Rentenlücke zwischen Männern und Frauen

Immer wieder wird warnend auf die Rentenlücke der Frauen, der etwas andere „Gender Pay Gap“ hingewiesen, nach dem Frauen geringere Rentenanwartschaften erhalten haben:

Beispielsweise hier:

Frauen beziehen durchschnittlich niedrigere Renten als Männer. Wen wundert das, wo doch inzwischen hinlänglich bekannt ist, dass die Erwerbseinkommen der Frauen immer noch 21 Prozent unter denen der Männer liegen? Erstaunt ist man aber, wenn Fachleute die Rentenlücke berechnen und sich dabei ein Wert von 57 Prozent ergibt. Dies bedeutet: Frauen erhalten im Durchschnitt nur 43 Prozent der Alterssicherungseinkommen der Männer! Wie kann das sein?

Die Antwort ist einfach: In der Rente widerspiegelt sich der gesamte Erwerbsverlauf. Neben den Entgelten werden auch die Zeiten der Erwerbstätigkeit berücksichtigt. Deshalb ist es nicht nur der geringere Verdienst, der sich in den niedrigeren Renten der Frauen zeigt. Es sind die vielen verschiedenen Formen der Erwerbsbeteiligung, bei denen es erhebliche Geschlechterunterschiede gibt: Frauen sind seltener als Männer erwerbstätig, arbeiten häufiger als Männer in Teilzeit und sind meist diejenigen, die eine Auszeit nehmen, wenn in der Familie Kinder zu betreuen oder Angehörige zu pflegen sind. Frauen haben deshalb – über ihr gesamtes Leben betrachtet – im Vergleich zu den Männern weniger Erwerbsjahre mit durchschnittlich weniger Arbeitsstunden pro Woche und einem geringeren Entgelt für die geleistete Arbeit. Hinzu kommt, dass die Mehrheit der Frauen mit Minijobs gar nicht rentenversichert ist.

Hinter diesen geschlechtsbezogenen Ungleichheiten mögen im Einzelfall unterschiedliche Lebensentwürfe und dazu gehörige Vorstellungen von der Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern stehen. Für die politische Debatte ist jedoch entscheidend, dass ein großer Teil der niedrigeren Frauenerwerbsbeteiligung unfreiwillig erfolgt, wie sich in der Diskrepanz zwischen gewünschten und realisierten Arbeitszeiten zeigt. Frauen benennen das unbefriedigende Angebot an öffentlicher Kinderbetreuung und an Vollzeitstellen mit flexiblen Arbeitszeiten als wesentliche Gründe für ihre oft reduzierte Erwerbstätigkeit. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist häufig immer noch ein schwieriger Balanceakt. In dieser Situation wählen Paare oft das sogenannte „modernisierte Ernährermodell“, bei dem eine Person – häufig die mit dem niedrigeren Erwerbseinkommen und den geringeren Karrierechancen – die Arbeitszeit reduziert und den Großteil der Familienarbeit übernimmt.

Es ist kein Zufall, dass die Rentenlücke in Ostdeutschland mit 35 Prozent deutlich niedriger ist als in Westdeutschland, wo sie bei 61 Prozent liegt. Neben unterschiedlichen Geschlechterrollenbildern unterstützt auch die deutlich bessere Infrastruktur für die Kinderbetreuung hier die stärker egalitäre Erwerbsbeteiligung. In Westdeutschland nehmen Frauen im Zeitverlauf deutlich häufiger am Arbeitsmarktgeschehen teil. Der Trend steigender Frauenerwerbstätigkeit zeigt sich in einer Reduzierung der Rentenlücke von ca. 70 Prozent Anfang der 1990er Jahre auf die oben genannten 57 Prozent in 2011.

Dazu muss man sich zunächst erst einmal bewusst machen, dass vieles davon anderweitig abgefangen wird:

Nehmen wir mal als Beispiel die verheiratet „Luxushausfrau“ eines leitenden Angestellten mit einem Einkommen von 200.000 €. Nehmen wir an, dass sie keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und auch keine Kinder hatte, also keine Rentenanwartschaften aufgebaut hat. Würde sie sich nun von ihm scheiden lassen, dann würde sie neben dem Zugwinnausgleich und Unterhalt auch noch die Hälfte seiner Rentenanwartschaften bekommen, sie hätte also einen durchaus erheblichen Rentenanspruch. Stirbt er, so bekommt sie eine Witwenrente, wenn sie das dafür notwenige Alter erreicht hat. Leben sie beide glücklich, dann lebt sie mit ihm zusammen von seiner Rente.

Hier wird also ein Armutsrisiko aufgemacht, welches die theoretischen Übertragungsmöglichkeiten vollkommen ausblendet. Und das Risiko ist damit auch keineswegs einseitig: Wenn sich eine Ehefrau zur Rente scheiden lässt, dann bekommt sie direkt die Hälfte seiner Anwartschaften und beide können (bei ungünstigeren Lebensverhältnissen als den oben geschilderten) eine sehr geringe Rente beziehen.

Die Hausfrauenehe ist insofern für viele Ehemänner eine theoretische Zeitbombe, bei der sie einen Großteil ihrer Rente abgeben müssen, weil die Ehefrau keine eigenen erworben hat.

Durch den Versorgungsausgleich wird die Lücke theoretisch gleich „doppelt“ geschlossen: Die Frauen gewinnen dazu, die Männer geben ab.

Was sich hier auch auswirkt sind neben der Arbeitsteilung, dass genug Frauen auch wenn die Kinder alt genug sind nicht auf eine Vollzeitstelle ausweiten. Das ist auch eine Erfahrung aus dem Unterhaltsrecht, in dem einige Frauen sich lieber nicht mehr auf Stellen bewerben und sich ein fiktives Einkommen anrechnen lassen, weil der Halbtagsjob und der dann verminderte Unterhalt immer noch gut ausreichen.

Ebenso tragen die „mein Mann verdient genug, da lohnt es sich gar nicht, wenn ich wieder anfange“-Ehen dazu bei.

Für ältere Zeiten dürften auch die damals noch eher bestehenden lebenslangen Unterhaltspflichten die Lage „verschlechtert“ haben. Und die höhere Erwerbstätigkeit im Osten ist insoweit nicht lediglich einer besseren Kinderversorgungslage geschuldet, sondern eben auch einer anderen Einstellung. Lange auszusetzen ist eben auch ein Privileg.