Wir waren einen Urlaub in Frankreich in einem kleinen Hotel und frühstückten morgens. Zuständig für Kaffee etc war eine etwas dickere und auch bereits etwas ältere Französin, die auch zu unserem Tisch kam und uns fragte, was wir trinken wollen. Ich bestellte unter Aufwendung meiner gesamten bescheidenen Französischkenntnisse Kaffee und lächelte sie unterstützend freundlich an.
Kaum war sie weg setzte Südländerin einen kritischen Blick auf:
„Christian, warum lächelst du sie sie so nett an??!?!“
In früheren Zeiten hätte ich gedacht, dass sie nun komplett durchdreht und hätte mich gerechtfertigt, hätte ihr vorgehalten, dass sie übertreibt und hätte mich verkannt und unverstanden gefühlt, da es ja klar sein sollte, dass ich nichts von der Bedienung will.
Glücklicherweise war mir aber sowohl der Begriff des Shittests als auch der mitunter bestehende Wunsch nach etwas emotionalen Drama bekannt. Ich wußte, dass es kein Angriff gegen mich war, sondern nur eine Einladung zu etwas spielerischen Drama, einem kleinen Rollenspiel, welches Gefühle transportiert und die Sache etwas lebendiger macht.
Ich antworte also dazu passend:
„Sie ist ganz süß. Ich glaube sie will mich!“
Südländerin zeigte sich entsprechend entsetzt:
„Ich wusste es, die Schlampe will mir meinen Mann klauen! Wie kannst du es nur mit einer anderen Frau treiben wollen!?!“
Ich schaute der Bedienung nachdenklich hinterher:
„In dem kleinen Zimmer, wo sie den Kaffee hat, ist auch eine Tür und der kleine Tisch sieht recht stabil aus. Ich denke ich werde sie direkt dort nehmen!“
Südländerins Augen verengten sich:
„Dann werde glücklich mit deiner Schlampe! So langsam wie sie mit dem Kaffee ist, wirst du sicherlich viel Spaß haben!! Wahrscheinlich kann sie noch nicht einmal Kaffee kochen!“
Berechtigte Ängste:
„Keine Angst, du bleibst meine Hauptfrau, wir werden also immer guten Kaffee haben“
So geht es dann eine Weile spielerisch weiter. Albern? Ja, durchaus. Was für jede Beziehung? Nein, sicherlich nicht. Aber Südländer sind von der Kultur her bereits mehr „Temperament“ gewohnt und ich lebe es gerne auf diese Weise als mit echten Streitigkeiten aus, schlicht weil es mir so Spaß macht.
Ich glaube seine Art in einer Beziehung zu finden, auf die man etwas Drama ausleben kann, kann sehr hilfreich sein. Es produziert Emotionen, und die allermeisten Frauen lieben und leben für Emotionen. Es transportiert in einem Eifersuchtsdrama auch andere Elemente von Game, anhand derer man attraktiv bleibt, wie Eifersucht und Herausforderung.
Es ist eine dieser Einschätzungen, bei denen man eine neue Perspektive auf Sachverhalte bekommt. Und deswegen auch anders mit ihnen umgehen kann. Ich kann mir vorstellen, dass viele Männer in Beziehungen in solche Fallen tappen. Sie behandeln solche Anfragen als ernste Besorgnis der Frau, statt sie mit einem Agree and Amplify abzutun und als Geschichte zu sehen. Dann sind beide beleidigt, er weil sie ihm ungerechtfertige Vorwürfe macht, sie, weil er auf ihre Frage, die eigentlich ein Shittest und der Wunsch nach etwas Emotionen/Männlichkeit ist, so angepisst reagiert.
Ich kann mir sogar vorstellen, dass aus diesem Wunsch nach Emotionen mitunter häusliche Gewalt gegen Männer entsteht. Sie will aus dem Alltag heraus, will ihn irgendwie zu einer emotionalen Reaktion bringen. Er fühlt sich angegriffen und zieht sich immer mehr zurück. Also versucht sie ihn immer mehr zu provozieren, damit da mal was kommt. Bis sie ihn schließlich schlägt, was er auch nur abwehrt. Aber das ist erst einmal nur eine Arbeitshypothese (die die Taten auch nicht rechtfertigen soll).
Auf Shittests so zu reagieren, dass man sie als Gelegenheiten zu kleinen emotionalen Rollenspielen ansieht, ist jedenfalls aus meiner Sicht keine schlechte Sache. Eine dankbare Rolle ist dann der coole Typ sein, mit Ergebnisunbekümmertheit, der Alphaman den alle Frauen wollen, der die Vorwürfe bestätigt und verstärkt. Die erste Regel des Improvisationstheaters ist bekanntlich: Den Ball aufgreifen, den der andere einem zuspielt und das Thema nicht kaputt machen oder blockieren).
Es reißt einen etwas aus dem Alltag, auch wenn man vorfühlen sollte, ob sie dafür empfänglich ist oder nicht. Wenn, dann kann es aber helfen, sie eine Vielzahl wenn auch nur gespielter Emotionen durchleben zu lassen und sich selbst cool darzustellen. Es kann also die Beziehung frisch und lebendig halten.
(Klarstellend noch: Nein, man muss das nicht durch den ganzen Frühstücksraum brüllen.Es reicht, dass Gespräch recht leise zu führen)
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