„Männer, die Sexismus schlimm finden, legitimisieren diesen und sind damit sexistisch“

Auf dem Blog „High on Clichés“ ist ein Artikel zur Twitter-#Aufschrei-Kampagne, die Zweisatz zum Anlass nimmt etwas zu Männern zu sagen, die diese Kampagne unterstützen.

Wie von einer echten radikalen Feministin zu erwarten ist sie davon nicht begeistert:

Wenn die Kampagne dahin strebt, Männern* klar zu machen, welcher Gewalt sie jeden Tag qua Privileg entgehen, macht es Sinn.

Sie hat auf jeden Fall dazu geführt, dass ich von Typen gelesen habe, die “Scham” empfinden, weil sie damals nicht eingegriffen haben, die bis jetzt nicht wussten, wie schlimm das alles ist und so fort.

Schon beim ersten Lesen eines solchen Statements fragte ich mich: Was hat deine Manpain in diesem Hashtag verloren? Frauen* geht es scheiße und du legst gleich mal deine Betroffenheit dar, dafuq?

Igitt, Männer, die bei einer Auflistung von Belästigungen durch andere Männer Scham äußern. Ekelhafter Manpain. Was hat der Mann wohl falsch gemacht?:

Warum das falsch ist? Weil es die Aufmerksamkeit verschiebt. Es geht nicht mehr um grausames sexistisches Ereignis X, es geht darum, wie grausames Ereignis X einen Mann* emotional mitnimmt. Dadurch wird es legitimer. Ja, auch das ist Sexismus. Nein, das ist KEINE HILFE.

Also: Durch seine Bekenntnis seiner Scham entwertet der Mann den Seximus, also wohl auch das schöne Feindbild Mann und zeigt sozusagen aus der begrenzten Menge Leid etwas für sich selbst ab. Der Sexismus scheint nicht mehr so schlimm, denn jetzt leiden auch Männer darunter. Und wenn Frauen noch nicht einmal der Sexismus gelassen wird, dann ist das natürlich Sexismus.

Zweisatz noch einmal:

Versteht ihr nicht, was passiert? Die Debatte wird legitimisiert dadurch, dass auch Männer* Sexismus schlimm finden. Das. Ist. Sexismus.

Es zeugt eigentlich entweder von einem sehr frauenfeindlichen Frauenbild oder von einem ziemlichen Verfolgungswahn: Ich vermute, dass in ihrem Weltbild ein Unterstützen von Männern irgendwie immer in ein Bevormunden umzudeuten ist: Was immer Männer unterstützen wird in ihrer Vorstellung zu deren Projekt, in dem sie die Regeln bestimmen. Dass die Männer nicht legitimieren, sondern sich die unterstützenden Männer an den Frauen orientieren und diese den Weg vorgeben scheint in ihrer Welt nicht vorkommen zu können.

Sie rantet dann etwas darüber, dass Männer eh immer mehr Aufmerksamkeit bekommen und deswegen immer mehr im Rampenlicht stehen.

Es gibt einen Tumblr-Post von einem Typen, der ein soziales Experiment gemacht hat. (Ob bezüglich Sexismus oder Cis-Sexismus weiß ich nicht mehr). Er trug “weibliche” Klamotten (Bluse, Rock, …) und beobachtete die Reaktionen. Als er einen Tag lang den Rock trug, machten ihn die Reaktionen richtig fertig. Text über das Experiment? Rauf und runter verlinkt.

Wisst ihr wie viele (englischsprachige) Artikel es zu Cis-Sexismus und Sexismus im Netz gibt, die aus einer Betroffenen-Perspektive geschrieben sind? Ihr könnt sie in eurer Lebzeit nicht einmal lesen. Und dieser weiße Cis-Dude kommt daher und bringt alle zum Weinen. SO fühlt sich das also an. Das ist ja echt schmerzhaft. Da sollten wir Mitleid mit den anderen haben.

Es muss schon hart sein, wenn man sieht, dass die Männerartikel besser ankommen und das nur und ausschließlich weil diese Männer Privilegien haben. Erstaunlich eigentlich, dass die anderen Feministinnen sich auch nicht von den Privilegien lösen können und dennoch die Männertexte verlinken. So mächtig ist das Patriarchat!

Ich weiß, wie gut es sich anfühlt, wenn eine Person, von der man es nicht erwartet hat Es Versteht(tm). Dennoch ist das kein Grund für Belohnung, wenn ein Mann* endlich akzeptiert, dass es Sexismus und sexuelle Belästigung gibt. Die Belohnung für ein privilegierten Person die diskriminierende Struktur anzuerkennen, von der sie profitiert, ist Kein-Arschloch-sein. Hier ist deine “Herzlichen Glückwunsch, Du bist kein Arschloch”-Marke. Ich hoffe, das reicht.

Das ist ja eine alte feministische Einstellung (Lantzschi hatte schon mal ähnliches geschrieben): Unterstützendes Verhalten wird nur als Wiedergutmachung bzw. Abschaltung von sexistischen Verhalten dargestellt und ist daher der Null-Zustand. Aus meiner Sicht etwas kurz gedacht: Ich erwarte von meinen Mitmenschen auch einen freundlichen Umgang, wenn nichts negatives vorgefallen ist. Verhalten sie sich so, dann bin ich meinerseits freundlich. Klassische Reziprozität bzw. Tit for Tat.

Ein normales menschliches Verhalten, dass hier eher aufgekündigt wird.