Feminismuskritik und Männerrechte – Deadlock statt Dreamteam (Gastartikel)

Dies ist ein Gastartikel von Tobias

Die These

Feminismuskritik und Männerrechte sind im Grunde zwei unterschiedliche Angelegenheiten. Eine große Mehrheit der Frauen in diesem Land sieht sich selbst nicht als feministisch, hat aber gleichzeitig mit der Männerrechtsbewegung nichts am Hut. Die persönliche Einstellung zu Feminismuskritik und Männerrechten kann sich also durchaus unterscheiden, obwohl es inhaltlich häufig um die gleichen Themen geht. Andersherum betrachtet, existiert Misandrie auch bei Frauen und Männern ohne feministisches Weltbild. So gab es in den letzten Jahren Kritik am vergleichsweise überproportionalen Anteil männlicher Flüchtlinge. Der dazu aufgespannte Alice-Schwarzer-Feminismus begründet das mit dem Frauenbild der Flüchtlinge (natürlich nur der Männlichen). Speziell mit dem Aspekt „männliche Flüchtlinge“ hantieren jedoch ansonsten politische Gruppen, welche man mit Feminismus ganz bestimmt nicht in Verbindung bringt. Dennoch werden Kritik am Feminismus und die Männerrechtsbewegung gerne implizit in einen Topf geworfen oder gleich mit Frauenhass gleichgesetzt.

Der heutige Feminismus ist ziemlich erfolgreich, wenn man bedenkt, dass der sich der Großteil der Bevölkerung nicht als feministisch bezeichnet [1] [2]. Feministische Forderungen führen zur Reform des demokratisch sensiblen Wahlrechts in einzelnen Bundesländern, während es eine große Koalition im Bund in jahrelangen schwierigen Verhandlung kaum schafft, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu Überhangmandaten umzusetzen. Feministen kritisieren ungestört den sogenannten Gender Pay Gap sowie den statistisch höheren Zeitanteil der Frauen an der Haus- und Familienarbeit, obwohl beides offensichtlich zusammenhängt. Eine angespannte Regierungskoalition bricht fast auseinander, weil sie sich in einer feministisch induzierten Abtreibungsdebatte (siehe [3]) nicht einig wird, die in der Bevölkerung fast niemanden interessiert. Demokratische Mechanismen wie Kritik oder ausgewogene Berichterstattung setzen bisweilen aus, wenn es um Feminismus geht.

Für diesen Sonderstatus muss es Gründe geben. Die hier vertretene These lautet, dass der politische Feminismus erfolgreich mit normativer Weiblichkeit kooperiert, insbesondere im Hinblick auf den Opferstatus. Die Kombination von Maskulismus und Feminismuskritik profitiert hingegen nicht in vergleichbarer Form. Eine solche Kombination ist zudem in der politischen Auseinandersetzung mit dem Mainstream-Feminismus besonders anfällig für den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit und Tätlichkeit. Im Anschluss wird auch diskutiert, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden sollten.

Feminismus und die Weiblichkeit

Nun kann man der Meinung sein, Feminismus und Frauentum wären selbstverständliche Partner, schon aufgrund des Begriffs. Vergleicht man jedoch feminine Attribute wie Ästhetik, Sensibilität oder Schüchternheit mit dem heutigen Feminismus, so lassen sich nur schwer Gemeinsamkeiten finden. Im Gegenteil, feministische Kampagnen fordern Frauen dazu auf diese Attribute abzulegen, etwa im Arbeitsleben. Der Feminismus stellt nicht den politischen Arm der Frauen in der Bevölkerung dar, sondern eher eine Art modernes Amazonentum [4]. Seine Kooperation mit normativer Weiblichkeit ist insbesondere von rechtfertigender und auch parasitärer Natur.

Nun existiert in menschlichen Gesellschaften ein tief sitzender Frauenschutzinstinkt. Frauen erleiden zwar zweifelsohne Gewalterfahrungen, allerdings wird ein Mensch viel eher als Opfer anerkannt, wenn es sich nicht um einen Mann handelt. Beispiele für diesen Effekt gibt es haufenweise, eines davon ist die mittelalterliche Hexenverbrennung. Diese betraf mehrheitlich Frauen, circa ein Viertel der Betroffenen waren jedoch männliche Hexer. Die öffentliche Wahrnehmung des Phänomens richtet sich jedoch weitestgehend auf die beschuldigten Frauen. Diese Asymmetrie mag zwar in manchen Fällen berechtigt sein, sie zieht sich jedoch wie ein roter Faden durch politische und soziale Themen. Und auch Männer tragen in der Rolle als Retter und Helfer dazu bei, obwohl sie selbst dadurch zum Verschleißsubjekt werden. Ein Paradebeispiel dafür liefert eine Aussage aus dem Film Sin City: „An old man dies, a young woman lives; fair trade“ [5]. Der politische Feminismus nutzt diesen Instinkt, indem er sich als Vertreter immerzu benachteiligter Frauen darstellt. Er legitimiert seine ideologischen Forderungen mit Hilfe tradierter Schutzinstinkte. Allerdings vertritt der heutige Feminismus die Bedürfnisse der Frauen natürlich nicht, vielmehr versteckt er mit diesem Manöver seine ganz eigenen Interessen.

Daher treffen insbesondere Männerrechtler in Öffentlichkeit, Politik und Staat auf einen institutionellen Feminismus, der zumindest offiziell kaum hinterfragt wird. Dieser kann seine Gegner nach Bedarf und Belieben als Frauenhasser, rechte Reaktionäre oder Machos diffamieren. Zudem lassen sich unterschiedlichste politische Gruppierungen ansprechen, wenn man wahlweise ein schickes feministisch-progressives Narrativ oder einen dringenden Bedarf zum ritterlichen Schutz der Frauen servieren kann. In jedem Fall dürfen Frauen durch Maßnahmen erheblich bevormundet werden, für die sich eine feministische Begründung findet. Auch beim Platzieren feministischer Meinungen in den Medien hilft der Einsatz des weiblichen Opfernarrativs, denn es sorgt für Klicks und Quote.

In der Auseinandersetzung mit Männerrechtlern funktioniert dieser Feminismus wie ein ausgestreckter Zeigefinger: „Ihr (Männer) seid selbst schuld und außerdem sowieso böse“. In dieser Form stärkt die Konfrontation also das Band zwischen Feminismus und politisch wirksamer Femininität in der gesamten Gesellschaft. Die Geschlechterfrage immunisiert so auch gegen Kritik am Feminismus selbst. Äußern sich etwa Frauen kritisch zum Feminismus, wirft man diesen einfach Verrat an ihren Geschlechtergenossinnen vor. Feministische Ideologie mit tradierten Schutzinstinkten im Schlepptau taugt somit besonders gut als Bollwerk gegen die Männerrechtsbewegung, wenn diese sich durch irgendeine Kritik am Feminismus begründet. Ein Dilemma.

Was nun?

Es ist wenig überraschend, wenn sich zum Beispiel die Wut mancher entsorgter Trennungsväter irgendwann auf Frauen im Allgemeinen projiziert. Jedoch besteht die Gefahr, damit den Feministen ihre These eines Klassenkampfes zwischen den Geschlechtern zu erfüllen. Männerrechtsaktivismus und Feminismuskritik passen für Feministen ideologisch wunderbar zusammen, institutioneller Feminismus reproduziert Geschlechterkrieg daher schon aus Eigennutz. Wenn Männerrechtler ihre Forderungen im Gegensatz zu Interessen von Frauen definieren, werden Feministen nur zu gerne Partei auf Seiten der Frauen ergreifen und damit den Maskulismus gesellschaftlich isolieren.

Wenn Feminismuskritik an Geschlechtermechanismen scheitert, dann macht es Sinn beides separat zu halten, sodass Feministen sich nicht mehr als Placebo für die Interessen der Frauen anbieten können. Maskulisten sind dann gegenüber dem Feminismus nicht mehr in der Rolle des Gegners. Nur in bestimmten Situationen ergibt sich weiterhin zumindest ein Konkurrenzverhältnis – etwa um Ressourcen der öffentlichen Hand – mit zum Teil feministschen Frauen- und Mutterverbänden. Vielleicht erhält die Männerrechtsbewegung dadurch mehr gesellschaftlich Rückenwind und kann so ihre Forderungen einfacher mit normativ positiver Männlichkeit verbinden, da sie nicht mehr so stark von außen gebrandmarkt wird.

Als Gegner für den politischen Feminismus braucht es hingegen eine dedizierte Opposition. Diese basiert darauf, dass radikale feministische Ansichten nicht die Situation zwischen den Geschlechtern abbilden, sondern nur eine politische Meinung unter vielen. Folglich gibt es zu diesen Forderungen auch eine demokratisch legitime Gegenmeinung. Eine solche gibt es schließlich auch zum Kapitalismus, einer Erhöhung der Staatsschulden und dem geplanten Neubaugebiet in der Kommune. Eine Normalisierung des Feminismus und von Kritik am Feminismus im politischen Raum gehen Hand in Hand. Gelingt die definitorische Trennung der Frau vom Feminismus, wird Kritik an letzterem in Öffentlichkeit, Institutionen und Parteien praktizierbar.

Die stärkere Unterscheidung von Feminismuskritik und der Männerrechtsbewegung bietet darüber hinaus für beide Seiten weitere Vorteile:

  • sie führt zu einer besseren Mobilisierung von Menschen
    • insbesondere vieler Frauen
    • die dem etablierten Feminismus kritisch gegenüberstehen, auch wenn diese sonst mit dem Thema Männerrechte nichts am Hut haben
  • dem Feminismus eine Verletzung der Interessen der Frauen vorzuwerfen ist einfacher, wenn die Kritiker selbst keine spezifischen Geschlechterinteressen vertreten
  • die öffentliche Diskussion von Fällen, in denen eine Hidden Agenda durch den Tarnmantel Feminismus verhüllt werden soll ist einfacher zu legitimieren
  • das Mittel der Diffamierung selbst von linken bzw. progressiven Maskulisten als politisch reaktionär wird noch unglaubwürdiger und damit steigt das Potenzial für breite Akzeptanz im politischen Raum

Der größte Fortschritt wäre allerdings, dass die sexistische Wirkung des heutigen Feminismus auf die Geschlechterpolitik thematisiert werden kann. Radikalen Feministen ist vorzuwerfen, dass sie durch ihr Weltbild eine verbindende Geschlechterpolitik und zugleich ein egalisierendes Menschenbild verhindern. Zunächst müssen Männerrechtler als auch Feminismuskritiker allerdings ihre Narrative neu justieren, um aus der Ecke herauszukommen, in der sie platziert werden.

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1002977/umfrage/zustimmung-der-deutschen-bei-aussagen-zur-gleichberechtigung-nach-geschlecht-2019/

[2] http://big.assets.huffingtonpost.com/tabs_gender_0411122013.pdf

[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gesetzesentwurf-zur-ergaenzung-von-219a-union-und-spd-raufen-sich-zusammen-a-1250587.html

[4] https://allesevolution.wordpress.com/2019/08/31/studie-feministinnen-sind-maskulinisiert-in-bezug-auf-praenatales-testosteron-und-im-bereich-dominanz/

[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Sin_City_(film)#That_Yellow_Bastard_(Part_2)