Cheerleader – Noch zeitgemäß oder nicht?

Der Basketballverein Alba Berlin hat verkündet, dass sie zukünftig keine Cheerleader mehr haben werden, weil diese nicht mehr zeitgemäß sind.

Der Geschäftsführer wird wie folgt zitiert:

„Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass das Auftreten junger Frauen als attraktive Pausenfüller bei Sportevents nicht mehr ins unsere Zeit passt“, formulierte Geschäftsführer Marco Baldi auf der Homepage des Vereins.

Die Cheerleader dazu:

Cheerleaderin Anne äußerte sich verärgert über die Entscheidung. Bei Instagram schrieb sie: „Wer denkt, diese Entscheidung sei ‚zeitgemäß‘, hat die letzten 100 Jahre Emanzipation verpasst. Enttäuschung ist gar kein ausreichender Ausdruck für diese mehr als erbärmliche Rechtfertigung.“

Unter dem Hasthag „#deeplychauvinistic („zutiefst chauvinistisch“) fügte sie ironisch hinzu: „Hilfe, wir wurden gezwungen, unserem Sport und somit unserer Leidenschaft nachzugehen. Unseren Vorbildern aus der NBA nachzufeiern.“ Und: „Dazu zählt auch das Kostüm. Was mehr nicht ist. Eine Verkleidung, die zu diesem Sport gehört und rein gar nichts über den Menschen, der es trägt, aussagt.“

 

Ein Video dazu:

Einige finden das genau richtig: Frauen, die nur schönes Beiwerk sind, Nebenfiguren, die die Männer anfeuern, das passe eben nicht mehr.

Andere sehen es als eine Tradition an und weisen darauf hin, dass es zum einen selbst ein Sport ist, der in Amerika in Wettkämpfen ausgetragen wird und zum anderen an vielen High Schools etc eine hochangesehene Position und keineswegs eine untergeordnete Position ist. Die Anführerin der Cheerleader ist weitaus eher eine Queen Bee als eine untergeordnete Person.

Letztendlich ist es ein alter Streit um die Geschlechterrollen und natürlich auch um intrasexuelle Konkurrenz unter Frauen.

Einen Artikel dazu, der die erste Position vertritt, fand ich ganz interessant:

Knapp ein Jahr ist es her, dass ich das erste Mal bei einem Spiel von Alba war. Die Schnelligkeit des Spiels, die Stimmung in der Arena, das Herzklopfen vor dem Wurf, die Freude über den Treffer – ein berauschendes Gefühl, das ich beim Basketball so nicht erwartet hätte.

Dann passierte etwas, was mich verstört hat, obwohl ich es schon oft im Fernsehen gesehen hatte. Die Spieler gingen in die Pause. Zur gleichen Zeit tänzelten junge Frauen auf das Feld. In Pailletten-Outfits standen sie erst Spalier für die Spieler, wiegten ihre Hüften und wedelten mit Pompons.

Während die Spieler am Rand Anweisungen vom Trainer bekamen, bewegten sie sich in einer Weise, die sich für mich nicht richtig anfühlte. Ich dachte: Ist das jetzt deine muslimische Erziehung oder ist das, was du da gerade siehst, einfach nur falsch? Es war eine Bildsprache, die ich als unpassend empfand.

Ich finde es ja irgendwie ganz faszinierend, dass sie da so gar nicht argumentiert. Sie kann nicht in Worte fassen, was sie eigentlich genau stört. Immerhin könnte man es genauso als normales Pausenprogramm sehen. Eben eine Tanzdarbietung in ja auch durchaus nicht unzüchtiger Tracht, die eben wie das Spiel inzwischen letztendlich auch aus der amerikanischen Tradition kommt.

Insofern könnte es vielleicht durchaus ihre muslimische Erziehung sein, die eine solche Darbietung als besonders anstößig erscheinen lässt. Denn der dortige Schleier nimmer ja gerade sexuelle Reize aus dem Rennen und reduziert darüber auch intrasexuelle Konkurrenz unter Frauen, die hier über die Tänzerin durchaus passend dargestellt wird.

Nun hat Alba beschlossen, dass bei Heimspielen keine Cheerleader mehr auftreten sollen. Nicht mal im Traum hätte ich daran gedacht, dass diese zweifellos richtige Entscheidung, eine derart bizarre Empörung auslösen würde.

Ich denke, dass den meisten Leuten die Cheerleader und deren Sein oder nicht sein relativ egal sind. Sie finde es schlecht (und regen sich teilweise auf) weil es eben eine Prüderie ist, wenn man meint, dass man tanzende sexy Frauen mit dieser Erklärung verbieten muss, weil sie nicht sein können. Weil man es als unnötige Einschränkung einer Tradition wahrnimmt, die niemanden schadet und die unnötig politisiert wird.

Das ganze ist eben eingebettet in einen größeren Frame, in dem es um die Abwertung männlicher Sexualität geht, um die Darstellung weiblicher Schönheit, um das moralische Überlagern einer Tanzdarbietung mit politischer Korrektheit.

Ein Hochleistungssport?
Cheerleading, so ein Argument, sei ein Hochleistungssport. Nur frage ich mich, warum das dann nicht so präsentiert wird? Es mag sein, dass die Frauen hart trainieren, aber was das Publikum zu sehen bekommt, sind sexuelle Reize. Es werden eben nicht zwei Sportarten gleichberechtigt dargestellt.

Wenn in der Pause eine Sängerin aufgetreten wäre, die ebenfalls ein knappes Kostüm angehabt hätte und auf der Bühne getanzt hätte, hätte das Argument dann auch gezogen? Hätte sie dann angeführt, dass es kein gleichberechtigter Part der Gesangskunst neben dem Sport war? Seit wann muss überhaupt eine Pausenveranstaltung gleichrangig sein?

Und das ändert sich auch nicht, wenn man weiß, dass Zahnärztinnen und Juristinnen in der Gruppe tanzen. Es ist dieses Bild, das sich beim Publikum einbrennt: Zum starken, erfolgreichen Mann gehört die schöne, unterwürfige Frau. Es ist der Kontrast zwischen dem kämpfenden Mann und der tanzenden Frau, der den Mann noch dominanter macht.

Auch so eine Wertung, die sie aus dem nichts herleitet. Genau so könnte man das Gegenteil anführen: Die schönen tanzenden Frauen erinnern die Männer wieder, warum sie sich dem Wettbewerb stellen müssen und gewinnen müssen: Weil sie nur dann für Frauen interessant sind. So wird der Wettkampf in einen Kontext weiblicher Überlegenheit gestellt, der die weibliche Wahl als das dominante Element unseres Balzverhaltens betont: Die wettkämpfenden Männer werden degradiert und die Leichtigkeit, mit der Frauen Stars werden können machen die Anstrengungen der Männer wertlos. Es ist dieser Kontrast, der die Wertigkeit der Frauen betont und ihre Überlegenheit gegenüber dem Mann darstellt!

Aber auch nur leere Worthülsen.

Eine Cheerleaderin muss nicht unterwürfig sein. Einfach weil in der Tat schöne Frauen, die sich zu bewegen verstehen, gegenüber den meisten  Männern und Frauen einen sehr hohen Rank einnehmen. Sie werden weitaus eher fordern können als die allermeisten Männer und Frauen in der Arena und sie sind weitaus eher ein „Preis“ um den Mann kämpfen, dem man sich würdig erweisen muss. Die Dominanz einer schönen Frau kann enorm sein, Männer zum schweigen bringen und ihnen Angst machen und Frauen sich schlecht fühlen lassen oder wütend auf ihren Freund, der diese interessiert anschaut.

Ich bin froh, dass die Verantwortlichen von Alba sich die Frage gestellt haben, für welches Frauenbild der Verein steht. Diejenigen, die sich tatsächlich für den Sport interessieren, brauchen das Cheerleading-Programm sowieso nicht. Nun können sie sich ganz ohne Ablenkung auf das Spiel konzentrieren. Dafür wünsche ich den Cheerleadern eigene Wettkämpfe, statt ein Leben als Pausenfüller

Was für ein heuchlerischer Ansatz. Denn sie weiß genau, dass Cheerleading in Deutschland im Gegensatz zu den USA keine Basis hat auf der man großartige eigene Wettkämpfe vor großen Publikum gestalten kann.

Natürlich braucht Basketball das Cheerleading nicht. Der Karneval braucht auch keine Funkenmariechen in ihren kurzen Röcken, das deutsche Äquivalent zu den Cheerleadern, der Dartsport braucht keine Walk-On-Girls und die Formel 1 keine Gridgirls. Aber sie sind auch nichts schlechtes und das einige Frauen Cheerleader oder Gridgirls sind ändert auch das Frauenbild nicht. Frauen brauchen diese Berufe nicht um zu wissen, das weibliche Schönheit für Männer interessant ist und gleichzeitig auch eine Form von Macht bietet. Sie wissen auch so, dass es Modells gibt, sie sehen auch so, dass das schönste Mädchen der Klasse oder die schönste Frau im Büro besser ankommt.

 

.Es geht nicht darum, den Cheerleadern ihren Sport zu verbieten
Nein, ich bin nicht für die Vollverschleierung, auch bin ich nicht prüde oder neidisch auf junge Frauen. Ich habe nur ein Problem damit, wenn männlicher Sport mit leicht bekleideten, tanzenden Frauen aufgepeppt wird. Es geht nicht darum, den Frauen ihren Sport zu verbieten. Oder infrage zu stellen, dass sie ihn freiwillig ausüben.

Natürlich geht es darum. Wenn man anführt, dass die Frauen damit unterwürfig handeln, Männer ihnen die Regeln vorgeben, dann stellt man in Frage, dass sie das freiwillig machen. Zumindest meint man, dass es in einer besseren Welt für Frauen nicht erforderlich wäre sich so unterwürfig zu verhalten. Und das sie ihn deswegen besser nicht ausüben würden.
Dass sie gleichzeitig beim Kopftuch vollkommen unkritisch davon ausgeht, dass es alleine die Wahl der Frau ist und anscheinend nicht in einen Kontext patriachaler Zwänge einzuordnen ist macht ihre Ansicht noch bizarrer.

Es geht um die Macht von Männern, die sich aus ihrer Position heraus das Recht nehmen, den Frauen ihre Spielregeln zu diktieren. Eigentlich dachte ich, dass wir im feministischen Diskurs schon viel weiter sind. Langsam gewinne ich aber die Erkenntnis, dass die drei Urtriebe des Mannes, Jagen, Sammeln und Fortpflanzen, sich als Relikte der Steinzeit noch nicht wirklich weiterentwickelt haben.

Welche Spielregeln werden hier eigentlich diktiert? Und warum von Männern? Die Cheerleader hatten meines Wissens nach eine weibliche Trainerin, sie hatten abgesehen davon, dass sie eine bestimmte Tanzdarbietung abliefern sollten keine großartigen Regeln. Jedenfalls auch nicht mehr als die Männer, die sich in dem Basketballspiel natürlich auch an Regeln halten müssen.

Recht hat sie natürlich, dass hier durchaus etwas Urzeitliches mit hineinspielt: Frauen und Männer kämpfen hier in unterschiedlichen Bereichen um Status und ein gewisses Ansehen. Aber Cheerleader werden weder gejagt noch gesammelt und es wird sich auch nicht mit ihnen fortgepflanzt, sofern sie das nicht wollen. Es schwingt in ihrer Kritik etwas das alte prüde „Wenn sie sich so anziehen und so rumtanzen, dann sind sie Nutten, billige Mädchen, unterwürfig den Männern gegenüber, nur für Sex gut“ also eigentlich die weitaus größere Abwertung, mit.

Meiner Tochter habe ich übrigens nach dem Spiel gesagt: „Stell dir mal vor, du würdest Basketball spielen und Jungs würden in kurzen Hosen mit Pompons für euch Mädchen tanzen.“ Sie lachte bei der Vorstellung über dieses absurde Bild. „Siehst du“, entgegnete ich, „so komisch sieht es auch umgekehrt aus.“

Auch eines dieser immer wieder gern gebrachten Argumente, siehe etwa „Männliche Superhelden, die wie weibliche Superhelden posieren„. Das Argument bricht aber in sich zusammen, wenn man schlicht akzeptiert, dass Männer und Frauen im Schnitt verschieden sind und verschiedenes aneinander attraktiv finden.  Da kann das Fußballtrikot einer Spitzenmannschaft für Frauen das gleiche sein wie ein knapp genschittenes Cheerleaderoutfit für Männer: Beides signalisiert etwas, was das andere Geschlecht attraktiv findet. Bei Männern beispielsweise Status, bei Frauen eben eher einen guten Körper, Jugend, Sexualität.