Ein Vollzeitvater und seine Erfahrungen

Im Focus berichtet ein Vater von seinem Versuch Hausmann zu sein, während seine Frau das Geld verdient:

Er schildert beispielsweise das, was auch viele Frauen beklagen: Die Selbstverständlichkeit mit der bestimmte Leistungen entgegengenommen werden:

Am Anfang war alles ein Spiel: aufstehen, alle aufwecken, den Morgenbrei kochen, die Tochter für die Schule „parat machen“, mit dem Sohn ein wenig schwatzen, während ich den ersten Kaffee trank. Anschließend folgten all die täglichen Arbeiten eines Hausmannes wie Ordnung machen, Wäsche waschen, Staubsaugen, Schrubben, Kochen, Helfen bei den Hausaufgaben, Geschichten erzählen und Spielen mit den Kindern. Einfach „da sein“. Selbst wenn die Kinder die Läuse haben…

Aber bald wurde mir klar: Die Auswirkung meines Planens und Handelns ließen sich nicht beweisen. Du kannst noch so gut kochen, das Essen wird mit einer gewissen alltäglichen Selbstverständlichkeit hinuntergeschlungen. Du kannst noch so penibel aufräumen und putzen, eine Viertelstunde später ist wieder alles dreckig oder durcheinander. Du kannst dich noch so gut um jedes einzelne Familienmitglied kümmern, allmählich wirst du zum Faktotum, das niemand mehr wahrnimmt.

Und niemand sagt dir wirklich „Danke“ – von Herzen, meine ich. Was du erhältst, ist ein alltägliches Danke, ein hingeworfenes Unterpfand für deine pflichtschuldig geleisteten Dienste. Ich verstand auf einmal die alltägliche und stets präsente Müdigkeit meiner Mutter, die ihr ganzes Leben lang als Hausfrau gearbeitet hatte.

Das ist sicherlich etwas, was man häufiger hört. (Wobei es im Büro ja häufig nicht anders ist, auch da wird schlicht erwartet, dass man seinen Job macht, aber man geht in der Familie eben noch anders miteinander um).

Der nächste Absatz ist hoch interessant:

Ich wusste, ich war privilegiert: Meine Frau finanzierte alles, ohne sie hätte ich dies gar nicht unternehmen können. Ich war privilegiert, weil meine Frau sich auf dieses „Experiment“ – wie sie es bezeichnete – eingelassen hatte. Und sie war privilegiert, weil sie sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren konnte und umsorgt wurde, so gut ein Mann „umsorgen“ kann.

Was meinen Traum vom Hausmann-Dasein beflügelt hatte, war die Aussicht, mehr Freiheit zu haben. Für mich hieß das, an meinen Gedichten schreiben zu können. Und ich erhielt diese Freiheit zur Genüge.

Ein Mann sieht etwas als Privileg, was häufig gleichzeitig als Unterdrückung der Frau gesehen wird und viele würden ihm da wohl durchaus zustimmen, wenn er es als Mann sagt.

Er berichtet aber auch von kritischen Reaktionen:

Auf den Spielplätzen allerdings traf ich auf die Mütter: eine andere Art Mensch. Sie blickten mich argwöhnisch und kritisch an. Ich verhielt mich meinem Kind gegenüber anders als sie: Mein Sohn durfte mehr (dreckeln), wurde selten zurechtgewiesen (allerdings sofort, wenn es um den Besitz anderer Kinder ging), wurde mit Ironie und Witzen getröstet, wenn er sich wieder mal das Knie geschürft hatte. Einmal schimpfte mich eine Mutter regelrecht aus, weil ich meinen Sohn eine Minute länger als in der Schweiz üblich (oder so) sich im Dreck wälzen ließ, weil er eine fünfte Reiswaffel mit Schoggiguss nicht erhalten hatte. „Was für ein herzloser Mensch sind Sie denn?“

Ich könnte Tausende solche Geschichten der Verwunderung und Befremdung erzählen. Von den Kommentaren und dem bewundernden Mitleid der Arbeitskolleginnen und -kollegen meiner Frau. Oder von der Besorgnis (um meine seelische Gesundheit?) in den Blicken meiner besten Freunde.

Hier könnte man eine Form des „Womansplaining“ ausmachen: Sie meinen weil er ein Mann ist wisse er weniger über Erziehung als sie und belehren ihn.

Er merkt einen Wandel, auch in seiner Beziehung:

Ja, ich war ganz und gar Hausmann geworden. So weit, dass man mich als Zwitter hätte bezeichnen können. Ich war weder Mann noch Frau. Doch gab es noch Überreste männlichen Handelns: So konnte ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, wie wichtig es meiner Frau war, dass die Kissen in einer Art dekorativer Habachtstellung auf der Couch „standen“, oder weshalb mein Sohn jeden Tag eine neue Hose anziehen sollte, die ja sowieso in den ersten zehn Minuten nach Ankunft auf dem Spielplatz eingedreckt würde…

Meine Frau hatte Mühe, mich zu begehren

Und im dritten Jahr wurde auch deutlich, wie diese neue Rolle sich auf die Beziehung ausgewirkt hatte. Meine Frau hatte Mühe, mich – das Faktotum – als Mann zu sehen, mich als Mann anzunehmen und, ja, zu begehren. Sie wünschte sich einen Mann, der „voll und ganz im Leben“ steht. Sie wünschte sich einen Mann, auf den sie „stolz“ zeigen könne.

Eigentlich ja ganz Feminismuskompatibel der erste Teil: Er bricht aus den Geschlechterrollen aus und ist damit quasi „nonbinary“, ein Enby. Aber anscheinend lässt er sich auch etwas dabei gehen und tritt anscheinend auch anders auf. Er erlebt etwas, was in der feministischen Theorie so gar nicht vorkommt: Anforderungen der Frauen an den Mann, sich wie ein Mann zu benehmen. Und Begehren für Männlichkeit. „Voll und Ganz im Leben steht“ ist dann eine interessante Klausel, von denen es viele gibt: der „echte Mann“, der Mann, der eine Familie ernähren kann etc.

Natürlich ist es schwer zu beurteilen, ob das dann tatsächlich der Grund für das Scheitern war. Wir kennen ja nur seine Seite. Aber es ist insofern eine interessante Perspektive