Ergebnisse der Landtagswahl in Thüringen 2019
Tag: 27. Oktober 2019
„Linke Männer, ihr seid auch Sexisten“
Nichts mögen radikale Feministinnen lieber als zu betonen, dass auch die Männer in ihrer Umgebung sich keineswegs der Erbsünde des Mannseins entledigen können und sie in ihre Schranken zu verweisen, ihnen deutlich zu machen, dass es eine ganz klare Hierarchie gibt, in der sie niedriger stehen und die Klappe zu halten haben:
Liebe linke Männer,
ich weiß, ihr wählt grün oder rot, nennt euch Feministen, holt euer Mittagessen beim bosnischen Burek-Verkäufer eures Vertrauens und geht auf die Donnerstagsdemo in Wien. Aber ich muss euch etwas verraten: Ihr habt oft mehr mit Rechten gemeinsam, als euch lieb ist.
„Liebe …“, so beginnen Hunderte E-Mails in meinem Postfach.
„Ich muss Dich darauf hinweisen, dass … “ Und dann beginnt sie, die Belehrung auf durchaus höfliche, aber nicht minder diskreditierende Art und Weise, warum ich mit meiner Meinung völlig daneben liege und mich doch bitte mehr informieren soll – all das auf mehr Platz, als diese gesamte Kolumne einnimmt.
Das ist natürlich netter als die „Geh dich erhängen, du Fotze“-Nachrichten, die ich von Neonazis erhalte. Aber diese Nachrichten-Flut, die alle Kolumnistinnen erhalten, zeigt auch: Die Absender halten sich für schlauer – für schlauer als Populisten und Neonazis. Und für schlauer als Frauen.
Sie halten sich erst einmal für schlauer als die Einzelperson, die sie kritisieren. Aber bei Anhängern von Identitätstheorien greifen sie damit natürlich direkt die ganze Gruppe von Frauen an.
Das ist eigentlich eine interessante Sache:
Sie kann nicht kritisiert werden, weil sie für die Gruppe der Frauen steht. Und die hat auf dem Bereich eben „Opferwissen“ und damit „Deutungshoheit“. Was für ein arrogante Haltung, dass man damit schlauer ist als alle anderen, wenn diese das falsche Geschlecht haben. Selbst der schlauste und gebildetste Mann würde quasi ein Sakrileg begehen, selbst gegenüber der dümmsten ungebildetsten Frau, wenn man diese These ernst nimmt.
Auf sich selbst bezogen wäre das Argument schon überaus anmaßend, es ist erstaunlich, dass es ihr dennoch logisch erscheint in ihren Gruppentheorien.
Mansplaining kann selbst der linkeste Mann nicht ablegen. Auch statistisch gesehen scheint es, als ob Männer labern und labern und labern. Im deutschen Fernsehen, bei den #allmale-Panels, in der Politik. Sue Montgomery, Bürgermeisterin eines Stadtbezirks von Montreal, zeigte im Mai mit einem Strick-Experiment, wer im Stadtrat bei einem Kommitee-Meeting wie viel Redezeit hat.
Ich kenne diese Dauerbeschallung aus Bar-Abenden, wenn Männer, eine selbst gedrehte Zigarette in der Hand, lang und breit erklären, warum Kommunismus das einzig gerechte politische System ist. In völligem Selbstverständnis, dass sie natürlich mehr über Marx Thesen und soziale Gerechtigkeit wissen als das weibliche Gegenüber. Ein Bekannter von mir philosophierte stundenlang, es läge nicht in der Verantwortung der Start-up-Unternehmen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, dass Frauen und Diversität fördert. Ein anderer schrieb seine Doktorarbeit über Feminismus. Sich selbst bezeichnete er trotzdem lieber als Humanist.
Diese Mistkerle, da reden sie doch einfach über Themen! Unerhört! Tun so als wäre die Meinung eines Mannes in irgendeiner Weise relevant und nicht per se eine Beleidigung der anwesenden Frauen. Meinen diese Schweine echt, dass eine Doktorarbeit in irgendeiner Weise ein mehr an Wissen geben würde oder auch nur Männer dazu berechtigen würde einfach was zu Themen zu sagen? Welch vermessene Haltung für jemanden mit dem falschen Geschlecht!
Die antirassistische Arbeit vieler linker Männer hört an dem Punkt auf, an dem sie ihr eigenes Verhalten reflektieren müssen. Wer wirklich Veränderung möchte, der muss dahin, wo es weh tut. Dazu gehört auch, sich mit seinem eigenen verinnerlichten Rassismus auseinanderzusetzen.
Nein, es bringt nichts, überall „I am a Feminist“ zu schwadronieren, wenn man unangenehme Frauen aus der Partei schmeißt und mit Männern ersetzt – wie es der kanadische Premier Justin Trudeau mit der damaligen Justizministerin Judy Wilson-Raybould getan hat. Wären Feministen konsequent, würden sie Frauen fördern und es nicht nur proklamieren. Wären all die mächtigen linken Männer, all die Chefs von linken Zeitungen, all die Generalsekretäre von ehrenamtlichen Institutionen wirklich konsequent in ihren politischen Ansichten, dann würden sie auf ihren Platz am Panel verzichten und eine Frau, idealerweise eine Woman of Color, für das Podium vorschlagen.
Das sage ich ja auch immer, wenn ein männlicher Feminist einen Artikel veröffentlicht, bei dem er etwas anprangert: Warum macht er eigentlich nicht seinen Platz frei? Warum lebt er nicht als tatsächliches Vorbild und kündigt seinen Job unter der Bedingung, dass eine Frau seinen Platz erhält?
Aber ich sage es nur, weil es so schön das Dilemma männlicher Feministinnen mit etwas Erfolg darstellt und ich es mag, wie sie sich dann winden. Ich verstehe schon, dass sie darauf nicht verzichten wollen und können. Sie meint es hingegen ernst.
(…)
Gewalt gegen Frauen hat einen gemeinsamen Nenner: das Geschlecht. 137 Frauen werden jeden Tag weltweit durch den eigenen Partner oder Familienmitglieder getötet. Die UNO-Daten zeigen auch, dass es in den vergangenen Jahren einen deutlichen Anstieg der Femizide in Österreich gab. Vergangenes Jahr wurden in Österreich 70 Menschen zwischen Januar und November ermordet. Davon waren 41 Frauen.
Schon wieder diese unehrlichen Statistiken . Aber dazu ist ja das passende gesagt.
Männer, ganz egal ob links oder rechts, profitieren von den gesellschaftlichen Strukturen. Ich weiß, liebe linke Männer. Ihr denkt, ihr seid die besseren Männer, weil ihr auf der richtigen Seite steht. Eure politischen Ansichten sind vielleicht genau das Gegenteil. Das bedeutet aber nicht, dass ihr nicht diskriminiert, dass ihr nicht sexistisch seid. Also: Try harder. Ist nicht so schwer, versprochen.
Nur ist eben das blöde: Es gibt kein „jetzt habt ihr es wirklich hart genug versucht, vielen Dank, wir sind zufrieden, mehr kann man wirklich nicht verlangen“. Weil ihr eben in einer Gruppenschuld steckt. Erst wenn kein Mann mehr eine Frau umbringt (unabhängig von männlichen Toten), niemand mehr auch nur einer Frau etwas getan hat und kein Mann mehr eine Führungsposition hat oder einer Frau widerspricht oder sich anmaßt zu irgendwas was der richtigen Meinung entspricht zu sagen (aber auch nicht nichts zu sagen, das wäre auch falsch) wäre vielleicht die Schuld etwas gemindert. Aber Kekse gibt es dafür natürlich nicht! Die Bußerpeitsche muss immer im Einsatz bleiben!