Gründe für schlechtere Noten für Jungs

Ein Artikel in der Süddeutschen zu schlechteren Noten für Schüler im Gegensatz zu Schülerinnen:

Etwas überrascht waren die Forscher jedoch, als sie diese Ergebnisse mit den realen Schulnoten verglichen: Die Jungen erzielten im Durchschnitt durchweg schlechtere Noten als die Tests erwarten ließen. Das galt selbst für diejenigen, die bei den unabhängigen Tests im Lesen genauso gut abgeschlossen hatten wie die Mädchen. Zeigt sich hier etwa eine Benachteiligung der Jungen? (…)

„Am wichtigsten für die Notenvergabe durch die Lehrer ist die Einstellung der Schüler zum Lernen“, sagt auch Studienautor Cornwell. Es gehe um Fertigkeiten wie „die Konzentration des Kindes, das Durchhaltevermögen, die Lernbereitschaft, Selbständigkeit, Flexibilität und das Organisationsvermögen“. Aber genau an diesen Fähigkeiten mangelt es den Jungen, wie eine weitere Befragung der Lehrer der getesteten Schüler ergab. Das Missverhältnis zwischen Testergebnissen und Schulnoten beruhe auf derartigen „nicht-kognitiven Fertigkeiten“, schreiben die Autoren.

„Das bestätigt frühere Ergebnisse“, kommentiert Marcel Helbig. „Viele Studien zeigen, dass Jungen eine geringere Leistungsbereitschaft aufweisen als Mädchen.“ Die eigentlich interessanten Forschungsfragen seien, wieso das so ist und was man dagegen tun könne.

Als „weitgehend widerlegt“ bewertet Helbig die These, wonach eine Feminisierung der Schulen durch die wachsende Anzahl von weiblichen Lehrkräften den Jungen schadete. 2010 etwa veröffentlichte Helbig gemeinsam mit Kollegen eine Studie, die anhand von IGLU-Daten zeigte, dass „weder Jungen noch Mädchen bei Kompetenzentwicklung oder Noten in Mathematik, Deutsch oder Sachkunde von einem Lehrer gleichen Geschlechts profitierten“. Gegen diese Annahme spreche außerdem, dass Jungen bereits seit mehr als hundert Jahren schlechtere Noten als Mädchen bekommen, also auch zu Zeiten, in denen die Pädagogik noch von Männern dominiert war.

Ein anderer Artikel in der Süddeutschen geht genau in die andere Richtung:

Sie würden lieber toben, statt Mandalas zu malen, lieber mit dem Experimentierkasten hantieren, als Weihnachtsschmuck zu basteln. In der Praxis erlebt der Pädagoge, was auch Gespräche mit Teilnehmern seiner Forschungsgruppen bestätigen: Mit einem hohen Bubenanteil tun sich Lehrerinnen schwerer als Lehrer. Klassen, die als schwierig gelten, empfindet er selbst oft gar nicht so: „Es sind halt einfach Jungs“, sagt er. Ihnen falle es eben nicht so leicht, immer funktionieren zu müssen, in der Schule würden sie oft zu schnell diszipliniert.

Mayers Mittel sind andere: häufigere Pausen, auch mal die Klassenzimmertüren öffnen, Rennen auf dem Flur erlauben, Fußballspielen im Pausenhof, gemeinsam Musik machen, „das leitet Energien ab und hilft, persönliche Beziehungen aufzubauen. Da kann man leichter mal einen beiseite nehmen und mit ihm reden“.

Männer, so hört Mayer aus seinen vielen Gespräch mit den Teilnehmern seiner wissenschaftlichen Studie heraus, seien eher in der Lage, die Ausbrüche von Jungs mit Humor zu nehmen. Wenn die Buben ausnahmsweise einmal von einem Mann unterrichtet würden, dann seien sie meist begeistert. „Wenn einer unserer Studenten in die Schule geht, ist er in der Regel der Star und wird umlagert.“

Im Ganzen scheint das Problem zu sein, dass in diesen jungen Jahren die Jungs nicht so leicht in den Schulalltag zu integrieren sind, lieber toben wollen und insofern weniger Leistungsbereitschaft im Schulbereich zeigen.

Verständlich, wenn man bedenkt, dass stillsitzen und Wissen aufnehmen etwas ganz anderes ist als Rough and tumble Play und die Vorbereitung auf intrasexuelle Konkurrenz unter Männern, die wohl in früheren Zeiten eher wichtig war.