Normativitäten

Nachdem die Heteronormativität ja ein fester Begriff innerhalb des Feminiusmus und des Queertheorie ist werden noch weitere Normativitäten aufgegriffen.

Bei dem Mädchenblog zum Beispiel die Homonormativität, in der es zumindest in dem Beitrag dort darum geht, dass Frauen, die sich innerhalb der Lesbenszene sehr weiblich verhalten, als anders wahrgenommen werden und Unverständnis dafür ernten, dass sie „weiblich“ sind.

Das zeigt, dass normal immer das ist, was in der jeweiligen Szene am häufigsten vertreten ist  und entspricht insoweit der Heteronormativität. Ich hatte dazu in dem oben verlinkten Artikel geschrieben:

Unser Gehirn neigt aber zu Verallgemeinerungen und diese wird das Leben entsprechend vereinfachen. Ich glaube nicht, dass man bei diesen Prozentzahlen wirklich erwarten kann, dass die Leute die Sexualität des anderen jeweils hinterfragen.

Das Heterosexuelle insoweit die Norm setzen den zu erwartenden Fall darstellen, entspricht einfach der gelebten Realtität.

Wer eine andere Realität hat (oder einen anderen Teil der Realität, nämlich die Schwulen und Lesebenszene mehr wahrnimmt), weil er wesentlich mehr mit Schwulen und Lesben zu tun hat, der hat insofern eine andere Wahrnehmung. Hier ist die Diskurstheorie also sehr passend, die Wahrnehmung führt zu einem anderen Ergebnis und scheint eine andere Realität zu schaffen.

Ebenso scheint es mir eine Feminismusnormativität zu geben, die dazu führt, dass angenommen wird, dass alle Ungleichheiten als zu Lasten der Frau gehend gewertet werden.

Ein Extrembeispiel zeigt sich zB auf dem Streitwertblog. Dort schreibt Sabine Hark:

Und wenn wir den Blick über den nationalen Tellerrand schweifen lassen, so verzeichnen wir, dass 2/3 aller Analphabet_Innen weiblich sind und nur in 3 % aller Länder genau so viele Frauen wie Männer an tertiärer Bildung partizipieren.

Der Kommentator Andreas Rheinhart greift dies auf:

Wie falsch ihre Aussage ist, erkennt man daran, dass bereits 2005 mehr Frauen als Männer im tertiären Bildungssystem partizipieren. Ich zitiere aus dem “Education for all by 2015″-Report der UNESCO (Seite 84):

“Only Botswana, China, Mexico and Peru had achieved gender parity at the tertiary level by 2005, out of 144 countries with data. Worldwide, many more women than men were enrolled in higher education institutions in 2005: the average GPI was 1.05, a major reversal since 1999 when the teriary GPI was 0.96, in favour of men [Figure 2.22]. In developed countries and countries in transition the GPI is now close to 1.30, and gender disparities favouring men are now limited to two regions: sub-Saharan Africa, where the average GPI worsened between 1999 and 2005 to 0.68; South and West Asia, at 0.74; and East Asia at 0.92. The expansion of tertiary education particularly benefited women (see annex, Statistical Table 9A). In countries where gender disparities disadvantaged women, their situation has often improved substantially, with the GPI rising by 20% or above.”

(GPI ist das Verhätnis von Frauen zu Männern in einem bestimmten Bereich, z.B. ein GPI von 1,05 in der tertiären Bildung besagt, dass auf einen Mann 1,05 Frauen in tertiären Bildungseinrichtungen studieren.)

Auf Seite kann man dann übrigens noch erfahren, dass sich von 1999 bis 2005 der GPI in tertiärer Bildung bei Entwicklungsländern von 0.78 auf 0.91 gesteigert hat, in Schwellenländern von 1.20 auf 1.29 und in entwickelten Ländern von 1.19 auf 1.29.

Frau Hark hat angenommen, dass der Umstand, dass in nur 3% aller Länder der Anteil von Frauen und Männern an der tertiären Bildung gleich ist, bedeuten muss, dass in allen anderen Teilen Frauen benachteiligt sind. Das Frauen bevorzugt sein könnten und deswegen keine Gleichheit vorhanden ist kommt gar nicht erst in den Sinn. Frauenbenachteiligung ist insoweit die Norm.

Ein weiteres Beispiel ist der Global Gender Gap Report. Dem Namen nach sollte man meinen, dass er untersucht, wo Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts bestehen und diese auflistet. Er untersucht aber ebenfalls nur Benachteiligungen von Frauen:

Glenn Sacks stellt den Mechanismus dar:

Here’s how they do it. The Report uses four categories to determine the relative gender „equality“ score for particular countries or regions – economic participation and opportunity, educational attainment, political empowerment, and health and survival. Each of those categories is then broken down into subcategories and each subcategory is weighted. For example, the education category has subcategories for percentage of males and females in primary school, secondary school and tertiary school, and literacy among males and females.

Each category is scored on a 0 – 1 basis with ‚0‘ signifying total inequality and ‚1‘ signifying complete equality of the sexes in that category. Categories are then combined to give an overall score for each country. The closer to 1 then, the better, at least according to the authors.

But there’s a slight problem with that (actually there are several). Any score under 1 signifies not simply gender inequality, but specifically anti-female inequality. So obviously, any score over 1 signifies anti-male inequality, right? Wrong. There are no scores over 1. You see, according to the Global Gender Gap Report, any time a nation favors men, it’s called gender inequality, which is bad, and any time a nation favors women it’s called „equality“ which „from a values and social justice perspective… is long overdue.“

In short, anti-male inequality is specifically defined as equality. In the world in which the authors live, there’s anti-female inequality, equality and nothing else. That’s why I used the word ‚Orwellian.

Here’s an example. Turn to page 184 which is where the figures for the United States are to be found. Under „Educational Attainment,“ we see the four subcategories I mentioned previously. Men and women are equal in the literacy subcategory, but in each of the other three – primary, secondary and tertiary education – there is a higher percentage of girls and women than boys and men. So clearly, according to the criteria laid down by the Report, girls and women do better than boys and men in education in the United States. Ergo, the country’s score in this category is 1 which signifies „equality.“ Inequality equals equality. See how it works?

Dies macht aus meiner Sicht deutlich, dass Feminismus einen Gegenspieler benötigt, wenn Gleichberechtigung erreicht werden soll. Ansonsten sind Benachteiligungen von Frauen alleine im Blickfeld und werden die Norm, was zu falschen Annahmen verleitet.