Das Ende des Sex revisited

Ich hatte „Sex revisited“ von Heinz-Jürgen Voss bereits hier kurz angesprochen. Es ist Feminismus mit Biologie vermischt, aber auf die zu erwartende Art.

Der Autor vertritt die These, dass das Geschlecht eines Menschen in der Biologie eher eine reine Zufälligkeit ist und das es keine Geschlechter mehr gibt, weil die  die Geschlechtsorgane beim Menschen vielfältig gestaltet sind und daher eine Zuordnung zum Geschlecht eigentlich sinnlos ist.

Ich führe gegenwärtig diverse Diskussionen mit ihm:

  • Hier konnte mir Heinz noch nicht erklären, warum zwar nur Menschen mit funktionierenden Geschlechtsorganen Gene weitergeben können aber dennoch die Geschlechtsorgane und ihre Funktion keine hohe Priorität bei der Entwicklung des Menschen gehabt haben sollen
  • Hier führt Heinz an, dass es keine sexuelle Selektion gibt (weil er sonst auch Probleme mit der Queer Theorie und seinen Thesen hätte). Auch auf die Frage, wie es ohne stabilisierende eingespeicherte Attraktivitätsmerkmale dazu kommt, dass sich die Menschheit nicht wesentlich weiter auseinander entwickelt hat wird offen gelassen (wenn Schönheit eine kulturelle Sache ist dann würden sich die jeweilig in der Kultur als schön empfundenen Merkmale im dortigen Genpool verbreiten (denn die schönen hätten, da sie kulturell begehrter sind mehr Nachwuchs) und es würde damit mehr Unterschiede geben als bei einem biologisch geregelten Schönheitsideal, dass darauf abstellt, dass eine bestimmte Eigenschaft abgespeichert wird, weil sie mehr Nachwuchs mit höheren Fortpflanzungsfähigkeiten produziert)
  • in dieser Diskussion geht es wieder darum, dass Genitalien vielfältig sind. Heinz möchte aber die folgenden Fragen nicht beantworten: Bei ca. wieviel Prozent der Menschen liegt deiner Auffassung nach eine so deutliche Abweichung bei den Genitalien vor, dass die Grenzen zwischen Mann und Frau verwischt werden? Bei ca. wieviel Prozent ist die Einordnung in die beiden Geschlechter anhand der Genitalien hingegen kein Problem? Das würde nämlich meiner Ansicht nach dazu führen, dass er die Zahl von ca 2% Intersexuellen bestätigen müsste, was sich nicht gut mit seiner These verträgt, dass Geschlechtsorgane vollkommen individuell sind und daher „das Ende des Sex da ist“.
    Zudem scheint Heinz auch die in der Wissenschaft vertretene Auffassung leugnen zu wollen, dass die Hormone ganz wesentlich sind für die Geschlechtszuordnung und insbesondere Testosteron hier bei der Entwicklung des Mannes eine erhebliche Rolle spielt (inbesondere auch bei der „Programmierung des Gehirns“, indem er darauf abstellt, dass „während etwa 2/3 der Schwangerschaft der größte Teil der Testosteronausschüttung des Embryos durch mütterliche Hormone angeregt wird und die Anregung unabhängig vom Geschlecht des Embryos erfolgt.“ Allerdings beginnt schon ab der achten Schwangerschaftswoche im Körper des männlichen Fötus die Produktion von Testosteron. Ab diesem Zeitpunkt ist der Testostonspigel bei männlichen Föten höher als bei weiblichen Föten und erreicht bis zum Zeitpunkt der Geburt den Testosteronwert eines 12-jähriger Jungen. Ein paar Monate später sinkt der Testosteronspiegel um etwa 80 Prozent ab und pendelt sich während der Kleinkindphase auf diesem niedrigen Niveau ein. Mit etwa vier Jahren verdoppelt sich dann der Testosteronspiegel wieder. Richtig ist, dass noch was von der Mutter hinzukommt um den Körper des Kindes zu entlasten, aber ein männlicher Fötus ist pränatal einer wesentlich höheren Testosterondosis ausgesetzt. Wozu der Körper des Jungen in dieser Phase Testosteron produzieren sollte, wenn er es nicht braucht, was ja bei dem Mädchen der Fall wäre, würde mich interessieren, blieb aber auch unbeantwortet
  • Eine weitere Diskussion gab es im „Streit-Wert-Blog„. Leider hat die Redaktion meinen letzten Kommentar nicht freigeschaltet, da es die Diskussion zu sehr ausfranzen würde. Es sind aber im wesentlichen die gleichen Argumente wie in den Diskussionen davor. Hier versteht Heninz nicht, dass es für die Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht darauf ankommt, dass beide Geschlechter hart gearbeitet haben und schon gar nicht auf das 19. Jahrhundert, sondern dass sie in verschiedenen Bereichen gearbeitet haben und daher eine Optimierung für diese Bereiche eingetreten sind.
  • Beim Mädchenblog wurde dann Heinz Buch vorgestellt. Auch dort musste er sich nicht nur von mir sondern auch von anderen Kommentatoren vorhalten lassen, dass seine Sicht mit dem sonstigen Verständnis in der Biologie nicht kompatibel ist. Neue These ist das „Zweigeschlechtlichkeit im Tierreich nicht universell ist“ (welche Tiere mit etwas höherem Entwicklungsgrad pflanzen sich denn nicht zweigeschlechtlich fort?) und das Gorillas wohl wegen ihre Zweigeschlechtlichkeit aussterben (und ich dachte es liegt daran, dass sie sehr große Tiere sind, ihr Lebensraum stark eingeschränkt ist und sie stark bewildert werden). Außerdem wird deutlich, dass er den Vorteil von Sex, nämlich den Genpool, nicht verstanden hat, indem er meint, dass es für eine Art ausreicht, wenn etwa 2% Fortpflanzungsfähig sind (das sich die dann erst einmal finden müssten würde bereits dazu führen, dass die Art ausstirbt, er verwechselt denke ich, dass eine Art das Aussterben von 98% überleben kann, wenn die restlichen 2 Prozent alle Fortpflanzungsfähig ist, was als sog. Bottleneck durchaus vorkommt).

Ärgerlich daran ist, dass das Buch anscheinend gut läuft, die erste Auflage ist jedenfalls nach Heinz Informationen ausverkauft. Es wird also wahrscheinlich in den Kanon der Gender Studies eingebunden sein und dort bei Studien angeführt werden.