Selbermach Samstag 122 (07.02.2015)

Welche Themen interessieren euch, welche Studien fandet ihr besonders interessant in der Woche, welche Neuigkeiten gibt es, die interessant für eine Diskussion wären und was beschäftigt euch gerade?

Welche interessanten Artikel gibt es auf euren Blogs?

Welche Artikel fandet ihr in anderen Blogs besonders lesenswert?

Welches Thema sollte noch im Blog diskutiert werden?

Das Böse der Vergewaltigung wird dem Mann eher zugetraut als das Böse der Falschbeschuldigung der Frau

In dem Artikel zu „der Studentin, die ihre Matratze trug“ ging es in den Kommentaren auch um die Frage, welche Motive dafür bestehen würden, dass sie ihn falschbeschuldigt.

David ging in einem Kommentar darauf ein:

Während das Motiv für Vergewaltigung ja in der Rape Culture-Theorie klar ist (Macht ausüben!!!), kommt man irgendwie nicht so richtig darauf, dass eine Falschbeschuldigung mit ungleich mehr Macht verbunden ist.

Gehen wir Motiv / Nutzen doch mal am konkreten Fall durch:

Der Vergewaltiger
+ hat Sex (mit einer unwilligen Person, die ihn Sekunden vorher noch als guten Freund sah, yay!)
+ übt seine 5 Minuten Macht aus, fühlt sich dabei stark

– verliert die Möglichkeit auf freiwilligen Sex mit der Person, die ihn gerade noch freiwillig in ihr Bett gelassen hat
– zerstört seine Freundschaft und Beziehung zu ihr auf schlimmstmögliche Weise
– muss davon ausgehen, von der Uni zu fliegen
– muss davon ausgehen, beruflich und sozial ruiniert zu sein
– muss davon ausgehen, im Knast zu landen
– ist heute sozial geächtet als “Rapist” und braucht anwaltlichen und therapeutischen Beistand

Die Falschbeschuldigerin
+ ist die wahrscheinlich berühmteste Studentin der USA
+ hat es aufs Cover der NY-Times und vieler anderer Zeitungen geschafft (die sie selbst kontaktiert hat mit ihrer Geschichte)
+ hat ein gefeiertes Abschlussprojekt und führt eine ganze Bewegung an
+ hat weltweit Unterstützung und Auszeichnungen von feministischen Organisationen bekommen
+ hält Vorträge und Interviews, verdient damit viel Geld
+ bekommt von allen Seiten Aufmerksamkeit, Bewunderung und Mitleid
+ wird trotz Kunststudium niemals Probleme haben, Arbeit zu finden und Geld zu verdienen
+ ist in einer wesentlich machtvolleren Position als ihr Ex, hat seine soziale Existenz weitgehend zerstört

..und da wird tatsächlich angeführt, SIE hätte ja kein Motiv gehabt.
Beide Taten sind zu über 90% Beziehungstaten, die Frage nach dem Motiv erübrigt sich sowieso schon fast, wenn man weiß dass sie eine Intimbeziehung hatten (noch dazu mit ungeklärtem Status).

Noch ein anderes Argument zeigt die fehlende Vorstellungskraft mancher Feministin, dass eine Frau ihrem Ex Schaden zufügen wollen könnte und kein unschuldiges Opfer ist: die angeblich “demütigende” Polizeibefragung. Diese kann zwar für ein echtes Opfer sicher sehr belastend sein, aber eben doch nicht für eine hypothetische Falschbeschuldigerin.

Als sei es “demütigend”, zu einer Geschichte befragt zu werden, wenn man sich diese in allen schmutzigen Details selbst ausdenkt und eigens dafür eine schauspielerische Performance auf die Beine gestellt hat.

Die Frage, warum bei der Vergewaltigung meist klar ist, warum er sie durchgeführt hat, bei der Falschbeschuldigung aber nicht, ist durchaus interessant.

1. Erkärung über das Triebhafte des Sex

Eine Erklärung wäre, dass uns das triebhafte des Sex unmittelbar einleuchtet. Dagegen erscheint eine Falschbeschuldigung weniger triebhaft und wird damit dem logischen Denken zugeordnet, so dass wir ein weniger triebhaftes Verhalten wollen.

Ein Beispiel wäre, dass wir bei einem Diebstahl eines Brotes sofort vermuten, dass derjenige eben Hunger hatte. Die Tat ist auch hier auf einen Trieb gerichtet und erscheint uns logisch. Die Beschuldigung ein Brot geklaut zu haben, ergibt weit weniger Sinn, wenn wir nicht etwas mehr Sachverhalt bekommen.

Diese Erkärung macht allerdings in dem Teil des Feminismus wenig Sinn, der davon ausgeht, dass Vergewaltigung und Sex nichts miteinander zu tun haben können, sondern es nur um Macht geht. Denn das wäre eben auch kein Trieb im klassischen Sinne. Dürfte aber dort auch unerheblich sein, wenn man dort bereits zu der Überzeugung gekommen ist, dass Männer eben geradezu triebhaft unterdrücken.

2. Die Tugendhaftigkeit der Frau/die Verdorbenheit des Mannes

Einen weiteren Umstand hat David bereits angeführt: Das ein Mann eine Frau vergewaltigt, dass passt in das generelle Gefahrenbild, nachdem männliche Sexualität häufig etwas gefährliches hat. Das eine Frau eine solch gravierende Anschuldigung macht, ohne das etwas passiert ist, dass passt da weit weniger hinein.

3. Kosten-Nutzen-Analyse

Zu Davids Kosten-Nutzenanalyse möchte ich anmerken, dass man sie wohl etwas verändern muss:

In einer Spieltheoretischen Betrachtung betrachtet man ja die „Glückspunkte“, die ein bestimmtes Handeln bringt sowie die dafür aufzuwendenden Kosten. Ist es ungewiss, ob bestimmte Kosten oder Glückspunkte entstehen, dann sind sie mit der Wahrscheinlichkeit, dass die Kosten eintreten, einzurechnen.

Wenn also etwas 10 Glückspunkte mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% bringt und 10 Kostenpunkte mit einer Wahrscheinlichkeit von 10%, dann lohnt es sich durchaus, so zu handeln (10 *0,6 – 10*0,1 =6-1= +5).

Hier sind die potentiellen Kosten einer Vergewaltigung natürlich enorm. Gefängnis, Ruf für immer versaut, Ächtung im sozialen Umfeld. Allerdings ist zu fragen, wie hoch er die Wahrscheinlichkeit ansetzte, dass sie ihn anzeigt. Und auch bei der Fremdbewertung wird dies unterschiedlich zu bewerten sein. Eine Feministin beispielsweise wird anführen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn anzeigt und es negative Folgen für ihn hat, gering sind, da wir ja in einer Rape Culture leben, die Vergewaltigungen verharmlost. Ein radikaler Männerrechtler wird ihn schon mit beiden Beinen im Knast sehen.

Bei dem Tathergang „Gewürgt, geschlagen, anal vergewaltigt“ würde ich in der Risikobewertung eine hohe Wahrscheinlichkeit sehen. Gerade da so etwas ja durchaus Spuren hinterlässt. Da wären also hohe Kosten zu erwarten. Geht man von einem weniger gravierenden Vergewaltigungshergang aus etwa „sie sagt nein, weil es ihr weh tut, er macht aber trotzdem weiter“ mag er noch vermuten, dass er es als harten Sex und nicht bemerkt, dass sie nicht will ausgeben kann und das sie ihn aufgrund der Freundschaft nicht anzeigen wird.

Allerdings ist der Kostenfaktor so hoch, dass hier eigentlich für die geringfügige Befriedigung des schnellen Sexes bei einer logischen Betrachtung nie eine Vergewaltigung stattfinden könnte. In einer feministischen Betrachtung könnte man zwar die fiktiven Punkte, die man für die Unterdrückung der Frau im Patriarchat bekommt dazu rechnen, aber die Betrachtung ist recht unlogisch. Insofern bliebe da eben nur die Betrachtung, dass unter des Einflusses des Triebes ein gewisser Tunnelblick die Betrachtung verschiebt und das Risiko künstlich kleiner werden lässt.

Hingegen wäre ihre Betrachtung ja die Umsetzung eines Plans. Hier könnte sie demnach logischer Denken. Insofern ist die Kostenbetrachtung aber schwer vorzunehmen.

Löst man es von dem konkreten Fall, dann sind die Nachteile sicherlich, dass man möglicherweise wegen Falschbeschuldigung bestraft wird, die Wahrscheinlichkeit ist aber gering. Des weiteren besteht das Risiko, dass sich nahe Freunde aus dem gemeinsamen Umfeld eher auf seine Seite stellen.

Nimmt man den konkreten Fall, dann scheint sie sich ja in einem feministischen Umfeld bewegt zu haben, konnte also auf Rückendeckung hoffen. Wenn sie zudem bereits das Projekt vor Augen hatte, dann ergeben sich große Vorteile für sie.