Eifersucht und Biologie

Auf dem Mädchenblog ging es um Polyamory (also die Liebe zu mehreren verschiedenen Personen gleichzeitig) und in den Kommentaren dann um Eifersucht. Die Frage tauchte auf, ob es dabei eine biologische Grundlage gibt.
Bigmouth, auch aus hiesigen, wenn auch bedauerlicherweise  meist sehr kurzen Kommentaren bekannt, hatte dann eine glänzende Idee:

wir könnten ja christian fragen… 😉

Dem Lichtkegel dieses Christiansignals folgend schmiss ich mich in mein Cape und war alsbald zur Stelle. Da der Mädchenblog aber hier vertretenen Ideen nicht gerade zugeneigt ist, erblickte mein heroisch in die Schlacht geworfener Kommentar nie das Tageslicht.

Weil aber das Thema durchaus eine Betrachtung wert ist hier einige Gedanken dazu:

1. Wie könnte sich Eifersucht in der Evolution entwickelt haben.

Eifersucht ist ein sehr sinnvolles Gefühl, weil es einer Überwachung der Partner dient. Die wesentlichen Interessen (ganz heteronormativ gehalten, da homosexuelle Verhaltensweisen insoweit nur Spiegelbilder der heterosexuellen Strategien sind):

  • Der Mann hat ein biologisches Interesse es zu verhindern, dass andere Männer seine Partnerin (oder eine Frau seines Harems) schwängern, was dazu führen würde, dass sie ein Kind mehr zu versorgen hat und die nächsten 12 Monate wohl kein Kind von ihm bekommen wird bzw. dass diese ihm die Möglichkeit nehmen sie zu schwängern Um so mehr er in die Frau investiert hat um so ärgerlich wäre dies für ihn.
  • Die Frau hat ein biologisches Interesse es zu verhinder, dass andere Frauen ihr den Versorger (oder einen ihrer Versorger) bzw. Beschützer und Genlieferanten wegnehmen und sie sich einen neuen suchen muss, der dann evt. schlechter ist bzw. nicht den selben Bindungsgrad hat, den sie erarbeitet hat.

Eifersucht erfordert damit nicht unbedingt eine Monogamie um wichtig zu sein. Es kann auch für einen Partner, der nicht momogam lebt eine sinnvolle Angelegenheit sein um Partner zu monopolisieren.

Es passt damit durchaus zu einer Spezies, die in mittelfesten  Paarbindungen mit Interesse an Ausrutschern lebt.
Etwas der Eifersucht ähnliches ist auch ansonsten im Tierreich weit verbreitet, wird dort allerdings eher als Revierverhalten wahrgenommen. Gerade bei Tieren mit Harem werden andere männliche Tiere nicht im eigenen Revier geduldet. Dies hat biologisch den gleichen Sinn wie Eifersucht, wäre aber für Menschen, die innerhalb einer gemsichten Gruppe leben wenig sinnvoll. Besser wäre es hier ein System zu entwickeln bei dem der Partner, um den man sich bemüht, monopolisiert wird und dies gegebenenfalls um so mehr um so mehr man bereits investiert hat bzw. noch investieren muss.  Zudem wäre es sinnvoll die Eifersucht insbesondere dann hervortreten zu lassen, wenn ein Konkurrent sich um den Partner bemüht und dieser den Konkurrenten möglicherweise interessant finden könnte.

Bei Tieren mit Paarbindungen ist auch Eifersucht beobachtet worden.

Alle Tiere, die lebenslange Paarbindungen eingehen, wie Wölfe und auch viele Vögel, sind sehr anfällig für Eifersucht, wahrscheinlich weil für sie besonders viel auf dem Spiel steht.» Nach seiner Darstellung haben Verhaltensforscher das Gefühlsmuster auch bei Schimpansen, Orcawalen und Elefanten aufgespürt. Bei bestimmten Spezies, etwa bei Papageien, sei die Emotion besonders ausgeprägt. «Katzen binden sich nicht dauerhaft, dennoch spielt die Eifersucht eine Rolle in ihrem Gefühlsleben», sagt Jeffrey M. Masson. Eine Studie, die von Psychologen der University of Western Illinois durchgeführt wurde, ergab, dass 79 Prozent der Katzenhalter Anzeichen von Eifersucht bei ihren Tieren bemerkten.

Eifersucht ist zudem ein Gefühl, dass ich in allen menschlichen Kulturen findet.
All dies spricht für eine biologische Grundlage

2. Biologische Grundlagen der Eifersucht
Es gibt deutliche Hinweise darauf, das Eifersucht biologische Ursachen hat. Beispielsweise gibt es Krankheitsfälle, insbesondere Schädigungen der rechten Hirnhälfte, die bei den Patienten deutliche Eifersuchtsanfälle und eine Steigerung dieser Gefühle hervorriefen.
Zudem zeigen Patienten mit deutlicher Eifersucht auch einen reduzierten Serotoninspiegel.

Ein erhöhter Serotoninspiegel im Gehirn, beispielsweise bedingt durch eine Überdosierung selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, führt zu Unruhe, Euphorie und Halluzination. Depressive Verstimmungen lassen sich neurochemisch häufig auf einen Mangel an Serotonin oder seiner Vorstufe, der Aminosäure Tryptophan, zurückführen. Auch Angst und impulsive Aggressionen können auf einen Serotoninmangel zurückgeführt werden.

Da sich die Eifersucht durch Serotoninmittel behandeln ließ spricht vieles dafür, dass auch hier eine Steuerung erfolgt.
Als weiterer Kandidat kommt das Hormon Oxytocin in Betracht.
Bindungen zwischen Menschen sind meist mit der Ausschüttung von Oxytocin verbunden – es wird bei Stillen und beim Orgasmus freigesetzt, aber auch bei sonstigen Paarverhalten oder auch nur, wenn man an einen Menschen denkt, mit dem man eine Beziehung möchte.

Oxytocin speichert quasi die Gefühle ab und bringt sie mit der Person in Verbindung, mit der man diese Gefühle gehabt hat. Beim Anblick dieser Person werden die Gefühle dann wieder abgerufen.
Hat man mit einer Person guten Sex, dann wird eben dieses gute Gefühl mit er Person in Verbindung gebracht und so eine Bindung erzielt. Da die Person mit dem guten Gefühl verknüpft ist steigt insoweit auch die Angst dieses gute Gefühl nicht mehr zu bekommen, wenn ein Konkurrent den Partner wegschnappt. Dies zeigt sich auch in Studien: Um so höher die Wirkung des anderen auf den Partner eingeschätzt wird um so größer die Eifersucht (siehe obigen Link). Dabei zeigen sich auch die Geschlechtsunterschiede wieder:

Die körperliche Attraktivität des Widersachers hat dagegen für die beiden Geschlechter eine unterschiedliche Bedeutung. Dies zeigte eine holländische Studie, bei der die Teilnehmer sich in eine Dreieckssituation hineinversetzen sollten. Den Männern wurde lediglich bei dem Gedanken an einen sehr dominanten und durchsetzungsfähigen Nebenbuhler mulmig, gerade dann, wenn dieser über keine besonderen physischen Vorzüge verfügte. Ganz anders die Frauen, die nur bei der Idee einer hochattraktiven Rivalin durchdrehten, völlig unabhängig von deren Charakterstruktur.

Männer haben also Angst vor Konkurrenten, die klassisch männlich sind. Frauen haben Angst vor schönen Frauen. Wenig überraschendes hier.
Hier noch ein Paar Links:

3. Eifersucht und Polyamory

Wenn Personen in einer Gruppe immer wieder mit anderen schlafen kann ich mir vorstellen, dass sie eine gleich starke Bindung an alle entwickeln. Es bestehen die Verlustängste dann wesentlich weniger, weil alle das Gefühl haben, dass sie einen Ersatz für das dann fehlende Oxytocin haben. Das gleiche gilt, wenn die Beteiligten sich entweder sicher sind, dass die andere Person sie nicht gefährdet, weil sie attraktiver sind oder sonst einen Vorteil haben bzw. weil sie alle gleich aneinander gebunden sind.
Eifersucht würde demnach entstehen, wenn eine Person Angst hat das die andere Person denjenigen alleine bekommen könnte oder zumindest die andere Person wesentlich mehr bekommt.  Es könnte die Angst bestehen, dass einer aus der Gruppe ausbricht und mehr mit nur einer Person macht oder eine aus der Gruppe gerne eine andere Person der Gruppe exklusiv haben möchte.

Dies kann zB passieren, wenn eine Person der Gruppe eine andere ganz besonders begehrenswert findet und daher bei dieser Person eine erhöhte Oxytocin-Asuschüttung, etwa durch mehr oder bessere Orgasmen oder mehr Kontakt stattfindet.

Frauen sind normalerweise eher gefährdet, weil bei Männern der Coolidge-Effekt und die stärkere Beeinflussung der Libido durch Testosteron hinzukommt. Auch bei Männern entsteht durch Sex Bindung aber da sie aufgrund dieser beiden Effekte zugleich mehr Lust auf Sex mit anderen Frauen haben wirkt sich dies solange diese anderen Frauen tatsächlich vorhanden sind nicht unbedingt aus. Dennoch ist auch hier Oxytocin nicht zu unterschätzen.

Das Eifersucht häufig ein problematischer Faktor ist zeigt auch der Wikipedia-Eintrag über Polyamory, der einen eigenen Unterteil über Polyamory und Eifersucht hat.