Der Kuckucksvaterblog bespricht den Entwurf eines Gesetzes, welches den Scheinvaterregress betrifft. Es geht also um die Situation in der ein Mann bisher glaubte der Vater eines Kindes zu sein, es aber nicht wahr und der dann den biologischen Vater in die Haftung nehmen möchte wegen des Unterhalts.
Er hat dazu auch noch einen Pressespiegel erstellt und weitere kritische Artikel zu dem Thema. Er hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt, welches ja auch ein Kernelement des Blogthema ist, so dass ich die Lektüre der dortigen Artikel empfehle. (Ergänzung: Auch Lucas Schoppe hat sich des Themas angenommenLucas Schoppe hat sich des Themas angenommen)
Wesentliche Elemente scheinen mir zu sein:
- Die Auskunftspflicht ist nunmehr gesetzlich klargestellt, was gewisse Unsicherheiten in der Rechtsprechung beseitigt. Das für diese Probleme eine Regelung und Klarstellung geschaffen worden ist, ist erst einmal begrüßenswert.
- Die Auskunftspflicht könnte aber als „stumpfes Schwert“ ausgestaltet sein, da es in der Norm eine Einschränkung gibt. Der Paragraf lautet:
(4): „Die Mutter des Kindes ist verpflichtet, dem Dritten, der dem Kind als Vater Unterhalt gewährt, auf Verlangen Auskunft darüber zu erteilen, wer ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat, soweit dies zur Feststellung des übergegangenen Unterhaltsanspruchs erforderlich ist.Die Verpflichtung besteht nicht, wenn und solange die Erteilung der Auskunft für die Mutter des Kindes unzumutbar wäre.
Da stellt sich natürlich die Frage, was genau mit Unzumutbarkeit gemeint ist. Wenn damit nur gemeint ist, dass sie nicht verpflichtet ist, erheblichen Aufwand zu betreiben um den Namen desjenigen zu ermitteln, mit dem sie zB einen ONS hatte, dann würde ich es für okay halten. Das wäre dann eine Frage des Aufwandes. Es klingt aber etwas an, dass es dabei auch darum geht, inwiefern ihre eigene Intimsphäre betroffen ist, dass also eine gewisse Abwägung getroffen werden muss. Das wäre schon in der Darlegung interessant: Um die Unzumutbarkeit zu beweisen müsste die Frau ja zumindest soviel anführen, dass sich daraus die Unzumutbarkeit ergibt. Man darf gespannt sein, was die Rechtsprechung daraus macht. Immerhin sind Ausnahmen üblicherweise eng zu fassen und die Beweislast für ihr vorliegen dürfte hier bei der Frau liegen.
Eine solche Verpflichtung auf Auskunft wird üblicherweise durch Ordnungsgelder, ersatzweise Ordnungshaft durchgesetzt, dass bedeutet, dass das Gericht der Mutter nach rechtskräftiger Verurteilung zur Auskunft so lange Ordnungsgelder auferlegt und diese vollstreckt, bis sie die Auskunft vollständig erteilt hat. Macht sie Angaben wie „Da war ein Typ in einer Kneipe, mit dem hatte ich einen One Night Stand“ dann kann die andere Seite Gründe anführen, aus denen das nicht stimmen kann („Sie hat einer Freundin etwas von einer kurzen Beziehung erzählt“) die dann vom Gericht, welches das Ordnungsgeld erlassen müsste, zu prüfen sind. Natürlich wird man einen ONS oder zur Not eine Vergewaltigung nie ganz widerlegen können, wenn man nicht einen Verdacht hat, wer der Vater ist. - Ein weiterer Punkt ist, dass die Forderung gegen den biologischen Vater begrenzt ist:
„(3) Der Berechtigte kann die Erfüllung eines nach § 1607 Absatz 3 Satz 2 übergegangenen Unterhaltsanspruchs in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 für den Zeitraum von zwei Jahren vor Einleitung des Verfahrens auf Anfechtung der Vaterschaft bis zum Abschluss dieses Verfahrens verlangen.“
In der bisherigen Rechtsprechung konnte der Scheinvater den Regressanspruch sehr weitgehend zurück geltend machen. Ob das gerecht ist, dass kann man so oder so sehen: Natürlich hat derjenige evtl über viele Jahre ein fremdes Kind unterstützt und den anderen Vater von Schadensersatzansprüchen freigestellt. Aber andererseits kann Unterhalt für die Vergangenheit üblicherweise nur verlangt werden, wenn man ihn geltend macht und erst ab diesem Zeitpunkt. Das soll einen unterhaltsverpflichteten vor plötzlichen sehr hohen Unterhaltsrückständen schützen, auf die er sich nicht eingestellt hatte. Wer Kenntnis von einer Unterhaltspflicht hat, also davon, dass er im Monat zB 300 € weniger zur Verfügung hat, der wird sein Leben entsprechend einrichten. Wer dies aber nicht hat, der wird das Geld, welches er sonst gezahlt hat, vielleicht ausgegeben haben, es trifft ihn also dann besonders hart. Nach 10 Jahren zu erfahren, dass man nach dem Diskoabend ein Kind hatte ist die eine Sache, dann plötzlich Unterhalt für 10 Jahre nachzahlen zu müssen eine andere. Auch der biologische Vater kann hier schutzbedürftig sein. Interessanter hätte ich es insofern gefunden, wenn man sogleich einen Anspruch gegen die Mutter aufgenommen hätte, gerade dann, wenn sie ihn vorsätzlich getäuscht hat und ein mehr an Wissen hatte. Hier wird allenfalls der Nachteil sein, dass gegen sie die Forderung häufig schlechter durchzusetzen gewesen wäre.Demnach ist sogar noch eine zweite Sicherung vorgesehen worden:„(4) Soweit die volle oder sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde, kann Erfüllung in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.“
Das macht einen Prozess für den Scheinvater noch schwieriger und es wäre interessant, wie die Kostenverteilung der Verfahrenskosten und Rechtsanwaltskosten in dem Fall erfolgt, wo er ihn auf den vollen Betrag zu recht verklagt und der Richter dann diese Norm anwendet. Theoretisch hätte dann der Scheinvater in dieser Höhe, die ihm dann nicht zuerkannt wird, dem Prozess verloren. Er müsste sich also auch noch darüber informieren, wie gut der Scheinvater eigentlich aufgestellt ist und welche „unbilligen Härten“ vorliegen könnten.