannt. Siehe hierzu folgenden m.E. lesenswerten Artikel (welcher als Einführung für eines seiner Bücher fungierte):
Political correctness and the death of cultural anthropology
Klicke, um auf Political%20correctness%20and%20the%20death%20of%20cultural%20anthropology.pdf zuzugreifen
„Wenn ich recht sehe, versucht die Evolutionäre Psychologie genau das zu erklären, wie Sprache, Sozialverhalten usw. entstanden sind. Der Vorwurf, das man nicht versuchen könne zu erklären, was man noch nicht weiß, erscheint mir unsinnig.“
Hallpikes Argument scheint mir hier zu lauten, dass die Evolutionäre Psychologie hockspekulativ sei, da sie die Herausbildung ganz bestimmter adaptiver modularer evolutionärer Mechanismen bei Menschen für eine Zeit behauptet, bezüglich derer keinerlei Forschungsbefunde über die spezifische soziokulturelle Organisation und die mentale und psychische Beschaffenheit der damaligen Menschen vorhanden sind.
Das ist ein von Ethnologen häufiger gehörtes Argument, das m.E. vor dem Hintergrund verstanden werden muss, dass Ethnologen/Kulturanthropologen, wenn sie Theorien aufstellen, immer konkrete Forschungsergebnisse über spezifische soziokulturelle Organisationsformen von Menschen vor Augen haben. Einem Ethnologen kann das Vorgehen von Evolutionären Psychologen in dieser Hinsicht daher u.U. schnell als ein „Spekulieren ins Blaue hinein“ erscheinen. Im Grunde sagt Hallpike hier also, dass er der Ansicht ist, dass die Evolutionäre Psychologie stark Gefahr läuft Just-So-Stories zu produzieren, da keinerlei Forschungsbefunde vorliegen, um ihre Aussagen über das Leben der Menschen in jener Zeit, auf die sie sich bezieht, zu verifizieren oder zu falzifizieren.
„Das es evtl. Gründe (Klimaveränderung, Überbevölkerung) gegeben haben könnte, die angestammte Umgebung zu verlassen, sich in einer anderen, weniger günstigen Umgebung niederzulassen und sich an die dortigen Verhältnisse anzupassen, fällt dem Autoren nicht ein.“
Ich denke, das Argument lautet hier, dass die Evolutionäre Psychologie erstaunlich wenig Vorhersagekraft und Erklärungswert für wesentliche Aspekte menschlichen Verhaltens besitzt. Wenn die Psyche des Menschen wesentlich durch adaptive modulare evolutionäre Mechanismen strukturiert ist, die als Anpassung an ganz bestimmte klimatische und geographische Bedingungen fungieren, würde man Hallpike zufolge erstmal spontan annehmen, dass Menschen sich nur in solchen Gebieten niederlassen, die von diesen Bedingungen nicht allzu stark abweichen und ansonsten weiterwandern sowie dass sich menschliche soziokulturelle Organisationsformen hinsichtlich Struktur und Komplexität nicht zu drastisch unterscheiden. Tatsächlich haben Menschen aber die verschiedensten klimatischen und geographischen Gebiete besiedelt sowie soziokulturelle Organisationsformen von hoher Komplexität hervorgebracht und dauerhaft erhalten. Wie ist diese Vielfalt und Komplexität des menschlichen Potentials zur Herausbildung sehr verschiedener Lebensformen, die z.T. sehr verschiedene Anforderungen stellen nun aber mit den von der Evolutionären Psychologie postulierten modularen evolutionären Mechanismen in Beziehung zu setzen? Welchen Erklärungswert hat die Evolutionäre Psychologie bezüglich des menschlichen Potentials zu soziokulturellen Veränderungen oder gar soziokultureller Evolution? Hallpike zufolge sehr wenig. Hier ist bezüglich Hallpikes Perspektive zu berücksichtigen, dass die entwicklungspsychologische Dimension soziokultureller Evolution einen der Forschungsschwerpunkte seiner eigenen Arbeit darstellt.
„Ich denke hier liegt kein Problem vor. Es kommt ja in der Evolution häufiger vor, dass bestimmte Anpassung an ein Phänomen sich auch auf andere anwenden lassen. Die Sprache z.B. ermöglichte erst die Entwicklung der höheren Kultur, obwohl sie ursprünglich vielleicht nur entstand, um sich bei der Jagd besser zu koordinieren oder um vor gefährlichen Feinden zu wahren.“
Ich kann mir schon vorstellen, dass hier ein Problem vorliegt. Hallpike meint m.E. Folgendes: Jäger und Sammler benötigen keine zu ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten, um in ihrer Umwelt zu überleben und ihr gesellschaftliches Leben zu gestalten. Die in der kognitiven Entwicklungspsychologie als formal-operationales Denken konzeptualisierte Stufe des abstrakten Denkens tritt dem Forschungsstand der kulturvergleichenden Psychologie zufolge in Jäger- und Sammler-Gesellschaften unter deren ursprünglichen Bedingungen in der Regel nicht auf.
Wenn sich eine vormoderne Bevölkerung aber nun beginnt zu modernisieren, wenn sich die Sozialisationsformen ändern, wenn eine moderne Form der Sozialisation und Bildung entsteht, wird das Potential zum formal-operationalen abstrakten Denken auf einmal aktiviert, was weitreichende soziokulturelle Veränderungen sowie Veränderungen von menschlichen Verhaltensweisen und Einstellungen nach sich zieht.
Wo aber kommt das abstrakte Denken her, wenn es auf der Kulturstufe des Jagen und Sammelns nicht benötigt wird und dort in der Regel auch nicht vorzufinden ist? Warum kommt es erst zum Vorschein, wenn die entsprechende Bevölkerung sich modernisiert? Wie ist dies mit den postulierten adaptiven evolutionären Mechanismen in Einklang zu bringen? Was hat die evolutionäre Psychologie dazu zu sagen? Hallpike hat offenbar den Eindruck, dass sich Evolutionäre Psychologen mit solchen, in seinen Augen wichtigen Problemen nicht befassen.
„Dass die Annahme korrekt ist, unterstellt er einfach so und baut darauf seine folgende Argumentation auf.“
Nein, er formuliert es ja nur als Möglichkeit:
„If something like the second view turns out to be correct, this would mean (…)”
Es ist also nur ein weiteres Argument dafür, dass er die Evolutionäre Psychologie für hochspekulativ halt.
“Ich sehe allerdings nicht, wie man denn den menschlichen Geist erklären will, wenn nicht durch Aufweisung von Kausalitäten, sprich: durch den Nachweis, wie er so geworden ist, wie er jetzt ist.“
Man kann die Funktionsweise des menschlichen Geistes – also WIE er funktioniert – natürlich auch ohne evolutionär-psychologische Annahmen erforschen und erklären. Ich persönlich habe aber nichts dagegen einzuwenden, im Anschluss an solche Forschungen zu versuchen auch gut begründete evolutionär-psychologische Erklärungen zu finden.
Hallpike scheint diesbezüglich allerdings der Ansicht zu sein, dass die Evolutionäre Psychologie bestimmte höhere kognitive Funktionen des menschlichen Geistes mit Hilfe ihres theoretischen Instrumentariums nicht angemessen erforschen und erklären kann.
Auch diesbezüglich sollte m.E. wieder Hallpikes Perspektive berücksichtigt werden, um das Gesagte besser einordnen zu können. Es gibt innerhalb der Ethnologie drei miteinander konkurrierende psychologische Theorien, deren Vertreter jeweils für sich beanspruchen die psychologische Dimension ethnologischer Forschung am besten fundieren zu können, nämlich
1. die Psychoanalyse, also Ethnopsychoanalyse
2. die Evolutionäre Psychologie
3. die kognitive Entwicklungspsychologie
Hallpike ist, wie gesagt, Anhänger der drittgenannten Richtung und argumentiert gegen die anderen beiden.
(Mein persönlicher Ansatz ist hingegen, alle drei psychologischen Richtungen jeweils auf Ihre Teilwahrheiten hin zu befragen und zu versuchen diese zu verknüpfen.)
Hallpike vertritt in diesem Artikel also explizit den Standpunkt, dass die evolutionär-psychologischen Theorien bislang nicht dazu in der Lage seien, die höheren kognitiven Funktionen des menschlichen Geistes zu erklären und dass die kognitive Entwicklungspsychologie diesbezüglich aus empirisch-wissenschaftlicher Perspektive für die Ethnologie mehr zu bieten habe.
Hallpikes Text enthält übrigens noch weitere Argumente.
„da sie die Herausbildung ganz bestimmter adaptiver modularer evolutionärer Mechanismen bei Menschen für eine Zeit behauptet, bezüglich derer keinerlei Forschungsbefunde über die spezifische soziokulturelle Organisation und die mentale und psychische Beschaffenheit der damaligen Menschen vorhanden sind.“
Da wird immer vergessen, dass das Endprodukt der Selektion ja vorhanden ist.
„Ich denke, das Argument lautet hier, dass die Evolutionäre Psychologie erstaunlich wenig Vorhersagekraft und Erklärungswert für wesentliche Aspekte menschlichen Verhaltens besitzt. “
Es gibt allerdings keine Theorie, die das menschliche Verhalten besser erklärt.
„Wenn die Psyche des Menschen wesentlich durch adaptive modulare evolutionäre Mechanismen strukturiert ist, die als Anpassung an ganz bestimmte klimatische und geographische Bedingungen fungieren, würde man Hallpike zufolge erstmal spontan annehmen, dass Menschen sich nur in solchen Gebieten niederlassen, die von diesen Bedingungen nicht allzu stark abweichen und ansonsten weiterwandern sowie dass sich menschliche soziokulturelle Organisationsformen hinsichtlich Struktur und Komplexität nicht zu drastisch unterscheiden.“
Dann hat er nicht verstanden, dass es auch bei ansonsten gleichen grundlegenden Sturkturen je nach Umwelt und den besonderheiten der Lage unterschiedliche spieltheoretische Gleichgewichte und Strategien gibt.
Beispielsweise bietet sich in dünnbesidelten Gegenden eben eine Betonung von Gastfreundschaft an, da jeder einmal in die Lage kommen kann, dass er Hilfe braucht und oft nur eine Person in der Nähe ist. In Städten kann man hingegen unpersönlicher sein, weil man nicht im gleichen Maße aufeinander angewiesen ist. Das führt dann eben trotz gleicher Anlage zu der Ausbildung unterschiedlicher Kulturen, weil man bestimmte Punkte eher betonen muss.
„Wo aber kommt das abstrakte Denken her, wenn es auf der Kulturstufe des Jagen und Sammelns nicht benötigt wird und dort in der Regel auch nicht vorzufinden ist?“
Auch dazu werden diverse Theorien diskutiert, nicht zuletzt sexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz. Von diesen beiden haben die meisten Leute, die sich nur oberflächlich mit Evolution beschäftigen, meist keinerlei Kenntnis. Sie gehen davon aus, dass es nur natürliche Selektion gibt, weswegen sie nur auf die Umgebung abstellen, nicht auf Handeln untereinander
Wie belegt er denn das eigentlich? Für das Leben in einem Paradies mit sehr lebensfreundlichen Bedingungen und hinreichend kleiner Population dürfte das stimmen. Aber sobald es darum geht (aufgrund des Populationsdrucks) lebensfeindlichere Gebiete zu erschließen, werden höhere kognitive Fähigkeiten gebraucht, welche die besondere Qualität des Menschen darstellen. Am Anfang ist das „höher“ gewiss noch niedriger, aber es lässt sich problemlos eine Entwicklungslinie von der Organisation einer Jagdgruppe zur Beutesuche bis zum interstellaren Raumflug ziehen.
„Wie belegt er denn das eigentlich?“
Schon um effektiv im Team zu Jagen braucht es Abstraktionsvermögen und Sprache, damit die Teammitglieder sich koordinieren können.
Scheint mir in der Tat eine gewagte Behauptung zu sein.
@ only_me
„Schon um effektiv im Team zu Jagen braucht es Abstraktionsvermögen und Sprache, damit die Teammitglieder sich koordinieren können.“
Kognitiver Entwicklungspsychologen entgegnen hierauf, dass der logische Umngang mit konkreten Dingen – also konkret-operationales Denken – für das Jagen in Gruppen ausreichend sei und man dafür kein abstrakes Denken im Sinne formal-operationalen Denkens benötigt.
„Scheint mir in der Tat eine gewagte Behauptung zu sein.“
Ist es aber nicht, ist der allgemeine Forschungsstand hierzu innerhalb der Kulturvergleichenden Psychologie.
„Kognitiver Entwicklungspsychologen entgegnen hierauf, dass der logische Umngang mit konkreten Dingen – also konkret-operationales Denken – für das Jagen in Gruppen ausreichend sei und man dafür kein abstrakes Denken im Sinne formal-operationalen Denkens benötigt. “
Es sind doch nun wirklich dutzende Bereiche in der zwischenmenschlichen Interaktion denkbar, wo man formal-operatonal denken muss, da einfach nur die Haupttätigkeiten ohne weitere Interaktionen auf ihre konkret operationalen Denkweisen zu beschränken ist halt eine vereinfachung, die der Lebenswirklichkeit nicht gerecht wird.
Wo Menschen interagieren kommt man nicht um formal-operationales Denken herum. Man kann das ausklammern, wenn man diverse Interaktionen ausblendet, aber das ist dann eben unterkomplex
Ich bin auch der Meinung, dass ein Mensch aus dem Mittelalter oder der Antike in unsere Zeit verstzt in der Lage wäre, Autofahren zu lernen oder einen Computer zu bedienen, obwohl es sowas in seiner Zeit nicht gab. Ich sehe da keinen qualitativen Unterschied zwischen den Fähigkeiten, die man braucht um Wild zu jagen und denen, die man braucht um ein Auto zu fahren.
@ Ih
„Wie belegt er denn das eigentlich?“
Es gibt mehrere hundert Studien zur kognitiven Entwicklungspsychologie, die in mehr als hundert Gesellschaften durchgeführt wurden. Eines der Ergebnisse war, dass die Sozialisationsformen in vorindustriellen Gesellschaften nicht dazu geeignet sind formal-operationales Denken zu fördern. Formal-operationales Denken tritt in vorindustriellen Kulturen nur selten oder gar nicht auf.
Falls du es genauer nachlesen möchtest, Hallpike hat ein Buch dazu geschrieben, in dem er den Forschungsstand hierzu zusammenfasst:
http://www.buecher.de/shop/buecher/die-grundlagen-primitiven-denkens/die-grundlagen-primitiven-denkens-jan-01-1999-hallpike-christopher-robert/products_products/detail/prod_id/25027874/
„Am Anfang ist das „höher“ gewiss noch niedriger, aber es lässt sich problemlos eine Entwicklungslinie von der Organisation einer Jagdgruppe zur Beutesuche bis zum interstellaren Raumflug ziehen.“
Ausgehend vom Forschungsstand hierzu ist das so nicht ganz zutreffend. Für die Organisation einer Jagdgruppe sind die prä-formalen kognitiven Strukturen ausreichend, für die Herstellung fortgeschrittener Technologien nicht, dafür braucht es eine formal-operationale Denkweise.
„Eines der Ergebnisse war, dass die Sozialisationsformen in vorindustriellen Gesellschaften nicht dazu geeignet sind formal-operationales Denken zu fördern. Formal-operationales Denken tritt in vorindustriellen Kulturen nur selten oder gar nicht auf.“
Was genau versteht er denn unter Formal operationaler Denkweise?
Wenn er da die Modelle nach Piaget meint:
http://www.lern-psychologie.de/kognitiv/piaget.htm
Das können Kinder also ab 12 Jahren. Und wie man an dem Beispiel sieht bringt es einem auch bei der Planung innerhalb einer primitiven Gesellschaft vorteile, selbst wenn man vielleicht eine Jagdgruppe auch so zusammen stellen könnte.
Es ist auch für intrigen, Machtkämpfe, Statuskämpfe etc nützlich. Oder dafür einen Gegner allgemein einzuschätzen und taktisch zu denken oder beim Handeln vorteile zu haben.
Sprich: Die Vorteile ergeben sich aus der Interaktion untereinander: Sexueller Selektion und intrasexueller Konkurrenz
Ich wollte darauf hinaus, dass der Unterschied der Notwendigkeit prä-formalen zu formal-operationalen Denkens nur die Schwierigkeit der Herausforderung des Überlebens angesichts der Umweltbedingungen ist. Die Entwicklung dürfte dabei aber meistens so verlaufen, dass nur wenn die kognitiven Mittel zum Überleben da sind, bestimmte Gebiete betreten und benutzt werden können.
Ich will auch gar nicht behaupten, dass höheres Denken schon vor 50.000 Jahren da war (auch wenn es wesentlich älter als die Industrialisierung ist und wir es bis zu den frühesten Schriftfunden -Schuldschein-Tafeln nämlich- zurückverfolgen können) aber die Entwicklung dahin wirkt ziemlich naheliegend, wenn man nur größer werdende Herausforderungen (auch aus der Organisation größer werdender Gruppen) annimmt.
Du hast 5 Jäger und ein totes Reh. Wieviel von dem Reh darf sich jeder nehmen? Man ist da ganz schnell am Rechnen.
„Du hast 5 Jäger und ein totes Reh. Wieviel von dem Reh darf sich jeder nehmen? Man ist da ganz schnell am Rechnen.“
Oder: Ich will mich mit wichtigerperson1 gut stellen, dazu könnte ich mich gegen seinen Feind1 stellen, dieser hat aber wiederum als verbündeten Bruder der FraumeinesBruders. Wie werden die sich verhalten, wenn ich X mache? Wie werden sie sich verhalten, wenn ich es zusammen mit wichtigerperson2 mache, die auch wiederum Freund des Bruders ist?
@ Christian
„Das können Kinder also ab 12 Jahren.“
Ja, bei Vorhandensein einer modernen Sozialisation.
Hallpikes Argument war aber, dass formal-operationales Denken in prämodernen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht auftritt, sondern erst aktiviert wird, wenn sich eine vormoderne Gruppe modernisiert.
Formal-operationales Denken findet sich gemäß dem Forschungsstand der Kulturvergleichenden Psychologie bei Menschen in vormodernen Kulturen in der Regel nur bei solchen Personen, die aus irgendwelchen Gründen mindestens 3 Jahre Schulbildung ähnlich wie in modernen Schulen hatten. Das gibt es bei Jägern und Sammlern aber nicht.
@ Ih
„Ich will auch gar nicht behaupten, dass höheres Denken schon vor 50.000 Jahren da war (auch wenn es wesentlich älter als die Industrialisierung ist und wir es bis zu den frühesten Schriftfunden -Schuldschein-Tafeln nämlich- zurückverfolgen können)“
Zur Bildung von Schriftkulturen ist konkret-operationales Denken ausreichend, also die kognitive Stufe vor dem formal-operationalen Denken.
„aber die Entwicklung dahin wirkt ziemlich naheliegend, wenn man nur größer werdende Herausforderungen (auch aus der Organisation größer werdender Gruppen) annimmt.“
Nach meinen Kenntnissen korreliert formal-operationales Denken aber nicht mit der Gruppengröße, sondern mit den Faktoren Alphabetisierung und Bildung.
@Leszek
Wie erklärt man sich denn abseits biologischer und damit immer evolutionärer Theorien, dass formal-operatives Denken ab dem 12 Lebensjahr auftritt? Die Kinder heute in dem Alter brauchen es ja noch weniger als prähistorische Gesellschaften?
Und was ist mit dem Handeln untereinander? Braucht man da nicht sehr schnell kognitiv-formales denken? (intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz dazu noch einmal als Stichwort)
@Leszek: Ich habe das Beispiel nicht wegen der Schrift gebraucht. Das ist nur der früheste direkte Einblick in kognitives Arbeiten. Es ging mir um den Schuldschein.
@ Christian
„Wie erklärt man sich denn abseits biologischer und damit immer evolutionärer Theorien, dass formal-operatives Denken ab dem 12 Lebensjahr auftritt?“
Die Befunde der Kulturvergleichenden Psychologie zeigen, wie gesagt, dass formal-operationales Denken nicht einfach so auftritt, sondern nur unter bestimmten Sozialisationsbedingungen, die die kognitive Entwicklung besonders anregen.
„Die Kinder heute in dem Alter brauchen es ja noch weniger als prähistorische Gesellschaften?“
Für einen optimalen Umgang mit den abstrakteren Aspekten moderner Gesellschaften, ist es natürlich sinnvoll formal-operationales Denken zu entwickeln.
Allerdings zeigt der Forschungsstand der Entwicklungspsychologie, dass auch in modernen Gesellschaften nicht alle Erwachsenen das formal-operationale Denken entwickeln. Ein gewisser Prozentsatz der erwachsenen Menschen in modernen westlichen Gesellschaften befindet sich auf der konkret-operationalen Stufe, also der kognitiven Stufe vor dem formal-operationalen Denken.
„Und was ist mit dem Handeln untereinander? Braucht man da nicht sehr schnell kognitiv-formales denken? (intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz dazu noch einmal als Stichwort)“
Wie gesagt entwickeln auch in modernen Gesellschaften nicht alle Erwachsenen das formal-operationale Denken.
In vorindustriellen Gesellschaften ist es allerdings die Regel, dass das formal-operationale Denken nicht entwickelt wird, weil prämoderne Sozialisationsformen dafür nicht geeignet sind.
Ich denke, du unterschätzt etwas, was Menschen, die konkret-operational anstatt formal-operational denken, trotzdem für Leistungen erbringen können.
Ein Mensch, der konkret-operational denkt, kann z.B. ein großartiger Künstler oder Handwerker sein, sozial und kommunikativ kompetent sein, er kann u.U. auch viel lesen, nur wird er eben abstrakte und stärker theoretisch ausgerichtete Gedanken nicht verstehen.
Der Durchschnitt solcher prämodern-religiöser Theologen, die ihre „heiligen Schriften“ wörtlich nehmen anstatt sie historisch zu kontextualisieren oder sie symbolisch zu interpretieren, denkt z.B. konkret-operational, nicht formal-operational. (Die konservativ-islamische Theologie ist z.B. schwerpunktmäßig konkret-operational, der liberale Reform-Islam ist hingegen schwerpunktmäßig formal-operational ausgerichtet.)
Kulturen, die ihren kognitiven Schwerpunkt auf der konkret-operationalen Ebene anstatt auf der formal-operationalen Ebene haben, können auch bereits Wissenschaft betreiben, nur ist diese Wissenschaft dann eben begrenzter und gelangt nicht zu Forschungsergebnissen und Erfindungen, die ein stärker abstrakt und theoretisch ausgerichtetes Denken benötigen (Beispiele wären das antike Rom oder das antike China).
Also, natürlich können Dinge wie intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz sich auch im Kontext prä-formaler kognitiver Strukturen abspielen, und so war es den größten Teil der Menschheitsgeschichte auch, denn formal-operationales Denken gibt es als relativ verbreitetes Phänomen innerhalb von Gesellschaften erst seit wenigen Jahrhunderten.
„Die Befunde der Kulturvergleichenden Psychologie zeigen, wie gesagt, dass formal-operationales Denken nicht einfach so auftritt, sondern nur unter bestimmten Sozialisationsbedingungen, die die kognitive Entwicklung besonders anregen.“
Das kommt doch hinten und vorne nicht hin: Hier entwickeln sie es nach gängigen Theorien ab 12 Jahren, obwohl die Kinder da wahrscheinlich wenn man ihre Tätigkeiten betrachet auch nichts besonderes planen müssen, sondern mit konkreten Denken auskommen würden
Dort soll es angeblich gar nicht vorliegen, aber man betrachtet nur sehr selektive handlungen und lässt komplexe Interaktionen außen vor.
Definieren doch bitte noch einmal konkret operational und formal operational.
Ich verstehe formales denken so:
http://www.abipur.de/referate/stat/659643799.html
Oder hier etwas genauer:
Da sind Beispiele bei, die relativ einfach erkennbar auch in einer Jäger und Sammler Gesellschaft Vorteile bringen: Wenn Eltern sich trennen dann tritt üblicherweise dies und das ein, das wird dann auch bei mir so sein“ oder „Im Kampf sterben Leute, das ist für deren Kinder schlecht, auch wenn mein Vater in den Krieg zieht, dann könnte das für mich schlecht sein“ oder „Bei schlechten Wetter ziehen zu jagende Tiere eher langsamer durch die Gegend. Das werden auch die von mir beobachteten Tiere gemacht haben. Sie werden daher eher in Gegend X sein“
Aber auch Fragen von Gerechtigkeit oder dem Sinn des Lebens, vom Leben nach dem Tod oder nach Religion, allgemeine Philosophische Fragen stellen sich Jäger und Sammler gemeinschaften, auch wenn sie das nicht müssen. Beerdigungsrituale, die Ausdruck eines formal operationalen Denkens sind, sind bereits aus der Steinzeit bekannt.
„Also, natürlich können Dinge wie intersexuelle Selektion und intrasexuelle Konkurrenz sich auch im Kontext prä-formaler kognitiver Strukturen abspielen, und so war es den größten Teil der Menschheitsgeschichte auch, denn formal-operationales Denken gibt es als relativ verbreitetes Phänomen innerhalb von Gesellschaften erst seit wenigen Jahrhunderten.“
Das ist bereits die falsche Frage: Können sich bestimmte Operationen bereits mit präformal kognitiven Strukturen abspielen ist evolutionär nur die halbe Miete. Interessanter wäre: „Hat ein Individuum vorteile, das innerhalb dieser Strukturen bereits formal-operativ denken kann?“ Und das wird man kaum verneinen können.
Das eine ist eine Frage nach den Mindestvoraussetzungen, das andere eine Frage nach einer potentiellen Selektion
@ Ih
„Ich habe das Beispiel nicht wegen der Schrift gebraucht. Das ist nur der früheste direkte Einblick in kognitives Arbeiten. Es ging mir um den Schuldschein.“
Es ist nicht so, dass Menschen, die nicht formal-operational denken, keine Symbole verstehen könnten. Sie assoziieren Symbole allerdings nur mit konkreten Dingen und konkreten Erfahrungen, nicht mit abstrakten Prinzipien und Theorien.
Ist doch ganz einfach: Präformales Denken bedeutet im übertragenen Sinne, das 1×1 zu beherrschen; höhere Mathematik dagegen setzt formales Denken voraus. Höhere Mathematik braucht aber praktisch niemand für sein Alltagsleben, erst recht nicht der Steinzeitjäger.
„Höhere Mathematik braucht aber praktisch niemand für sein Alltagsleben, erst recht nicht der Steinzeitjäger.“
Eben. Und dennoch können wir sie. Als Nebenprodukt eines Gehirns, welches auf allgemeine abstrakte Denkweisen auslegt ist
@Leszek: Also nochmal: Das Konzept einer bezifferbaren Schuld (mit Zinsen übrigens) ist ein sehr abstraktes.
„Und dennoch können wir sie.“
Wenn man das „wir“ auf überdurchschnittlich intelligente Menschen beschränkt, dann stimmt die Aussage. Bei den anderen bin ich mir da nicht so sicher.
„Also nochmal: Das Konzept einer bezifferbaren Schuld (mit Zinsen übrigens) ist ein sehr abstraktes.“
Das ist ein simples Tauschgeschäft: Ich gebe dir heute X, dafür gibst du mir später Y.
@ Christian
„Das kommt doch hinten und vorne nicht hin: Hier entwickeln sie es nach gängigen Theorien ab 12 Jahren, obwohl die Kinder da wahrscheinlich wenn man ihre Tätigkeiten betrachet auch nichts besonderes planen müssen, sondern mit konkreten Denken auskommen würden“
Nochmal, das formal-operationale Denken entwickelt sich bei zwöfjährigen Kindern nur unter kognitiv-anregenden Sozialisationsbedingungen.
„Dort soll es angeblich gar nicht vorliegen, aber man betrachtet nur sehr selektive handlungen und lässt komplexe Interaktionen außen vor.“
Natürlich beachten Entwicklungspsychologen und Ethnologen, die solche Dinge erforschen auch komplexe Interaktionen.
„Definieren doch bitte noch einmal konkret operational und formal operational.“
Konkret-operationales Denken bezeichnet die Fähigkeit zum logischen und systematischen Denken in Bezug auf konkrete Dingen, Objekte, Personen, Ereignisse und Erfahrungen – also alles, was konkret vorstellbar ist. Das logische Denken bleibt an konkrete Vorstellungen gebunden und kommt nicht oder nur sehr begrenzt darüber hinaus.
Formal-operationales Denken bezeichnet die Fähigkeit zum logischen und systematischen Denken in Bezug auf abstrakte Dinge, also hypothetisch-deduktives Denken, losgelöst von konkreten Vorstellungen. Auf der formal-operationalen Stufe wird Denken auf Grundlage abstrakter Begriffe und Symbole unabhängig von konkreten Vorstellungen möglich.
Beide Stufen bestehen aber nochmal aus Unterstufen und Teilfähigkeiten.
Nun liegen der Kulturvergleichenden Psychologie wie gesagt über tausend Studien zur kognitiven Entwicklung aus über 100 Gesellschaften auf verschiedenen Kulturstufen vor und zu den Ergebnissen dieser Untersuchungen gehörte, dass in vormodernen Gesellschaften das formal-operationale Denken in der Regel nicht aufgefunden werden konnte, es sei denn, eine Person hatte aus irgendwelchen Gründen eine mindestens dreijährige, der modernen Bildung ähnliche Bildung erfahren.
Auch in Bezug auf das vorhergehende konkret-operationale Stadium scheinen nicht in allen vormodernen Kulturen alle Teilfähigkeiten und Unterstufen entwickelt zu werden.
Unter den Sozialisationsbedingungen moderner industrieller Gesellschaften entwickelt eine große Mehrheit das konkret-operationale Denken und viele, aber nicht alle Menschen auch das formal-operationale Denken, es gibt aber auch in modernen Gesellschaften einen gewissen Prozentsatz von Personen, die dauerhaft konkret-operational denken.
„Das ist bereits die falsche Frage: Können sich bestimmte Operationen bereits mit präformal kognitiven Strukturen abspielen ist evolutionär nur die halbe Miete. Interessanter wäre: „Hat ein Individuum vorteile, das innerhalb dieser Strukturen bereits formal-operativ denken kann?“ Und das wird man kaum verneinen können.“
Es spielt allerdings keine Rolle, ob ein Individuum potentiell Vorteile davon hätte, wenn diese Art des Denkens in vorindustriellen Gesellschaften nunmal in der Regel aufgrund der dortigen Sozialisationsbedingungen nicht entwickelt werden kann und dort schlicht nicht nachweisbar ist.
@ Ih
„Also nochmal: Das Konzept einer bezifferbaren Schuld (mit Zinsen übrigens) ist ein sehr abstraktes.“
Nicht, wenn es mit einer konkreten Vorstellung, dass von Personen Schulden gemacht werden und diese Schulden zurückgezahlt werden müssen, einhergeht.
Und mathematische Fähigkeiten entwickeln Menschen auch auf der konkret-operationalen Stufe bis zu einem gewissen Kompetenzgrad. (Wie weit dieser Kompetenzgrad auf der konkret-operationalen Stufe geht, müsste ich mal nachrecherchieren.)
Nochmal Leszek: Es geht mir nicht um den Nachweis, dass es schon vor knapp 5000 Jahren ein formal-operationales Denken gab (das ist sowieso nur Definitionssache), sondern um die Rückverfolgbarkeit eines hypothetischen Entwicklungsweges dahin. Für diese These muss ich nur nahe Vorstufen aufzeigen, die umso ferner sein dürfen, je weiter ich zurück gehe.
Hören wir nochmal Christopher Hallpike selbst zum Thema:
„If the ideas of primitive society and social evolution are bad enough, the suggestion that there could be such a thing as ‘primitive thought’ has generated near-hysteria: one leading anthropologist has described the notion as a ‘stain’ on the
subject’s reputation; according to Hamill (1990), anyone who doubts that members of all cultures understand the syllogisms of formal logic, for example, is a ‘colonialist’, and Malcolm Crick described my Foundations of Primitive Thought as ‘offensively
racist and a piece of European academic arrogance’(1982:290). In 2005 I gave a Plenary Address to the Jean Piaget Society, in which I said, among other things, that the moral ideas of hunter-gatherers tend to be on a simpler developmental level than those found in farming societies. At the conclusion
of the paper, (Chapter 17) a lady rushed to the microphone and said that my views led directly to genocide. The structuralist theory of Lévi-Strauss, on the other hand, maintaining that human thought is everywhere basically the same, and that
‘primitive’ thought is a different, but equal, version of Western science, was just the kind of thing anthropologists
wanted to hear, like relativism and the doctrines of Post-Modernism.
Just as it is obvious that there are primitive societies, it should not be surprising that their members should, in certain respects, think in ways that are unlike those of educated members of our society, not only about myth and magic, but about causality, space, time, classification, number, and probability, and also about the nature of language, thought, and the mind, as well as ethical issues, and the nature of society.
The Tauade of Papua New Guinea, for example, with whom I lived, had no words for numbers beyond single, pair, and many, no measurements, no forms of time-reckoning into years, months, or weeks, no basic colour terms beyond black and white, and no general direction-indicators apart from where the sun rose and set. The obvious conclusion is that the learning process in societies like this will not require mastery of some of the cognitive skills, such as those involved in mathematics, that children will be obliged to develop in our kind of society. So while the Tauade have the same basic intelligence, the same innate ability to learn, as we do, it will not be developed to the same degree in the actual cognitive skills used in their environment.
Those who deny this are therefore committed, whether they like it or not, to the remarkably implausible alternative thesis that the development of literacy and numeracy and the availability of printed books, going to school and university and learning the techniques of argument and debate, living in large urban communities among people of different backgrounds and cultures, the experience of advanced legal systems, money, and commerce, and the development of modern science and technology and all the experience of machines this has involved, to list some of the most obvious innovations in the cognitive lives of human beings, have nevertheless made no real difference at all to the basic ways in which we think about the natural
world, human society, our own selves and about how
we think. Is that really very likely, or even believable?
In primitive society there is a marked inability to think analytically about the properties of the natural world, or about thinking and the mind, about intention, about grammar and meaning, and about the structure of society in any sort of abstract terms, (…). Historically, we only find these abilities developing during the great literate civilisations of the Axial Age c.500 BC, and Flynn (2007) has recently shown how, in the same way, development from agrarian to industrial and scientific civilisation in the West during the last hundred and fifty years has had much more profound cognitive effects than in those societies where this development has been relatively insignificant.“
aus: C.H. Hallpike – Political Correctness and the death
of cultural anthropology , S. 15 – 16,
nachzulesen hier:
Klicke, um auf Political%20correctness%20and%20the%20death%20of%20cultural%20anthropology.pdf zuzugreifen
@ Ih
„Es geht mir nicht um den Nachweis, dass es schon vor knapp 5000 Jahren ein formal-operationales Denken gab (das ist sowieso nur Definitionssache), sondern um die Rückverfolgbarkeit eines hypothetischen Entwicklungsweges dahin. Für diese These muss ich nur nahe Vorstufen aufzeigen, die umso ferner sein dürfen, je weiter ich zurück gehe.“
O.k., dagegen habe ich nichts einzuwenden.
Die Erklärung des menschlichen Geistes durch natürliche Selektion greift zu kurz. Moderne evolutionspsychologische Theorien fokussieren auf sexuelle Selektion. Zudem gibt es wahrscheinlich komplizierte Wechselwirkungen zwischen kultureller und biologischer Evolution.
Wo ist da jetzt der Widerspruch zu meiner These? Aus der Annahme einer evolutionären Entwicklung (und Trennung durch Distanz sowie unterschiedliche Umweltbedingungen) folgt fast zwangsläufig, dass es kognitiv weiter und weniger weit entwickelte Kulturen gibt.
Warum werden hier kognitive Leistungen der menschlichen Psyche in den Vordergrund gestellt? Sind unter evolutionspsychologischen Gesichtspunkten die Emotionen nicht wichtiger?
Die Trennung von natürlich und kulturell ist willkürlich. Auch Kulturen sind Ergebnis von menschlichem Handeln, und Menschen sind materiell/biologische Wesen. Kulturelles ist ohne bezug auf Biologie nicht erklärbar.
@ El_Mocho
Hallpike schreibt zur Bedeutung der Erforschung der menschlichen Natur und menschlicher Universalien:
„Since Man has undoubtedly evolved from pre-human primates, this makes it entirely legitimate to investigate the extent to which this ancient genetic inheritance continues to influence human behaviour. As might be expected, there are important continuities from pre-human to human in the structure of the emotions and their facial expression, for example, or the young male propensity for physical violence, and here and elsewhere the study of ethology and of human universals show quite clearly how implausible are the attempts to deny the existence of basic human nature. (…)
In the same way, the unique human brain and its capacity for language have been essential for the development of culture, and we also find some sorts of ideas much easier to understand than others: statistical reasoning, for example, is a very late development in human civilisation. Our genetic inheritance is therefore a fundamental component in the development of human society and culture, because it explains why we find some things harder to do or to think than others, and studies of cross-cultural universals are a very promising means of investigating the biological foundations of human nature (e.g. D.E.Brown’s Human Universals, 1991).“
aus: C.H. Hallpike – Political Correctness and the death of cultural anthropology , S. 25
Das ändert für ihn aber nichts daran, dass er die Evolutionäre Psychologie für wenig wissenschaftlich hält:
„Evolutionary psychology is another variety of sociobiology, and believes that it is possible to show that the human mind is composed of a set of mental modules adapted to the conditions of the Pleistocene in East Africa. I discuss this theory in great detail
in Chapter 11, and here I shall merely note the inherent implausibility of the whole enterprise.
In the first place, there is little point in claiming that our minds are adapted to the conditions of the Stone Age when we have no way of knowing what these were like, beyond the obvious facts that such a life must have involved a foraging existence by very small groups. It is quite possible that the love of personal decoration, singing and dancing, and even of telling stories round the camp fire are part of human nature, but we infer this from their cultural universality at the present time, and not from the imaginary activities of our prehistoric ancestors.
Secondly, if our minds and behavioural dispositions are indeed closely adapted to the problems of the Pleistocene in East Africa, one would expect this to have high predictive value about the subsequent development of Man, especially in the last 10,000 years that have led to modern global society. What we actually find is that humans have found out how to thrive in environments vastly different from that of East Africa, and develop technology, modes of thought, and social organization of a variety and complexity that have no relevance to any ‘adaptive problems’ that could have existed in the Stone Age. In this respect, therefore, evolutionary psychology has zero predictive value, and the whole theory that our dispositions and capacities are adaptations linked to any particular environment is completely refuted by the facts.
Evolutionary psychologists, and sociobiologists in general, typically have little grasp of the practicalities of life in primitive society, and often display remarkable ignorance of the anthropological literature and an amateurish level of analysis
(This is in marked contrast to their studies of non-human species such as ants and baboons, which are typically well-informed and professional.)“
aus: C.H. Hallpike – Political Correctness and the death of cultural anthropology , S. 28 – 29
Klicke, um auf Political%20correctness%20and%20the%20death%20of%20cultural%20anthropology.pdf zuzugreifen
Den letztgenannten Punkt, dass Evolutionäre Psychologen oft zu wenig Wissen über ethnologische Daten und Fakten besäßen und ein zu geringes analytisches Niveau in dieser Hinsicht an den Tag legen würden, erwähnen übrigens auch andere bekannte Kritiker der Evolutionären Psychologie in der Ethnologie wie Marshall Sahlins und Susan McKinnon.
Christopher Hallpike schlägt vor, dass in Ausbildungsgängen für Evolutionäre Psychologie immer auch fundiertes Wissen über Ethnologie/Kulturanthropologie vermittelt werden sollte, damit Evolutionäre Psychologen diesbezüglich informierter und kompetenter agieren könnten.
Leider scheint Hallpike die Erfahrung gemacht zu haben, dass Evolutionäre Psychologen nicht selten ähnlich sektiererisch auf wissenschaftliche Kritik reagieren wie politisch korrekte Postmodernisten:
„The hostility of moderate social scientists, such as myself, to biologists’ applications of Darwinian theory to human society and its evolution is not, therefore, because the truths which they reveal are too painful to contemplate, but because many of them are not only bad science but are presented with a dogmatic intolerance of criticism which is probably unique in the natural sciences. As Professor Ingold says, ‘I have found neo-Darwinian selectionists peculiarly intolerant of any intellectual challenge to their point of view. They simply assume it to be unassailable and refuse to discuss it further. Their favourite ploy, of course, is to brand anyone who doesn’t fall into line as a crypto-Creationist.’ (Ingold 2000:2)“
Also, ich finde es ja schade, dass Evolutionäre Psychologen und Ethnologen bei relevanten Forschungsfragen nicht enger zusammenarbeiten und konstruktiver mit gegenseitiger Kritik umgehen.
Er hat sich ja anscheinend selbst nicht vertieft mit evolutionäre Psychologie beschäftigt.
Das Problem bei diesen zusammenarbeiten ist doch, dass die anderen Wissenschaften plötzlich einen Großteil ihrer Lehrwerke überarbeiten müssten und sich in ein fremdes Fach einarbeiten müssten.
Und plötzlich waren viele Experten quasi fachfremd. Deswegen bedeutet „wir sollten zusammenarbeiten“ meist „ihr musst unsere Theorien gleichwertig behandeln, damit sie relevant bleiben“
Warum sollte man gerade diese Vorhersagequalität für die menschliche Entwicklung erwarten? Das scheint mir nicht die These von Evolutionspsychologie zu sein. Die Entwicklung des Menschen in den letzten 10.000 Jahren würde man eher mit der Anpassung an die Bedingungen der letzten 10.000 Jahre erklären.
Die Vorhersagequalität von Evolutionsbiologie bezieht sich auf die Erklärung heutigen menschlichen Verhaltens aus den Bedingungen der Vorzeit und zwar insbesondere da, wo dieses Verhalten im Hinblick auf heutige Bedingungen nicht optimal ist.
Und während dabei ganz klar die erheblich Gefahr besteht, durch Schlüsse hin und zurück unter Verbiegen der Evidenz eine Fantasie zu rationalisieren, bietet die Evolutionspsychologie für etliche Verhaltensphänomene noch die besten Erklärungen.
„In the first place, there is little point in claiming that our minds are adapted to the conditions of the Stone Age when we have no way of knowing what these were like.“
Da kann man doch die Geduld verlieren. Wir wissen inzwischen einiges über sie Steinzeit, vielleicht nicht genug, aber dieses Wissen einfach außer acht zu lassen aus prinzipiellen Gründen wäre doch wohl unentschuldbar. Früher hätte man eine solche Position auf der Linken als unhistorisch kritisiert.
„Also, ich finde es ja schade, dass Evolutionäre Psychologen und Ethnologen bei relevanten Forschungsfragen nicht enger zusammenarbeiten und konstruktiver mit gegenseitiger Kritik umgehen.“
Da ist es wie mit der Zusammenarbeit von Biologen und Soziologen: Es gibt keine gemeinsame Basis dafür. Wenn man durch empirische Forschung gewonnene Erkenntnisse der Biologen aufgrund irgendwelcher ausgedachter, nichtempirischer Theorien kritisiert, kann man wohl nicht zusammen kommen.
Beispiel: Ich schätze sehr die Werke des Ethnologen Napoleon Chagnon über die Yanomami-Indianer.
https://en.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
Chagnon versucht die Kultur der Yanomami auf der Basis von evolutionärer Psychologie (auch wenn das seinerzeit noch nicht so hieß) zu verstehen, er hat Jahre unter ihnen gelebt und spricht ihre Sprache. Er stellte fest, das sie extrem gewalttätig sind, und das es bei ihren Kriegen fast immer um Frauen geht. Daraufhin haben ihn seine akademischen Kollegen heftig angegriffen und versucht, seine bürgerliche existenz zu vernichten. Die Indigenen sind ja bekanntlich gute Menschen, und kein weißer Mann darf etwas dagegen sagen. Chagnon spricht da von einer „Peace and Harmony-Mafia“ an den ethnologischen Fakultäten.
Bezeichnend ist übrigens der deutsche Wikipedia-Artikel zu Chagnon: https://de.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
In dem über seine Forschungen praktisch nichts berichtetv wird, man ihm aber vorwirft, „den Mythos des „brutalen Wilden““ zu fördern. Die Kommentare zu dem Artikel kritisieren das heftig.
„Es gibt keine gemeinsame Basis dafür. Wenn man durch empirische Forschung gewonnene Erkenntnisse der Biologen aufgrund irgendwelcher ausgedachter, nichtempirischer Theorien kritisiert, kann man wohl nicht zusammen kommen.“
Zumal die Kritik an der evolutionären Theorie oft schlicht zeigt, dass man sich mit der Theorie nicht beschäftigt hat. Die Leute glauben sie könnten mitreden, wenn sie natürliche Selektion verstehen und die grobe Vorstellung haben, dass man da irgendwie Eigenschaften hat, die nach diesem Prinzip selektiert sind.
Die Leute, die Ahnung haben, schreiben ja solche Artikel nicht.
@ El_Mocho
„Da kann man doch die Geduld verlieren. Wir wissen inzwischen einiges über sie Steinzeit, vielleicht nicht genug, aber dieses Wissen einfach außer acht zu lassen aus prinzipiellen Gründen wäre doch wohl unentschuldbar.“
Hallpikes Argument scheint allerdings zu sein, dass wir im Hinblick auf die in der Ethnologie gängigen wissenschaftlichen Standards, die es uns erlauben begründete Aussagen über das soziokulturelle Leben von Menschengruppen zu machen, zu wenig über das Leben in der Steinzeit wissen, dass unser Wissen über das Leben in der Steinzeit daher nicht ausreiche, um fundierte Theorien über modulare evolutionäre Mechanismen zu entwickeln.
Wenn du hier anderer Meinung bist, wäre vielleicht ein Buchtipp sinnvoll. Was sollte man Hallpike deiner Ansicht empfehlen mal zu lesen, um ihn davon zu überzeugen, dass unser Wissen über die Steinzeit inzwischen weit genug fortgeschritten ist, um fundierte Aussagen über das soziokulturelle Leben von Menschengruppen in der Steinzeit machen zu können, die auch von einem empirisch orientierten Ethnologen akzeptiert werden können?
„Früher hätte man eine solche Position auf der Linken als unhistorisch kritisiert.“
Ich weiß nicht, ob Hallpike politisch links steht.
„Da ist es wie mit der Zusammenarbeit von Biologen und Soziologen: Es gibt keine gemeinsame Basis dafür. Wenn man durch empirische Forschung gewonnene Erkenntnisse der Biologen aufgrund irgendwelcher ausgedachter, nichtempirischer Theorien kritisiert, kann man wohl nicht zusammen kommen.“
Nun beruht aber die Soziologie vor allem auf empirischer Sozialforschung, insofern könnten empirisch arbeitende Soziologen und empirisch arbeitende Biologen in dieser Hinsicht potentiell durchaus zusammenkommen.
Des Weiteren hatte ich ja schon mehrfach erwähnt, dass speziell die Evolutionäre Psychologen ohnehin sehr weitgehend vom Forschungsstand in den Sozialwissenschaften und anderen Forschungsbereichen der Psychologie abhängig ist.
Das ist erstens deswegen der Fall, weil die wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Natur, wie Hallpike zutreffend betont, die Erforschung menschlicher Universalien voraussetzt.
Und um wissenschaftlich festzustellen, welche menschlichen Eigenschaften und Merkmale tatsächlich in allen Kulturen auftreten, ist es zwingend notwendig den Forschungsstand in Ethnologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft diesbezüglich heranzuziehen und auszuwerten, denn nur dies kann die empirische Basis für eine wissenschaftliche Feststellung menschlicher Universalien sein.
Zweitens beruhen aber auch ganz allgemein viele der Forschungsergebnisse, auf die sich Evolutionäre Psychologen gerne beziehen und auf deren Grundlage sie ihre Theorien entwickeln auf den Forschungsbeständen anderer Forschungsbereiche der Psychologie oder der Sozialwissenschaften, denn die Evolutionären Psychologen besitzen ja nicht die finanziellen und organisatorischen Ressourcen, um bezüglich aller Themen, zu denen sie sich äußern (wie z.B. Geschlechterverhältnisse, Umgang mit Kindern, Arbeitsverhältnisse, Formen der Kooperation, Aggressions- und Konfliktverhalten usw.) selbst Forschungen in den verschiedenen Gesellschaften und Kulturen durchzuführen, sondern häufig beziehen sie sich in dieser Hinsicht auf die Forschungsergebnisse anderer Psychologen, Soziologen, Ethnologen usw.
Die Evolutionäre Psychologie befindet sich in wissenschaftlicher Hinsicht diesbezüglich also in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Forschungsbereichen der Psychologie sowie zu den Sozialwissenschaften, hier insbesondere zu Ethnologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft, denn ohne diese hätten sie nicht ausreichend Daten zur Verfügung.
Die Kritiker der Evolutionären Psychologie in der Ethnologie sagen nun, dass Evolutionäre Psychologen vom Forschungsstand der Ethnologie oft zu wenig Ahnung hätten; dass sie zum Teil Dinge als menschliche Universalien ausgeben würden, die in Wahrheit keine menschliche Universalien seien; dass sie zum Teil Theorien aufstellen würden, die im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht plausibel seien und dass sie Forschungsergebnisse, auf die sie sich beziehen, oft zu selektiv auswählen würden.
Insofern ethnologische Kritiker der Evolutionären Psychologie solche Kritiken auch ausführlich begründen, wie es z.B. Christopher Hallpike, Marshall Sahlins und Susan McKinnon tun, wäre es nun m.E. schon wünschenswert, wenn Evolutionäre Psychologen sich in dieser Hinsicht in einen konstruktiven Dialog mit ihren Kritikern begeben würden.
„Beispiel: Ich schätze sehr die Werke des Ethnologen Napoleon Chagnon über die Yanomami-Indianer.
https://en.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
Chagnon versucht die Kultur der Yanomami auf der Basis von evolutionärer Psychologie (auch wenn das seinerzeit noch nicht so hieß) zu verstehen, er hat Jahre unter ihnen gelebt und spricht ihre Sprache. Er stellte fest, das sie extrem gewalttätig sind, und das es bei ihren Kriegen fast immer um Frauen geht. Daraufhin haben ihn seine akademischen Kollegen heftig angegriffen und versucht, seine bürgerliche existenz zu vernichten.“
Die Sache mit Chagnon ist mir bekannt und ich fühle mich bezüglich der Angriffe von politisch korrekten Kollegen auf ihn mit Chagnon solidarisch.
Wie oben erwähnt, wurde auch Hallpike von politisch korrekten Kollegen schon angegriffen.
Das alles bedeutet aber natürlich nicht, dass man deswegen als Ethnologe die Evolutionäre Psychologie nicht auf Grundlage rationaler Argumentation kritisieren dürfe.
„Die Indigenen sind ja bekanntlich gute Menschen, und kein weißer Mann darf etwas dagegen sagen. Chagnon spricht da von einer „Peace and Harmony-Mafia“ an den ethnologischen Fakultäten. Bezeichnend ist übrigens der deutsche Wikipedia-Artikel zu Chagnon: https://de.wikipedia.org/wiki/Napoleon_Chagnon
In dem über seine Forschungen praktisch nichts berichtetv wird, man ihm aber vorwirft, „den Mythos des „brutalen Wilden““ zu fördern. Die Kommentare zu dem Artikel kritisieren das heftig.“
Dass Jäger-und-Sammler-Gesellschaften oft Stammeskriege führen, ist in der Ethnologie allerdings schon sehr lange bekannt. Der französische Ethnologe Pierre Clastres hat zu diesem Phänomen z.B. auch ein Buch geschrieben („Archäologie der Gewalt“).
Dass die häufigen Stammeskriege bei Jägern und Sammlern geleugnet werden, ist eher ein neueres Phänomen speziell eines Teils der US-amerikanischen Ethnologie/Kulturanthropologie, aber davon abgesehen ist die Häufigkeit von Stammeskriegen seit den Anfängen der Ethnologie bekannt.
„um ihn davon zu überzeugen, dass unser Wissen über die Steinzeit inzwischen weit genug fortgeschritten ist, um fundierte Aussagen über das soziokulturelle Leben von Menschengruppen in der Steinzeit machen zu können, die auch von einem empirisch orientierten Ethnologen akzeptiert werden können?“
Was er eben nicht versteht: wir müssen auch gar nicht so viel wissen.
1. wir haben das Produkt der Evolution.
2. wir haben alleine evolutionäre Regeln, die über alle Lebewesen konstant sind
Die Regel, das Eier teuer und Sperma billig ist erfordert kein Wissen des damaligen Verhaltens.
Der Umstand, das großen und Kraftunterschiede zugunsten des Männchens starke intrasexuelle Selektion als Grund hat ist eine sehr valide Theorie, auch wenn wir das damalige Leben nicht kennen.
Dass bei Tiere mit Hierarchien und starker intrasexueller Konkurrenz unter Männchen der Umstand, dass die Männchen eher versuchen einen hohen Platz in der Hierarchie zu erreichen ist auch eine sehr valide Theorie ohne diese Kenntnisse.
Nachweise müssen nicht immer dadurch erfolgen, dass man bei den Ereignis dabei war. Theorien können eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, weil sie durch eine Vielzahl von Fakten aus anderen Bereichen gestützt werden. Das kann durch über alle Lebewesen beobachtbare Regeln, biologisch- medizinische Forschung, spieltheoretische Überlegungen oder den Vergleich mit anderen, nahe verwandten Lebewesen etc
@ Christian
„Die Leute, die Ahnung haben, schreiben ja solche Artikel nicht.“
Hast du die beiden verlinkten Artikel denn ganz gelesen?
Und du fandest dort keinen einzigen bedenkenswerten Kritikpunkt?
Es wird einfach deutlich, dass der Verfasser sich wenig mit Evolutionstheorie beschäftigt hat.
Das dort auch Theorien aufgestellt werden, die angreifbar sind oder Spekulation sind ist doch klar. Das entwertet diese Ansätze als mögliche Erklärungen nicht, man muss sie dann eben mit der gebotenen Unsicherheit betrachten. Es führt aber nicht dazu, dass man sie per se mit diesen Argument verwerfen kann. Das ist ein Argument aus Nichtwissen.
Und es entwertet auch nicht die kerntheorien der evolutionären Psychologie, die einiges an Argumenten und Fakten hinter sich haben, die der Verfasser erkennbar nicht kennt.
Welchen Punkt seiner Kritik hältst du denn für den plausibelsten?
„Also, ich finde es ja schade, dass Evolutionäre Psychologen und Ethnologen bei relevanten Forschungsfragen nicht enger zusammenarbeiten und konstruktiver mit gegenseitiger Kritik umgehen.“
Wenn es Dich tröstet, das ist ein Phänomen, das ALLE wissenschaftlichen Disziplinen durchzieht, einschließlich der MINT-Fächer.
Nur wirst Du heute nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wenn Du die Lehrmeinung anzweifelst, sondern mit Ausschluss aus der wissenschaftlichen Gemeinde bestraft.
Vermutlich herrschen auch hier noch archaische Muster im Denkprozess.
Wäre doch auch mal ein lohnendes Forschungsgebiet 🙂
@ Christian
„Es wird einfach deutlich, dass der Verfasser sich wenig mit Evolutionstheorie beschäftigt hat.“
Er kritisiert ja auch nicht die Evolutionstheorie, sondern die Evolutionäre Psychologie und hier insbesondere deren Vorstellungen von der Modularität des Geistes.
Hierzu werden die Ansichten von Evolutionären Psychologen zitiert und dann mit Forschungsergebnissen der kulturvergleichenden kognitiven Psychologie und der Ethnologie konfrontiert und die Widersprüche herausgearbeitet.
„Das dort auch Theorien aufgestellt werden, die angreifbar sind oder Spekulation sind ist doch klar. Das entwertet diese Ansätze als mögliche Erklärungen nicht, man muss sie dann eben mit der gebotenen Unsicherheit betrachten. Es führt aber nicht dazu, dass man sie per se mit diesen Argument verwerfen kann. Das ist ein Argument aus Nichtwissen.“
Hallpike verwirft solche evolutionär-psychologischen Annahmen, die er als im Widerspruch zu Forschungsergebnissen der kulturvergleichenden kognitiven Psychologie und der Ethnologie sieht und er begründet dies auch genau. Er verwirft z.B. nicht alle Theorien zur Modularität des Geistes, sondern bestimmte, inbesondere solche in Bezug auf höhere kognitive Funktionen, die in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht gebraucht werden und dort nicht nachweisbar sind, die aber notwendig sind um moderne Gesellschaften dauerhaft zu erhalten.
„Und es entwertet auch nicht die kerntheorien der evolutionären Psychologie, die einiges an Argumenten und Fakten hinter sich haben, die der Verfasser erkennbar nicht kennt.“
In dem Text geht es primär um eine bestimmte Kerntheorie der Evolutionären Psychologie, nämlich um das evolutionär-psychologische modulare Modell von Psyche und Geist.
Vielleicht solltst du den Text einfach mal ganz lesen, um den Argumentationsgang im Zusammenhang zu verstehen.
„Welchen Punkt seiner Kritik hältst du denn für den plausibelsten?“
Ich habe den Eindruck, dass Hallpike Recht damit hat, dass das evolutionär-psychologische Modell die höheren kogitiven Funktionen nicht angemessen erklären kann.
Das klassische evolutionär-psychologische modulare Modell von Psyche und Geist ist in dieser Hinsicht wahrscheinlich unzulänglich.
Vielleicht gibt es in der Evolutionären Psychologie inzwischen ja modifizierte Modelle, die den Kritikpunkten Rechnung tragen, Hallpike ist ja auch nicht der einzige, der das Modularitätsmodell der Evolutionären Psychologie kritisiert, dann müsstest du solche modifizierten Theorien allerdings konkret nennen.
Gegen die empirische Evidenz zu behaupten, in Jäger-und -Sammler-Gesellschaften wäre formal-operationales Denken verbreitet, rettet die kritisierten evolutionär-psychologischen Theorien allerdings nicht.
Das hier z.B. ist m.E. kein besonders plausibles Gegenargument:
„Aber auch Fragen von Gerechtigkeit oder dem Sinn des Lebens, vom Leben nach dem Tod oder nach Religion, allgemeine Philosophische Fragen stellen sich Jäger und Sammler gemeinschaften, auch wenn sie das nicht müssen.“
In der Realität wird das Leben in Jäger-und Sammler-Gesellschaften allerdings durch tradierte Mythen, Werte und Normen strukturiert, die jedem Mitglied des Stammes von klein auf ansozialisiert werden und über die in der Regel nicht hinausgedacht wird.
Es gibt keine abstrakten Reflektionen und Diskussionen über Fragen von Gerechtigkeit, den Sinn des Lebens, Leben nach dem Tod, Religion oder gar über allgemeine philosophische Fragen in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften. Es gibt hierzu allgemein anerkannte Mythen und Normen und auf diese bezieht man sich, aber nicht im Sinne kritischer, analytischer Reflektion.
Formal-operationales Denken ist stets dort nachweisbar, wo es echte Philosophie im Gegensatz zu Mythologie gibt, also tatsächliche rationale Reflektion über philosophierelevante Themen. Die klassische ägyptische, griechische, römische, indische, chinesische Philosophie setzt formal-operationales Denken voraus, (auch wenn dieses in den damaligen Gesellschaften nur von sehr kleinen Teilen der Bevölkerung erreicht werden konnte, die entsprechende Sozialistions- und Bildungsbedingungen hatten).
In Jäger-und-Sammler-Gesellschaften gibt es nur Mythologie, keine Philosophie.
Das sind kleine, durch prämoderne Mythen strukturierte Gesellschaften, in denen jeder jeden kennt, der Tagesablauf und die Tätigkeiten – von Unterschieden bezüglich Alters- und Geschlechtergruppen abgesehen – für alle ähnlich ist, in denen keine Schrift existiert, nur sehr geringe Vergleichsmöglichkeiten zu den Denkweisen und Lebensweise anderer Menschengruppen vorhanden sind, alle relevanten Tätigkeiten auf Grundlage logischer Operationen mit konkreten Dingen erledigt werden können und abstrakte Konzepte nicht vorhanden sind.
Es ist daher an sich auch kein besonders überraschendes Ergebnis, dass wissenschaftliche Untersuchungen zur kognitiven Entwicklung zu dem Ergebnis kommen, dass formal-operationales Denken im Kontext der Sozialisationsbedingungen von Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht entwickelt wird.
Ähnlich sieht es auch mit den Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg aus. Jäger-und Sammler-Gesellschaften entwickeln sich im Allgemeinen bis zur 3. Moralstufe, einige Mitglieder auch bis zur 4. Moralstufe, aber nicht darüber hinaus, d.h. Vorstellungen von universellen Menschenrechten gibt es bei Jägern und Sammlern nicht. (Das ist übrigens die entwicklungspsychologische moralische Voraussetzung für die häufigen Stammeskriege.)
Wer die Evolutionäre Psychologie gegen Hallpikes Kritik verteidigen will, indem er – gegen die empirische Evidenz und entgegen den vorliegenden Untersuchungen – Jäger-und-Sammler-Gesellschaften Kompetenzen zuspricht, die diese nicht besitzen und unter den gegebenen Lebens- und Sozialisationsbedingungen nicht entwickeln können, der wird mit einer solchen Argumentation scheitern.
„Beerdigungsrituale, die Ausdruck eines formal operationalen Denkens sind, sind bereits aus der Steinzeit bekannt.“
Für Beerdingungsrituale wird kein formal-operationales Denken benötigt, konkret-operationales Denken ist ausreichend.
Vielleicht müssen wir erst einmal den Begriff „Formal-operationales Denken“ klären.
Nach dem was ich dazu gelesen habe fallen da viele typisch menschliche denkvorgänge im miteinander drunter. Du scheinst das anders zu sehen. Auf welche Definition stützt du dich?
Insbesondere würde mich interessieren, ob du zustimmst, das heutige 12 dieses denken beherrschen und ob du es als eine Fähigkeit ansiehst, die mit einer bestimmten biologischen Entwicklung des Gehirns beim altersgemäßen wachsen ausgebildet wird
Hier noch einmal eine Definition aus dem Netz
http://lexikon.stangl.eu/7323/formal-operationales-stadium/
Nach der kognitiven Theorie Jean Piagets ist das formal-operationale Entwicklungsstadium – etwa im Altersbereich ab 12 Jahren – durch die Fähigkeit zu abstraktem Denken und zu systematischem Denken nach formal-logischen Regeln gekennzeichnet. Mit dem formalen Denken tritt nach Piaget eine Sinnesumkehrung zwischen dem Wirklichen und dem Möglichen ein, d.h., das formale Denken ist grundsätzlich hypothetisch-deduktiv. Denkoperationen können auf dieser Stufe mit abstrakten, nicht mehr konkret vorstellbaren Inhalten durchgeführt werden, was der höchsten Form des logischen Denkens entspricht. Das Denken stützt sich jetzt vorwiegend auf verbale bzw. symbolische Elemente und nicht mehr auf konkrete Gegenstände.
Würdest du die so für richtig halten?
@ Christian
„Würdest du die so für richtig halten?“
Ja.
„Ich finde es faszinierend: er sagt wir wissen zuwenig über die Steinzeit.
Dann macht er diese Aussage aus hätte er an allen Lagerfeuern selbst gesessen.“
Hallpikes Argumentation ist in dieser Hinsicht logisch und plausibel. Er bezieht sich auf die Forschungsergebnisse der Ethnologie und der Kulturvergleichenden Psychologie zu Verhaltensweisen und Kompetenzen bei Jägern und Sammlern und schlussfolgert folgerichtig, dass wenn bestimmte komplexere kognitive Funktionen und damit einhergehende Verhaltensweisen bei Jägern und Sammlern nicht auffindbar sind, sondern erst auf komplexeren Kulturstufen, solche kognitiven Funktionen und damit einhergehende Verhaltensweisen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei Menschengruppen in der Steinzeit nicht vorhanden waren, zumal es dafür ja auch keinerlei Hinweise gibt.
„Was verhindert denn, dass Schamanen mit ihrem Stamm komplexe Diskussionen über recht und Unrecht, Gott und dessen Gegenspieler, die Frage warum Menschen leben und was ihr Sinn ist, führten?“
Das wird dem Forschungsstand entsprechend eben dadurch verhindert, dass die Lebens- und Sozialisationsbedingungen in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften nicht geeignet sind, um formal-operationales Denken entstehen zu lassen.
Entsprechend würden Diskussionen über abstrakte Dinge von der Mehrheit der Stammesmitglieder nicht ausreichend verstanden.
Hallpike gibt in seinem Buch zum Thema auch Beispiele für das Stellen von abstrakten Fragen, die Jäger-und-Sammler im Allgemeinen nicht ausreichend verstehen und nicht logisch folgerichtig beantworten können.
„Er wirft also den Biologen etwas vor, was er dann selbst missachtet“
Hallpike hat in seinem Buch „Die Grundlagen primitiven Denkens“ den Forschungsstand der Kulturvergleichenden Psychologie bezüglich Jäger-und Sammler-Gesellschaften ausgewertet und zwar in Bezug auf die Aspekte Symbolismus; Klassifikation; Zahl, Messen, Zerlegung nach Dimensionen, Erhaltung; Raum, Zeit; begrifflicher Realismus, Kausalität; Handeln und Denken.
Das Buch hat zwar leider einen blöden Titel (die Verwendung des Wortes „primitiv“ gefällt mir nicht, auch wenn Hallpike am Anfang erklärt, warum er dieses Wort verwendet), das Buch ist aber inhaltlich ein sehr interesantes Standardwerk zur kulturvergleichenden kognitiven Psychologie aus ethnologischer Perspektive.
Hallpike hat darüber hinaus auch Feldforschung betrieben und lässt auch seine eigenen Erfahrungen und Befunde in das Buch einfließen.
Mal zwei Fragen:
1 kann formal operatives Verhalten bei intrasexueller Konkurrenz oder im allgemeinen Bereich der Interaktion untereinander oder beim virtue signalling Vorteile bieten.
2. hat er diese Bereiche untersucht?
TFF
http://www.youtube.com/watch?v=PIXjDFmC440
Geht darum das nach feministischer Theorie die Geschichte neu interpretiert wird. Z.B. die Behauptung das Männer schon immer wählen durften und Frauen erst dafür kämpfen mussten, etwas das viele heute glauben.
Sie bringt dann noch weitere Beispiel, wie auch schon früher Frauen durch den Staat vor der bösen männlichen Sexualität beschützt wurden und Männer hart bestraft oder in die Pflicht genommen wurden, wenn sie Sex unter bestimmten Bedingungen mit einer Frau hatten. So konnten auch schon früher Männer zu Straftätern werden, wenn sie einvernehmlichen Sex mit Frauen hatten und die Frau dann im nachhinein einfach behauptet das der Mann versprochen hat sie zu heiraten.
Nur mal ein wenig Comic Relief für Nerds!
Videospielrezensent Ben „Yahtzee“ Croshaw, der ja schon immer ein reger Ideologiekritiker war, hat sich aus der ganzen GamerGate-Sache ja rausgehalten, was sicher nicht unvernünftig war.
In den ersten Minuten seines Videos zu „Dishonored 2“ schießt er dann aber mal kurz eine gewaltige (und noch dazu treffende) Spitze gegen die angeblichen Kämpfer von Repräsentationsvielfalt ab:
http://www.escapistmagazine.com/videos/view/zero-punctuation/116966-Dishonored-2-Review
„Wenn Moral nicht wirkt, hilft Strafe“
https://www.uibk.ac.at/newsroom/wenn-moral-nicht-wirkt-hilft-strafe.html.de
„Wie bringt man Menschen dazu, sich an ethischen Normen zu orientieren? Innsbrucker Ökonomen haben verschiedene mögliche Maßnahmen experimentell untersucht und kommen zu dem Ergebnis, dass Aufklärung gar nicht, aber monetäre Strafandrohung wirkt. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Management Science veröffentlicht.“
In Griechenland haben die Behörden gute Erfahrungen mit schlechtem Gewissen gemacht.
Sie haben Schilder aufgestellt, die darauf hinweisen, daß die Mitnahme von Steinen etc an archäologischen Stätten die Kultur schädige.
Seitdem wird weniger geklaut.
Die Crux an diesem Experiment ist das Fallbeispiel. Man kann m. E. nicht von der Nichtbereitschaft etwas zu spenden, auf eine allgemeine Moral oder Unmoral schließen.
https://twitter.com/erzaehlmirnix/status/803628794502213633
So sind sie halt in der Opfer-Industrie…
Als sich eine Frau meldet, jubeln einige Männer spontan: Super, dass bei einer solchen Veranstaltung auch Frauen anwesend sind, die könnten schließlich viel ordentlicher und schöner schreiben!
http://jochenkoenig.net/2016/11/28/vater-sein-braucht-zeit/
*hust*
Habe nicht den Eindruck das auf dieser Veranstaltung Frauen fehlten und glaube auch nicht das die sich besonders gefreut haben das da eine Frau ist, denn Frauen gibt es auf Väterveranstaltungen immer. Bei der Mütterlobby, die mit der Politik antritt „was gut für die Mutter ist, ist gut fürs Kind“, mag das anders aussehen.
Neulich in Bärlin auf einer Lesung von Anne Wizorek gewesen.
Hier ein kleiner Situationsbericht.
Etwa 45 Leute da; ca. 15% Männer, die meisten Besucher unter 25.
„Alternatives“ Aussehen eher weniger. Außer bei den Männern; da waren haarige, kernige Lederjackenträger und Antifatypen höheren Semesters. Die meisten Frauen hatten lange Haare und sahen aus wie normale Erstsemester-Stud*ierend_ixes.
Es war sogar eine junge Mutter mit Baby da. Ohne Gatten.
Und noch etwas Bemerkenswertes: Unter den Gästen waren nur offensichtlich ethnische Deutsche. Kein dunkler Teint; keine Kopftücher u.ä. Genderismus scheint keine multikulturelle Angelegenheit zu sein.
Anne Wizorek saß erst vorne im Publikum und unterhielt sich mit der Gastgeberin. Sie wurde nicht besonders von den Gästen_innen begrüßt.
Zu Beginn ging Anne vor, wurde vorgestellt und las aus „Feminismus -fuck, yeah!“
Man muß sagen, Anne ist wirklich eine Augenweide. 35 Jahre, sieht aber mindestens 10 Jahre jünger aus. Kaum eine Falte im Gesicht.
Aufmachung und Kleidung wie immer typisch weiblich-hetero: Leicht blondierte Haare, Schminke, überschulterlanges Haar, Schmuck, Rock und Stiefelchen. Echtes Schnuckelchen.
Die Argumente aus dem Buch erspare ich Euch; die Paranoia bezüglich Pay-gap, Performance gap, Care gap und den zahllosen anderen Gäps kennt Ihr ja.
Sie kann aber reden. Sie saß selbstbewußt am Pult und drückte sich zumindest im Ton überzeugend aus. Junge Student*innen ohne Ahnung würden ihr das Zeugs wahrscheinlich abkaufen.
Das ist ihr Erfolgsgeheimnis: Mädchenhaftes Aussehen weitab der üblichen Feminista-Klischees und selbstbewusste Ausstrahlung mit rhetorischen Fähigkeiten.
Mal sehen, wohin sie schwenkt wenn die Falten mehr werden und niemand mehr ihr das Mädchen abkauft…
Tierschutz, wie Brigitte Bardot?
Hmm, die BB hat ja später und bis heute von ihrem hochwertigen Sexappeal ihrer jungen Jahre und dem damit erworbenen Ruhm profitiert.
Ob die niedliches-Mädchen-Nummer auch so einen bleibenden Eindruck hinterlässt?
Vielleicht wirds ja ne Nummer kleiner und sie macht eine Katzenpension auf XD
Was will man mit einer 35jährigen, die zur Not auch noch als 25 durchgehen würde? Im Zweifel ist eine echte 25jährige trotzdem knackiger und an der angenehmen, gereiften Persönlichkeit kann es bei Frau Wizorek ja wohl kaum liegen.
Ihr Freund hatte sich ja über sie lustig gemacht und wurde verlassen. Ob es genug linke Männer*innen gibt, die kernig genug sind, für sie in Frage zu kommen UND es mit ihr aushalten?
@Axel
Wie waren die Reaktionen der Gäste auf Wizoreks Lesung?
Ich muß zugeben, daß ich mir die Fragerunde am Ende nicht mehr angetan habe. Das Publikum sah aber nicht so aus, als wenn es ansatzweise kritisch wäre. Es herrschte in jedem Fall allgemeine Ruhe und Aufmerksamkeit.
Sie ist ein Role Model für kleine Mädchen. Weiblich sein ohne Rosa und Glitzer.
Also der Guardian veröffentlicht dieses Stück: https://www.theguardian.com/commentisfree/2016/nov/28/alt-right-online-poison-racist-bigot-sam-harris-milo-yiannopoulos-islamophobia
Ein anonymer unbezahlter Autor beschreibt im besten „9 Pfund in 2 Tagen“-Stil wie er durch Sam Harris und Youtube Vorschläge vom Linken zum Rassisten und danach wieder normal wurde. Alles in etwa 4 Monaten.
Und dann passiert das hier:
https://www.gspellchecker.com/2016/11/did-glenn-greenwald-and-the-guardian-just-get-spectacularly-trolled/
War offenbar ein Trollatikel.
Schwergewichte wie Glenn Greenwald (Den ich übrigens schätze und per Twitter darüber zu belehren versuchte dass dieser anonyme Artikel nicht plausibel sei) nehmen es für bare Münze um ihren Lieblingsgegnern einen auf die Mütze zu geben.
Da fragt man sich ob das einfach nur Poe’s Law oder schon Peak SJW ist.
Godfrey Elfwick behauptet, den Artikel geschrieben zu haben.
https://mobile.twitter.com/GodfreyElfwick
😀
https://twitter.com/jrireland1/status/803702389580722176
Der Umfang der Qualitätschecks, die ein Artikel durchlaufen muss, der den klassischen Medien in den Kram passt, erstaunt mich doch jedes mal wieder aufs Neue.
Sascha Lobo hat den Artikel im Spiegel verbloggt:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/deutschland-luegenpresse-ist-keine-medienkritik-kolumne-a-1123778.html
Man beachte die feine Ironie: Er schreibt gegen die „Lügenpresse-Schreier“ und verbreitet in eben diesem Artikel selbst lügen. Er kritisiert die mangelnde Fehlerkultur in Deutschland und äußert sich nicht zu seinem eigenen Fehler.
Herrlich finde ich die Doppelmoral und populistische Hetze der Medien selber. So versuchte Sascha Lobo z.B. wohl bei Meischberger den Begriff „gleichgeschaltet“ als Nazi-Vokabular bzw. diesbezügliche Verwender als „Latenznazis“ abzuwerten.
http://www.focus.de/kultur/kino_tv/focus-fernsehclub/tv-kolumne-maischberger-moderatorin-maischberger-entschuldigt-sich-im-tv-bei-afd-mann_id_6279110.html
Wenn man aber mal den Begriff „gleichgeschaltet“ bei Spiegel Online in die hauseigene Suchfunktion eingibt, dann wird man feststellen, dass offensichtlich wohl auch eine ganze Menge solcher „Latenznazis“ beim Spiegel selber arbeiten, die den Begriff „gleichgeschaltet“ genauso selbstverständlich in ihrem Vokabular haben (z.B. im Zusammenhang der angeblichen Gleichschaltung der Kulturkritiker in der DDR, oder im Zusammengang mit der angeblichen Gleichschaltung der Medien in Ungarn, Russland …, oder im Zusammenhang mit der angeblichen Gleichschaltung des Binnenmarktes in Europa, …).
http://www.spiegel.de/suche/index.html?suchbegriff=gleichgeschaltet
Vielleicht fängt Sascha Lobo ja mal an, vor der eigenen Haustüre zu kehren und seine Kollegen im eigenen Hause ebenfalls mit dem abwertenden Kampsbegriff „Latenznazis“ in die Naziecke zu stellen. Dann wäre Lobo wenigstens einigermaßen konsequent und man könnte ihm dann auch glauben, dass er tatsächlich der Ansicht ist, dass keiner die Wörter mehr benutzen sollte bzw. Menschen mit solchen Wörtern ihre politischen Neigungen offenbaren würden.
Das Schöne ist ja, dass Sascha Lobo mindestens genauso naziähnlich handelt und sich daher selber „Latenznazi“ bezeichnen müsste.
Denn jemand, der die Presse mit Kampfbegriffen wie „Lügenpresse“ oder „gleichgeschaltet“ abzuwerten versucht, tut nichts anderes wie Menschen, die andere als „Latenznazis“ oder „Populisten“ abzuwerten versuchen. Denn jemand, der die Presse als „gleichgeschaltet“ empfindet, will ja gerade sich NICHT mit der subjektiv gefühlten Gleichschaltung einverstanden erklären und somit genau das Gegenteil von dem, was Nazis gewollt hatten. Man könnte diesen Leuten (die den Begriff „gleichgeschaltet“ verwenden) daher allenfalls vorwerfen, dass diese mit der Verwendung solcher Begriffe die tatsächliche Nazizeit verharmlosen würden, weil damit die heutige Zeit mit der damiligen schlimmen Zeit vergleichen würden.
Aber exakt genau das kann man auch denjenigen vorwerfen, die andere wegen Bagatellen in die Naziecke stellen wollen. Denn auch diese Leute verharmlosen dann genauso die echte Nazizeit. Denn man vergleicht damit ja das Verhalten der Personen heute (die z.B. die Presse heute als verlogen und gleichgeschaltet empfinden) mit den Verhalten von echten Nazis aus der Nazizeit. Und damit wird dann die damalige Nazizeit genauso verharmlost.
Es erscheint mir ziemlich absurd, diejenigen als Nazi zu bezeichnen, die genau das Gegenteil von einer Gleichschaltung wünschen und die heutige Mainstream-Presse als auf irgendeine Art und Weise gleichgeschaltet empfinden. Und anstatt mindestens genauso naziähnlich die Kritiker mit abwertenden Kampfbegriffen mundtot machen zu wollen, könnte die Mainstreampresse ja mal versuchen, ihr Handeln nachvollziehbar zu erklären:
a) z.B. wie es dazu kam, dass gefühlt alle Mainstreammedien plötzlich ziemlich zeitgleich anfingen, penetrant nur die AfD mit abwertenden Zusätzen (z.B. „rechtspopulistisch“) zu versehen und wieso sie dieses nicht auch bei den anderen Parteien tut (z.B. die linkspopulistische Linke, die drogenverherrlichenden und pädophilgeneigten Grünen,
b) oder woran es gelegen haben könnte, dass wochenlang der AfD der Begriff „Schießbefehl“ untergejubelt wurde und zum medialen Thema gemacht wurde; aber nicht ansatzweise im gleichen Umfang, dass Merkel diesen „Schießbefehl“ mittelbar über die Türkei in die tatsächliche Realität umgesetzt hat bzw. dass an der Grenze dann tatsächlich Flüchtlingsfrauen und Kinder erschossen wurden, was die hiesige Presse dann irgendwie nicht mehr besonders berichtenswert fand,
c) oder woran es liegen könnte, dass z.B. der gender-pay-gap von sämtlichen Mainstreammedien immer wieder auf die gleiche unredliche Art und Weise dargestellt wird bzw. die feministischen Gehirnwäschen so penetrant einseitig und argumentationsresistent betrieben wird bzw. warum man nicht in der gleichen Logik dann auch die Benachteiligungen der Männer zu beseitigen versucht (z.B. Gender-Lebenserwartungs-Gap, Gender-Obdachlosen-Gap, Gender-Querfinanzierungs-Gap, Gender-Gefängnis-Gap, Gender-Suzid-Gap, Gender-Opfer-von-Gewaltdelikten-Gap, …).
Wer so offensichtlich Parteipolitik für bestimmte Politik betreibt und den Bürger in bestimmte Richtungen zu manipulieren versucht, der braucht sich dann auch nicht zu beschweren, dass ein Teil der Bürger diese Art der Volkserziehung als gleichgeschaltete Medien empfindet. Und, wenn dieser Schrott dann auch noch in den öffentlich-rechtlichen Medien stattfindet, der im Wege des Zwanges finanziert wird, dann ist der Begriff der Gleichschaltung für diese Art der Propaganda und Volkserziehung im Sinne der Regierung auch der passende Begriff.
Großangriff auf das Grundgesetz:
http://www.sueddeutsche.de/bayern/popularklage-buendnis-verklagt-bayern-wegen-diskriminierung-von-frauen-in-der-politik-1.3273668
„Großangriff auf das Grundgesetz:“
Sehe ich genauso. Die
Argumente, warum Frauenquoten in Parlamenten und Parteien verfassungswidrig sind, sind sonnenklar.
Ich frage mich immer wieder verzweifelt, in was für einer feministischen Dystopie, in der die Parteien die Wahlergebnisse vorherbestimmen, diese Leute eigentlich leben wollen.
Das Aktionsbündnis fordert mehr Frauen in politischer Verantwortung auf Landes-, Kommunal- und Bezirksebene. Die Kandidatenlisten aller Parteien sollen per Gesetz paritätisch mit Männern und Frauen besetzt werden. Immerhin seien 51 Prozent der Wahlberechtigten Frauen, betont Christa Weigl-Schneider, die Sprecherin des Aktionsbündnisses.
Frauen müssen nicht gewählt werden, Frauen fordern das sie die Posten bekommen die sie wollen.
„Es geht um gleiche Startchancen, die nicht die freie Entscheidung des Einzelnen an der Wahlurne darüber, wer zu wählen ist, beschränken.“ Das Frauenstatut ihrer Partei, das nunmehr seit 30 Jahren die Frauenparität für Ämter und Wahllisten regelt, führt sie als vorbildhaftes Beispiel an.
Es geht nicht darum die Probleme der Bürger zu lösen, sondern darum das die richtigen Personen an der Macht sind.
Silke Ruth Laskowski, Professorin für Völker- und Europarecht an der Universität Kassel, begründet die Popularklage auf mehr als 100 Seiten. Sie wirft dem Freistaat eine strukturelle, mittelbare Diskriminierung vor und damit einen Verstoß gegen die Verfassung, konkret gegen das demokratische Gleichberechtigungsgebot. „Die gesamte Republik schaut nun auf Bayern“, sagt Laskowski. Es sei in Deutschland ein „Rollback“ zu beobachten, was nicht zuletzt ein Nachhall des Wahlsiegs von Donald Trump in den USA sei, der den Sexismus wieder salonfähig mache.
Pures Shaming…
Die Klage setze diesem aufblühenden Trumpismus etwas Schlagkräftiges entgegen, sagt sie.
Ich vermute eher das Gegenteil.
Dem Standardargument ihrer Gegner, nämlich dass für die gewünschte Parität auf den Kandidatenlisten nicht überall genügend Frauen in den Parteien aktiv seien, hält sie entgegen: „Dann werden die Parteien aktiv werden und nach Frauen suchen müssen“
Qualifikation Frau ist ausreichend.
Hat man schon überprüft, ob die Besetzung der Parlamente auch die Menschen einer bestimmten Augenfarbe widerspiegelt?
Ist sie nach Schulbildung paritätisch besetzt?
Vielleicht rauchen zu wenig der Abgeordneten?
Alles Gruppen, die mit dem gleichen Recht eine die Quote in der Bevölkerung widerspiegelnde Vertretung beanspruchen können.
Man kann das beliebig fortsetzen – bis am Ende alle Bürger einen Sitz im Parlament beanspruchen können.
Und sowas ist Professorin.
Sie sollte sich in Berlin bei Professx Lann-Hornscheid Nachhilfe geben lassen, dass das Geschlecht eh nur ein Trugbild ist.
Und die Bayern lösen das Problem damit, dass vor jeder Parlamentssitzung ausgewürfelt wird, wer Frau und wer Mann ist.
„Und sowas ist Professorin.
Sie sollte sich in Berlin bei Professx Lann-Hornscheid Nachhilfe geben lassen, dass das Geschlecht eh nur ein Trugbild ist.
Und die Bayern lösen das Problem damit, dass vor jeder Parlamentssitzung ausgewürfelt wird, wer Frau und wer Mann ist.“
Nö, bei Quoten zählt dann wieder das biologisch Geschlecht:
Mit der Begründung, dass Geschlecht nur ein soziales Konstrukt ist, habe kürzlich ein habilitierter Wissenschaftler mit exzellenten Examina seinen Vornamen von Klaus in Claudia geändert und sich so auf einen Gender-Lehrstuhl einer deutschen Universität beworben. Antwort der Verwaltung: In solchen Fällen zähle allein die biologische Prägung.
http://genderama.blogspot.de/2016/12/vermischtes-vom-2-dezember-2012.html
„Antwort der Verwaltung: In solchen Fällen zähle allein die biologische Prägung.“
Das ist der Schenkelklopfer des Tages 😀
„Ich mach mir die Welt,
widewide, wie sie mir gefällt
…“
Haben wir da ein Glaubwürdigkeitsproblem?
Neeeeeeeeiiiiiiiiiinnnnn!
Niiiiieeeeemmaaaaals!
Der scheinbare Widerspruch löst sich sofort auf, wenn man sich vor Augen führt: Beim politischen Gender geht es nicht um die soziale Konstruktion als solche. Sondern darum, (biologische) Frauen von Einschränkungen zu befreien die ihnen gesellschaftliche Geschlechtsrollenzuweisungen auferlegen.
Oder bildlich formuliert: Es geht nicht darum, dass Männer Kleider tragen dürfen sollen oder alle alles was sie möchten, sondern darum, dass Frauen Hosen anziehen möchten wenn sie wollen und alle (Männer aber auch Frauen) dies gefälligst gut finden müssen.
„Sondern darum, (biologische) Frauen von Einschränkungen zu befreien die ihnen gesellschaftliche Geschlechtsrollenzuweisungen auferlegen.“
Die Lichtgeschwindigkeit wurde ja schon als diskriminierend entlarvt.
Hat eigentlich irgendeine dieser Geistesgrößen schon verlangt, dass die Fesseln durch die böse Gravitation (die ja bekanntermaßen wiederum den Frauen – und hier den oberen Körperregionen – besonders schwer zusetzt, abgeworfen werden?
Geistige Höhenflüge – mit zuverlässiger Bruchlandung – schaffen sie ja schon.
„Geistige Höhenflüge – mit zuverlässiger Bruchlandung – schaffen sie ja schon.“
Du siehst, sie arbeiten schon daran, dieses patriarchale Unterdrückungsinstrument „Gravitation“ zu überwinden.
Ist halt wie mit dem Zehennägel lackieren: Dauert einfach seine Zeit und gelingt nicht immer…
XD
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/192247/umfrage/frauenanteil-in-den-politischen-parteien/
Die Bayernhymne soll auch politisch korrekt gemacht werden
http://www.sueddeutsche.de/bayern/landespolitik-spd-will-bayernhymne-veraendern-1.3273695
Hate-Speech schlägt zurück…
http://m.taz.de/!p4608;m/
@bollschewist: Der Link führt auf eine Übersichtsseite. Welchen Artikel meintest Du?
Sorry, offenbar bin ich am Händi an den falschen Link geraten.
gemeint ist das hier:
http://www.taz.de/!5329031/
Facebook sperrt „Hate-Mag“: Kritik und weg
Das Anti-Diskriminierungs-Blog „Hate-Mag“ kritisiert einen „Bild“-Artikel auf Facebook – und ist kurz darauf nicht mehr zugänglich.
Mit dem Hass auf Facebook ist es so eine Sache. Beim Hate Magazin, war man am Donnerstag hinreichend überrascht: Die Facebookseite des Blogs, das diskriminierende Zeitungsartikel sammelt, war plötzlich nicht mehr zugänglich. Der Verdacht der Redaktion: die Sperrung könnte mit einem rassistischen Bild-Artikel zusammenhängen, der auf dem Blog kritisiert worden war.
Es handelt sich um die am Dienstag veröffentlichte Titelgeschichte: „Neue Zahlen – So viele Ausländer leben von Hartz IV!“ Ein Autor des Hate Magazin hatte daraufhin einen Screenshot der Bild-Titelseite auf Facebook gepostet. Darunter schrieb er: „Es wird Zeit offensiv gegen Menschen vorzugehen, die für Bild und Springer arbeiten.“ Wenige Zeit später war die Facebookseite nicht mehr aufrufbar.
Bei Facebook kommentiert man solche Sperrungen in der Regel nicht. Auf Anfrage der taz gab die Pressestelle jedoch an, der Fall werde geprüft.
Beim Hate Magazin behauptet man, es bestehe ein Zusammenhang zwischen der Bild-Kritik und der Sperrung. Dafür gibt es keine Belege, auch wenn die Beziehungen zwischen Springer und Facebook äußerst gut sind. Hate-Redakteur Jonas Gempp sagte gegenüber der taz: „Wir wurden noch nie verwarnt oder ähnliches, aber der Screenshot wurde 500 Mal geliked und 160 Mal geshared, hat also doch recht viel Aufmerksamkeit erfahren.“ Die Löschung keine 12 Stunden später spreche für eine Intervention jenseits der gängigen Abläufe bei Facebook.
„Neue Zahlen – So viele Ausländer leben von Hartz IV!“
Was ist daran denn rassistisch? Sind Ausländer jetzt auch eine eigene Rasse, ähnlich wie Muslime?
Der Tagesspiegel:
„In Deutschland ist jeder zwölfte Junge oder junge Mann süchtig nach Computerspielen. Einer aktuellen Studie zufolge, bei der solche Zahlen erstmals erhoben wurden, erfüllen 8,4 Prozent der 12- bis 25-Jährigen die Kriterien für eine Abhängigkeit. Bei den Mädchen und jungen Frauen liegt der Anteil der Computerspielsüchtigen mit 2,9 Prozent deutlich niedriger.“
http://www.tagesspiegel.de/politik/befragung-von-12-bis-25-jaehrigen-jeder-zwoelfte-ist-abhaengig-von-computerspielen/14919548.html
Gibt´s auch Daten über Handysucht? Könnte mir vorstellen, dass die anders ausfallen.
Worin besteht die Problematik? Laut Artikel
„Der Studie zufolge spielen die männlichen Befragten im Schnitt fast drei Stunden täglich am Computer. Sechs Prozent haben dadurch ihren Angaben zufolge „ernsthafte Probleme mit Familie oder Freunden“. 13 Prozent können das Spielen trotz entsprechender Ratschläge nicht reduzieren. 19 Prozent gerieten durch ihr Spielverhalten bereits mit anderen Menschen in Streit. Und 26 Prozent gaben an, sich unglücklich zu fühlen, wenn sie nicht spielen dürfen.“
Sechs Prozent die dadurch „ernsthafte Probleme mit Familie oder Freunden“ bekommen, empfinde ich jetzt nicht als hoch.
„Laut Untersuchung vernachlässigen 46 Prozent der Befragten und 69 Prozent der 15- bis 17-Jährigen wegen ihrer Computerspiele soziale Kontakte zu Freunden oder Familienangehörigen, die ihnen früher wichtig waren.“
Auch darin sehe ich kein Problem per se. Es ist doch normal, dass man lieber da tut, was einem wichtiger ist als das andere.
@Adrian
Ich wollte das Dargestellte auch nicht problematisieren.
http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/trumps-freunde-blicken-nach-duesseldorf-aid-1.6414683
Was ich die letzten Tag nebenbei gelesen haben kann man Nachrichten von Breitband nicht mehr trauen.
Falls jemand noch nach Belegen für die Alpha-Fucks/Beta-Bucks Theorie sucht:
Kuscheln ist ihr offenbar nicht so wichtig.
@lh
ob ein Account wie Dirty Hannah da so repräsentativ ist wäre eine andere Frage. Viele ihrer Tweets sind ja eher auf Humor ausgelegt
Es in einen Witz zu packen ist eine sehr traditionelle Art unangenehme Wahrheiten auszusprechen.
Sicher, aber Humor entsteht oft durch Übertreibung und Überraschung. Und dirty hannah kokettiert auch mit einer gewissen Rolle, der der Telefonnutte.
Ja, aber in der Rolle ist sie eben auch die sexuell befreite Frau, die kein Shaming oder sonstige Nachteile fürchten muss, wenn sie etwas von ihren sexuellen Bedürfnissen berichtet.
Ich brauche mal die Hilfe der geballten Forenkompetenz:
Ich werde gerade gefragt, was eigentlich das Emoticon für „ich nehme Deinen Schwanz in den Mund“ ist. Jemand Vorschläge?
Das hier sieht doch international verständlich aus
Ja, Schwanz und Mund geht. Gibt es da nichts schöneres? Und wo wir grad dabei sind: Eine Idee zu „feuchte Pussy“?
So vielleicht?
http://www.fileformat.info/info/unicode/char/2614/umbrella_with_rain_drops.png http://www.fileformat.info/info/unicode/char/1f431/cat_face.png
Du fragst nur für einen Freund, oder?:)
Hmm muss da eine Leerzeile zwischen damit der das als Bild anzeigt? *rumprobier*
Das ist eine schöne, verspielte Idee, danke.
Nicht für einen Freund. Das Weib ist horny, darf aber nicht vorbeikommen und versucht sich deswegen im „cybern“ per chat.
Christian? Machst Du noch ein eigenes Topic für die Studie über sexuelle Gewalt gegen Männer und die Berichterstattung darüber?
http://www.theatlantic.com/science/archive/2016/11/the-understudied-female-sexual-predator/503492/
https://broadly.vice.com/en_us/article/the-hidden-epidemic-of-men-who-are-raped-by-women
Das wäre eigentlich einen eigenen Beitrag wert.
Ich werde es versuchen, ist aber schlicht ein Zeitproblem, weswegen ich schauen muss, wie es passt.
Wenn jemand einen gastartikel dazu schreiben will, dann würde ich mich freuen
9Gagger?
Dickbutt! Harambe lives! Now upvote.
Hier ist eine Studie zu „Empathie“ http://www.zmescience.com/science/news-science/study-ranks-63-countries-empathy-ecuador-tops-list/
„The team defined empathy as a tendency to tune in to others’ feelings and perspectives. They asked participants to answer a list of questions drawn from several standardized tests which reflected on personal and cultural qualities. The tests were designed to assess basic personality traits (such as agreeableness, conscientiousness, and personal well-being), prosociality, individualism/collectivism, and personal empathy. It also measured each individual’s self-esteem and feeling of wellbeing. The participants were also asked to rank a series of statements such as “I often have tender, concerned feelings for people less fortunate than me,” or “On the whole, I am satisfied with myself.” The team also asked how happy the participants felt with their lives, if and how often they donated money to charity or volunteered time to organizations.“
Die Ergebnisse erscheinen mir sehr interessant. An der Spitze der Liste stehen Ecuador und Saudi-Arabien (!), am Ende Litauen und Venezuela. Nicht differenziert wurde zwischen Empathie mit Menschen der gleichen Kultur/Religion/Sprache und solchen mit unterschiedlicher. Ich denke, dies schränkt die Gültigkeit ein. Wenn man in Saudi-Arabien nach Empathie mit Muslimen und Empathioe mit Nichtmuslimen unterschieden hätte, wäre sicher ein anderes Ergebnis rausgekommen. Ebenso ist es seltsam, dass die Empathie in Ecuador so hoch und in Venezuela so niedrig ist; beides sind kulturell sehr ähnliche, Südamerikanische Länder.
Die Ausgestaltung des Kinderfreibetrags ist nicht verfassungsgemäß:
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/vorsorgen-fuer-das-alter/ist-die-kinderfreibetrag-berechnungsmethode-der-bundesregierung-verfassungswidrig-14555413.html
Fall jemand Unterhalt zahlt: Die Düsseldorfer Tabelle knüpft daran an.
Interessant, danke.
Wobei das BVerfG ja noch nicht entschieden hat, es ist ihm erst vorgelegt worden
Mann, ich hab fast nen Herzschlag bekommen 😦
So darfst Du nicht mit alten Vätern umgehen.
Bin gespannt, was Karlsruhe sagen wird.
Eben wegen der zwingenden Verknüpfung von Unterhalt und Kinderfreibetrag kann es für Väter schlagartig verdammt teuer werden.
Mal sehen, was die in Berlin dann als Nächstes stricken werden.
So geht Frauenquote:
„Der bisherige SPD-Landesgeschäftsführer Dennis Buchner beendet nach Tagesspiegel-Informationen seine Tätigkeit Ende des Jahres. Sein auslaufender Vertrag wurde von SPD-Parteichef Michael Müller nicht verlängert. Müller begründete dies intern mit der Notwendigkeit eines „Neustarts“, der Job solle mit einer Frau besetzt werden.“
http://www.tagesspiegel.de/berlin/spd-landesgeschaeftsstelle-in-berlin-landesgeschaeftsfuehrer-dennis-buchner-hoert-auf/14922926.html
Youtube-Empfehlung: BigDicko.
Ich find ihn sehr, sehr witzig. Quickfire silliness.
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Was soll man von einem Thema halten das schon 3 Seiten braucht um sich vorzustellen und das dann von 3 oder 4 Leuten in epischer Breite ausgewalzt wird? Und wo man im Eingangs-Link erstmal nach ganz oben scrollen muss um zu wissen um was es geht?
Also um die Existenzberechtigung der sog. „evolutionären Psychologie“, die im wesentlichen sagt, dass Kultur evolutionär vorprogrammiert ist.
„Wieso sind Kulturen dann nicht ähnlich, stattdessen so stark unterschiedlich?“, wird man sich fragen. „Aber sie sind doch ähnlich, man muss nur richtig hinschauen“, wird man vielleicht zur Antwort bekommen.
Alle Ähnlichkeiten werden dann von der einen Seite als Pro-Argumente gewertet, alle Unterschiede von der anderen Seite als Kontra-Argumente.
Bei der ohnehin sehr schwammigen Grundlage kann das ja nur in eine endlose philosophische Debatte ausarten. Es müsste daher eigentlich „evolutionäre Philosophie“ statt „evolutionäre Psychologie“ heissen.
Zitat von Wiki zur evolutionären Psychologie:
„Annahmen über die evolutionäre Bildung kognitiver Mechanismen seien häufig nicht mehr als plausibel klingende Geschichten, die sich nicht im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung bestätigen oder widerlegen ließen.“
Alles hier Geschriebene also so fruchtlos wie eine Debatte über den Solipsismus. Den kann man auch nicht bestätigen oder widerlegen.