Rap Musik als Ausdruck intrasexueller Konkurrenz und intersexueller Selektion

Rap Musik kennt einiges an Klischees, von den wackelnden Frauenhintern bis zu der Darstellung der eigenen Wichtigkeit.

Dabei bedienen diese Klischees klassische evolutionäre Strategien:

  • In der Regel werden die Rapper als Respektpersonen gezeigt, meist mit einer Entourage oder einer Gang, die sie als Anführer darstellt („Leader of men„, „Alphamann„).
  • Sie werden als stark und kampferfahren dargestellt, etwa mit gefährlichen Hunden oder Waffen, als Männer, die sich „auf der Straße auskennen“ und dort allgemein Respekt genießen (Anführereigenschaften, Betonung der Gefährlichkeit für eine intrasexuelle Konkurrenz)
  • Gleichzeitig wird dargestellt, dass sie genug Erfolg hatten um sich nicht mehr auf auf den Straßen aufhalten zu müssen: Dicke Auots, Reichtum, übertriebener Schmuck, Villen („Ansammlung von Ressourcen“).
  • Die Frauen gibt es üblicherweise in der Variante „Frau auf ihre sexuellen Reize reduziert und Massenware, eher Hintergrund für den Rapper“ („Preselected by other women“), das Desinteresse oder die Hinnahme der Frauen als selbstverständlich unterstreicht, dass der Rapper bei Frauen begehrt sind und keinerlei Ängste ihnen gegenüber hat, weil es für ihn klar ist, dass Frauen ihn wollen.
  • Ein guter Rapper braucht eine Hintergrundgeschichte, die deutlich macht, dass er von unten kommt und ein Gangster ist, mit dem nicht zu spaßen ist.
  • Gute Raptexte sind  gleichzeitig ein Zeichen für Intelligenz

Es sind damit kulturelle Ausformungen von intrasexueller Konkurrenz und Statusaufbau, abgestimmt auf ein bestimmtes Millieu. Wo ansonsten der intrasexuelle Konkurrenzkampf noch eher in die Arbeitswelt verlegt wurde oder Ressourcenansammlungen zurückhaltend dargestellt werden, damit man nicht zu protzerisch wirkt, ist dies in dem ärmeren Umfeld, aus dem Rap stammt nicht der Fall: Dort ist der Konflikt noch körperlicher, was sich auch in der Darstellung auswirkt und Reichtum ist so fern, dass man damit auch hemmungslos protzen kann und niemand Zurückhaltung erwartet.  Gerade der Umstand, dass man sich traut, seinen Reichtum zu zeigen ist hier ein Zeichen dafür, dass man den Reichtum auch verteidigen kann.

Wo außerhalb der Szene die Darstellung protzerisch und billig und frauenabwertend wirkt, passt sie dort dazu und die Zeichen werden als stimmig gesehen, als Zeichen von hohen Status. In einem Drogen- und Gewaltmillieu zieht eben Reichtum natürlich auch entsprechende Frauen an und dieser Umstand wird weniger verklausuliert als in Szenen, wo man das sexuelle eher herunterspielen muss und Zeichen eines geordneten Lebens eher ein Ehepartner ist.

Attraktivitätsteigerung durch Tätigkeiten

Ich bin auf einer Veranstaltung. Eine Aufführung ist ein 5er Gruppe, 2 Gitarrenspieler außen, drei Sängerinnen in der Mitte.

Vor mir in der Reihe sitzt eine Mädchengruppe, der es wohl gerade der rechte Gitarrenspieler angetan hat. Er hat so etwa diesen Look:

musiker Lob Mütze

Man berät in der Gruppe. Die eine Hälfte findet ihn heiß, der andere Teil ist sich noch nicht so sicher. Dann fängt er an zu singen und Gitarre zu spielen, was er augenscheinlich kann.

Die Reaktion aus der Gruppe: „Okay, er ist definitiv heiß!“. Der Rest der Mädels stimmt enthusiastisch zu.

Vergleichbares würde man von Männern denke ich nicht hören. Eine Frau wird nicht heißer, wenn sie Gitarre spielt oder singt. Bei Frauen passt es aber gut zu evolutionären Theorien, nach denen Musik ein Indikator guter Gene ist.

Costly Signals und Kultur

Aus meiner Sicht ist das Setzen von Signalen für die verschiedenen Aspekte von „Guten Genen“ ein Aspekt, der gerade beim Menschen vieles erklärt. Hiergegen wurde bereits eingewendet, dass die ursprüngliche Bedeutung von „Costly Signals“ wesentlich enger war und sich insbesondere auf körperliche Merkmale bezog und die Kosten dort meist wesentlich deutlicher erhöht wurden, etwa durch eine höhere Chance getötet zu werden, weil man durch lange Schwanzfedern eingeschränkt ist.

1. Lohnt sich Signaling nur bei sehr hohen Kosten?

Das Prinzip hinter dem Setzen von Signalen ist, dass diese den eigenen Wert gegenüber einem potentiellen Partner (sei es für Kooperation oder Fortpflanzung) signalisieren sollen. Bei nahe jeder menschlichen Interaktion ist dies von Relevanz, da immer die Frage ist, ob derjenige, mit dem man sie durchführt, der richtige ist, man ihm vertrauen kann, man nicht einen besseren bekommt. Bei jeder menschlichen Interaktion ist es daher wichtig, der anderen Seite die notwendigen Zeichen hierfür so deutlich wie möglich zu übersenden und es ist im Gegenzug für den Empfänger wichtig, diese Zeichen zu empfangen und „ehrliche Signale“ von „unehrlichen Signalen“ zu unterscheiden. Um so kooperativer dabei eine Spezies ist, um so weniger können solche Signale über „Kann sich vor Raubtieren schützen trotz Nachteil X“ gesendet werden. Diese haben in einem auf Handel ausgerichteten menschlichen Zusammenleben schlicht keinen Raum. Im übrigen kommen Signale außerhalb dieser Kategorie auch bei Tieren vor. Der komplizierte Gesang der Singvögel und dessen fehlerfreie Wiederholung zeigt beispielsweise an, dass dieser Teil des Gehirns fehlerlos erstellt ist und damit einen genetisch hohen Wert besitzt, was dann auf den übrigen Genanteil hochgerechnet wird. Komplizierte Balztänze haben eine ähnliche Funktion.

2. Intelligenz erzeugt Komplexität, Komplexität schlägt sich auch in den Signalen nieder

Ein weiterer Faktor ist, dass es in einer intelligenteren Spezies mit einem komplexen Sozialleben zu erwarten ist, dass der Partnerwert gerade auch über die Fähigkeit, in sozialen Situationen zu bestehen, dargestellt wird. Denn gerade im Zusammenspiel mit anderen und in der Konkurrenz mit anderen zeigt sich am deutlichsten der Vorteil von Intelligenz. Die Erkennung von „guten Partnern“ ist insoweit gerade unter den Bedingungen, in denen Menschen leben und evolviert sind, eine der wichtigsten Eigenschaften, die ein Mensch haben kann. Daraus wiederum folgt, dass auch das Senden solcher Signale von überaus hoher Wichtigkeit ist. Deswegen ist es gerade in solchen auf hohe Zusammenarbeit ausgelegten Arten zu erwarten, dass die Position in der Gruppe, die Bündnisse, die bereits bestehen, die Ressourcen, die man gegen andere verteidigen kann oder von ihnen zugewiesen bekommt, als Signale ausgewertet werden. Um so komplexer ein Lebewesen in ein Beziehungsnetz eingebunden ist und um so eher das Lebewesen durch Arbeitsteilung und Zusammenarbeit Vorteile erlangen kann, um so eher ist es auf Signale angewiesen.

3. Kultur als Signal

Bei dieser Betrachtung ist es zu erwarten, dass Lebewesen, die ein besonders starkes Interesse an der Darstellung von Signalen und deren Erkennung haben, soziale Praktiken entwickeln, die gerade dieser Darstellung dienen. Soziales Interesse der jeweiligen Lebewesen wird gerade auf die Erkennung von Signalen und die Erlangung von Darstellungsmöglichkeiten gerichtet sein.

Darunter würden fallen:

Nimmt man all diese Bereiche, in denen Menschen Signale aussenden sollten, um ihren Wert anzuzeigen, dann wird deutlich, dass Costly Signals einen großen Teil der heutigen Kultur ausmachen oder auf diese zuzurückzuführen sind. Dabei greifen die Kategorien natürlich auch ineinander. Insbesondere bewirken viele Zeichen einen sonstigen hohen Wertes auch eine Erhöhung des Partnerschaftswerts für das andere Geschlecht.

4. Wandelbarkeit von Signalen

Weil die Art, nach der man diese Eigenschaften demonstrieren kann, auch davon abhängen, inwieweit Technik und Kultur oder andere Ausprägungen die Darstellung erlauben, kann ein Signal, welches früher ehrlich war, heute aussagelos sein.

Beispielsweise wäre in der Steinzeit die Herstellung oder der Besitz eines fehlerlosen Tontopfs (symmetrisch, ohne Ungenauigkeiten in der Ausführung etc.) ein Zeichen sowohl hoher Handwerkskunst als auch hoher Ressourcen gewesen. In Zeichen industrieller Herstellung ist aber Perfektion die Norm und nur ein zeichen der zeitunaufwändigen Herstellung, ein Tonkrug (zB als Blumentopf), der Unperfektheiten aufweist, kann heute als Zeichen einer Zeitaufwändigen manuellen Herstellung gerade aufgrund dieser ein besseres Zeichen sein.

Ebenso kann ein überaus verzierte Kleidung aus Seide, mit filigranen Schuhen auf Absätzen und Spitzenkragen ein Zeichen dafür gewesen sein, dass man sich zum einen die teure Seide leisten konnte (Ressourcen) und zum anderen nicht körperlich oder auch gar nicht arbeiten musste, weil andere dies für einen machen (Status). Mit einer Steigerung von Tätigkeiten im geistigen Bereich sinkt hingegen der Nutzen hiervon, zudem drückt praktischere Kleidung dann wieder eher Kooperationsbereitschaft aus, also auch die Bereitschaft wertvolle Arbeit zu leisten aus, die in einer Leistungsgesellschaft wichtiger ist als in einer Ständegesellschaft.

In einer Gesellschaft, in der mangels effektiver Verhütung sexuelle Treue besonders wichtig war, mag die Keuschheit und Unberührtheit einer Frau als Signal betont werden, während in Zeiten effektiver Verhütung Treue in einer Beziehung Keuschheit als Signal ablehnt und sexuelle Signale eine höhere Bedeutung erhalten. Eine Frau, die sich früher für Nacktfotos zur Verfügung gestellt hat, hat in bestimmten Bereichen Signale gesetzt, die negativ waren, etwa indem sie die üblichen Signale von Keuschheit und Unberührtheit durch starke sexuelle Signale überlagerte. Da heute diese Werte kulturell herabgestuft sind und emotionale Treue wichtiger ist, fällt der Malus in diesem Bereich teilweise Weg und die stärkere Aufwertung sexueller Signale führt dazu, dass das Ausziehen für den Playboy gesellschaftsfähig geworden ist. Auch heute aber müssen bestimmte Regeln eingehalten werden, die die Bilder „Stilvoll“ im Gegensatz zu „billig“ machen, wobei der Unterschied meist daran liegt, dass in den Bildern zwar eine Bewertung des Körpers (=Rückschluss auf „gute Gene“) erlaubt wird, aber ein sexuelles Anbieten durch entsprechende, den Sex ermöglichende Stellungen und die Betonung der eigenen sexuellen Erregung unterbleibt.

Solange die Macht von Kirchen besonders hoch war, konnte Religionszugehörigkeit ein Costly Signal dafür sein, dass man Bestandteil der Gruppe ist und insofern kooperationsfähig, dass man einen normalen sozialen Umgang pflegt (im Gegensatz dazu mit dem Teufel im Bunde zu sein).

5. Aufnahme als Zeichen trotz heute fehlender Ehrlichkeit

Viele Zeichen, die heute kulturell bestehen, fehlt es allerdings aufgrund des technischen und kulturellen Wandels an Ehrlichkeit. Weil sie aber einmal Costly waren, nehmen wir sie teilweise auch heute noch als Costly wahr. So ist der Besuch in einem feinen Restaurant insbesondere deswegen als Zeichen interessant, weil die Bediensteten einem besonders zuvorkommend und ehrergiebig behandeln und dabei selbst Zeichen eines hohen Status über ihre Kleidung tragen. Ebenso dient der Preis als Costly Signal von Ressourcen, obwohl diese heute auch mit einem normalen Gehalt zu stemmen sind. Ebenso können zB falsche Brüste als Imitat guter Gene gefallen, obwohl wir wissen, dass sie falsch sind. Und die Anonymität und der in das Berufsleben verlagerte Wettbewerb der heutigen Welt in Vergleich zu steinzeitlichen Welten erlaubt uns stärker, auch Statusverhalten, welches eigentlich nicht zu unserem Status passt vorzugeben. Es bestehen also viele Möglichkeiten, heute Zeichen, die früher eine hohe Aussagekraft hatten, zu fälschen.

Kunst als evolutionäre Adaption zur Darstellung guter Gene

Matt Ridley schreibt in „The Mating Mind„:

The idea that art emerged through sexual selection was fairly common a century ago, and seems to have fallen out of favor through neglect rather than disproof. Darwin viewed human ornamentation and clothing as natural outcomes of sexual selection. In The Descent of Man he cited the popularity across tribal peoples of nail colors, eyelid colors, hair dyes, hair cutting and braiding, head shaving, teeth staining, tooth removal, tattooing, scarification, skull deformations, and piercings of the nose, ears, and lips. Darwin observed that „self-adornment, vanity, and the admiration of others, seem to be the commonest motives“ for selfornamentation. He also noted that in most cultures men ornament themselves more than women, as sexual selection theory would predict. Anticipating the handicap principle, Darwin also stressed the pain costs of aesthetic mutilations such as scarification, and the time costs of acquiring rare pigments for body decoration. Finally, he argued against a cultural explanation of ornamentation, observing that „It is extremely improbable that these practices which are followed by so many distinct nations are due to tradition from any common source.“ Darwin believed the instinct for self-ornamentation to have evolved through sexual selection as a universal part of human nature, more often expressed by males than by females (..)

The idea that art emerged through sexual selection was fairly common a century ago, and seems to have fallen out of favor through neglect rather than disproof. Darwin viewed human ornamentation and clothing as natural outcomes of sexual selection. In The Descent of Man he cited the popularity across tribal peoples of nail colors, eyelid colors, hair dyes, hair cutting and braiding, head shaving, teeth staining, tooth removal, tattooing, scarification, skull deformations, and piercings of the nose, ears, and lips. Darwin observed that „self-adornment, vanity, and the admiration of others, seem to be the commonest motives“ for selfornamentation. He also noted that in most cultures men ornament themselves more than women, as sexual selection theoryPowerful reactions like aesthetic rapture are the footprint of powerful selection forces. Like our sexual preferences for certain faces and bodies, our aesthetic preferences may look capricious at first, but reveal a deeper logic on closer examination. If art evolved through sexual selection, our aesthetic preferences could be viewed as part of our mate choice system. They are not the same preferences we use to assess another individual’s body, because, like most other animals, we already have rich sexual preferences about body form. Rather, they are the preferences we use in assessing someone’s extended phenotype: the set of objects they made, acquired, and displayed around their bodies. To explain our aesthetic preferences, we should be able to use the same sexual selection theories that biologists use to explain mating preferences. As we saw in previous chapters, these boil down to three options: preferences that escalate through runaway effects, preferences that come from sensory biases, and preferences evolved to favor fitness indicators. (…)

Beauty conveys truth, but not the way we thought. Aesthetic significance does not deliver truth about the human condition in general: it delivers truth about the condition of a particular human, the artist. The aesthetic features of art make sense mainly as displays of the artist’s skill and creativity, not as vehicles of transcendental enlightenment, religious inspiration, social commentary, psycho-analytic revelation, or political revolution. Plato and Hegel derogated art for failing to deliver the same sort of truth that they thought philosophy could produce. They misunderstood the point of art. It is unfair to expect a medium that evolved to display biological fitness to be well adapted for communicating abstract philosophical truths. (…)

When we talk about the evolution of art, perhaps we are really talking about the evolution of a human tendency to make material objects into advertisements of our fitness. When we talk about aesthetics, perhaps we are really talking about human preferences that evolved to favor features of human-made objects that reliably indicate the artisan’s fitness. This view suggests that aesthetics overlaps with social psychology. We possess a natural ability to see through the work of art to the artist’s skill and intention. Seeing a beautiful work of art naturally leads us to respect the artist. We may not fall in love with the artist immediately. But if we meet them, we may well want to find out whether their actual phenotypes live up to their extended phenotypes.

Ich finde es eine interessante Betrachtung von Kunst. Es passt zum Sexappeal, dass viele Künstler haben und gibt eine gute Erklärung dafür, warum wir Kunst an sich mögen. Es würde erklären, warum mehr Männer als Frauen auf der produzierenden Seite tätig sind, aber viele Frauen Kunstausstellungen und Theater etc mögen.

Wenn das Gehirn, wie es Geoffrey Miller ausführt, eine der besten Möglichkeiten ist, gute Gene darzustellen, weil ein gut funktionierendes Gehirn mit schlechtern Genen nicht funktioniert, dann macht es in der Tat Sinn, die Fähigkeiten des Gehirns über Kunst darzustellen. Es würde erklären, warum wie Musik mit einem gewissen komplizierten System mögen (Fugen etc), warum Rapper mit schnellen, spontanen Reimen Erfolg haben etc.