Freier Wille

Aus der Wikipedia zum freien Willen:

Durch den Einsatz moderner bildgebender Methoden, vor allem PET und fMRT, ist es möglich geworden, den Prozess der Entscheidungsbildung zu beobachten, den man in bestimmter Hinsicht mit dem freien Willen identifiziert. Dabei deuten die bisherigen Ergebnisse (welche nachfolgend kurz besprochen werden) darauf hin, dass die „Entscheidung“ im Gehirn bereits unbewusst getroffen wird, bevor sich die Person dieser bewusst wird. Allerdings handelt es sich bei diesen Experimenten um „folgenlose“ Spontanentscheidungen, z. B. welche Hand zum Greifen benutzt wird. Kritiker wenden deshalb ein, dass unsere bewusste Willensfreiheit doch kausal relevant sein könnte, insofern als das Bewusstsein in der Praxis die Ausführung der entschiedenen Handlung steuert und überwacht und in diesem Prozess die Möglichkeit hat, die eigentlich beschlossene Aktion noch zu unterbrechen oder zu modifizieren. Man sagt deshalb, unser Bewusstsein hätte möglicherweise ein Vetorecht.

Nach dem gegenwärtigen Erklärungsmodell der Hirnforschung über die Steuerung der Willkürmotorik haben die originären Antriebe für unser Verhalten einen subkortikalen Ursprung – sie entstehen im limbischen Bewertungs- und Gedächtnissystem. Dieses aktiviert die Basalganglien und das Kleinhirn, die wiederum die kortikalen Prozesse in Gang setzen. Dann erst setzt die Empfindung ein, etwas zu wollen. Damit stimmt überein, dass bei Willkürhandlungen zuerst in den Basalganglien und im Kleinhirn neuronale Aktivität auftritt und erst danach in der Großhirnrinde.

Experimente zur Willensfreiheit

Ein viel diskutiertes Experiment (Libet-Experiment) auf diesem Gebiet wurde von Benjamin Libet in den 1980er Jahren durchgeführt. Die Probanden wurden gebeten, in einem beliebigen Moment das Handgelenk zu bewegen, während sie eine Art Uhrzeiger verfolgten. Gleichzeitig wurden die Gehirnaktivitäten aufgezeichnet. Nach Libets Deutung zeigte das Experiment, dass die Gehirnaktivität, die dazu führte, dass eine Person ihr Handgelenk bewegte, etwa 550 ms vor dem Moment einsetzte, in dem diese Person sich bewusst dazu entschloss. Diese unbewusste Gehirnaktivität wurde schon 1965 von Hans Helmut Kornhuber und Lüder Deecke entdeckt und wird (auch im Englischen auf Deutsch) „Bereitschaftspotential“ genannt. Libet schlussfolgerte daraus, dass die Annahme, der Mensch verfüge über keinen freien Willen, falsch sein müsse: Innerhalb des nachgewiesenen Zeitfensters zwischen Bereitschaftspotential und bewusster Handlungsentscheidung sei ein „Veto“ möglich.

Das Folgeexperiment von Haggard und Eimer aus dem Jahr 1999 erweiterte den ursprünglichen Ansatz, indem die Probanden hier nicht nur entscheiden konnten, wann sie ihre Hand bewegten, sondern zusätzlich auch, welche Hand. Damit begegneten sie einem häufig vorgebrachten Einwand gegen das Libet-Experiment wonach die Probanden keine wirkliche Entscheidung in dem Sinne einer Wahl unter verschiedenen Optionen treffen konnten und die Resultate unter anderem aus diesem Grund nicht für die menschliche Praxis relevant wären. Die Ergebnisse von Haggard und Eimer bestätigten Libets Daten, wonach das Bereitschaftspotential der bewussten Entscheidung vorausgeht.[3]

Alvaro Pascual-Leone führte 1992 ein ähnliches Experiment durch, bei dem die Probanden gebeten wurden, zufällig die rechte oder die linke Hand zu bewegen. Er fand heraus, dass durch die Stimulation der verschiedenen Hirnhälften mittels magnetischer Felder die Wahl der Person stark beeinflusst werden konnte. Normalerweise wählen Rechtshänder die rechte Hand in ca. 60 % aller Fälle. Wurde jedoch die rechte Hirnhälfte stimuliert, wurde die linke Hand in 80 % aller Fälle ausgewählt. (Die rechte Hemisphäre des Hirns ist im Wesentlichen für die linke Körperhälfte zuständig und umgekehrt). Trotz dieses nachweislichen Einflusses von außen berichteten die Probanden weiterhin, dass sie der Überzeugung waren, die Wahl frei getroffen zu haben.[4]

Im Jahr 2008 wurde in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience der Versuch der Forschergruppe vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig um Prof. Dr. John-Dylan Haynes publiziert. Hier wurden während eines Free-Choice-Task fMRT-Aufnahmen von 14 Probanden erstellt. In den so gewonnenen Daten wurde bei der späteren Analyse mittels eines auf linearen Modellen basierenden Algorithmus Muster in verschiedenen Hirnarealen daraufhin untersucht, ob sie mit der darauffolgenden Entscheidung in statistischem Zusammenhang standen. So wurden Muster identifiziert, die überzufällig häufig (p < 0,05), aber mit geringer Effektstärke einige Sekunden vor dem Bewusstwerden der Entscheidung erkennbar waren. Diese Muster gingen dem weitaus größten Teil der untersuchten Fälle nicht voraus

Deutung des erreichten Erkenntnisstandes

Innerhalb der Neurowissenschaften wird die Frage des freien Willens kontrovers diskutiert. Einerseits vertreten z. B. Gerhard Roth, Henrik Walter, Wolf Singer, Wolfgang Prinz und Hans Markowitsch die Ansicht, der freie Wille sei eine Illusion. Nach ihrer Auffassung geht der Willensakt neuronalen Prozessen nicht voraus. Stattdessen ergibt sich nachträglich die bloße Illusion, sich frei entschieden zu haben. Das Empfinden, etwas zu wollen – der „Willensakt“ also – resultiere als illusionäres Epiphänomen aus den kortikalen und subkortikalen Prozessen, die bei der Vorbereitung einer Willkürhandlung ablaufen.

Andererseits halten z. B. Niels Birbaumer, Reinhard Werth oder Benjamin Libet selbst die Interpretation des Libet-Experiments im Sinne einer Widerlegung des freien Willens für unzulässig.[6][7] Auch sind etwa Lüder Deecke sowie Hans Helmut Kornhuber Verfechter der Willensfreiheit.

Es spricht also einiges dafür, dass wir erst quasi unterbewusst das Problem durchdenken, nach uns nicht unbedingt nachvollziehbaren Erklärungen zu einem Ergebnis kommen und dieses dann quasi unserem Bewußtsein mitgeteilt wird, der dieses als Entscheidung empfindet.