Auf der Seite der Süddeutschen gibt es einen Artikel, in dem dargelegt wird, dass man eine „Beziehungskonto“ führen sollte:
Warum Paare ein Beziehungskonto führen sollten
Wie viel gebe ich in meiner Partnerschaft und wie viel bekomme ich zurück? Die Psychologin Linda Mitterweger erklärt, warum es hilft, sich die Liebe wie ein Bankkonto vorzustellen – und wie ein solches Modell selbst eingefahrene Konflikte lösen und neue Intimität schaffen kann.
Das Beziehungskonto funktioniert ganz ähnlich wie ein normales Bankkonto. Wenn du mal an dein Bankkonto denkst, dann gibt es da einen Kontostand. Immer wieder hebst du Geld ab, entnimmst Geld vom Konto für verschiedene Anschaffungen, tätigst verschiedene Ausgaben und dein Kontostand sinkt. Und dann gibt es ab und zu Einzahlungen, dein Gehalt beispielsweise oder vielleicht hast du einen Nebenverdienst, vielleicht bekommst du ein Geldgeschenk, vielleicht gibt es extra Weihnachtsgeld. Dieses Geld landet auf deinem Konto und dein Kontostand steigt wieder. Und wenn es mal einen Monat gibt, indem du sehr viele Ausgaben tätigst, in dem du mehr abhebst, als eingezahlt wurde, dann bist du im Minusbereich, im Dispo. Und dafür fallen Zinsen an, gar nicht mal wenig. So funktioniert ein übliches Bankkonto.
Und ganz ähnlich funktioniert ein Beziehungskonto.
Beziehungskonto – was ist das?
Auch hier bezahlst du ein. In Form von Aufmerksamkeiten gegenüber deinem Partner. In Form von Geschenken, von Taten, von Worten. Du merkst schon, dass es nicht immer um materielle Einzahlungen geht. Du bekommst sehr wahrscheinlich ein paar Punkte auf deinem Beziehungskonto gutgeschrieben, wenn du deinem Partner ein Geschenk mitbringst – einen Strauß Blumen, das Lieblingsessen, ein schönes Schmuckstück. Aber sicher bekommst du auch Punkte gutgeschrieben – und zahlst somit ein –, wenn du deinem Partner zuhörst. Wenn du ihn ernst nimmst. Dir Mühe gibst, seine Gedanken und Gefühle nachzuvollziehen. Wenn du dir Zeit für ihn nimmst.
Eine Beziehung baut auf dem Gleichgewicht aus Geben und Nehmen auf
Und auch von dem Beziehungskonto wird hin und wieder abgehoben. Nämlich genau dann, wenn du mehr nimmst, als du gibst. Wenn du die Gefühle deines Partners verletzt. Seine Bedürfnisse übergehst. Wenn du sein Vertrauen missbrauchst. Ich werde dir da später noch ein paar konkrete Beispiele bringen. Immer dann hebst du etwas vom Konto ab. Und wenn du davor regelmäßig eingezahlt hast, wenn du dafür gesorgt hast, dass dein Konto im Plus ist, dann wird das meistens verziehen und fällt nicht so sehr ins Gewicht. Schön ist es natürlich trotzdem nicht und gut für deine Beziehung auch nicht. Aber es lässt sich nicht immer vermeiden, das weiß ich.
Richtig schwierig wird es, wenn ein Partner über einen längeren Zeitraum oder in einem größeren Ausmaß vom Konto abhebt. So, dass er irgendwann im Minus ist. Dass sein Konto irgendwann leer ist, wenn nicht sogar überzogen.
Das Beziehungskonto läuft meist unbewusst ab
Es ist jetzt nicht so, dass du Zuhause eine Strichliste haben solltest darüber, was dein Partner für dich getan hat und was eben nicht. Das Beziehungskonto läuft tatsächlich meist komplett unbewusst ab. Und das Beziehungskonto gibt es nicht nur in der Partnerschaft – auch in der Freundschaft spielt das oft eine Rolle. Vielleicht hast du auch schon mal so eine Freundschaft geführt, bei der du das Gefühl hattest, dass dir mehr daran liegt und dass du dich mehr anstrengst. Dann war es wahrscheinlich so, dass du immer brav auf das Beziehungskonto dieser Freundschaft einbezahlt hast – dadurch, dass du dich regelmäßig gemeldet hast, Verabredungen eingehalten hast, dich nach dem Befinden dieses Freundes oder dieser Freundin erkundigst hast – und die andere Person hat hauptsächlich abgehoben. Und so seid ihr möglicherweise ins Ungleichgewicht gerutscht, du hast dich vernachlässigt gefühlt und möglicherweise hast du sogar die Freundschaft beendet. Ganz ohne dieses Modell des Beziehungskontos zu kennen aber doch irgendwie durch seine Auswirkung.
Partnerschaft: Das Beziehungskonto sollte im Plus bleiben
Und jetzt siehst du schon, was im schlimmsten Fall auch passieren kann, wenn in einer Partnerschaft ein Partner sein Beziehungskonto dauerhaft überzieht: Es kann passieren, dass der andere Partner dann mit dem Gedanken spielt, diese unausgeglichene Beziehung zu beenden. Weil er keine Lust mehr hat, diesen Partner, der da ständig im Dispo hängt und seine Schulden nicht zurück zahlt, weiter durchzufüttern – emotional.
Das Beziehungskonto ist also wirklich eine Metapher für die Bemühung um die Beziehung, für das Interesse aneinander, für vertrauenswürdiges Verhalten. All das wird von deinem Beziehungskonto abgebucht oder auf dieses Konto einbezahlt. Und deshalb ist es auch immer so, dass es in jeder Beziehung zwei Konten gibt. Dein Beziehungskonto und das Beziehungskonto deines Partners. Ihr habt also nicht ein gemeinsames Konto, sondern jeder sein eigenes. Und auf dein Beziehungskonto zahlt dein Partner ein. Auf sein Beziehungskonto bezahlst du ein. Und ob du genug einbezahlt hast, ob du genug Interesse gezeigt hast, dich genug bemüht hast, darüber entscheidet dein Partner. Andersrum ist es natürlich genauso: Ob die Worte oder Handlungen deines Partners als Plus auf deinem Beziehungskonto landen, das entscheidest du. Vielleicht hast du auch schon mal die Erfahrung gemacht, dass du etwas Liebevolles oder Gutes für deinen Partner getan hast, aber es ist gar nicht angekommen. Es hat ihn nicht besänftigt, z.B., oder erfreut, so wie du das geplant hattest. Weil er entscheidet, was bei ihm ankommt.
In welcher Währung zahlst du auf das Beziehungskonto ein?
Das kann damit zu tun haben, dass ihr verschiedene Liebessprachen sprecht und du in einer Währung auf sein Konto einbezahlst, die er nicht annimmt – dazu gibt es auch eine Podcast-Folge, falls du das Konzept der fünf Sprachen der Liebe noch nicht kennst – das kann auch daran liegen, dass dein Konto beispielsweise so weit im Minus ist, dass deine liebevolle Geste ein Tropfen auf den heißen Stein ist, der dich so schnell nicht wieder ins Plus bringt.
Es gibt einige Worte, Taten, Handlungen, die sowohl dafür sorgen können, dass auf das Konto einbezahlt wird, als auch dafür, dass abgehoben oder überzogen wird.
Manche Themen können sich positiv oder negativ auf deine Beziehung auswirken
Nehmen wir beispielsweise das Thema Versprechen: Wird ein Versprechen eingehalten, wird einbezahlt. Wird es gebrochen, wird abgehoben.
Genauso ist es mit Erwartungen: Werden Erwartungen geklärt und auch erfüllt, wird einbezahlt. Werden Erwartungen enttäuscht, nicht eingehalten, wird abgehoben.
Thema Treue: Untreue gibt Minus auf dem Konto, ein fettes Minus meistens. Treue gibt Plus.
Allerdings sind wir da schon beim nächsten Thema: Dinge voraussetzen.
Zu Beginn der Beziehung, wenn Paare frisch verliebt sind, dann zahlen sie meistens kräftig ein. Sie nehmen sich viel Zeit füreinander. Sie überlegen sich Überraschungen für den Partner, tun Dinge gerne dem Partner zuliebe, geben sich Mühe, präsentieren sich von ihrer besten Seite. Und oft ist es so, dass dieses Engagement für die Beziehung mit der Zeit abnimmt. Oft ist dann bereits so ein großer Puffer auf dem Konto, dass man davon noch eine Weile ganz gut leben kann. Dass es nicht direkt eine Krise gibt, weil mal nichts einbezahlt wird. Aber dieser Puffer ist mit der Zeit aufgebraucht. Einerseits, weil immer mal die ein oder andere Situation dazu führt, dass etwas vom Konto abgehoben wird. Andererseits, weil – und da sind wir beim Thema – Dinge oft als selbstverständlich vorausgesetzt werden.
Manche Dinge werden in Beziehungen als selbstverständlich vorausgesetzt
Zum Beispiel Treue. Für Treue gibt es wahrscheinlich nicht jede Woche einen Pluspunkt, weil man in einer monogamen Beziehung einfach davon ausgeht, dass der Partner treu ist. Aber auch Kleinigkeiten werden vorausgesetzt. Zu Beginn, wenn ihr euch kennenlernt, bringt dir dein Partner vielleicht jeden Morgen einen Kaffee oder Tee ans Bett. Und du freust dich, fühlst dich verwöhnt, geliebt. Ein fettes Plus auf dem Beziehungskonto. Das läuft ein paar Monate ganz gut. Und dann hat dein Partner keine Lust mehr. Vielleicht möchte er auch mal liegen bleiben. Vielleicht würde er gerne selbst mal eine Tasse Kaffee ans Bett bekommen. Er bleibt liegen und hört damit auf, mit dieser kleinen liebevollen Geste, die sich schon gut etabliert hat in eurer Beziehung. Und was passieren kann ist, dass an dem Tag, an dem dein Partner dir keinen Kaffee ans Bett bringt, du unbewusst einen Minuspunkt auf seinem Konto verbuchst. Und so bekommt er für etwas, das ein Extra war, das einen Pluspunkt wert war – zu Beginn eurer Beziehung – plötzlich einen Minuspunkt, weil er dieses Extra unterlassen hat. Und weil es schon selbstverständlich geworden ist. Weil du es vorausgesetzt hast.
Fällt dir etwas ein in eurer Beziehung, das in diese Kategorie zählen könnte?
Was nimmst du in deiner Partnerschaft für selbstverständlich?
Wenn man genauer darüber nachdenkt bemerkt man, wie unfair das ist. Wie ungerecht. Wie ungerechtfertigt auch. Und trotzdem ist es so – in vielen Beziehungen. Das ist oft der typische Verlauf. Und dass es so ist, lässt sich nicht vom einen auf den anderen Tag ändern aber vielleicht ist für dich diese Folge ja gerade auch ein Anlass, da mal drüber nachzudenken. Und da vielleicht aktiv etwas zu verändern.
Fakt ist: Jeder hat in einer Beziehung im gleichen Maß dafür Sorge zu tragen, dass sein Konto im Plus ist. Dass er regelmäßig einzahlt und somit dafür sorgt, dass sich der Partner gewertschätzt, geliebt und verstanden fühlt.
Und deshalb möchte ich dir jetzt, zum Abschluss dieser Folge, noch 4 Tipps mitgeben für einen guten Umgang mit eurem Beziehungskonto:
Tipp 1: Checke immer wieder den Kontostand und sprecht darüber.
Fragt euch immer mal wieder: „Wie stehe ich gerade bei dir?“ Tauscht euch darüber aus. Über eure Wahrnehmungen, über eure Gefühle. Regelmäßig, jede Woche. Dann fällt es nämlich direkt auf, wenn einer nicht mehr einbezahlt. Wenn einer sich mit etwas allein gelassen fühlt. Das kann auch sein: „Ich habe das Gefühl, ich bin grad der einzige von uns beiden, der in die Beziehung investiert und sich Zeit nimmt.“ Klärt das sofort und wartet nicht ab, bis es zu spät ist.
Tipp 2: Sprecht häufige Abbuchungen an; nicht erst wenn ihr im Minus seid
Du darfst deinem Partner sagen: „Ich nehme gerade wahr, dass ich mich sehr für unsere Beziehung ins Zeug lege. Und ich brauche, dass du mitziehst. Ich brauche was von dir.“ Das ist erlaubt. Es geht da um euch beide. Das sind keine zu großen Forderungen. Das ist deine Wahrnehmung. Vielleicht nimmt dein Partner die Situation anders wahr – das ist auch in Ordnung; Wahrnehmung ist subjektiv – aber dann schafft Raum um euch darüber auszutauschen.
Tipp 3: Tauscht euch darüber aus, wie ihr einzahlen könnt
Das ist ein Teil des Austauschs. Sprecht darüber, was euch gut tut. Was der Beziehung gut tut. Lobt einander auch, wenn ihr eine Einzahlung vom anderen bemerkt. Spart da nicht mit Komplimenten – so zahlt ihr übrigens selbst wieder ein. Achte darauf, wann dein Partner einzahlt und sag ihm, dass du das bemerkst. Und wenn du das Gefühl hast, dass du einzahlst ohne dass dein Partner das bemerkt: Sprech es an. Frage nach. Vielleicht ist das ja eine Währung, die dein Partner nicht versteht.
Tipp 4: Tauscht euch darüber aus, wann ihr abhebt
Ohne Druck oder Erpressung. Sage deinem Partner einfach, wenn du bemerkst, dass er vom Beziehungskonto abgehoben habe. Sage ihm: „Als du gestern zu spät zu unserer Verabredung gekommen bist hat mich das geärgert und mir auch die Stimmung vermiest. Ich bin dir deshalb nicht mehr böse. Ich will nur, dass du weißt, was das mit mir macht.“ Seid da offen, bleibt da in Kontakt. Ihr könnt nur dazu lernen!
Ich verstehe den Sinn dahinter: Mehr über Sachen sprechen, die einen stören, auch wahrnehmen, was der andere tut. Früh erkennen, dass jemand ein Ungleichgewicht sieht etc
Und für einige Leute mag die Metapher eines Kontos das Richtige sein. Vielleicht ist es sogar eine hübsche Gedankenstütze dafür mal etwas Gutes für den anderen zu tun.
Für mich wäre es blanker Horror dies als Metapher so mit einem Partner zu besprechen. Vielleicht wäre es interessant mal anzuführen, was jeder wie bewertet. Wie viel zählt „Wenn die Kinder wach sind aufstehen und den anderen weiterschlafen lassen“ im Vergleich zu „Immer muss ich den Müll runterbringen“. Was zählt für die Beziehung „Musste länger im Büro bleiben, weil da was fertig zu machen war und das unseren Lebensstandard sichert?“ Was zählt die Sexfrequenz oder die Art des Sexes und wie bewerten diese beide jeweils? Was zählt, dass sie etwas schönes gemacht hat, was sie gut findet, mich aber gar nicht interessiert und umgekehrt?
Natürlich führt man immer auf irgendeine Weise Buch, aber eine beständige Aufrechnung und Abgleichung würde aus meiner Sicht schlicht fürchterlich sein.
Wichtig ist natürlich, dass man versucht den anderen glücklich zu machen und er einen. Wer anfängt in Punkten zu denken, die imaginär auf ein Konto gezahlt werden, der denkt aus meiner Sicht schon falsch über eine Beziehung.