„Frauen sind schlechtere Unterhaltszahler als die Männer“

Bei RTL findet sich ein Beitrag zu Frauen, die Unterhalt für ihre Kinder zahlen sollen. Dazu heißt es:

Fast jede dritte Frau, die ihre Familie verlässt, entzieht sich ihren Unterhaltsverpflichtungen. Laut Statistik des Ministeriums für Familie zahlen 24 Prozent der Männer nicht, bei Frauen sind es 31 Prozent. „Es ist weitaus schwieriger von einer Mutter Unterhalt zu kriegen, als von einem Vater“, weiß Astrid Leonhardt. Die ehemalige Rechtspflegerin hat jahrelang beim Jugendamt gearbeitet und schult inzwischen andere Jugendamts-Mitarbeiter in Sorgerechts- und Unterhaltsfragen.

Hier muss man sich erst einmal bewusst machen, dass „zahlen keinen Unterhalt“ bedeutet: Es kann einmal daran liegen, dass diejenige nicht zahlt, weil sie nicht kann oder weil sie sich schlicht weigert, obwohl sie leistungsfähig wäre. Das gilt bei Männern ebenso.

Leistungsfähig ist, wer genug Geld verdient, um ein Nettoeinkommen (abzüglich berufsbedingter Aufwendungen etc) in Höhe des Kindesunterhalt zuzüglich seines Selbstbehalts zu haben.

Laut Düsseldorfer Tabelle liegt der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt (für minderjährige Kinder) in der folgenden Höhe:

Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten
Mehrbedarfs in der Regel:
1. falls erwerbstätig: 1.080 EUR
2. falls nicht erwerbstätig: 880 EUR

Der gleichen Tabelle läßt sich auch der Kindesunterhalt entnehmen, für ein 7jähriges Kind wäre demnach eine Mindesunterhalt von 272 € (nach Abszug des hälftigen Kindergeldes) zu zahlen. Demnach müsste die unterhaltspflichtige Person ein Mindesteinkommen von 1080 € + 272 € = 1352 € haben.Das erfordert bei Steuerklasse I ein Einkommen von ca. 1970 € brutto. Was für eine ungelernte Kraft oder eine Kraft, die wenig Berufserfahrung hat oder in einem schlecht bezahlten Beruf arbeitet, schon eine ziemliche Hürde ist.

Kommt noch ein zweites Kind hinzu, dann wird dies noch schwieriger. Dann würde man bei einem weiteren Kind in der Altersstufe bereits 1080 € + 272 € + 272 € = 1624 € netto, also ca. 2500 €.

Vor diesem Hintergrund verwundert es aus meiner Sicht wenig, dass viele Väter und noch mehr Mütter keinen Unterhalt zahlen können. Eine Frau, die beispielsweise eine Putzstelle hat, wird dies kaum erwirtschaften können, eine Arzthelferin wird auch ihre Probleme haben. Eine bisherige Hausfrau, die aus bestimmten Gründen die Kinder nicht zugesprochen bekommt, wird diese Beträge erst recht nicht aufbringen können. Das gilt bei Männern ebenso: Der ungelernte Hilfsarbeiter kann diese Beträge nicht verdienen, wer sich in Leiharbeit irgendwie durchschlägt auch nicht.

Natürlich ist die Rechtsprechung in diesem Bereich sehr hart: Man muss gegebenenfalls einen Nebenjob annehmen, man muss auch ansonsten alles mögliche tun, um sicherzustellen, dass man den Mindestunterhalt verdient.

Macht man dies nicht, dann kann einem ein fiktives Einkommen in der Höhe unterstellt werden, dass man erzielen könnte, wenn man sich hinreichend bemüht hätte. Dann wird einem eine fiktive Leistungsfähigkeit unterstellt, aber auch hier kann man einem nackten Mann oder einer nackten Frau nicht in die Tasche greifen. Es sammeln sich dann lediglich Schulden an, die aber bei vielen das Gefühl, dass es sich dann eh nicht mehr lohnt, sich um eine Arbeit zu bemühen, eher verstärken.

Den Mindestunterhalt gerichtlich festgesetzt zu bekommen ist relativ einfach, wenn ein gewisses Einkommen vorhanden ist. Die Gerichte gehen grundsätzlich davon aus, dass man für den Mindestunterhalt leistungsfähig sein muss und alle anderen Zahlungen dahinter zurückstehen. Entziehungsmöglichkeiten abseits einer Flucht aus dem Land sind dann quasi nicht vorhanden.

Ein Ausweg ist dann meist lediglich, die Leistungsfähigkeit zu bestreiten und ggfs gesundheitsbedingte Gründe vorzubringen, aus denen heraus man gegenwärtig nicht arbeiten kann.

Das Frauen häufiger nicht zahlen können muss insofern nicht damit zusammenhängen, dass sie sich der Unterhaltspflicht hinterhältig entziehen. Das gilt ebenso für Männer. Der Vorwurf wird häufig auf beiden Seiten unfair sein. Es handelt sich häufig schlicht um Leute ohne besondere Ausbildung, kranke Menschen, Leute, die auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind oder jedenfalls nicht zu den entsprechenden Löhnen. Bei Frauen kommt evtl noch der Umstand dazu, dass Frauen üblicherweise eher die Kinder bekommen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Frau, die die Kinder nicht bekommt, besondere Umstände vorliegen, die sie sowohl hindern, die Kinder zu bekommen als auch Geld zu verdienen, höher ist. Das kann zB eine starke Depression sein oder andere Umstände.

Ein gewisser Teil kann auch darauf zurückgehen, dass Frauen weniger bereit sind entsprechenden Unterhalt zu zahlen, weil sie meinen das als Frau nicht zu müssen. Das greift aber auch nur dann, wenn sie deswegen keinen Job haben, da ansonsten ihr Einkommen schlicht gepfändet werden kann.