Zum Gender Equality Paradox: Mehr Gendergleichheit verstärkt Geschlechterklischees in den Köpfen

Harald Eia hatte in Seiner TV-Reihe Brainwash auch auf das ROSE-Projekt und das sich daraus ergebende Gender Equality Paradox hingewiesen. Auf „Genderpopender“ nimmt mit Doro numehr eine Feministin dazu Stellung:

Wer sich ins Bewußtsein ruft, wie stark Geschlechterstereotype z.B. in den Medien oder in der Konsumwelt und Spielzeugindustrie vermittelt werden, der kann sich leicht vorstellen, dass Menschen gerade in Ländern, wo Kinder und auch heranwachsende/erwachsene Menschen diese Medien und Konsumgüter hochfrequenter konsumieren (können), auch entsprechend stärker in ihrem Denken und Verhalten davon beeinflusst werden.

Ich füge dazu noch mal eine der Grafiken aus dem ROSE-Projekt ein:

Unterschiede Männer Frauen Interessen 91

Wenn man sich die Grafik anschaut, dann sieht man bereits, dass es ein Scheinargument ist. Denn es werden in dieser Studie eben nicht nur Länder ohne besondere Medienbeeinflussung und solche mit besonderer Medienbeeinflussung verglichen, sondern auch eine Vielzahl europäischer Länder mit einander verglichen werden.

Will man wirklich behaupten, dass in Skandinavien die Medienbeeinflussung größer ist als in der Türkei und Griechenland? In beiden Ländern sitzen Kinder vor den Fernsehen und schauen die gleichen amerikanischen Serien und Filme. Und ein Mädchen, dass in der Türkei und Griechenland kein Fernsehen schauen kann wird sicherlich in dem ländlichen Bereich kein geschlechterneutraleres Bild bekommen, weil in beiden Ländern dort die Geschlechterrollen wesentlich stärker gelebt werden als in amerikanischen Serien. Aber selbst wenn man Länder wie Deutschland und Skandinavien oder Irland und Skandinavien vergleicht wird das Bild nicht besser. Es wäre dann wohl dringend anzuraten, dass polnische Fernsehen und die polnischen Medien eins zu eins zu übernehmen, sie scheinen ihren Job ganz hervorragend zu machen.

Stellen wie diese über Polen:

In Polen wird scheinbar konservativer erzogen. Hier sagen immerhin 44 Prozent der Frauen, dass man ihnen als Kind beigebracht hätte, dass Mädchen und Jungen andere Rollen und Aufgaben hätten.

sind da sicherlich ein Fehler.

Tatsächliche Forschung oder irgendwelche Daten, die ihre Spekulation stützen führt sie nicht an. Im Blog ist das Ganze dennoch erst einmal unter Wissenschaft aufgeführt.

Da gerade assoziativ angelegte, implizite Botschaften – solche, die beispielsweise in der Werbung mitschwingen – zum allergrößten Teil über Emotionsaktivierung unterbewußt verarbeitet werden, ist es auch schwer, sich gegen diese Manipulation zu wehren. Das Wirken von Geschlechterstereotypen in unserer Gesellschaft und die daraus folgenden schädlichen Auswirkungen auf die Biographien von Frauen und Männern ist in zahlreichen Studien deutlich nachgewiesen und auch in Ländern mit hohem Gender-Equality-Index klar präsent.

Das Wirken und die Auswirkungen sind eben meist nicht nachgewiesen, sondern werden behauptet. Und es geht ja auch nicht darum, dass diese Geschlechtersterotype an sich bestehen, sondern das sie im stark feministischen Ländern mit hoher Gleichheit wie eben Skandinavien nicht schwächer ausfallen. Sondern stärker. Was eben gerade eine Vorhersage ist, die der Genderfeminismus auf der Grundlage seiner Theorien aufstellen müßte, wenn er sie ernst nimmt.

So wird man z.B. auch unter den Frauen, die sich als emanzipiert bezeichnen, wenige finden, die sich dem von unserer Kultur gezeichneten frauenspezifischen Normen-und Wertesystem entziehen können, da ansonsten soziale Sanktionen drohen. Genauso wenig wandeln sich von heute auf morgen Strukturen, deren Reproduktion nachgewiesenermaßen nach dem Ähnlichkeitsprinzip erfolgt, oder verändern sich psychologische Gruppendynamiken, die über verschiedene Mechanismen aus Minderheiten keine Gleichverteilung werden lassen, sondern nach Konformität streben

Auch hier schreibt sie am Thema vorbei: Es geht eben nicht darum, dass die Mechanismen Zeit brauchen, sondern, dass in den besonders feministischen Ländern die Unterschiede größer sind. Man darf wohl nach allen Theorien erwarten, dass Frauen sich in einem auf Gleichberechtigung ausgerichteten Land wie Schweden wesentlich leichter einem solchen Normen- und Wertesystem entziehen können als in Griechenland oder der Türkei, beides wesentlich patriarchischere Länder. Und in einem katholischen Polen wird es eher schwieriger sein, dies zu machen.

Doro sieht es anders:

All dies trägt dazu bei, dass vielleicht eine gesetzliche Gendergleichheit herrschen mag, die Geschlechterklischees in den Köpfen der Menschen aber so stark aktiviert sind wie zuvor, mit all den entsprechenden Konsequenzen

Also scheint ein mehr an Gendergleichheit nach dieser Vorstellung die Geschlechterklischees stärker zu aktivieren. Also wäre weniger Gendergleichheit besser? Warum aktiviert Gendergleichheit denn die Geschlechterklischees stärker und warum kann die Gleichheit nicht genutzt werden? Es erscheint mir eher ein eigens Paradox aufzumachen, statt das Gender Equality Paradox zu beseitigen

Warum genau es in Schweden, Dänemark und Co schwieriger sein soll, sich dem Wertesystem zu entziehen, während es den Polen gelingt darüber wird nichts gesagt, kein Argument, keine Studie, nichts.

Aber dies soll wohl noch kommen: Der Artikel scheint eine Art Teaser zu sein:

Die daraus folgenden Unterschiede in Verhalten und Interaktion dann (evolutions-)biologisch zu legitimieren, ist übrigens nicht nur kontraproduktiv, sondern auch wissenschaftlich nicht haltbar – in Kürze wird hierzu eine ausführliche und mit aktuellen Forschungsquellen belegte Gegendarstellung zu der gerade im Internet kursierenden norwegischen Dokumentation “Brainwash – The Gender Equality Paradox” erscheinen.

Schon erstaunlich: Im Artikel kein einziger Beleg und eine unstimmige These, aber die das Paradox wesentlich besser erklärende Theorie ist wissenschaftlich unhaltbar. Ich  bin gespannt auf die „ausführlich belegte Gegendarstellung“. Sie soll wohl Ende März kommen.

Siehe auch: