Die Pille danach ohne Rezept

Auf dem relativ jungen feministischen Blog „kleiner Drei“ (also <3, ein stilisiertes Herz) geht es in einem Beitrag  um die Pille danach und dabei um die Frage, ob diese Rezeptfrei vergeben werden sollte:

Argument ist, dass die Pille eben schnell genommen werden sollte, möglichst innerhalb von 72 Stunden, bei bestimmten Pillen auch mehr, aber um so schneller, um so besser und das Verfahren daher möglichst unbürokratisch gehandhabt werden sollte. Gerade der Fall in den katholischen Krankenhäusern, die eine entsprechende Vergabe ablehnten, zeige, dass Frauen Steine in den Weg gelegt werden könnten.

Mit einer Abtreibung (meine Position zur Abtreibung hatte ich bereits dargestellt) hat es aus meiner Sicht nichts zu tun, wie sich auch an der in der Wikipedia dargestellten Wirkungsweise zeigt:

ls Hauptwirkung der Pille danach wird in der medizinischen Fachliteratur die Verhinderung des Eisprungs (Ovulation) angegeben, also die ovulationshemmende Wirkung. Sollte sich die Wirkung darauf beschränken, könnte sie keine Schwangerschaft verhindern, wenn der Geschlechtsverkehr unmittelbar nach dem Eisprung erfolgt oder wenn die Pille danach erst nach dem Eisprung eingenommen wird. Der Eisprung ist die Voraussetzung für eine Befruchtung der Eizelle durch ein Spermium.[2][3] Die Reifung der Eizelle und der Eisprung werden durch Hormone gesteuert. Ein sprunghafter Anstieg der Konzentration des Luteinisierenden Hormons (LH) im Blut löst ca. 14 bis 16 Tage vor der nächsten Menstruation den Eisprung aus. Hormone aus der Gruppe der Gestagene hemmen die Ausschüttung von LH. Levonorgestrel – der Wirkstoff der Pille danach – ist ein künstlich hergestelltes Gestagen, das gezielt die LH-Ausschüttung und damit den Eisprung verhindert. Neben der Wirkung auf den Eisprung wurde experimentell eine Verminderung der Beweglichkeit und Funktionsfähigkeit von Spermien durch die Wirkstoffe festgestellt. Die Gabe von Levonorgestrel führt zu einer verminderten Zahl von Spermien in der Gebärmutter. Levonorgestrel bewirkt, dass das Sekret der Drüsen der Gebärmutterschleimhaut weniger sauer wird (der pH-Wert des Sekretes erhöht sich), was eine verminderte Beweglichkeit der Spermien zur Folge hat. Daneben bewirkt Levonorgestrel ein zäheres Sekret des Gebärmutterhalses. Infolge dessen wird die Wanderung weiterer Spermien aus der Vagina in die Gebärmutter unwahrscheinlicher.[2] Ob Levonorgestrel die Einnistung (Nidation) befruchteter Eizellen in die Gebärmutterschleimhaut hemmt, ist wissenschaftlich umstritten. Direkte Hinweise für eine solche Nidationshemmung existieren nicht. Für indirekte Hinweise, wie beispielsweise Veränderungen der Struktur und Funktion der Gebärmutterschleimhaut durch die Gabe der Pille danach, die möglicherweise die Einnistung der befruchteten Eizelle verhindern könnten, existieren sowohl bestätigende als auch verneinende Untersuchungen. Insgesamt werden solche Effekte, die nach Befruchtung der Eizelle stattfinden können (post-fertilization effects), als wenig relevant für die empfängnisverhütende Wirkung der Pille danach angesehen. Diskutiert wird, ob die Fehlschläge der postkoitalen Schwangerschaftsverhütung darauf zurückzuführen sind, dass die Pille danach möglicherweise keinen Einfluss auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle hat[2]. Wissenschaftlich gesichert ist, dass Levonorgestrel wirkungslos ist, wenn sich die befruchtete Eizelle bereits in der Gebärmutterschleimhaut eingenistet hat. Die irrtümlich zu späte Einnahme von Levonorgestrel wirkt sich nicht negativ auf bereits bestehende Schwangerschaften aus.

Was die katholische Kirche genau gegen die Pille danach hat würde mich insoweit interessieren.

Meiner Meinung nach kann eine Verschreibungspflicht in diesem Fall nur auf medizinische Gründe gestützt werden: Wenn starke Nebenwirkungen eine Einnahme gefährlich mache, dann wäre eine vorherige ärztliche Beratung und Untersuchung geboten.

Zu den Nebenwirkungen schreibt die Wikipedia:

Sehr häufig (bei über 10 %) auftretende, unerwünschte Wirkungen nach Einnahme von Levonorgestrel sind Übelkeit, Kopfschmerzen und Unterbauchschmerzen. Unabhängig von der Menstruation können Blutungen auftreten (Zwischenblutungen). Die nachfolgende Menstruationsblutung kann verspätet einsetzen. Bei Erbrechen bis zu drei Stunden nach Einnahme der Pille danach wird eine erneute Einnahme von Levonorgestrel empfohlen. Übelkeit und Erbrechen können mit Metoclopramid behandelt werden.[3] Auch nach der Gabe von Ulipristal sind die häufigsten Nebenwirkungen Unterleibsschmerzen, Menstruationsstörungen, Übelkeit und Kopfschmerzen. Frauen mit einem Risiko für Eileiterentzündungen, Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaften müssen mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt klären, ob die „Pille danach“ als Notfallverhütung für sie in Frage kommt.[6]

Also schon einiges, aber alles weit weniger gravierende Folgen als eine Schwangerschaft. Aber anscheinend auch nicht ganz ohne.

Ich selbst hatte schon zweimal Frauen nach einem geplatzten Kondom ins Krankenhaus begleitet für die entsprechende Untersuchung (es war spät und Wochenende und so war der Notdienst organisiert) und soweit ich es mitbekommen habe fragt die zuständige Ärztin zunächst relativ genervt nach der letzten Periode um dann auszurechnen, ob überhaupt eine Chance auf eine Schwangerschaft besteht. Hatten wir beide natürlich auch als erstes ausgerechnet, wäre ja eine schöne Lösung gewesen. Ihre Genervtheit und ihre Reaktion als die Rechnung dann auf fruchtbare Tage kam legte für mich aber nahe, dass das Ergebnis sonst häufig anders ist und insofern durch die Beratung einiges an „Pillen danach“ gespart wird.

Die jeweiligen Frauen bestätigten mir, dass die Pille danach auch recht gut „reinhaut“, es war wohl jedenfalls kein Vergnügen.

Für mich war der Einsatz der Pille danach alternativlos. Weder wollte sie noch wollte ich zu diesem Zeitpunkt ein Kind. Ich hätte insofern nichts dagegen gehabt sie auch einfach so zu kaufen, wir hatten ja schon gerechnet.

Die Praxis, die Pille rezeptfrei abzugeben, scheint im Rest von Europa recht umfassend praktiziert zu werden. Die Wikipedia dazu>

Europa

In 28 europäischen Ländern ist Levonorgestrel zur postkoitalen Empfängnisverhütung ohne Rezept erhältlich.[8] Hingegen ist das innerhalb von fünf Tagen nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr anwendbare und seit 2009 in den Ländern der EU zugelassene Ulipristal verschreibungspflichtig.

Österreich 

Ab 2005 waren Bestrebungen im Gange, Levonorgestrel als Pille danach rezeptfrei zugänglich zu machen. Übergangsweise existierte eine „Notfallregelung“ auf Länderebene, so dass in den östlichen Bundesländern die Apotheker im freien Ermessen das Präparat auch ohne Rezept aushändigen durften.

Am 18. Dezember 2009 wurde ein Bescheid erlassen, der die Pille danach mit sofortiger Wirkung rezeptfrei erwerbbar machte.[9] Während sich im Jahre 2007 die Grünen und die SPÖ eindeutig für eine Liberalisierung ausgesprochen haben, war die FPÖ gegen die Aufhebung der Rezeptpflicht und die ÖVP ohne klare Stellung. Ein Streitpunkt war, dass durch die Aufgabe der Rezeptpflicht auch das Werbeverbot entfallen würde.[10][11]

Schweiz [Bearbeiten]

In der Schweiz ist die Pille danach seit November 2002 als einzelne Tablette zu 1,5 mg Levonorgestrel rezeptfrei[12] erhältlich. Das Arzneimittel darf ohne Rezept nur nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Apotheker abgegeben werden.

Deutschland

Die Pille danach ist und war in Deutschland immer verschreibungspflichtig. Obwohl sich der zuständige Ausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2004 dafür ausgesprochen hat, die Pille danach auf der Basis des Hormons Levonorgestrel aus der Rezeptpflicht zu entlassen, wurde die Abgaberegelung nicht geändert. Um die Rezeptpflicht aufzuheben, müsste eine entsprechende Vorlage des Bundesministeriums für Gesundheit durch den Bundesrat verabschiedet werden. In den Jahren 2004 und 2005 wurde das Bundesministerium für Gesundheit in dieser Frage nicht aktiv. In der großen Koalition (2005–2009) war diese Änderung nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages. Eine weitere Diskussion mit gleichem Ergebnis wurde im März 2012 in Saarlouis-Wallerfangen geführt.[8]

Pro familia startete im Mai 2012 die Kampagne „Pannenhilfe nach 6“ mit dem Ziel, die „Pille danach“ rezeptfrei zu machen.[13] In einem offenen Brief sprechen sich der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) eindeutig gegen die Rezepfreiheit von Levonorgestrel aus.[14]

Im Januar 2013 kam es in Köln zu einem Vorfall, der ein großes Echo in Medien und Politik fand und ein Schlaglicht darauf warf, dass bis heute katholische Krankenhäuser und Kliniken die ‚Pille danach‘ nicht verschreiben – und zwar auch nicht an Opfer einer Vergewaltigung. [15] [16] [17]

Andere europäische Länder

In Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Großbritannien und Nordirland, Island, Lettland, Litauen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Türkei, den Niederlanden, Norwegen [18], Frankreich (seit Mitte der neunziger Jahre), Luxemburg (seit 2005) ist Levonorgestrel zur postkoitalen Empfängnisverhütung in Apotheken rezeptfrei erhältlich. [19]

In Großbritannien und Frankreich werden diese Präparate in Schulen bei Bedarf an Schülerinnen abgegeben.

In Italien ist Levonorgestrel als Pille danach rezeptpflichtig.

USA 

Die Pille danach mit dem Arzneistoff Levonorgestrel ist in den USA seit April 2009, nach einer richterlichen Anweisung an die FDA, für Frauen ab 17 Jahren rezeptfrei abzugeben.[20] Für jüngere Frauen ist sie verschreibungspflichtig.

Das klingt ja doch, als wären wir mit der Praxis relativ allein. Die Fachleute scheinen ebenfalls dafür zu sein. Sicherlich wäre damit eine Verlegung der Beratung auf die Apotheken verbunden, aber in Zeiten des Internets scheint mir eine Ermittlung der fruchtbaren Tage auch nicht mehr so schwierig.