Tag: 1. April 2018
Besonders sein
In dem Buch „the subtle Art of not giving a F*ck“ wird dargestellt, dass es ein Ausfluss der heutigen Kultur, insbesondere der sozialen Medien, ist, dass jeder das Gefühl hat etwas Besonderes sein zu müssen.
Wir nehmen in unserem sozialen Leben viel mehr wahr, dass jemand besonders ist, weil diese Momente ebeni sozialen Netzwerken gepostet werden und da über unsere Timeline eine geschönte Version vieler Leben entsteht, in denen die besonderen Momente hervorgehoben sind und man die Probleme weit weniger mitbekommt.
Auch ansonsten wird immer wieder vertreten, dass man sich nicht mit dem Zweitbesten zufrieden geben sollte, dass man das Beste verlangen sollte oder erreichen sollte und man sieht überall schöne Models und Männer und Frauen mit Karrieren. Daraus entstehe Eindruck des Besonderen als das neue Normale und eine Abwertung von allem, was normal ist.
Damit kann der Eindruck entstehen, dass es dann selbst besser ist, nach unten hin abzuweichen, weil man dann eben immerhin jemand ist, der wahrgenommen wird, etwa als ein Opfer, was besser ist als gar nicht wahrgenommen zu werden.
Dazu passt, dass Leute immer empfindlicher werden und immer mehr verlangen. Wenn man beispielsweise an amerikanischen Universitäten feststellt, dass Leute noch nicht einmal mehr eine andere Meinung aushalten können und wegen kleinster Vorfälle überfordert sind, dann eben auch, weil sie eine entsprechende Anspruchshaltung entwickelt haben, in der jeder etwas Besonderes sein muss und jeder das Recht hat besonders behandelt zu werden. Dieses Entitlement oder der Anspruch darauf, dass man nicht normal behandelt wird, sondern es sich alles um einen dreht, wäre dann auch Ausdruck dieser Haltung.
Hier würden viele der momentan zu beobachtenden Phänomene reinpassen, jemand der besonders ist, der muss ähnlich wie eine Diva, eben nicht hinnehmen, dass er sich nach anderen richten muss, sondern kann verlangen, dass ich alles nach ihm richtet und auf seine Besonderheit Rücksicht genommen wird.
Alles auf sich selbst abzustellen und insoweit eine sehr egozentrische Betrachtung der Welt zu haben passt auch gut zu dem Versuch Status zu signalisieren. Wer sich nach anderen richtet der folgt für ihn vorgesehenen Regeln, wer verlangt, dass ich alle nach ihm richten, der hatte ursprünglich einen höheren Status und kann diesen mit einer entsprechenden Haltung heute vortauschen.
Gut hier rein passen auf diverse Angaben, dass man nicht Mann oder Frau, sondern Enby (Nonbinary oder NB) oder queer ist. Normal zu sein wäre gewöhnlich, eine besondere Geschlechtsidentität einzufordern wäre insoweit der Nachweis, dass man etwas Besonderes ist, dass man besonders beachtet werden muss und dass man von anderen verlangen kann, dass sie einen mit bestimmten Pronomen anreden oder anderweitig gesondert behandeln.
Insoweit hat vieles von den Ausgestaltungen der feministischen Theorie etwas von einem Schrei nach Aufmerksamkeit. Wenn man anders nicht hervorstechen kann, dann eben über eine gesonderte Identität, die Aufmerksamkeit verlangt. Hier wird nicht darauf abgestellt, dass man etwas Besonderes geleistet hat, sondern schlicht dass man etwas Außergewöhnliches ist, das beachtet werden muss. Aus dieser Selbstverständlichkeit, dass sich alles nur einen selbst gedreht, folgt dann auch eine Verbesserung der eigenen Stellung, weil die Identität einem einen besonderen Wert gibt. Es würde auch erklären, warum die Liste der Identitäten immer größer wird und immer breiter angewendet wird.
Insoweit wäre die dadurch gewonnene Aufmerksamkeit auch gerade in der heutigen sehr anonymen Gesellschaft etwas, was auf anderem Weg schwierig zu erreichen ist. Viele können besser sein als man selbst, können ansonsten mehr machen oder sich mehr engagieren in verschiedensten Bereichen, die Queer-Identität verleiht einem aber die Fähigkeit, dass man die Achtsamkeit einfordern kann. Hierzu passt es auch, das gerade in dem Bereich Leute ihre Individualität noch durch starke Haarfärbungen hervorheben, gerade durch Warnfarben.
Dies wäre ein Schrei danach, wahrgenommen zu werden. Insoweit bedient der Moderne Feminismus ein Aufmerksamkeitsbedürfnis, welches in der zugleich anonymisierten Gesellschaft, in der immer mehr Besonderheiten hervorgehoben werden, sehr wichtig sein kann.
Wer sonst nicht die Möglichkeit hätte, etwas Besonderes zu sein, dem stellt er diese Möglichkeit bereit. Er kann gerade hässlichen , dicken, unangepassten oder von der Norm abweichenden Leuten oder Menschen die sonst mit ihrem Leben und zufrieden sind und eine Erklärung dafür brauchen, warum sie gefühlt nicht etwas Besonderes sind , helfen , dieses Gefühl zu erlangen.

Trigglypuff ist nicht einfach dicke, sie kämpft gegen Schönheitsnormen und ist fatpositiv. Zudem kämpft sie gegen das Patriarchat
Dazu passen auch Slogan wie jede Frau ist schön, jeder auf ihre Art, es gäbe keine allgemeinen Schönheitsnorm oder ähnliche Formeln. Überhaupt ist der Umsturz aller hinderliche Regeln und auch die Umformulierung eines Drucks , der aus intrasexueller Konkurrenz entsteht, zu etwas , was lediglich durch Zwang entstanden ist und beseitigt werden muss, etwas was eben dem Leben einen Sinn geben kann und einem damit auch zu etwas besonderen macht . Denn dann ist es gerade in die bessere Variante , dich diesen Regeln nicht unterzuordnen und derjenige , der dem Zwang widersteht ist in der Besondere .
Unterlegenheitsgefühl, beispielsweise weil Männer eher in hören Positionen sind und damit deren Geschlecht er das Besondere ist, werden dadurch ebenfalls beseitigt. Der Mann ist in diesem dieser Hinsicht nicht mehr das Besondere, vielmehr ist er jemand, der seine Aufgabe, seine Privilegien abzulegen, noch nicht erfüllt hat er, der lediglich von dem gesellschaftlichen Umständen profitiert, und selbst nichts besonderes geleistet hat. Man selbst hingegen hat wesentliches geleistet, wenn man dies bereits verseht und damit gegen das Patriarchat und gegen die Privilegien der Männer ankämpft.
Im Ganzen wäre dann ein Feminismus dieser Art stark mit einem Egozentrismus oder einem Narzissmus durchsetzt. Es würde viel darum gehen, sich als der besondere in den Vordergrund zu drängeln, und sei es derjenige, der sich für die richtigen Minderheiten einsetzt und ganz bescheiden dahinter zurück steht.