Maskulinismus – Gefährliche Männlichkeit im Netz

Selbermach Mittwoch

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Das Bundesschiedsgericht der Grünen zu der Frage, inwieweit man eine Selbstdefinition als Frau für eine Kandidatur auf einem Frauenplatz hinterfragen darf

Ein interessantes Urteil zu „Was ist eine Frau“ des Bundesschiedsgerichts der Grünen:

Die Ausgangslage:

(1) Bereits am […] 2020 gab es beim Ag. ein „Digitales […-Forum …]“. Dabei hatte sich die ASP in die offene Redeliste eingetragen, um sich mit einer Rede in die Diskussion einzubringen. Nachdem jedoch nur fünf Frauen von der Frauenliste reden wollten, wurden nach jeweils fünf Beiträgen von der Frauen- und der offenen Liste alle Bundesschiedskommission Bündnis90/Die Grünen Redelisten geschlossen, obwohl ursprünglich mehr Reden pro Liste eingeplant waren. Die ASP war nicht für einen Redebeitrag ausgelost worden. Es kam deshalb im […] 2020 zu einem Mailwechsel darüber, ob die Schließung der Listen rechtens war, in welcher Reihenfolge Beiträge zurückgezogen worden waren und ob die Verkürzung der Frauenliste womöglich gezielt herbeigeführt worden war.
Schon einen Tag nach dem Digitalen […-Forum] mit den geschlossenen Redelisten, am […] 2020, hatte die ASP dem Ag. mitgeteilt:

„aus gegebe[ne]m Anlass würde ich gerne meine [sic] Geschlecht ändern: Ab heute bin ich weiblich. Könnt ihr das bitte in euren Akten anpassen?“

Die stellvertretende Geschäftsführerin des Ag. bestätigte diese Anpassung mit Mail vom 26.05.2020 nach Rücksprache mit der frauenpolitischen Sprecherin im Bundesvorstand und der Frauenreferentin des Landesverbands. Am 30.10.2020 kam es zu einem Gespräch zwischen der ASP und zwei Mitgliedern des damaligen Stadtvorstands. Dieses Gespräch diente ursprünglich der Erörterung von
Sachanträgen, die die ASP beim Stadtparteitag im […] 2020 stellen wollte, wurde dann aber – nach den Angaben der ASP für sie überraschend – auch auf das Thema der Geschlechtsänderung erstreckt und protokolliert. Infolge des Gesprächs veranlasste der Stadtvorstand, das Geschlecht der ASP wieder von Frau zu Mann zu verändern, teilte dies der ASP jedoch nicht mit.
Beim Stadtparteitag am […] 2021 wollte die ASP als Frau für das Amt der
Stadtvorsitzenden kandidieren. Das designierte Präsidium der Versammlung entschied jedoch nach Rücksprache mit der damaligen frauenpolitischen Sprecherin der Bundespartei und mit Billigung des Stadtvorstands, diese Kandidatur nicht zuzulassen. Zuvor hatten zwei designierte Mitglieder des Präsidiums der Wahlversammlung noch das Gespräch mit der ASP per Video gesucht. Die Ablehnung der Kandidatur wurde der digitalen Versammlung unter Hinweis auf die fehlende Fraueneigenschaft der ASP bekannt gegeben. Dem daraufhin im Chat geäußerten Wunsch der ASP, eine persönliche Erklärung dazu abzugeben, gab das Präsidium nicht statt.

Also ein Mitglied definiert sich als Frau, man nimmt es ihr aber nicht ab und ändert den Eintrag schließlich wieder auf Mann.

Noch etwas mehr Sachverhalt:

Die ASP trägt vor: Sie fühle sich schon immer als Frau. Es gebe einen Mailverkehr „von ca. Frühjahr 2019“, in dem sie sich bereits intensiv über den „Modus der Geschlechterumbenennung“ informiert habe. Dass sie den Antrag auf Änderung der Geschlechtseintragung unmittelbar nach dem Forum, d.h. der Zurückweisung des eigenen Redebeitrags, gestellt habe, sei „im besten Fall der Anlass, aber sicher nicht der Grund“ gewesen. Sie habe „eindeutig und mehrmals zum Ausdruck gebracht“, dass sie sich als Frau definiere und habe ihre guten Gründe dafür. Es sei übergriffig, wenn das Präsidium in aller Öffentlichkeit behaupte, dass sie sich selbst nicht als Frau sehe und ihr keine Möglichkeit gebe, auf „diese Lüge“ zu reagieren. An die Darstellung des Gesprächs vom 30.10.2020, wie sie die Vorstandsmitglieder wiedergegeben hätten, könne sie sich „beim besten Willen nicht erinnern“, sondern bestreite diese. Beide hätten tendenziös berichtet und mit der Absicht, ihr zu schaden. Sie wundere sich über den „Hass“ auf ihre Person. Spätestens seit März 2020 hätten die […] Grünen sie „zum Gegner ausgerufen“, weil sie sich zum Thema Corona geäußert habe. Letztlich ginge es darum, sie als innerparteiliche Kritikerin mithilfe des Frauenstatuts und der darin festgelegten Quotierungen „mundtot zu machen“. Ihrer Meinung nach sei mit ihrer Selbstdefinition als Frau alles gesagt. Eine Überprüfung auf Rechtsmissbrauch sei im Frauenstatut gerade nicht vorgesehen und dürfe auch nicht durch die Hintertür – etwa durch den Versuch nachzuweisen, dass die Person sich selbst nicht als Frau sehe – eingeführt werden. Es fehle auch an einem Verfahren zur Feststellung von Missbrauch. Sie sei weder „genderfluid“ noch Trans-Frau, sondern „einfach nur Frau“, und das schon immer. Ein Fragebogen zum Thema „Mann oder Frau“ ergebe nach Beantwortung aller 29 Fragen, dass sie zu „79% eine Frau“ sei. Kein Mensch sei zu 100% nur Mann oder nur Frau. Aus dem Selbstbestimmungsrecht folge, dass es weder biologischer noch äußerer Merkmale (Frisur, Kleidung, Vornamen etc.) bedürfe, um seine Weiblichkeit unter Beweis zu stellen. Die Willenserklärung allein genüge. Dass ihr kein zeitlich unbegrenztes Gegenrederecht nach der Zurückweisung ihrer Kandidatur gewährt worden sei, verletze ihre Persönlichkeitsrechte. Die normalen Geschäftsordnungsanträge könnten insoweit Bundesschiedskommission Bündnis90/Die Grünen Datum: 22.12.2022 Az.: 05/2022 Seite 8 von 24 Sammlung Parteischiedsgerichtsentscheidungen Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung keine Abhilfe schaffen. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts liege auch in bestimmten Formulierungen der Entscheidung des Landesschiedsgerichts, die sie in Verbindung mit Missbrauchsfällen brächten. (4) In der mündlichen Verhandlung sind u.a. die Voraussetzungen für die Kandidatur auf einem Frauenplatz erörtert worden. Dabei hat der Ag. klargestellt, dass es nicht auf bestimmte Prozentzahlen ankomme, zu denen sich eine Person zur Frau erkläre, sondern darauf, dass sie sich eindeutig zum Frausein bekenne. Das umfasse auch Trans-Frauen. Dieser Auffassung haben sich sämtliche Beigeladene angeschlossen. Ein vom Bundesschiedsgericht angeregter Vergleich kam nicht mehr zustande

Und aus der Begründung der Entscheidung:

 Die Beschwerde der ASP bleibt erfolglos. Denn sie hat kein Recht, bei der Wahl zur Stadtvorsitzenden auf einem Frauenplatz zu kandidieren

(bb). Der Ag. hat jedoch bei der Durchführung der Wahl die Anforderungen an ein faires Verfahren und dadurch das Recht der ASP auf chancengleichen Zugang zum Parteiamt verletzt (aa). Bundesschiedskommission Bündnis90/Die Grünen Datum: 22.12.2022 Az.: 05/2022 Seite 10 von 24 Sammlung Parteischiedsgerichtsentscheidungen Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung aa. Die Wahl zum Stadtvorstand vom […] 2021 war rechtswidrig, weil die Art und Weise der Zurückweisung der Kandidatur der ASP elementare Verfahrensgrundsätze und damit zugleich die Mitgliedschaftsrechte der ASP verletzt hat. Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass der Ag. die Geschlechtszugehörigkeit der ASP in der Sherpa-Mitgliederdatei nach deren Gespräch mit Vorstandsmitgliedern des KV vom 30.10.2020 wieder von Frau auf Mann verändert hat, ohne dies der ASP mitzuteilen. Als diese sich am […] 2021 auf das Amt der Stadtvorsitzenden bewarb, musste sie deshalb davon ausgehen, in der Mitgliederdatei noch als Frau eingetragen zu sein und dementsprechend als Frau kandidieren zu dürfen. In der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fehlt es bislang an einem geregelten Verfahren, wie Streitigkeiten über die Geschlechtszugehörigkeit bzw. deren Eintragung in die Mitgliederdatei zu klären sind.

Natürlich fehlt es da an Regelungen. Denn Selbstdefinition erlaubt eigentlich keine Streitigkeiten: Derjenige sagt er ist eine Frau, also ist er eine Frau. Was braucht es da noch an Regelungen?
Bis dann eben ein Troll kommt.

Mangels spezieller Regelungen ist insoweit auf allgemeine Grundsätze zurückzugreifen, wie sie sich aus den Mitgliedschaftsrechten und den Anforderungen im Zusammenhang mit Kandidaturen auf Parteiämter ergeben. Danach hat jedes Parteimitglied das Recht, sich an Wahlen zu beteiligen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Bundessatzung; § 2 Abs. 3 Satzung des KV […]). Seine Reichweite bestimmt sich anhand des Prinzips der innerparteilichen Demokratie (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG) und umfasst insbesondere das Recht auf einen chancengleichen Zugang zum Parteiamt (vgl. Kluth, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, BeckOK, 53. Edition 2022, Art. 21, Rn. 157). Als notwendige Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs gilt dabei auch die Einhaltung eines Kernbestands an Verfahrensgrundsätzen (BVerfGE 89, 243, 252/253). Wahlbewerber*innen haben daher auch bei parteiinternen Wahlen kraft der Ausstrahlungswirkung des Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG ein mitgliedschaftliches Recht auf ein geordnetes und faires Wahlverfahren, das den Anforderungen des Parteienrechts, einschließlich der Kernelemente von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, entspricht. Dazu zählt auch das Recht auf effektiven Rechtsschutz als rechtsstaatliches Kernelement. Ein faires Verfahren verlangt, dass die Partei dem einzelnen Mitglied größtmögliche Transparenz hinsichtlich der jeweils eigenen Mitgliedsdaten gewährt, damit es sich bei einer tatsächlichen oder auch nur potentiellen Bewerbung darauf einstellen kann, ob es auf einem Frauenplatz oder nur auf einem offenen Platz kandidieren darf. Entsprechendes gilt etwa auch für Redelisten. Bleibt ein Mitglied im Unklaren darüber, mit welchem Geschlecht es in den Mitgliedsakten geführt wird, kann es bei Geltung Bundesschiedskommission Bündnis90/Die Grünen Datum: 22.12.2022 Az.: 05/2022 Seite 11 von 24 Sammlung Parteischiedsgerichtsentscheidungen Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung einer Frauenquote sein passives Wahlrecht nicht mehr informiert ausüben. Es wird parteiöffentlichen Erklärungen des Präsidiums vor der Wahlversammlung über eine vermeintlich nicht stimmige Geschlechtszugehörigkeit ausgesetzt, kann seine Kandidatur nicht zielgenau auf die angestrebte Position beziehen und hat keine Möglichkeit mehr, Rechtsschutz gegen die Änderung der Geschlechtseintragung rechtzeitig vor der Wahl zu erlangen. Es erscheint mehr als zweifelhaft, ob die Partei die Geschlechtszugehörigkeit eines Mitglieds in der Mitgliederdatei überhaupt eigenmächtig abändern darf. In keinem Falle kann sie dies jedoch ohne vorherige Information und Anhörung des Mitglieds, um dessen Registrierung und Daten es geht. Das hier angewandte Vorgehen verletzt das Recht auf ein faires (Wahl-)Verfahren und damit zugleich das Recht der ASP auf einen chancengleichen Zugang zum Parteiamt. Rechtsverstöße im Zusammenhang mit Wahlen führen allerdings auch bei innerparteilichen Wahlen nur dann zur Wahlwiederholung, wenn sie sich auf das Ergebnis der Wahl ausgewirkt haben können (vgl. Augsberg, in Kersten/Rixen, Parteiengesetz und Europäisches Parteienrecht, 2009, § 15 Rn. 30 f.). Dabei darf es sich nicht nur um eine theoretische Möglichkeit handeln, sie muss eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende sein (BVerfGE 89, 243, 254 m.w.N.). Es ist im vorliegenden Fall jedenfalls nicht ganz fernliegend, dass die ASP zur Stadtvorsitzenden hätte gewählt werden können, wenn sie hätte kandidieren dürfen. Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Denn eine Wahlwiederholung scheidet hier schon deshalb aus, weil die ASP nicht berechtigt wäre, für dieses Amt zu kandidieren (folgend bb). bb. Die ASP kann nicht auf Frauenplätze bei Parteiwahlen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kandidieren, weil sie keine „Frau“ im Sinne der Parteistatuten ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.

Hier haben wie man sieht Juristen entschieden, ein Gericht mit reinen Grünen Ideologen wäre lustiger gewesen, weil sie sich vielleicht noch mehr hätten verbiegen müssen.

(a) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verstehen sich als eine feministische und vielfältige Partei. Ausfluss ihrer feministischen Politik ist vor allem das Frauenstatut mit besonderen, nur Frauen vorbehaltenen Rechten, die eine aktive Frauenförderung zum Ausgleich gesellschaftlicher Nachteile bezwecken. Hierzu zählen vor allem quotierte Bundesschiedskommission Bündnis90/Die Grünen Datum: 22.12.2022 Az.: 05/2022 Seite 12 von 24 Sammlung Parteischiedsgerichtsentscheidungen Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung Rederechte und die strenge Quotierung von Wahllisten (siehe § 3 Abs. 1 Bundessatzung; Präambel und § 1 Frauenstatut). Quotenregelungen werfen zwar auch bei parteiinternen Wahlen Fragen nach der Wahlrechtsgleichheit auf, da sie männliche Bewerber schlechter stellen. Sie sind aber als Inanspruchnahme der Freiheit der Partei, die eigene innere demokratische Ordnung ihren programmatischen Zielen anzupassen (Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG), zu rechtfertigen (BVerfG, Beschl. v. 01.04.2015, 2 BvR 3058/14, Rn. 25 m.w.N.; H. H. Klein in: Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, 98. EL 2022, Art. 21, Rn. 347). Auch das Bundesschiedsgericht hat wiederholt entschieden, dass die Quotierungsregelungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich als zulässige Ausübung der Parteienfreiheit darstellen (BSchG 1/2009, Entscheidung vom 19.09.2009; BSchG 5/2018, Entscheidung vom 26.10.2019, unter 2 b bb). (b) Die Parteistatuten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legen bezüglich der Frage, wer „Frau“ ist und auf Frauenplätzen kandidieren darf, das Prinzip der Selbstdefinition zugrunde. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 3 der Bundessatzung, Satz 3 der Präambel des Frauenstatuts sowie zahlreichen entsprechenden Regelungen auf der Landesebene. Danach ist es grundsätzlich nicht zulässig, die Selbstdefinition einer externen Überprüfung zu unterziehen oder in Zweifel zu ziehen.

Man bedenke: Im juristischen bedeutet „Grundsätzlich“, dass es auch eine Ausnahme geben muss.

Dies entspricht auch der Wertung des Gesetzentwurfs zu einem neuen Selbstbestimmungsgesetz, dessen Ziel es ist, entwürdigende Begutachtungsprozesse zu beseitigen (BT-Drs. 19/19755 vom 10.6.2020). Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Geschlechtszugehörigkeit nicht allein nach den physischen Geschlechtsmerkmalen bestimmt werden kann und der Wunsch nach Ausdruck der eigenen Geschlechtlichkeit vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt ist (BVerfGE 115, 1, 15). Auch in der Literatur setzt sich die Auffassung durch, dass die geschlechtliche Selbstdefinition durch das Persönlichkeitsrecht weitreichend geschützt ist (siehe etwa Valentiner, Das Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung, 2021, S. 192 ff.). In jedem Falle sind die Institutionen der Partei an § 3 Abs. 1 Satz 3 der Bundessatzung gebunden und die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Mitglieder dem entsprechend sowie im Lichte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auszulegen. Die Regelungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geben allerdings keine klare Auskunft, wer genau unter den dort gebrauchten Begriff der „Frauen“ fällt und inwieweit er auch Frauen erfasst, die biologisch gesehen männliche Geschlechtsmerkmale haben.

Ein Satz der ziemlich terfig klingt. Trans Frauen sind Frauen!

Das Frauenstatut der Bundespartei legt in seiner Präambel Gleichberechtigungsziele für zwei voneinander getrennte Gruppen zugrunde, indem es formuliert: „Ebenso wie die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen ist die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt ein Ziel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: trans*, inter und non-binäre Menschen sollen in unserer Partei gleichberechtigte Teilhabe erhalten.“ Eine für Trans- und Inter-Frauen offene Auslegung des Frauenbegriffs bleibt danach aber möglich, soweit der Grundsatz der gleichen Teilhabe deren Einbeziehung erfordert. Noch schärfer unterteilt die Präambel der Landessatzung der […] Grünen Wahllisten „in Frauenplätze (für alle, die sich als Frauen definieren) und offene Plätze, die allen Menschen unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität offenstehen, also auch trans*, inter und non-binären Menschen“. Doch auch nach dieser Regelung könnten Trans- und Inter-Frauen gegebenenfalls unter „alle, die sich als Frauen definieren“, fallen. Im Zweifel geht jedenfalls das Bundesfrauenstatut vor (vgl. BSchG 5/2018 vom 26.10.2019, sub 2a, unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 Satz 2 PartG). Denn die Frage, wer „Frau“ im Sinne des innerparteilichen Rechts ist und auf einen Frauenplatz kandidieren darf, kann auf der Ebene der Landes-partei nicht abweichend von der Bundespartei beantwortet werden. Allerdings fehlt es an jeglicher Konkretisierung, wie genau trans*, inter und non-binäre Menschen, die kandidieren wollen, gleichberechtigt in ein „Reißverschlusssystem“ aus Frauenplätzen und offenen Plätzen einzuordnen sind. Das Recht auf gleichen Zugang zum Parteiamt, hier zur Kandidatur auf einem Frauenplatz, kann ‚biologischen‘ Männern mit erklärtermaßen weiblicher Geschlechtsidentität (Trans-Frauen) nicht schon von vornherein unter Hinweis auf die besondere Rechtsnatur von positiven Fördermaßnahmen wie z.B. der Quotierung von Wahllisten versagt werden.

trans Frauen nicht Trans-Frauen du Terf!!1.
Und trans Frauen sind Frauen, also dürfen sie auch auf Frauenplätzen kandidieren.

Zwar besteht kein Anspruch darauf, dass eine politische Partei die ungeraden Plätze von Wahllisten Frauen vorbehält (vgl. in Bezug auf staatliche Wahlen BVerfG, Beschl. v. 15.12.2020, 2 BvC 46/19 – Fehlen von Quotenregelungen bei der Bundestagswahl). Entscheidet sich eine Partei wie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedoch zu einer solchen Regelung, darf sie nicht in ungerechtfertigter Weise anhand kritischer Kriterien wie dem Geschlecht, der Geschlechtsidentität, Hautfarbe, Religion, Sprache u.s.w. (Art. 3 GG) differenzieren, es sei denn, es findet ein legitimer Nachteilsausgleich statt. Aber auch beim Nachteilsausgleich darf nicht ungerechtfertigt differenziert werden. Die Parteistatuten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tragen dem Rechnung, indem das Bundesfrauenstatut explizit eine „gleichberechtigte Teilhabe“ von trans*, inter und nonbinären Menschen in der Partei verlangt. Dabei zielt schon der Begriff der „Teilhabe“ auf einen gleichberechtigten Zugang auch zu Fördermaßnahmen und Leistungen der Partei ab. Die Parteisatzung ermöglicht nicht nur eine begrenzt offene Auslegung des Frauenbegriffs (zur Begrenztheit unten [d]); es ist auch geboten, den Frauenbegriff nicht auf Frauen zu beschränken, deren biologisches oder bei der Geburt zugeordnetes Geschlecht weiblich ist, sondern ihn auch auf Trans-Frauen (entsprechend Inter-Frauen) zu erstrecken, die sich klar zum Frausein bekennen. Denn nur so kann dem Prinzip der Selbstdefinition, dem Persönlichkeitsrecht wie auch dem Verbot der Diskriminierung und dem Auftrag zur Gleichstellung entsprochen werden.

„Transfrauen, die sich klar zum Frausein bekennen“ ist auch eine interessante Formulierung.

Es wäre unsachlich, wenn nicht gar willkürlich, Trans- bzw. Inter-Menschen, die sich als Frau definieren, genauso zu behandeln, wie solche, die sich als Mann definieren. Erstere auf offene Plätze zu verweisen, hieße, ihr Recht zur Selbstdefinition leerlaufen zu lassen. Auch der Sinn und Zweck der Quotierungsregelungen spricht klar dafür, den Frauenbegriff der Bundessatzung und des Frauenstatuts nicht auf Frauen zu beschränken, die auch biologisch weiblich sind. Denn auch Trans-Frauen (entsprechend Inter-Frauen) können frauenspezifische Nachteile erfahren, deren Abbau Ziel der Quotierungsregelungen ist. Sie können sowohl aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Trans*- oder Inter- Menschen als auch aufgrund einer von ihnen ausgedrückten weiblichen Geschlechtsidentität als Frau benachteiligt werden. Mehrere Diskriminierungsmerkmale können sich dabei gegenseitig verstärken (sog. additive, intersektionale oder Mehrfachdiskriminierung, vgl. § 4 AGG). Frauenspezifische Nachteile im gesellschaftlich-politischen Bereich dürften einzelne Trans-Frauen (entsprechend Inter-Frauen) zwar nur erfahren, wenn sie von der Gesellschaft bzw. in der Partei auch als Frau wahrgenommen werden, – was kaum beurteilt werden kann, ohne in eine problematische Prüfung auf äußerliche Merkmale der Weiblichkeit und damit in eine unzulässige Überprüfung der Selbstdefinition als Frau einzutreten. Es kommt aber gerade nicht auf die Einzelperson und ihr Erscheinungsbild an. Denn auch bei biologischen Frauen mit weiblicher Geschlechtsidentität findet keine Einzelfallprüfung auf Nachteile statt.

Frauen haben eben Nachteile als Gruppe, selbst wenn die einzelne Frau keine hat.

Vielmehr geht es beim quotierten Zugang zum Parteiamt um einen lediglich pauschalen Nachteilsausgleich. Sinn und Zweck der Quotierung von Wahllisten verlangen nicht, dass ein frauenspezifischer Nachteil auch gerade in der Person der Bewerberin vorhanden ist, sondern dass sie einer Gruppe angehört, die statistisch signifikant benachteiligt ist (vgl. Langenfeld, in: Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O., Art. 3 Abs. 2 GG, Rn. 95: „typisierende Kompensation“ nach wir vor aktueller Nachteile für Frauen). In dieser Lage befinden sich auch Trans-Frauen. Denn es liegt nahe, dass sie jedenfalls zumeist der von ihnen empfundenen weiblichen Identität auch äußerlich Ausdruck verleihen, so dass die Gesellschaft sie als diejenige erkennt und behandelt, als die sie sich selbst empfinden, nämlich als Frau. Das Prinzip der Selbstdefinition verlangt in Verbindung mit dem Prinzip der gleichen Teilhabe, dass Trans- oder Inter-Frauen, die sich ungeachtet biologischer Merkmale als Frau definieren, auch als Frau behandelt werden. Deshalb müssen sie Zugang zu Frauenplätzen haben.

(c) Darüber hinaus ist aber auch hinsichtlich des „Ausmaßes“ an selbstempfundener weiblicher Identität innerhalb gewisser Grenzen (folgend [d, e]) Offenheit geboten. Dies spielt im vorliegenden Fall eine Rolle. Denn die ASP sieht sich selbst nur ganz überwiegend, aber nicht zu 100% als Frau (siehe i. E. Tatbestand). Würde die Kandidatur auf Frauenplätze voraussetzen, dass sich eine Person zu 100% als Frau definiert, läge eine Missachtung des geschlechtlichen Selbstbestimmungsrechts von vornherein nicht vor. Allerdings haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesschiedsgericht alle beigeladenen Institutionen der Partei – die Bundesfrauenreferentin, die frauenpolitische Sprecherin des Landesverbands und der Bundesvorstand – sowie der Ag. die Festlegung auf Prozentsätze, zu denen sich eine Person mindestens als Frau verstehen müsste, abgelehnt und stattdessen eine „eindeutige“, ernstliche und nicht nur kurzfristige Selbstdefinition als Frau verlangt (Protokoll, S. 5 ff.).

Hätte auch was amüsantes: „Du fühlst dich nur zu 87,5% als Frau? Dann wird es nichts“

Sie haben auch klargestellt, dass Trans-Frauen unter den Begriff „Frauen“ fallen, sofern sie sich eindeutig zur Frau erklären. Dagegen sollen TransFrauen, die sich nicht eindeutig als Frau definieren, Trans-Männer, intergeschlechtliche Menschen (inter*), die sich nicht eindeutig als Frau definieren, non-binäre Menschen, die sich gar keinem Geschlecht oder beiden Geschlechtern zugleich zugehörig fühlen, sowie „genderfluide“ Menschen, die sich nur zeitweise, zu einem bestimmten Prozentsatz oder nur in bestimmten Zusammenhängen als Frau oder Mann empfinden, nicht unter den Frauenbegriff fallen (dazu i.E. die Verfahrensakten). Diese Präzisierung selbstdefinierter Geschlechtsidentität trägt dem Wesen der Selbstbestimmung Rechnung, bei der es darum geht, sich z.B. gerade als  Frau zu empfinden, aber nicht darum, die Geschlechtsidentität durch Prozentanteile zu bemessen.

Nur das dann der nächst eben deutlich sagen wird, dass er sich als Frau fühlt. Das einfachste wäre wohl sich als Butch Lesbe zu fühlen. Es wird also noch weitere Entscheidungen geben denke ich.

(d) Andererseits muss die Fraueneigenschaft in Bezug auf die einzelne Person so hinreichend klar festgelegt sein, dass die Geschlechtsangabe „weiblich“ innerhalb von parteiinternen Verfahren auch ihren Zweck erfüllen kann, Anknüpfungspunkt für den erstrebten Nachteilsausgleich und für Quotierungsregelungen zu sein. Könnten sich Männer spontan vor einer Kandidatur zu einem Parteiamt zur Frau erklären, ohne dass es irgendwelche Grenzen hierfür gäbe, könnte das satzungsmäßige Konzept der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ungerade Listenplätze grundsätzlich Frauen vorzubehalten, gefährdet werden.

Da wird es interessant. Plötzlich gibt es Einschränkungen der Selbstbestimmung.

Das Interesse der Partei, Frauenplätze „Frauen“ so vorzubehalten, dass der Zweck der Quotierungsregelungen erreicht werden kann und Frauenplätze von offenen Plätzen abgegrenzt werden können, ist durch die Parteienfreiheit (Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG) geschützt, die auch die Freiheit umfasst, die Partei einschließlich ihrer Organisation an ihrer programmatischen Tendenz auszurichten (s.o. II.1.b.bb. [a]). Zudem sind Frauen vorbehaltene Listenplätze nur dann mit der Chancengleichheit der Parteimitglieder und insbesondere dem Recht auf einen chancengleichen Zugang zum Parteiamt vereinbar, wenn für den begünstigten Personenkreis („Frauen“) auch ein Erfordernis des Nachteilsausgleichs besteht, das zwar nicht in jeder Einzelperson, aber statistisch in Bezug auf die begünstigte Gruppe begründet werden muss. Das setzt logisch voraus, dass diese Gruppe möglichst klar definiert ist. Dem entsprechend hat die Partei nicht nur ein Recht, „Frauen“ im Sinne der Quotierung von anderen Personen abzugrenzen, sondern sie muss es sogar.

Hat sie ja auch. Durch die Selbstbestimmung.

Solange es noch kein Verfahren und keine Maßstäbe gibt, muss das Bundesschiedsgericht den Fall anhand allgemeiner Grundsätze lösen. Aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit läge es nahe, ein Verfahren für die Registrierung des Geschlechts insbesondere bei Änderungen des Geschlechtseintrags zu entwickeln, um entsprechend des mit dem Nachteilsausgleich verfolgten Zwecks den Zugang zum Frauenplatz von den offenen Plätzen hinreichend klar abzugrenzen. Es sollte geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen die Erklärung, Frau zu sein, hinreichend eindeutig, rechtzeitig und dauerhaft ist, um die Kandidatur oder die Rede auf einem Frauenplatz im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Quotierung zu tragen. Dabei  geht es nicht darum, das innere Empfinden unzulässig auszuforschen und infrage zu stellen, sondern darum, die Geschlechtseintragung rechtzeitig vor Wahlen festzulegen, gegebenenfalls zu klären und den Umgang mit möglicherweise rechtsmissbräuchlichen Selbstdefinitionen als Frau zu regulieren.

Ein Missbrauch der Selbstdefinition als Frau? Da werden einige TERFs gerne Argumente übernehmen.

Notwendig wäre dabei auch eine Karenzzeit bis zum Wirksamwerden einer Änderung der Geschlechtsangabe in der Mitgliederdatei (vgl. den Entwurf eines neuen § 45b Abs. 5 Personenstandsgesetz im geplanten Selbstbestimmungsgesetz [s.o.]), um Rechtsschutz im Falle von Streitigkeiten zu ermöglichen und Situationen, wie sie im vorliegenden Fall beim Wahlparteitag eingetreten sind, in Zukunft zu vermeiden. Als standardisierender Mechanismus käme beispielsweise in Betracht, die Fraueneigenschaft des innerparteilichen Rechts an die Eintragung im staatlichen Personenstandsregister anzuknüpfen. Das wäre den Betroffenen jedenfalls dann im Einklang mit den Grundüberzeugungen der Partei zumutbar, wenn das künftige Selbstbestimmungsgesetz, wie im Entwurf der grünen Bundestagsfraktion (s.o.) vorgesehen, am Prinzip der Selbstdefinition orientiert wäre. Hat sich eine Person „amtlich“ mit allen daran knüpfenden Rechtsfolgen für das weibliche Geschlecht entschieden, dürfte ihr Geschlecht jedenfalls verfahrenssicher und zugleich selbstbestimmt auch für die Zwecke der Partei festgestellt sein.

Das wird in der Tat spannend werden. Denn natürlich wird irgendwann jemand seinen Eintrag ändern um bei den Grünen auf die Frauenplätze zu kommen. Das ist ganz klar.

Dadurch könnten Missverständnisse in Wahlversammlungen, etwa wenn eine äußerlich männlich wirkende Trans-Frau auf einem Frauenplatz kandidiert, leicht und ohne problematische Erläuterungen und Diskussionen auf rein formaler Ebene, durch Vorlage des Personalausweises, geklärt werden. (e) Wie zuvor festgestellt, erfasst der Begriff „Frauen“ nach den Parteistatuten Menschen, deren bei Geburt festgestelltes und auch empfundenes Geschlecht weiblich ist, sowie alle anderen Menschen, sofern sie sich selbst als Frau definieren (siehe oben [b]). Darüber hinaus muss die geschlechtliche Selbstbestimmung aber auch eindeutig, nicht selektiv und nicht nur vorübergehend sein, damit die Abgrenzung der zur Kandidatur Berechtigten in Bezug auf Frauenplätze einerseits und offene Plätze andererseits sichergestellt werden kann. Das Erfordernis der Eindeutigkeit der Selbstdefinition ergibt sich aus der Notwendigkeit, den Begriff „Frauen“ z.B. gegenüber non-binären Personen abzugrenzen. Wer sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlt oder beide Zugehörigkeiten zugleich oder auch abwechselnd verspürt, kann nicht Frau im Sinne der zur Frauenförderung gedachten Regelungen der Partei sein. Dabei ist es zwar unschädlich, wenn sich z.B. eine Trans-Frau nur ganz überwiegend, aber nicht zu 100% als Frau definiert (s.o.). Die Selbstdefinition als Frau muss aber eindeutig in dem Sinne sein, dass sie eine klare und in sich widerspruchsfreie Entscheidung allein zugunsten der weiblichen Geschlechtsidentität beinhaltet. Die betreffende Person muss sich bei allen Besonderheiten, die sie aufweisen mag, selbst ausschließlich dem weiblichen Geschlecht zuordnen.

Das kann man ja heute unproblematisch auch mit Bart und Penis.

Dabei darf die Selbstdefinition nicht selektiv in dem Sinne sein, dass die Person nur in bestimmten Zusammenhängen oder zu bestimmten Zeiten Frau, ansonsten jedoch Mann sein will. Denn so wie auch non-binäre Personen nicht als Frauen gelten können (s.o.), kann niemand Frau mit einer variablen Geschlechtsidentität sein. Vielmehr verlangt der Begriff „Frau“ auch im Falle der TransFrau oder Inter-Frau eine unteilbar weibliche Geschlechtsidentität, durch die sich die Angehörigen der Gruppe der Frauen kraft entsprechender Erklärung von denjenigen der männlichen, non-binären oder sonstigen Gruppen kategorisch unterscheiden. Schließlich muss ihre Selbstdefinition zwar nicht endgültig, aber mindestens so dauerhaft sein, dass sie eine hinreichend verlässliche Grundlage für die Quotierung im Kontext der Wahl bietet. (f) Auf Basis dieser Maßstäbe ergibt sich, dass die Erklärung der ASP, Frau zu sein, nicht eindeutig und zudem selektiv ist.

Sie ist abgesehen von den Veranstaltungen der Grünen überall sonst als Mann aufgetreten. Daran werden sie ihn demensprechend aufhängen.

Unbestrittenermaßen hat die ASP keinerlei Maßnahmen zur äußerlichen Anpassung an das „typische“ Erscheinungsbild einer Frau getroffen. Sie trägt keine Frauenkleidung, gebraucht keinen weiblichen, sondern einen männlichen Vornamen und lässt sich auch in der männlichen Form ansprechen. Dennoch besteht sie darauf, nicht erst seit der umstrittenen Wahl eine Frau zu sein (siehe Tatbestand). Biologisch dem männlichen Geschlecht anzugehören, sich aber gleichwohl dem anderen Geschlecht zugehörig zu fühlen, d.h. eine von den körperlichen Geschlechtsmerkmalen abweichende weibliche Geschlechtsidentität zu haben, scheint auf eine Selbstdefinition als Trans-Frau hinauszulaufen (zur Definition „trans*“ statt vieler: Glossar des Bundesverbands trans*/LSVD-Bundesverbands im Anhang zur Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft werden?“, März 2022 [www.lsvd.de/]).

Ja was den sonst? Natürlich eine trans Frau. Was aber eben eine Frau ist.

Die ASP stellt insoweit aber klar, dass sie sich selbst „nicht als Transfrau“ sehe; sie  sei „einfach nur Frau – und das schon immer“. Ebenso lehnt sie es ab, als „genderfluid“ bezeichnet zu werden (siehe Tatbestand). Sie meint, mit der Erklärung, Frau zu sein, sei alles gesagt, und jegliche (Nach-)Frage zu ihrer Selbstdefinition verletze ihr Persönlichkeitsrecht. Sie wendet sich explizit gegen Versuche, die Weiblichkeit an irgendwelchen Äußerlichkeiten festzumachen. Gleichwohl versucht sie vor dem Bundesschiedsgericht mithilfe eines Fragebogens zu mutmaßlich männlichen und weiblichen Vorlieben aufzuzeigen, dass sie zu 79% Frau sei. Der Fragebogen legt die unzutreffende Vorstellung der ASP nahe, man müsse sich nur zu hinreichend vielen vermeintlich weiblichen Vorlieben (Kuchenbacken, Stricken etc.) bekennen, um Frau zu sein. Daneben verweist sie auf Versuche, auch schon in ihrer Jugend, Zugang zu Frauengruppen (u.a. Strickrunden) zu finden, die aber an der Ablehnung der Frauen gescheitert seien. Sie selbst spricht in der mündlichen Verhandlung an, dass sie zu 100% wie eine Frau benachteiligt sei. Nachfragen nach den von ihr erwähnten Nachteilen weist sie aber empört zurück, wobei sie einräumt, dass sie nicht wie eine Frau benachteiligt werden könne, wenn sie in der Öffentlichkeit nicht als Frau auftrete (Protokoll, S. 2 und 8). Dieser Vortrag wirkt aufgrund seiner Unstimmigkeiten unplausibel. Es erscheint ungewöhnlich, dass ein Mensch, der trotz männlichem Körper eine weibliche Geschlechtsidentität hat, dieser eigentlichen Identität durch nichts, nicht einmal durch einen weiblichen oder neutralen Vornamen nach außen hin erkennbar Ausdruck verleihen will. Die Forschung geht zumindest von einem – individuell unterschiedlich – früh einsetzendem Bedürfnis aus, dem inneren Coming-out auch ein äußeres Comingout folgen zu lassen, um die wirkliche Geschlechtsidentität für Andere „lesbar“ zu machen, fehlerhafte Vorannahmen der Umwelt richtigzustellen und das ständige Verheimlichen zu beenden (vgl. etwa Krell/Oldemeyer, Coming-out – und dann …?!, 2015, S. 9, 15 f.; Deutscher Bundestag, Familienausschuss, Protokoll-Nr. 18/22 [1] vom 18.03.2015, Öffentliches Expertengespräch, S. 11).

Wer bei den Grünen als Frau kandidieren möchte muss sich also nach außen als Trans outen. Danke Grüne.

Denn nur wenn eine von den biologischen Geschlechtsmerkmalen abweichende Geschlechtsidentität erkennbar wird, kann die Gesellschaft sie akzeptieren und die betreffende Person ihre gefühlte Identität auch in der Realität leben. Die ASP lässt es insoweit genügen, sich nur in bestimmten Zusammenhängen und ausschließlich verbal zum Frausein zu bekennen, soweit hier bekannt, nur innerhalb des beklagten Stadtverbands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seit dem […] 2020 und im zeitlichen Kontext einer Auseinandersetzung um einen nicht zugelassenen Redebeitrag. Das diffuse Bild, das die ASP als selbsterklärte Frau ohne jegliche weibliche Außendarstellung und Beschreibung bietet, kann jedoch allein nicht genügen, um ihre Selbstdefinition als Frau infrage zu stellen. Auch Frauen mit klar weiblichen Körpermerkmalen und weiblicher Geschlechtsidentität können sich in der Gesellschaft so verhalten und darstellen, wie man es nicht von einer Frau erwartet. Das Auftreten von Menschen in der Gesellschaft ist individuell von vielen Faktoren beeinflusst. Zudem ist die Enthüllung einer vom Körper abweichenden Geschlechtsidentität ein schwieriger und langwieriger Prozess, mit dem Betroffene individuell sehr unterschiedlich umgehen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die ASP im Verfahren nicht anwaltlich beraten war und möglicherweise fehlende Kenntnisse etwa zur Bedeutung des Begriffes „Trans-Frau“ eine Rolle spielen könnten. Disparates und unstimmiges Verhalten kann gerade eine Folge der Problematik und fehlender Akzeptanz in der Gesellschaft sein. Weil das Empfinden der Menschen hinsichtlich der eigenen Geschlechtsidentität nicht von außen ermittelt werden kann, legt das Prinzip der Selbstdefinition zugrunde, dass die Selbstbestimmung maßgeblich ist und keine Nachweise wie ärztlich-psychologische Gutachten oder gar geschlechtsumwandelnde Eingriffe erbracht werden müssen, um die vom körperlichen Befund abweichende Geschlechtsidentität glaubhaft zu machen. Dem entsprechend kann auch nicht verlangt werden, sich äußerlich als Frau auszustaffieren, also eine Art Nachweis des frauentypischen Auftretens in der Gesellschaft – was immer das sein mag – aktiv zu erbringen.

Also im Prinzip: Okay, eigentlich muss er sich doch nicht gleich outen und die Selbstdefinition sollte ausreichen.

Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, ob ein völliger Verzicht auf die Annahme erkennbarer Merkmale der Weiblichkeit nicht zusammen mit anderen Anhaltspunkten Indiz für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs sein kann (im Folgenden [g]). Hier kommt entscheidend hinzu, dass die ASP nicht bestreitet, außerhalb der Partei noch als Mann aufzutreten, und zwar nicht nur äußerlich, sondern auch mit der Intention, als Mann zu gelten. Sie hat insbesondere in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie könne sich in ihrem beruflichen Umfeld nicht als Frau darstellen, weil ihr Chef sie dann von Kund*innenkontakten ausschließen würde (Protokoll, S. 2). Diese Erläuterung ist für sich betrachtet zwar im Hinblick auf drohende berufliche Nachteile verständlich. Wesentlich ist aber, dass die ASP gegenüber der grünen Partei erklärt, Frau zu sein und „das schon immer“, gegenüber dem Arbeitgeber, den Berufskolleg*innen und Kund*innen jedoch erklärt, Mann zu sein. Auch das Verhalten der ASP im beruflichen Kontext stellt eine Äußerung dar. Denn Willensäußerungen können, entsprechend den rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, nicht nur verbale Erklärungen sein, sondern ebenso konkludente Erklärungen in Form von Verhalten, in dem eine bestimmte Willensäußerung konkludent zum Ausdruck kommt (statt Vieler Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, Vorbemerkung zu § 116, Rn. 6 f.). Die Äußerungen der ASP zur eigenen Geschlechtsidentität sind folglich widersprüchlich und nicht eindeutig. Es kommt ihr in der beruflichen Sphäre gerade darauf an, dass sie keine Irritationen erweckt, die eine vom äußerlichen Anschein abweichende Geschlechtsidentität ihrer Befürchtung nach hier auslösen könnte. Auch wenn dieses Motiv sehr gut nachvollziehbar ist, kann die Partei die Abgrenzung der Frauenplätze von den offenen Plätzen jedoch nicht von den subjektiven Hintergrundmotiven Einzelner abhängig machen, sondern muss auf den objektiven Erklärungsgehalt abstellen, wie er sich vom sogenannten Empfängerhorizont aus darstellt (vgl. Busche: in Münchener Kommentar, a.a.O., § 133, Rn. 12). Hier liegt nach dem Empfängerhorizont, d.h. der unbefangen von außen auf die ASP blickenden Mitglieder der Gesellschaft, keine eindeutige Erklärung über eine ausschließliche Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht vor, sondern Erklärungen zugunsten beider Geschlechtszugehörigkeiten.

Eine etwas schwache Begründung am Ende. Die Selbstbestimmung soll ja gerade auf das subjektive abstellen. Dann muss der Empfängerhorizont eben nur verstehen „Ich bin eine Frau“ und alles andere ist egal. Wenn zudem verlangt wird, dass man bereits geoutet ist und auch anderswo als Frau auftritt und das man seinen Namen ändert ist das schlicht eine Überprüfung und Kontrolle, die so eben nicht vorgesehen ist.

Dabei bleibt die Erklärung, Frau zu sein, selektiv. Denn sie ist auf den Bereich der Partei, möglicherweise auch noch auf andere, aber nicht auf alle Lebensbereiche bezogen.

Sie will sie ja gerade auf andere Lebensbereiche beziehen, kann das aber nicht wegen der Nachteile und nur bei den so offenen Grünen kann sie ihr wahres Ich zugeben! Nun wird ihr auch noch dieser letzte Rückzugsort genommen…

Die ASP bekennt sich somit nach ihren eigenen Erklärungen nicht ausschließlich dazu, Frau zu sein. Sie kann deshalb nicht als Frau im Sinne der Parteistatuten gelten. (g) Ob das Verhalten der ASP darüber hinaus hinreichende Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Rechts auf Selbstdefinition als Frau bietet, kann unter diesen Umständen dahinstehen. Bislang hat die Partei von Festschreibungen gerade auch im Hinblick auf den Ausschluss von Rechtsmissbrauch abgesehen (Protokoll, S. 6/7). Das Bundesschiedsgericht neigt aber im Unterschied zur Vorinstanz der Auffassung zu, dass die Partei eine Möglichkeit haben muss, ihre Quotenregelungen gegen Missbrauch zu schützen, d.h. dagegen, dass gesellschaftlich immer noch dominante Männer sich zweckwidrig der Frauenförderung bedienen.

Vorher haben also anscheinend zwei Instanzen entschieden, dass die Selbstidentifizierung vorgeht.
Mal sehen wie glücklich die Grünen mit der Entscheidung ihres Bundesschiedsgerichts werden. Es gibt Gegnern Munition.

Denn Frauenförderung kann ebenso wie Minderheitenschutz nur funktionieren, wenn sie nicht durch Angehörige der dominanten Gruppe unterlaufen wird.

Als RadFem würde ich das als Zitat nutzen zB für die „Toilettendiskussion“.

Darüber hinaus ist die Partei aus dem Grundsatz der Chancengleichheit der  Mitglieder insbesondere beim Zugang zum Parteiamt verpflichtet, für eine effektive Abgrenzung der geförderten Gruppe der Frauen, denen ein Nachteilsausgleich zukommen soll, zu sorgen (oben [d]). Dies dürfte auch die Pflicht umschließen, Rechtsmissbrauch zu unterbinden. Es geht hier also nicht allein um die Selbstdefinition

Doch, genau darum geht es eigentlich.

Vielmehr steht das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung in einem Spannungsverhältnis zur Parteifreiheit (Freiheit zur programmatischen Selbstbestimmung) von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den Rechten aller ‚nichtprivilegierten‘ Parteimitglieder – d.h. aller ‚Nicht-Frauen‘ – auf Chancengleichheit. Ebenso wie beim Erfordernis der Eindeutigkeit der Selbstdefinition als Frau (zuvor [f]) darf es auch beim Rechtsmissbrauch nicht darum gehen, die Selbstdefinition als „wirklich weiblich“ nachzuweisen, sondern wäre bei Zweifeln anhand objektiver Indizien festzustellen, ob die betreffende Person hinsichtlich der eigenen Geschlechtsidentität täuscht.

Oh weh.