Hat der Feminismus Angst vor gleichen Rechten UND Pflichten und deswegen ein so schlechtes Frauenbild?

Lucas Schoppe stellt die negative Sicht auf Frauen in dem gegenwärtigen Feminismus dar:

Skandalös ist aus dieser Sicht nicht die Fixierung auf Ängste und Schutzbedürftigkeiten – skandalös ist lediglich, dass der Schutz nicht total ist, dass der allgute Vater Staat noch Lücken in seinem schützenden Mantel toleriert.

Damit wird Frauen dann der verrückte Eindruck erweckt, sie könnten sich eine Erfahrung ersparen, die für Männer – zu deren Vorteil, übrigens – ganz selbstverständlich ist: Dass es keinen absoluten Schutz gibt, und dass Menschen daher auf sich selbst und aufeinander aufpassen müssen. (….)

Ähnlich die von Schwesig finanzierte Kampagne zur Hate Speech im Netz. In der Welt der Ministerin kommt der Hass von Männern, die Opfer sind Frauen – Frauen selbst sind hier zu Hass gar nicht fähig, schlimmstenfalls zu niedlichen kleinen Aggressiönchen. Ebenso in der häuslichen Gewalt: Was der Mann der Frau tut, ist schrecklich und gewalttätig, was aber die Frau dem Mann tun kann, ist allezeit nicht der Rede Wert.

Wer einen anderen Menschen als Erwachsenen ernst nimmt, weiß allerdings immer auch, dass dieser Mensch ihm potenziell Schaden zufügen kann. Wer das Menschen  nicht zutraut, nimmt sie als Erwachsene nicht ernst.

Die Ministerin entwirft eine Welt, die für Frauen allezeit bedrohlich ist und die ihnen keine Möglichkeit des Schutzes und der Gegenwehr lässt – als wären sie existenziell hilflose Wesen, ausgesetzt in einer feindseligen Welt wie Vögelchen, die zu früh aus dem Nest gefallen sind.

Auch eine berufliche Karriere lohnt sich hier natürlich nicht. Da die Ministerin mitsamt ihrer Partei ausdauernd verkündet, Frauen würden 23% weniger verdienen als Männer, müsste eigentlich jedem jungen Paar klar sein, wer im Zweifelsfall daheim bleibt: Wie verrückt wäre es, wenn es der Mann wäre, der doch in der rauen Wirtschaft dort draußen jederzeit um ein Viertel mehr verdient als die Frau.

Dass das Gerede vom Gender Pay Gap schon vielfach widerlegt worden ist, ändert nichts an seiner Langlebigkeit. Es bedient Bedürfnisse, schürt Ängste und Schutzansprüche – und kann daher lästige Quälgeister wie Tatsachen und sachliche Analysen recht leicht beiseite legen.

Welche Arbeitgeber würde, andererseits, auch gern Menschen einstellen, die davon überzeugt sind, die Erwartung eines realitätsgerechten Verhaltens sei ein übler Trick einer böswilligen Umwelt? (…)

Warum fällt linken Feministinnen nicht auf, dass solche Positionen geschlechterpolitisch frauenfeindlich sind und allgemein politisch reaktionär und autoritär?

Wie wäre es zur Abwechslung einmal mit einem feministischen Aufschrei?

Das ist eine alte Klage, die aber dadurch nicht falsch wird:

Wenn der Feminismus recht hat, dann sind Frauen schlicht unfähig und als Arbeitnehmer oder sonstige Führungspersonen nicht zu gebrauchen.

  • Sie sind die einzige Bevölkerungsgruppe, die es mit freien geheimen allgemeinen Wahlen und einer Mehrheit in der Bevölkerung nicht schafft, ihre Interessen durchzusetzen
  • Sie schaffen es nicht eine rein feministische Partei aufzustellen und sie in diesen Wahlen wählen zu lassen oder zumindest die Gelder der Wahlwerbung zu nutzen um Frauen zu sensibilisieren
  • Sie verkaufen sich beständig unter Wert ohne die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen, wie etwa ein Unternehmen mit den ganzen bei den Beförderungen übergangenen Frauen zu besetzen, ihnen nur etwas mehr zu zahlen und so am Markt konkurrenzlos zu sein, bis dann alle anderen auch Frauen einstellen
  • Ihre Belange werden von der gesamten Wirtschaft übergangen ohne das eine Frau dies ausnutzt und bei einem gewaltigen Markt die Produkte anzubieten, die Frauen tatsächlich wollen. Es würde bereits reichen, dass man Rosa Rasierer zum gleichen Preis verkauft wie „normale Rasierer“ um im Rennen zu sein, und so die „Pink Tax“ auszuschalten, aber Frauen nutzen diese Möglichkeit einfach nicht. Es gäbe noch viele weitere Möglichkeiten, bei denen man sich fragt, warum eine Feministin, die an ihre eigenen Theorien glaubt, sie nicht ergreift. Sie könnte, wenn ihre Theorien zutreffen, so schnell reich werden.
  • Sie wären je nach Theorie entweder bereits durch die Erziehung unfähig oder bräuchten nur daran erinnert zu werden, dass sie Frauen sind um sich jedem Mann aufgrund des Bias unterlegen zu fühlen.
  • Sie werden in jedem einzelnen Land dieser Welt unterdruckt und in jedem einzelnen Land gibt es auch eine Rape Culture zu Lasten von Frauen ohne das es je Frauen gelungen ist, diese Unterdrückung zu beenden.

Und in der Tat wäre der Feminismus eher ein Stabilisator der Unterdrückung:

  • Niemand macht Frauen effektiver deutlich, dass sie niemals soviel Geld wie ein Mann bekommen werden, dass überall nur Sexismus und Unterdrückung lauert, dass eben nirgendwo auf dieser Welt die Frau ein Bein auf den Boden bekommt, ja dass sogar in einem der sichersten Länder der Welt viele Frauen sich noch nicht einmal mehr auf die Straße trauen.
  • Es wäre in dieser sexistischen Welt, die der Feminismus malt in der Tat das Beste dem Mann das Geldverdienen zu überlassen und die Kinderbetreuung zu übernehmen, denn man verdient ja eh weniger, man wird nie befördert etc.

Lucas führt an:

Meine einzige Erklärung ist: Diese Akteurinnen haben Erfolg, weil sie viele Menschen ansprechen, Frauen UND Männer, die vor den Konsequenzen gleicher Rechte Angst haben. Die Angst vor einer Welt haben, in der Frauen prinzipiell dieselben Möglichkeiten haben wie Männer, Männer prinzipiell dieselben Möglichkeiten wie Frauen – und in der sie alle gemeinsam dieselbe Verantwortung tragen.

Sie sprechen Männer an, die den Glauben brauchen, sie hätten eine ganz besondere Macht und einzigartige Privilegien, nur weil sie Männer sind – auch und gerade dann, wenn sie abhängig sind von einem beschissenen Arbeitsplatz, ihre Kinder kaum noch sehen und ein paar Jahre eher sterben als ihre Frauen.

Sie sprechen Frauen an, die von der alten Forderung der sozialdemokratischen Frauenbewegung – „Gleiche Rechte, gleiche Pflichten“ – den Begriff Pflichten gestrichen haben, weil er ihnen irgendwie Angst machte und unbequem war, und die von gleichen Rechten auch nur dort etwas wissen wollen, wo Männer rechtliche Vorteile haben.

Es kann gut sein, dass das mit hineinspielt. Es ist aber auch einfach eine sehr dankbare Position, wenn alle anderen schuld sind und man plötzlich Ansprüche statt Pflichten hat, nach denen die etwas ändern müssen, damit es einem besser geht. Man kann dabei nicht scheitern, denn wenn es nicht klappt, dann muss man einfach nur fordern, dass der andere noch mehr macht. Es passt gut in die Figur der Unterverantwortlichkeit der Frau und die Hyperverantwortlichkeit des Mannes. Zudem erlaubt es einem, dass Thema rein emotional zu besetzen: „ich fühle mich unterdrückt, also werde ich unterdrückt, wen interessieren die Fragen, meine Gefühle müssen reichen, alles andere ist ein Angriff.“ Und es spricht sowohl den weißen Ritter an, der den Damen zur Rettung beisteht als auch denjenigen, der signalisieren möchte, dass er einer von den Guten ist.

Gäbe es ein Zentralkomitee des Patriarchats, das sich eines Tages mit der drängenden Frage beschäftigte, wie sich eigentlich selbstbewusste Frauen weiter in Abhängigkeiten halten lassen – dann wäre es, wenn es klug wäre, zu einem einfachen Schluss gekommen. Es hätte eine Politik entworfen, die Frauen wieder und wieder erklärt, dass sie beständig existenzielle Angst haben müssten, sei es in der Öffentlichkeit oder daheim – dass sie auch vor Gerichten keine Chance auf Hilfe hätten – dass sich ihre Erwerbsarbeit kaum lohne, weil sie ohnehin immer weniger verdienen würden als ihre Männer – und dass sie Schutz nur im Vertrauen auf mächtige väterliche Instanzen finden würden.

Wie unser Patriarchat aussehen könnte, wenn wir es gestalten könnten, wurde ja bereits in einer Patriarchatssitzung in diesem Blog diskutiert. Die meisten Männer wollen die unterdrückte Frau weit weniger als es der Feminismus glaubt. Aber wollte man Frauen Angst einjagen, der Feminismus wäre ein gutes Mittel dazu. Überall außerhalb des Feminismus sieht die Lage für die Frau besser aus. Nirgendwo hat das Patriarchat mehr Macht als in den Darstellungen des Feminismus. Und das bei gleichzeitiger Vertretung, dass die Darstellung komplett die Gesellschaft erzeugt: Was wäre da nahelegender als die Welt als Platz darzustellen, in denen Frauen keine Chance haben?

Diese Politik allerdings auch noch als „Feminismus“ zu bezeichnen, wäre ein ganz besonders gewagter Geistesblitz. Aber wenn er erfolgreich wäre, würden sich selbst Feministinnen nicht mehr gegen diese Politik wehren können, ohne Angst haben zu müssen, sogleich als antifeministisch dazustehen.

So würden dann vermutlich irgendwann die einzigen Menschen, die sich überhaupt noch trauen, feministisch zu argumentieren – ein paar Männerrechtler sein.

Ja, die Feministinnen, die tatsächlich dafür eintreten, dass Frauen nicht die unterdrückten und ausgebeuteten und chancenlosen Wesen sind, die nirgendwo eine Chance haben, sind alle aus Sicht der meisten Feministinnen Antifeminsten. Christina Hoff Sommers, Cathy Young und andere gelten dort als Persona non grata.

Wer auch immer die Lage der Frau besser schildert, der wird mit Argwohn betrachtet. Das Narrativ der Unterdrückung darf nicht angegriffen werden und Wege, wie Frauen als Gruppe ihre Lage verbessern können (weniger Literaturwissenschaften, mehr Naturwissenschaften; die Männerwahl auf Kompatibilität mit Karriere ausrichten/ alles in die Karriere stecken und Kinderbetreuung auf Dritte verlagern) gelten als Verrat und Victim Blaming.

Ironischerweise könnte man also zu der obigen Liste dessen, was Frauen nicht gebacken bekommen, auch eine Frauenbewegung hinzufügen, die Frauen sytematisch ausbremst und schlecht macht. Allerdings wohl auch nur, wenn man verkennt, dass auf diesem Weg einiges an Sonderbehandlung, getarnt als Gleichberechtigung, hängen bleibt.