Der IG-JMV hat eine Auswertung der zur Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 25.09.2019 geschrieben, zu der ich auch ein paar Anmerkungen machen möchte:
In der o. a. Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestages sprachen sich die Sachverständigen für eine Verbesserung der Qualität von familiengerichtlichen Verfahren aus. Die anwesenden Experten bestätigten den von den Antragstellern gesehenen Reformbedarf.
Die in der Interessengemeinschaft Jungen Männer und Väter (IG-JMV) zusammengeschlossenen Verbände begrüßen insbesondere die von den anwesenden Richtern und Anwälten (m/w/d) mündlich vorgetragenen Darlegungen, in denen sie die Unzulänglichkeiten der familiengerichtlichen Verfahren schonungslos offenlegten.
In der Öffentlichkeit stand bis jetzt vor allem die Arbeit von Jugendämtern, Sachverständigen und Verfahrensbeiständen in der Kritik. Die Richterschaft war aufgrund ihres hohen Ansehens von Kritik verschont geblieben. Dankenswerterweise öffneten jetzt die leitenden Richter (m/w) die Büchse der Pandora und ermöglichen so einen Diskurs über notwendige Veränderungen in der Arbeit der Familiengerichte.
Kritik und Diskurs ist in der Tat immer gut. Ebenso ist es gut die Kritik wiederum der Kritik zu unterziehen. Vieles hat eben auch zwei Seiten. Interessant ist auch immer: Was macht man statt dessen und was hat dies wieder für Nachteile.
Zu bedenken sind vor allem die Aussagen zweier Sachverständiger, die die Rechtsstaatlichkeit in familiengerichtlichen Verfahren bemängelten:
- Familienrichter unterlassen es in der Regel, sich selbst ein Bild über den vorliegenden Fall zu machen und verlassen sich auf die Aussagen von Jugendamtsmitarbeitern (m/w/d) und Sachverständigen. So wird nach Aussagen der Experten dem gesetzlich vorgeschriebenen Amtsermittlungsgrundsatz nicht nachgekommen.
In der Tat sind die Jugendamtsmitarbeiter, noch mehr aber die Verfahrensbeistände zu einem gewissen Teil zu „Ersatzrichtern“ geworden. Der Gedanke war ursprünglich, dass die Neutralität des Richters gewahrt bleiben muss und dieser sich nicht zu den einzelnen Parteien begeben kann um alleine mit diesen zu reden und dort auch ein ungezwungeneres Gespräch aufzubauen, sich die Räumlichkeiten anzuschauen, alleine mit den Kindern zu reden etc. Denn dann kommt er schnell in den Verdacht parteiisch gewesen zu sein, weil er hier länger war oder dort freundlicher. Und die Fairness des Verfahrens würde es dann wieder gebieten, dass bei den Gesprächen des Richters alle Parteien anwesend sein dürfen. Was dann die Gespräche wieder problematischer macht.
Also dachte man, dass man den Verfahrensbeistand einrichtet und ihm eine neutrale Position gibt in dem man ihn eben als „Beistand des Kindes“ etabliert. Die Idee war, dass die beide Eltern sich Anwälte nehmen können, die den Vortrag für sie positiv ausgestalten, aber niemand darauf achtet, was eigentlich mit dem Kind los ist. Das wollte man durch die Schaffung des Verfahrensbeistandes lösen.
Das Jugendamt wiederum wurde involviert, weil man deren Kenntnisse, etwa aus früheren Verfahren, verwerten wollte.
Beide Quellen sind nur so gut wie die jeweils dort agierenden Personen. Wenn diese einen fairen und guten Job machen, dann sind sie in der Tat Augen und Ohren des Gerichts, um so eher ihre Aussagen von einer subjektiven Komponente geprägt sind, um so problematischer kann es sein, weil deren Aussage dann quasi nicht zu widerlegen ist, weil ja sonst keiner dabei war. Es greift das zusätzliche Problem, dass Richter dazu neigen den jeweiligen Personen dann auch eher glauben zu schenken, schlicht weil sie weniger emotional in die Sache eingebunden sind und keine eigenen Vorteile vom Ausgang haben.
Sachverständige müssen das nicht verbessern, denn auch diese haben eine sehr kurze Zeit sich ein Bild von der Angelegenheit zu machen und im Familienrecht ist vieles dann schlicht Ansichts- und Auslegesache.
Steht im Gutachten, dass das Kinderzimmer „Karg und wenig kindgerecht“ eingerichtet ist dann hat das eine andere Wertung als wenn dort „zwar schlicht, aber funktionell“ eingerichtet steht. Und wenn ein Sachverständiger Aufgeregtheit des Kindes mit Befangenheit gegenüber dem Elternteil verwechselt, dann kann es auch schnell in die falsche Richtung gehen.
Aber auch das Problem ist schwer zu korrigieren: Die richterliche Einschätzung ohne Sachverständigen, der ja üblicherweise Psychologe etc ist ist ja noch viel subjektiver und noch weniger auf „Fakten“ hin überprüfbar.
Aber in der Tat wird heute auch fast zwingend verlangt, dass der Richter das Kind, wenn die Eltern sich nicht einigen können, selbst anhört. Das geschieht dann üblicherweise in einem separaten Zimmer des Gerichtes und auch dann hängt vieles davon ab, wie sich das Kind öffnet, was es sagt und wie man es interpretiert.
- Frau Lies-Benachib (djb) trug den Ansatz vor, Familienrichter als Fachrichter auszubilden und zu qualifizieren. Im Zuge der zunehmenden Verkomplizierung der Gesetze auch im Familienrecht (BGB, FamFG, SGB VIII usf.) spezialisieren sich die Fachanwälte – auch im Familienrecht. Es erscheint als zielführend, den aktuell geltenden Ansatz der Universalrichterschaft aufzugeben zugunsten von speziell ausgebildeten Fachrichtern / Familienrichtern (m/w/d).
Es gibt ja bereits Familienrichter. Während in einem normalen Zivildezernat an einem Amtsgericht alle Fälle eingehen, die das normale Zivilrecht mit sich bringt, ist das Familienrecht eben beim Familiengericht angesiedelt, dem Richter mit entsprechenden Stellen zugewiesen werden. Natürlich fangen hier Richter (nicht anders als Rechtsanwälte auch) mal ohne Wissen an, aber gerade weil es ein Bereich ist, der im Studium nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, besuchen sie üblicherweise Kurse an der Deutschen Richterakademie und hospitieren bei Kollegen, die das schon länger machen.
Natürlich haben sie auch eine gewisse Vorbereitungszeit, denn die Verhandlung findet ja statt, nachdem erst einmal schriftlich vorgetragen wird, so dass es möglich ist sich in jedes Thema einzuarbeiten und die Rechtsanwälte liefern dazu noch üblicherweise die beiden entgegenstehenden Meinungen dazu, zwischen denen man sich entscheiden muss. Und dann gibt es natürlich noch den Richterexpertenpool, bei denen der Anfänger sich Tipps holen kann, also auf dem Gebiet länger tätige Richter, die man dann eben fragt, wie es weitergeht.
Dazu kommt, dass Beschlüsse auch nicht in der Verhandlung verkündet werden müssen, sondern üblicherweise später, so dass auch da ein Richter vorher noch einmal in Bücher und Urteilsdatenbanken schauen kann.
Richter haben zudem den Vorteil, dass sie dann eben täglich die Ansichten der Rechtsänwälte lesen, so dass ihnen neue Ansichten schnell bekannt werden, weil sie irgendjemand vorbringt.
Daneben eine „Pflichtfortbildung“ einzurichten, gar eine „Fachrichterschaft“ einzuführen bringt aus meiner Sicht gar nichts.
- Mehrere Sachverständige kritisierten nicht nur die Rolle der Jugendämter in familiengerichtlichen Verfahren („Jugendämter sind oft eher Teil des Problems als Teil der Lösung“) sondern auch die Rolle der Verfahrensbeistände. Ihre Ausbildung sei ungenügend und mangelhaft und schade oft genug den Betroffenen.
Das Problem von Jugendämtern ist, dass sie nicht juristisch denken, sondern üblicherweise sozialpädagogisch und natürlich auch, dass sie sehr subjektive Meinungen haben können. Eine Mitarbeiterin, die sich etwa in dem Bereich begeben hat um „Müttern zu helfen“ weil das etwa ihrer Biografie oder Ideologie entspricht überschreitet ihrem Rahmen. Hier würde ich Kurse, die den Jugendamtsmitarbeitern eine größere Neutralität anerziehen, durchaus begrüßen. Aber auch dort ist es wie überall: Viele Mitarbeiter auch dort machen gute Arbeit wie sie sie auch machen sollen, einige machen schlechte Arbeit in der sie persönliche Ansichten und Perspektiven einfließen lassen. Das gleiche gilt für Verfahrensbeistände.
Ich verweise noch einmal darauf, dass einige Beschränkungen systemimanent sind: In der Stunde, die oft nur Zeit ist, um die Beteiligten kennenzulernen, kann man keine tiefgreifenden Analysen durchführen.
Ein guter Verfahrensbeistand und ein guter Jugendamtsmitarbeiter können allerdings auch sehr gut sein, reale Missstände aufgreifen, Hilfsangebote organisieren und darlegen und den Vorgang sehr voranbringen.
Wie das System zu verbessern ist wäre interessant: Sie bilden eben auch ein Gegengewicht zu den Rechsanwälten, die natürlich auch kein objektives Bild bringen, sondern jeweils die Seite ihrer Mandanten günstiger darstellen und Probleme kleinreden oder auch gern persönliche Kriegen der Mandanten Raum geben ohne das die tatsächlichen Probleme beider angesprochen werden.
Zu prüfen ist der Vorschlag von Frau Lies-Benachib zur Gründung von Fachgerichten mit einem Kollegium aus drei Richtern (m/w/d) in hochstrittigen Familienverfahren.
Also quasi das Landgericht für das Familienrecht. Was das wirklich bringen soll wäre interessant. Immerhin zeigt Erfahrung an den Landgerichten, dass diese oft langsamer sind. Natürlich können drei Juristen hochstreitige Fragen gründlicher besprechen. Aber diese Abstimmungen kosten eben auch Zeit.
Diese Bestellung würde für Transparenz sorgen, ist es doch heute bereits Praxis, dass Familienrichter sich mit Kollegen „am Kaffeetisch“ über komplizierte Fälle beraten. Das bedeutet: Die Betroffenen wissen nicht, wer die gerichtlichen Entscheidungen in ihrem Falle trifft. Dies ist ein klarer Verstoß gegen das Justizgrundrecht auf Kenntnis des entscheidenden Richters laut GG Art. 101 sowie auf rechtliches Gehör laut GG Art. 103.
Das ist eine etwas naive Sicht, wenn man weiß, wie gerichtliche Kammern arbeiten. Dort ist es üblicherweise so, dass es einen Vorsitzenden gibt, der die Verhandlungen leitet und der die Akte gut kennt. Dann gibt es einen Beisitzer, der der eigentliche Aktenbearbeiter ist und die Akte hervorragend kennen soll und dann gibt es einen weiteren Beisitzer (auch Beischläfer genannt) der gerade nicht so vertiefte Aktenkenntnis haben soll, einmal weil es Ressourcen freihält für andere Fälle, bei denen er dann der Hauptbearbeiter ist und dann auch damit er der Richter ist, der sich eben nicht in Details verliert und etwas aus der „höheren Warte“ dazugeben kann. Der eigentliche Aktenbearbeiter macht üblicherweise vor der Verhandlung eine Art Kurzgutachten über den Fall, dass er den anderen vorstellt. Und wenn er da auf Probleme trifft, dann wird der auch zu dem anderen erfahrenen Richter oder einem befreundeten Kollegen gehen und das mit ihm besprechen.
Insofern wissen die Betroffenen nach diesem Maßstab dann immer noch nicht wirklich, ob nicht ein anderer Richter den entscheidenden Impuls gegeben hat, der nur von einem der anderen in die Kammer getragen worden ist.
Rechtlich ist es auch kein Verstoß gegen den Gesetzlichen Richter oder rechtliches Gehör, denn der jeweilige Richter muss ja immer noch entscheiden, was er in den Beschluss schreibt und diesen als seinen Unterschreiben. Ein Richter wird nie das Rad neu erfinden und ob der Rat von einem Kollegen kommt und ihn überzeugt oder aus einem Buch ist dabei egal. Zumal der Richter ja üblicherweise seine (vorläufige, man will ja nicht befangen sein) Auffassung in der ersten Verhandlung darlegt und dann die Rechtsanwälte oder Parteien dazu – ggfs auch nach einer Schriftssatzfrist – vortragen können.
Die IG-JMV gibt jedoch zu bedenken:
So begrüßenswert eine Implementierung und Qualifizierung von Fachrichterschaft ist, die grundsätzlichen Defizite im deutschen Familienrecht werden dadurch nicht angetastet. Vielmehr gilt bis heute:
- Es fehlen im Familienrecht zeitgemäße und partnerschaftliche Regelungen für Trennungsfamilien.
Das ist richtig, allerdings natürlich Sache des Gesetzgebers.
- Eine bundeseinheitliche Rechtsprechung ist für Familienverfahren so gut wie nicht erkennbar. Die Beschlüsse fallen je nach OLG-Bezirk – gelinde gesagt – uneinheitlich aus. So entsteht der Eindruck von Zufälligkeit und Willkür.
Das muss man etwas differenzierter sehen: In der Tat ist das Familienrecht obwohl ein Bundesrecht teilweise stark durch die jeweiligen OLGs bestimmt. Das sich OLGs widersprechen ist allerdings natürlich in vielen anderen Bereichen auch der Fall. In den OLG-Bezirken wird dies etwas abgemildert durch die jeweiligen Leitlinien der Oberlandesgerichte zum Unterhalt, die darlegen wie bestimmte Berechnungen durchzuführen sind. In genug Bereichen gibt aber auch schlicht der BGH die Richtung vor. Häufig gilt: Um Unterschiede zu verstehen und sie von Zufälligkeit und Willkür zu unterscheiden muss man auch erst einmal genug Ahnung vom Recht haben aber auch erkennen, dass Details des Falls häufig sehr unterschiedlich sind.
Und man muss auch berücksichtigen, dass einige Urteile auch verallgemeinert werden, die weitaus eher Einzelfälle betreffen.
- Die Gesetze schreiben – durch BGB §1606 (3) – ein Betreuungsmodell nahezu zwingend vor – das Residenzmodell: „Einer betreut – einer bezahlt“.
In der Tat. Hier wäre eine Modernisierung dringend erforderlich und zeitgemäß
- Die laut Verfassung vorgeschriebene Gleichbehandlung der Geschlechter sowie die Gleichbehandlung der Eltern sind für Trennungsfamilien nicht erkennbar. Anstelle dessen existieren Priorisierung und rechtliche Besserstellung des Elternteils, der zeitlich mehr betreut. Es werden Gewinner-Eltern und Verlierer-Eltern produziert. Der „gute“ Elternteil erhält die Kinder und die finanziellen Transferleistungen. Der zweite Elternteil – der „schlechte“ – wird zum Zahl- und Besuchs-Elternteil abgewertet.
Tatsächlich wäre eine Priorisierung eines Elternteils, der mehr betreut, erst einmal geschlechtsneutral. Mit Gleichberechtigung hat das nur sehr eingeschränkt etwas zu tun. Die Schaffung von „Gewinner und Verlierer“ folgt eher aus dem Residenzprinzip, eben dem Prinzpip, dass das Kind bei einem hauptsächlich lebt und der andere dann im Streitfall schlechter abschneidet.
- Die Familiengerichte delegieren Einschätzungen und Stellungnahmen an Jugendämter und Gutachter. Das bedeutet, die Beschlussfassung wird faktisch durch Dritte vorgenommen.
Alle Gerichte machen das, wenn externe Sachkenntnis erforderlich ist. Ein gutes Beispiel wäre das Baurecht, bei dem kaum ein Urteil ohne Sachverständigengutachten auskommt, wenn es um Mängel geht. Tatsächlich liefern aber die Sachverständigen nur die Fakten, die dann vom Richter gewertet werden müssen. Rechtlich kommt der Beschluss vom Richter, auch wenn durch das Gutachten der Inhalt häufig vorgegeben ist.
- Vor Familiengerichten wird meist der Elternteil belohnt, der nicht kooperiert (wenn er mehr betreut). Er wird zum Gewinner des Verfahrens. Ein fataler Effekt für die betroffenen Kinder.
Das hat sich sicherlich schon verbessert, ist aber leider immer noch in vielen Fällen ein sehr wirksames Mittel. Denn wenn eine Kooperation nicht klappt, dann kann das gemeinsame Sorgerecht eben nicht dem Kindeswohl entsprechen. Und wenn eine Entfremdung erst einmal stattgefunden hat und sich tief bei den Kindern eingegraben hat, dann kann man meist nichts mehr machen.
Genug Richter finden heute aber deutliche Worte gegen solche Praktiken. Allerdings sind ihre Handlungsspielräume gering. Die Drohung mit dem Kindesentzug durch den Richter ist häufig eine hohle Drohung, da auch dem Kindeswohl nicht dienlich. Das gegenwärtige Lieblingsmittel der Gerichte: Die Eltern zur Teilnahme an einer Familienberatung verpflichten, wo die Probleme auf der Beziehungsebene aufgearbeitet werden sollen und zur Elternebene gefunden werden soll.
- Das deutsche Familienrecht ist hauptverantwortlich für den Fakt, dass 40 % der Kinder in Nachtrennungsfamilien vollständigen Kontaktabbruch zu einem Elternteil erleiden, meist zu ihren Vätern.
Da hätte ich gerne mal die Quelle. 40% erscheint mir etwas viel.
Forderungen / Lösungen:
- Nötig sind grundsätzliche Veränderungen im Familienrecht im Sinne von „Beide betreuen – beide bezahlen“, unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit sowie des Ansatzes von Gleichbehandlung für beide Eltern. BGB § 1606 (3) ist diesbezüglich zu verändern.
- Der Ansatz „the winner takes it all“ (der Gewinner-Elternteil bekommt die Kinder, die Unterhaltsleistungen sowie die staatlichen Unterstützungen, der Verlierer-Elternteil wird zum Besuchs- und Zahl-Elternteil abgewertet) ist aufzugeben zugunsten des Ansatzes von Gleichbehandlung für beide Trennungseltern.
Das wäre sicherlich zu begrüßen, aber auch ein steiniger Weg. Kann auch für die Kinder extrem anstrengend sein im Wechselmodell zu leben. Und in Deutschland gerade bei Jungen Kindern auch immer noch schwer mit der Arbeit zu vereinbaren für viele. Es erfordert gleichzeitig einen Ausbau der Kinderbetreuung und wirft zusätzliche Arbeitskräfte auf dem Markt, was für Politiker nicht unbedingt interessant sein muss.
- Vor Beginn des Familienverfahrens ist verpflichtende Mediation für beide Eltern zu setzen zur Regelung der Betreuung der Kinder. Dazu muss der Staat Druck auf die trennungswilligen Eltern ausüben: Bis zur Einigung gilt die Verteilung „jeweils hälftige Betreuung“, wie in vielen westlichen Ländern üblich.
Ich finde es ja immer faszinierend, dass häufig bei den Richtern, Sachverständigen, Jugendämtern und Verfahrensbeiständen Willkür und mangelnde Ausbildung gesehen wird und dann eine Mediation quasi wie auf einer heiligen Wolke vom Himmel herabschwebend gesehen wird.
Das man vom Gericht aus bei Sorgerechtsstreitigkeiten die Eltern umgehend in die Beratungsstellen verweist ist ja absoluter Alltag. Es bringt allerdings auch nicht so viel.
Wie stellen sich denn die Leute diese Mediation vor? Woher kommen die absolut fairen Mediatioren, die hervorrangend ausgebildet sind und wer bezahlt sie? Und wann ist der Zwang vorbei, wann darf man dann doch vor Gericht?
Viele Streitschlichtungsgesetze haben Streitschlichtungsstellen vor allerlei Streitigkeiten verpflichtend gemacht, etwa bei Streitigkeiten mit Nachbarn etc. Der Erfolg ist eher bescheiden.
- Die Beteiligung der gerichtsnahen Professionen (Jugendämter, Sachverständige, Verfahrenspfleger usf.) ist für Trennungsverfahren zurückzufahren. Der Staat hat sich aus der Familie – auch Trennungsfamilien sind Familien – weitgehend herauszuhalten.
Auch das ist ja so eine Sache: Wenn da 5 dicke Gürteltiere über die Schwierigkeiten in der Familie bei dem Jugendamt vorhanden sind, wäre es dann nicht gut, wenn jemand, der die Familie schon kennt, da auch seine Perspektive dazu gibt?
Tatsächlich sind heute schon Gespräche beim Jugendamt über Sorgerecht und Umgangsrecht verpflichtend, wenn man das Verfahren auf Verfahrenskostenhilfebasis führen möchte, weil es eben eine kostenlose Hilfe zur Klärung der Probleme ist. Die dortigen Beratungsstellen sind auch nicht alle satanische Kinderentfremder. Viele machen auch durchaus gute Arbeit in der Vermittlung und protokolieren dort sinnvolle Umgangsvereinbarungen.
Und „der Sachverständige hält sich raus“ führt ja nicht zu einer Qualitätssteigerung. Es entscheidet dann ein Jurist darüber, wie er psychologische Probleme als Laie einschätzt
- Der Wegzug eines Elternteils mit den Kindern nach außerhalb des Schulbezirks ist mit dem Verlust des Sorgerechts zu sanktionieren, wie in vielen westlichen Ländern bewährt.
So wie ich es kenne ist der Umzug auch nur dann, wenn er ohne Entscheidung des Gerichts erfolgt, in anderen Ländern ein Problem und führt auch nicht zum sofortigen Verlust des Sorgerechts. Und das ist theoretisch hier ähnlich. Denn Veränderungen des gewöhnlichen Aufenthaltes sind Fragen des gemeinsamen Sorgerechts und als solche etwas, was gemeinsam entschieden werden muss. Es wäre dennoch interessanter den Wegzug deutlich zu erschweren, ihn also von schwerwiegenden Gründen abhängig zu machen.
- Das Melderecht ist dahingehend zu verändern, dass die Kinder – ohne Zustimmungspflicht des anderen Elternteils – in zwei Haushalten angemeldet werden können.
Die Meldung ist ja eigentlich auch nur für das Kindergeld und einige andere Punkte interessant, wird aber auch von Laien überbewertet. Wo das Kind gemeldet ist ist für die meisten Richter vollkommen nebensächlich.
- Sämtliche staatlichen finanziellen Leistungen sind proportional zur Betreuung auf beide Haushalte zu verteilen.
Das hingegen ist dringend geboten. Bisher kann bei einem Wechselmodell noch nicht einmal das Kindergeld aufgeteilt werden. Warum eigentlich nicht? Und meines Wissens nach ungeklärt ist auch, ob bei einem Wechselmodell beide Eheleute die Steuerklasse 2 nehmen können, die ja für „Alleinerziehende“ ist.
Hier besteht in der Tat Handlungsbedarf