Models, Messehostess und die intrasexuelle Konkurrenz unter Frauen

Marie von den Benken hat im Stern eine Kolumne, in dem sie aus der Modelwelt berichtet. In einem ihrer Artikel schreibt sie etwas zu Messehostessen:

Im Model-Business gibt es einen hohen Konkurrenzkampf. Viele Tausend Models streiten um wenige hundert Jobs. Am Ende machen 20 Prozent der Mädchen 80 Prozent der Jobs. Im Kampf um Honorare und die wirtschaftliche Lebensgrundlage ihrer Klientinnen erweitern viele kleinere Modelagenturen daher häufig ihren Einsatzbereich Richtung Messe.

Es ist eigentlich ganz interessant, das gerade dieser Bereich vielleicht einer der Bereiche mit der meisten weiblichen Konkurrenz ist. Es könnte etwas damit zu tun haben, dass sonstige Jobs vielleicht Status geben, dieser aber weitaus weniger klar mit dem Partnerwert bei Frauen korreliert. Eine Frau mag zB Rechtsanwältin oder Managerin sein, aber das formt nicht unbedingt das eindeutige Bild einer Konkurrentin auf dem Partnermarkt für eine andere Frau. Wenn sie hingegen Model ist, dann hat das schon einen ganz anderen klang, denn Models stehen für Schönheit.

Der Umweg über den Messejob ist aber wenig glamourös:

Die Protagonistinnen des neuen Netzfeminismus, denen bereits der Satz „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“ für eine #Aufschrei-Bewegung ausreicht, fänden an nur einem durchschnittlichen Tag auf der „CeBIT“, der „Boot“ oder der „Essener Motor Show“ Material für weitere 25 Grimmepreise. Ein Beispiel. Auch ich habe mich ein einziges Mal dazu überreden lassen, auf einer Messe zu arbeiten. Vor einigen Jahren hatte mich ein damals, vor Instagram, sehr beliebter Online-Bilderdienst für Europas größte Digital-Marketing-Messe gebucht. Meine Mitstreiterinnen und ich wurden mit einem lustigen, bauchfreien T-Shirt mit dem Bild eines süßen Hundepärchens ausgestattet, auf dem „Hübsche Möpse“ stand. So viel zum Humor, den man Entscheidern im Online-Marketing zuspricht. Unnötig zu erwähnen, dass wir die Messetage primär damit verbrachten, schelmisch grinsenden Fachbesuchern aus dem Weg zu gehen, die auf unsere Brüste starrend „ja, stimmt eigentlich, hehehe“ säuselten.

Der Unterschied dürfte damit zusammenhängen, dass man auf Modeshows üblicherweise für Frauen läuft und eine Statusfrau darstellen soll, während man auf den Messen häufig tatsächlich den „Male Gaze“ bedienen soll und das Produkt irgendwie mit „so werde ich interessant für schöne Frauen“ verbinden soll. Wenn es dann noch mit so billigen Witzen wie „hübsche Möpse“ gemacht wird, dann mag das noch mehr zu Sprüchen einladen.

Sie berichtet dann von einer Freundin, die sich auf solche Auftritte als Messehostess spezialisiert hat:

Eine meiner Lieblingsgeschichten ist ihr Ausflug auf eine Landwirtschafts-Messe in einem Vorort von Bielefeld. Ja, ich weiß. „Vorort von Bielefeld“ hört sich bereits so an, wie ganz schlechte Horrorfilme beginnen. Irgendwo zwischen der Stadt, die es nach der Überzeugung einiger Verschwörungstheoretiker gar nicht gibt und Bad Salzuflen stand sie in einem winzigen Minikleid vor einem riesigen neuen Mähdrescher, für den sich in drei Tagen genau eine Person interessierte.

Der Mähdrescher, so erklärte ihr ein ortskundiger Maisbauer, wäre fünf Mal so teuer wie alle Maschinen im Umkreis von 100 Kilometern zusammen und daher völlig unerschwinglich für jeden Messebesucher. Verkaufserfolge blieben also aus. Dafür erhielt sie aber eine Lektion von besitzergreifenden Dorfschönheiten, die der plötzlichen Konkurrenz als Messe-Highlight souverän mit Handtaschenklau und zerstochenen Reifen an Kayas Auto begegneten. Eine auf dem Dorf offensichtlich völlig legitime Reaktion darauf, dass die volltrunkenen männlichen Dorfjugendlichen Kaya eindeutig für die schönste Frau der Welt hielten und sie mal mehr, mal weniger subtil für eine Heirat oder zumindest ein verruchtes, sexuelles Abenteuer auf einem der zahlreichen Dixi-Klos gewinnen wollten.

Natürlich kann die arme Kaya gar nichts dafür, es ist eben ihr Job gut auszusehen und zu lächeln. Aber das bedeutet ja nicht, dass sie die anderen Frauen nicht dennoch für „eine miese Schlampe, die sich einbildet etwas besseres als wir zu sein und mit unseren Männern zu flirten“ halten können (um mal einen insoweit typischen Frauenvorhalt zu bringen). Und da kann es dann, wenn man in der direkten Konkurrenz nicht gewinnen kann, interessant sein, ihr auf anderem Wege eins auszuwischen.