Nüsslein-Volhardt in der Emma: Es gibt nur zwei Geschlechter

Ich hatte schon einen anderen Artikel von der Nobelpreisträgerin Nüsslein-Vollhardt, in dem sie auf biologische Geschlechterunterschiede eingeht, jetzt hat sie die Emma zu der Frage interviewt, wie viele Geschlechter es gibt bzw zu der Diskussion dazu:

Frau Prof. Nüsslein-Volhard, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, behauptet: Der Ansicht zu sein, dass es zwei Geschlechter gebe, sei unwissenschaftlich. Es gebe viele Geschlechter.
Das ist unwissenschaftlich! Da hat Herr Lehmann vielleicht den Grundkurs in Biologie verpasst.

Finde ich einen guten Einstieg. Aber wenn man etwas älter ist, hoch angesehen in seinem Bereich und mit einem Nobelpreis in der Tasche, dann kann man auch mal etwas raushauen, gerade wenn es hier auch noch absolut zutreffend ist.

Dann holen wir den hier doch mal nach.
Ach herrje. Also gut: Bei allen Säugetieren gibt es zwei Geschlechter, und der Mensch ist ein Säugetier. Da gibt es das eine Geschlecht, das die Eier produziert, zwei X-Chromosomen hat. Das nennt man weiblich. Und es gibt das andere, das die Spermien produziert, ein X- und ein Y-Chromosom hat. Das nennt man männlich. Und wenn sich ein Ei mit einem Spermium vereinigt, entsteht ein neues Wesen.

Biologie für Dummys. Natürlich würde man da aus der intersektonalen bzw transaktivistischen Ecke vermutlich anfangen dieverse Chromosomen Sonderfälle aufzuzählen oder Leute, die ein XY-Chromosom haben aber auch Rezeptoren, die Testosteron nicht erkennen (CAIS) und daher sehr weiblich sind und auch so aussehen. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass sie das sehr grundlegende Schema der Geschlechter dargelegt hat.

Es werden immer gern Beispiele aus der Tierwelt angebracht, die die Existenz vieler Geschlechter belegen sollen. Was ist also zum Beispiel mit Schnecken?
Das sind Hermaphroditen. Die haben beides: Spermien und Eizellen. Sie können sich also selbst befruchten. Meist paaren sie sich aber doch mit einer anderen Schnecke. Denn bei der Paarung mit sich selbst sind die Nachkommen absolut erbgleich. Wenn aber zwei verschiedene Organismen ihr Erbgut mischen, hat man eine größere Variationsbreite und dadurch sind die Nachkommen in der Regel lebensfähiger. Deshalb hat es sich dieses Prinzip in der Natur durchgesetzt. Dass es Hermaphroditen gibt, ändert aber nichts daran, dass es diese beiden Keimzellen gibt, Eier und Spermien, und damit auch zwei Geschlechter.

Auch da ist wenig hinzuzufügen.

Das Bundesverfassungsgericht hat aber 2017 entschieden, dass es neben „weiblich“ und „männlich“ den dritten Geschlechtseintrag „divers“ für intersexuelle Menschen geben soll.
Intersexualität entsteht durch sehr seltene Abweichungen, zum Beispiel beim Chromosomensatz. Aber auch intersexuelle Menschen haben die Merkmale beider Geschlechter, sie sind kein drittes Geschlecht.

Was vermutlich auch der Beweggrund des Bundesverfassungsgerichts war „Divers“ als Bezeichnung zu nehmen und nicht „drittes Geschlecht“. Es macht eben deutlich, dass hier auf eine bestimmte Weise männliche und weibliche Merkmale in einer Mischung vorliegen. In der Tat kommt hier nichts drittes dazu. Es bleiben zwei Geschlechter.

Aber es gibt innerhalb eines biologischen Geschlechtes eine große Bandbreite.
Natürlich. Es gibt sehr „feminine“ Männer und sehr „maskuline“ Frauen, was nicht nur mit kulturellen Faktoren, sondern unter anderem auch mit unterschiedlichen Hormonleveln zu tun hat. Da gibt es ein Riesenspektrum. Das ist ja gerade das Spannende.

Das verstehen auch viele in der Diskussion nicht: Man kann zwei Geschlechter haben, aber dennoch eine große Bandbreite innerhalb der Geschlechter. Gerade weil es eben Faktoren wie pränatale und postnatale Hormone gibt, Hormonrezeptoren, die sehr schwach oder sehr stark eingestellt sind, Fehler in der Aromatase etc.

Die aktuell politisch korrekte Formulierung lautet allerdings nicht, dass ein biologischer Mann sich „als Frau fühlt“ und dass Gesellschaft und Gesetzgeber ihm die Möglichkeit geben sollten, in seinem Wunschgeschlecht zu leben. Sondern: Dieser Mensch ist gar kein Mann, sondern er ist eigentlich eine Frau.
Das ist Quatsch! Es ist Wunschdenken. Es gibt Menschen, die wollen ihr Geschlecht ändern, aber das können sie gar nicht. Sie bleiben weiterhin XY oder XX.

Richard Dawkins hatte es mal ähnlich formuliert:

Wenn Transleute darauf bestehen, dass sie Frauen sind, dann definiert man etwas um. Wenn man eine Frau als Mensch mit XX-Karyotyp bezeichnet, dann ist sie keine Frau. Wenn man Frau als etwas definiert, das sich als Frau fühlt und vielleicht eine Operation hatte, dann ist es eine Frau nach dieser Definition. Aus wissenschaftlicher Sicht ist sie aber keine Frau. Aus persönlicher Sicht ist sie es.

Das Entscheidende dabei ist, dass die Tatsache, ob man ein Y-Chromosom hat, schon in der Schwangerschaft auf die Entwicklung des Embryos wirkt und natürlich auch beim Heranwachsenden. Jungen haben deshalb andere Geschlechtsmerkmale als Mädchen und das kann man nicht rückgängig machen. Menschen behalten lebenslang ihre Geschlechtszugehörigkeit. Natürlich kann man durch Hormongaben erreichen, dass zum Beispiel ein Mädchen, das Testosteron nimmt, eine tiefe Stimme und Bartwuchs bekommt. Aber davon wachsen dem Mädchen keine Hoden und es wird keine Spermien produzieren. Und biologische Männer produzieren auch durch Hormongaben keine Eier und können keine Kinder gebären.

In der Tat sind Geschlechterunterschiede schlicht nicht vollständig aufzuheben. Leider kann aber dennoch das „Gehirngeschlecht“ abweichen, was dann für Transsexuelle eine ganz besonders schlechte Lage darstellen kann.

Aus wissenschaftlicher Sicht haben wir definitiv noch nicht die Möglichkeit eine vollständige „Umwandlung“ vorzunehmen.

Dawkins zeigt insoweit den Konflikt auf, indem er sagt, dass sie eben keine Frau ist, aber es anders fühlt. Den Konflikt lösen Transaktivisten so auf, dass zB eine M->F transsexuelle damit eine Frau ist und keiner auf die Unstimmigkeiten hinweisen darf. Man kann auch anführen, dass man ihn nicht auflösen kann oder nicht auflösen muss: Der Transsexuelle muss dann damit klar kommen, dass er eine „Vermischung“ ist und Leute ihn nicht als ein bestimmtes Geschlecht sehen werden, weil er dessen Kriterien eben nicht entspricht. Genau zur Vermeidung dieses Dilemmas weigern sich ja auch die Transaktivisten eine Definition von „Frau“ zuzulassen.

Das Problem dabei entsteht, wenn es zu irreversiblen Eingriffen kommt. Bei den Operationen sowieso. Aber man fügt auch mit den Hormonen dem Körper etwas zu, was dort nicht vorgesehen ist. Hormone verursachen im Körper sehr, sehr viel – auf den verschiedensten Ebenen, physisch wie psychisch. Das ordentlich zu dosieren und ständig zu nehmen, halte ich für außerordentlich gewagt. Der Körper kann auf Dauer nicht gut damit umgehen. Jedes Hormon, das man zu sich nimmt, hat Nebenwirkungen. Hormone zu nehmen, ist prinzipiell gefährlich.

Dennoch schildern viele Transsexuelle, dass sie dieses Risiko gerne auf sich nehmen und das sie mit den Hormonen das Gefühl haben mehr „Sie selbst“ zu sein. Für sie ist es ein gutes Gefühl, aber es ist natürlich auch eine andere Sache, wenn Erwachsene es für sich entscheiden.

Künftig sollen Jugendliche ab 14 ihr Geschlecht selbst bestimmen können.
Das ist Wahnsinn! Mit 14 sind ganz viele Mädchen in der Pubertät unglücklich. Ich kenne das ja selbst. Ich war mit 14 auch unglücklich und wollte lieber ein Junge sein. Ich durfte damals noch nicht mal Hosen anziehen oder mir die Haare abschneiden. Ich habe mich oft verflucht und dachte: Ich wäre lieber ein Mann! Denn wenn man so einen Beruf machen will, in dem Männer dominieren, dann ist man natürlich besser dran, wenn man auch einer ist. Aber dann muss man einen Weg finden, wie man sich durchsetzt. Das ist es doch, was man den Mädchen raten und wobei man sie unterstützen muss.

Ich könnte mir bei Nüsslein-Volhardt sehr gut vorstellen, dass sie einen sehr hohen pränatalen Testosteronspiegel hatte. Sie schrieb in dem oben bereits verlinkten Interview:

Nüsslein-Volhard:Ich habe mich mehr für Sachen interessiert als die anderen Mädchen, die mehr an Leuten interessiert waren. Dadurch fand ich selten jemanden, mit dem ich über meine Leidenschaft für Pflanzen, Tiere und die Natur reden konnte. Ich war oft in Gedanken, habe im Garten alle Pflanzen gekannt, hatte auch ein Mikroskop und war gefesselt von meinen Beobachtungen und meinen Büchern. Mit dieser extremen Neigung war ich eine Ausnahmeerscheinung. Ich wäre unglücklich geworden, wenn ich nicht Wissenschaftlerin hätte werden können. Aber ich kenne wenige Frauen, die dafür Verständnis haben.

Ihr wird dabei bewusst sein, dass der Dinge-Personen Unterschied als Geschlechterunterschied sehr deutlich ausgeprägt ist.

Finden Sie denn richtig, dass der Gesetzgeber Menschen eine sogenannte Geschlechtsumwandlung ermöglicht?
Der Gesetzgeber kann gar keine Geschlechtsumwandlung ermöglichen. Er sagt nur: Diese Frau darf ab jetzt behaupten, sie sei ein Mann. Und umgekehrt. Die biologischen Grundlagen sind absolut nicht zu ändern. Und wenn jetzt ein Mann behauptet, er sei eine Frau und geht in einen Sportverein, um dort bei den Frauen mitzuspielen, dann ist das ein Problem. Denn aufgrund seiner männlichen Hormone ist dieser Mensch stärker und läuft schneller. Es ist im Grunde wie Doping. Und wenn man das dann noch nicht mal sagen darf – das geht doch nicht.

Da antwortet sie etwas ausweichend aus meiner Sicht. Die Frage war ja eher, ob sie Geschlechtsumwandlungen für Transsexuelle für etwas sinnvolles hält vermute ich. Sie sieht es etwas technischer: Der Staat kann nicht die Realität ändern. Er legt nicht fest, was man und Frau ist, er kann eben allenfalls juristische Erklärungen ermöglichen, die dann aber von der Realität zu trennen sind.

Und natürlich hat sie Recht, wenn sie sagt, dass mit einer juristischen Erklärung die Unterschiede nicht verschwinden.

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrere Urteile zur Trans- bzw. Intersexualität gefällt, in denen es um den Geschlechtsbegriff geht. Im Urteil von 2017 heißt es: „In den medizinischen und psychosozialen Wissenschaften besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass sich das Geschlecht nicht allein nach genetisch-anatomisch-chromosomalen Merkmalen bestimmen oder gar herstellen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird.“ Was sagt die Biologin und Nobelpreisträgerin dazu?
Das ist Unfug. Wie man sich fühlt, das lässt sich durch soziale und psychologische Umstände ändern. Das biologische Geschlecht aber eben nicht. Das ist dort, wo wirklich Wissenschaft betrieben wird, auch völlig unstrittig.

Ich würde, wie ich schon auf Twitter sagte, wirklich gerne mal ein Streitgespräch zwischen ihr und Transaktivisten sehen. Ich denke sie kann gut austeilen und hat die wissenschaftliche Autorität und das passende Selbstvertrauen um sich da durchzusetzen. Es wäre glaube ich sehr interessant.

Hier noch mal die Ausführungen des BVerfG aus dem Urteil:

 Aus medizinischer Sicht wird an einer allein binären Geschlechtskonzeption nicht festgehalten. Die Bundesärztekammer hat im Jahr 2015 auf Empfehlung ihres Wissenschaftlichen Beirats die Stellungnahme „Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Varianten/Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development, DSD)“ abgegeben. Dort heißt es, Varianten der Geschlechtsentwicklung stellten eine heterogene Gruppe von Abweichungen der Geschlechtsdeterminierung oder -differenzierung dar. Unter Varianten der Geschlechtsentwicklung werden angeborene Variationen der genetischen, hormonalen, gonadalen und genitalen Anlagen eines Menschen mit der Folge verstanden, dass das Geschlecht einer Person nicht mehr eindeutig den biologischen Kategorien ‚männlich’ oder ‚weiblich’ entspreche. Eine Gleichsetzung mit Fehlbildung oder Krankheit sei nicht angemessen (vgl. Bundesärztekammer, Deutsches Ärzteblatt vom 30. Januar 2015, S. 1 <2>). Die im Jahr 2016 erstellte „Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) e.V.“ stellt fest, angesichts der biologischen Zusammenhänge und der Erlebniswelt von Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung bedürfe es für die adäquate psychologisch-medizinische Begleitung oder Behandlung einer Revision des tradierten normativen Menschbildes von Frau und Mann. Varianten der Geschlechtsentwicklung seien keine Krankheit. Man könne nicht über deren „Heilbarkeit“ nachdenken. Keine medizinische oder psychologische Intervention werde an dem Zustand der Uneindeutigkeit per se etwas ändern. Der Umgang mit Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung sei in der Regel ein gesellschaftspolitisches Problem und müsse im gesamtgesellschaftlichen Rahmen bedacht werden (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. <AWMF>, S2k-Leitlinie Register Nr. 174/001, Stand: 07/2016, Varianten der Geschlechtsentwicklung, S. 4). In den medizinischen und psycho-sozialen Wissenschaften besteht zudem weitgehend Einigkeit darüber, dass sich das Geschlecht nicht allein nach genetisch-anatomisch-chromosomalen Merkmalen bestimmen oder gar herstellen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird (z.B. Bundesärztekammer, a.a.O., S. 5, 7; Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014, Stichwort: Geschlecht; Richter-Appelt, in: Irrsinnig weiblich – Psychische Krisen im Frauenleben, Aufl. 2016, S. 107 <116>).

Der Absatz steht allerdings auch in der „Sachverhaltseinführung“ des Urteils, in dem verschiedenste Wertungen und Berichte zusammengefasst werden. In der eigentlichen Begründung schreibt dann das BVerfG:

Diese Formulierung stammt immerhin von der Bundesärztekammer.
Auch ihr geht offenbar etwas durcheinander: die Unterscheidung zwischen Sex und Gender. Natürlich gibt es beim Gender, dem sozialen Geschlecht, eine Bandbreite, während es beim biologischen Geschlecht nur weiblich oder männlich gibt. Aus. Ende. Natürlich kann sich ein Mädchen wünschen, dass man es mit einem Jungennamen ruft. Das gab es ja schon bei „George“ bei den „Fünf Freunden“.

Es gibt zwei Geschlechter, aber das bedeutet nicht, dass eine Frau nicht lieber ein Junge wäre bzw etwas technischer ausgedrückt, dass die Person das Gefühl hat, dass der Körper des eigenen Geschlechts nicht zu ihm passt und der andere besser wäre bzw ein anderes „Gehirngeschlecht“ vorliegt.

Als die Biologie-Doktorandin Marie-Luise Vollbrecht an der Humboldt-Universität in der „Nacht der Wissenschaften“ einen Vortrag zur Zweigeschlechtlichkeit halten wollte, gab es Proteste. Die Uni sagte den Vortrag ab.
Wollen die jetzt etwa auch den Biologie-Unterricht abschaffen? Wollen wir gar nicht mehr wissen, wer wir sind und wie das Geschlecht bestimmt wird? Soll das jetzt niemand mehr lernen, weil das pfui ist? Ich erinnere mich allerdings, dass es schon Ende der 1980er Jahre Hetzkampagnen gegen den Forscher gab, der das geschlechtsbestimmende Gen auf dem Y-Chromosom entdeckt hatte. Man unterstellte ihm offenbar, er würde nur deshalb, weil er das Gen entdeckt hatte, das die Testosteronproduktion anregt, irgendwas Furchtbares mit der Menschheit anstellen. Das war völlig verrückt, ich war entsetzt! Aber da sieht man, dass die Leute keine Ahnung von Biologie haben. Der Mangel an Bildung auf diesem Gebiet ist ganz schlimm.

Netter Gegenangriff.

Haben Sie diese Art Fakten- und Wissenschaftsfeindlichkeit auch selbst schon erlebt?
Natürlich. Allein, wenn man an Embryonen forscht, ist man schon ein Bösewicht, weil einem jeder sofort unterstellt, dass man nichts anderes vorhat, als die Embryonen zu manipulieren. Ich musste nur den Mund aufmachen und sagen, dass ich an Embryonen forsche – auch wenn es nur Fliegen-Embryonen waren –, schon wurde ich angefeindet! Die Wissenschaftsfeindlichkeit in Deutschland ist leider ganz besonders ausgeprägt. Es hat sich durch Corona womöglich ein bisschen gebessert. Da haben viele Menschen gesehen, dass man auf die Wissenschaft hören sollte. Und dass es ungünstig sein kann zu behaupten, das Virus gäbe es gar nicht, nur, weil man das nicht will.

Da hat sie ein gewisses persönliches Motiv. Wobei es sicherlich daran lag, dass sie außerhalb der Wissenschaftler-Szene vollkommen unbekannt war und erst allenfalls mit dem Nobelpreis eine gewisse allgemeinere Bekanntheit erlangte. „An Embryonen forschen“ – ich kann mir vorstellen, dass das eine Formulierung ist, die schlecht ankommt. Wobei man das ja auch anders darstellen kann. Ich vermute, dass die Leute bei einer Aussage wie „Ich forsche, wie aus Genen eigentlich Körper und Lebewesen entstehen“ für die Leute plastischer gewesen wäre.

Inzwischen sind wir an einem neuen Punkt. Jetzt heißt es nicht mehr: Welche Art von Wissenschaft dürfen wir betreiben? Sondern: Magisches Denken sticht wissenschaftliche Erkenntnisse.
Es geht grundsätzlich nicht, einen Vortrag zu verbieten, weil man der Ansicht ist, dass daran womöglich etwas nicht stimmt. In diesem Fall wollte die Doktorandin allerdings etwas erklären, was in jedem Schulbuch steht. Diese Mischung aus Befindlichkeit und moralischer Überheblichkeit gepaart mit Unwissenheit ist einfach fatal.

Die Frage ist in dieser Form etwas unprofessionell und wertend. Aber gut.

Es ist in der Tat traurig, wenn selbst grundlegende Fakten aus der Biologie zu den Geschlechtern einen solchen Aufstand hervorrufen.

Das Leugnen biologischer Fakten geht erstaunlich weit. Kürzlich wurde aus der transaktivistischen Szene gefordert, man solle weibliche Genitalverstümmelung nicht mehr so bezeichnen. Grund: Die Vulva sei nicht per se ein weibliches Körperteil.
Natürlich ist die Vulva ein weibliches Geschlechtsorgan! Muss man diese Menschen ernst nehmen?

Auch hier verliert sie etwas ihre Rolle als neutrale Journalistin und das tut dem Interview nicht gut. Aber von einer Emma-Reporterin kann man wohl auch keine so lange Neutralität erwarten.

Das die Vulva kein weibliches Körperteil ist ist aber in der Tat eine Aussage, die wenig überzeugend ist. Frau Nüsslein-Volhardt scheint noch nicht so tief in der Debatte drin zu sein. Sie plädiert einfach dafür, die Leute nicht mehr ernst zu nehmen, unterschätzt dabei aber, dass diese sich im Diskurs relativ breit gemacht haben und das allein dazu führt, dass man sie ernst nehmen muss.

Offensichtlich.
Dass Transsexuelle nicht diskriminiert werden sollen, ist ja völlig klar. Wenn Menschen schlecht behandelt werden, ist das schlecht. Aber sie können doch ihre Vorstellungen nicht allen Menschen als Tatsachen aufdrücken.

Ich glaube dem Interview hätte es gut getan, wenn sie etwas mehr an der letzten Aussage geblieben wären, was eine Diskriminierung von Transsexuellen ist, was eine schlechte Behandlung ist und inwieweit der Wunsch als eine bestimmte Person behandelt zu werden legitim ist und wie sie dazu steht, wenn sie zb eine „echte“ Transperson (also jemanden, bei dem man nicht das Gefühl hat, dass er nur provozieren will) treffen würde, die sich um ein gutes Passing bemüht.