Ideologien und Bewegungen, die das Gute wollten und das Böse geschaffen haben

Ein altes Argument von Seiten des Feminismus ist:

Feminismus will doch nur gleiche Rechte für alle und und Freiheit von dem Zwang zu Geschlechterrollen, wie kann man da dagegen sein?

Das sind Ziele, die man in der Tat gut vertreten kann, sie sind aber nur das Ausgangsziel des Feminismus und dieser hat sich inzwischen zu etwas entwickelt, in dem Schuldverlagerungen auf bestimmte Gruppen erfolgen, eine Einteilung in „Gute Gruppen, die unterdrückt werden“ und „schlechte Gruppen, die unterdrücken“. In diesem binär angelegten Schema ist kein Platz für Nuancen und es lädt zu Hass ein.

Das ist nicht selten bei Ideologien und Bewegungen, die eigentlich das Gute wollten. In dem Artikel „der Mythos des puren Bösen“ hatte ich dabei schon den folgenden Absatz zitiert:

The third root cause of evil is idealism. In some ways this is the most disturbing and tragic, because the perpetrators are motivated by the belief that they are doing something good. Idealists of both the left and the right have sometimes believed that their noble goals justify violent means. The worst body counts of the twentieth century were perpetrated by people who believed that they were doing what was necessary to create a utopian society, whether this reflected a left-wing vision (as in the communist slaughters in China and the Soviet Union) or a right-wing one (as in the horrors perpetrated by Nazi Germany). Earlier centuries witnessed slaughters perpetrated in the name of religion, as people killed to serve their gods. To be sure, sometimes the idealism was a cover for baser motives, including instrumental ones. Some people used religious wars or persecutions to enrich themselves. Yet it is not reasonable to dismiss the sincere idealism of many of the perpetrators. In a large expedition such as the Crusades, there were some along for adventure and others hoping to get rich. But many honestly believed that they were doing God’s work by fighting the infidels in order to reclaim sacred ground for what they thought was the true faith. (…)

Deswegen hier mal eine Sammlung von Organisationen und Ideologien, die das Gute wollten und über das Ziel hinaus geschossen sind und „Böse“ wurden.

  • Der Kommunismus:
    • Gutes Ziel: Er wollte auch nur Gleichheit und die Befreiung der Arbeiterklasse. Wie kann man dagegen sein?
    • Folge: Geendet ist es bei Stalin und Mao, bei Nordkorea und 100 Millionen von Toten, Entrechteten, Vernichtungs- und Arbeitslagern unter unmenschlichen Bedingungen
  • Die christliche Kirche:
    • Gutes Ziel: Nächstenliebe ist die erklärte Botschaft des Christentums
    • Folge: Die Inquisition verbrannte Leute, die nicht mit den Zielen der Kirche übereinstimmten und „vom Bösen besessen“ waren. Im Namen Gottes und der Bekehrung von Heiden wurden unsägliche Verbrechen begangen, gerade an „Eingeborenen“ neu entdeckter Länder
  • Die französische Revolution
    • Gutes Ziel: Liberté, Égalité, Fraternité (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit )
    • Folge: Die Revolution frisst ihre Kinder, die Schreckensherrschaft nach der französischen Revolution

Ich würde es interessant finden, hier mal eine kleine Sammlung zusammenzutragen, die man dann bei Gelegenheit als Argument verwenden kann. Anregungen gerne in den Kommentaren!

 

Breaking Bad Staffel 5, 2. Teil

Morgen beginnt der zweite Teil der 5. und letzten Staffel von Breaking Bad, eine geniale Serie wie ich finde:

Hier der Trailer:

Und für alle, die noch einmal eine kurze Zusammenfassung benötigen:

 

Walter White startet als jemand der seine Familie versorgt wissen will und erkennt, dass er damit mehr erreichen kann: Er macht so gutes Meth, dass er einer der großen Spieler in dem Bereich wird. Er erlebt plötzlich Status und Macht, Leute, die ihm Respekt entgegenbringen und ihn fürchten, er baut sich eine Persona auf, die ihn dafür entschädigt, dass er damals aus der Firma ausgestiegen ist, die er mit seinen Studienkollegen gegründet hat und die diese zu Multimillionären gemacht hat und einfach nur Lehrer geworden ist. Er ist plötzlich jemand („Say my name!“ „Heisenberg“) Er will sich das erhalten und ein Imperium aufbauen.

Der Preis, den er dafür zahlen muss, ist dementsprechend hoch.

Was auch eine weitere Eigenschaft zeigt, die Charaktere immer häufiger haben und die zB auch in Game of Thrones, einer anderen genialen Serie, basierend auf noch genialeren Büchern, bei viele Charakteren auftaucht:

Obwohl die Charaktere schlechtes tun und böse sind sind wir als Zuschauer auf ihrer Seite, wollen nicht, dass sie geschnappt werden, fiebern mit ihnen mit. Es scheint so als wären uns ihre Taten teilweise egal, wenn wir zumindest anfänglich annehmen, dass sie gut sind (Walter White will seine Familie retten, bei den Sopranos ist es auch die Familie und gleichzeitig die Gruppe, bei Game of Thrones ist es auch die Familie bzw. einfach die Notwendigkeit ein Reich regierbar zu machen) oder zumindest in gewisser Weise die Notwendigkeit besteht so zu handeln. Wir brauchen nachvollziehbare Gründe, die nicht vollständig böse sind oder uns zumindest nachvollziehbar erscheinen. Es kommt hier wahrscheinlich noch hinzu, dass wir eine Entwicklung sehen, bei der uns die Einzelschritte zu einem gewissen Grad nachvollziehbar erscheinen. Wir erleben sie mit ihren Ängsten und Hoffnungen und in ihrem normalen Leben und dadurch erscheinen sie uns menschlich und bilden eine Identifikationsfläche.

Ich freue mich auf die restlichen Folgen, bisher war die Serie genial.

Der Mythos des puren Bösen („Myth of pure evil“)

Roy Baumeister vertritt die Ansicht, dass es einen Mythos des puren Bösen gibt, also die Vorstellung, dass Böses einfach aus reiner Schlechtigkeit heraus begangen wird.

Dabei zeigt sich ihm zufolge, dass der Böse sich selten als solcher sieht, sondern üblicherweise eher das Opfer als den Bösen sieht und glaubt gute Gründe zu haben.

Der Mythos hat demnach drei wesentliche Grundlagen:

  1. the intentional harming of another person
  2. the perpetrators of evil are typically portrayed as enjoying the harm they inflict
  3. the victim is typically depicted in accounts of evil as innocent and good.
  4. the perpetrators of evil are often seen as not like us
  5. evil is usually presented as having always been that way
  6. Alongside intentional harm, a second meaning of evil is chaos.
  7. perpetrators of evil often have inordinate egotism and poor self-control.

Es wird vermutet, dass es sich um eine Eigenart des menschlichen Geistes handelt, sich solche Lagen zurecht zu denken. Denn moralisch als richtig und gut darzustehen und seine Handlungen als gut rechtfertigen zu können ist für ein sozial lebendes Wesen wichtig und der beste Weg andere zu überzeugen ist zunächst es zumindest auf einer gewissen Eben selbst zu glauben, wenn auch wohl andere Tests ergeben, dass dieses Ausblenden nicht absolut ist.

Demnach würden beide Seiten eines Streits meist den anderen als den Übertäter sehen, sich selbst hingegen als denjenigen, der gerecht gehandelt hat und zumindest nicht anders handeln konnte. Der andere wird dann bis zu einem gewissen Grad über die obigen Kriterien dämonisiert um so eine Schuldzuweisung zu ermöglichen.

Zu den tatsächlichen Gründen für böses Handeln schreibt Baumeister:

The first and perhaps least interesting one to a psychologist is instrumentality. Evil acts are often merely a means to an end. People turn to violence as one means of getting what they want. What they want is typically not so different from what other people want. They want money, land, power, sex, and the like. They turn to violence in some cases because they cannot get what they want by more accepted, legitimate means. (…)

the second root cause of evil and violence is threatened egotism. When I began my research I had heard the standard theory that violence is perpetrated by people with low selfesteem. As I searched for the source and evidence, however, it emerged that this was one of those things that everybody knew but nobody had really ever shown. Moreover, the facts repeatedly contradicted it. A large literature review concluded, instead, that perpetrators of violence typically had very favorable views of themselves, sometimes absurdly so (Baumeister, 11 Smart, & Boden, 1996) (…)

The third root cause of evil is idealism. In some ways this is the most disturbing and tragic, because the perpetrators are motivated by the belief that they are doing something good. Idealists of both the left and the right have sometimes believed that their noble goals justify violent means. The worst body counts of the twentieth century were perpetrated by people who believed that they were doing what was necessary to create a utopian society, whether this reflected a left-wing vision (as in the communist slaughters in China and the Soviet Union) or a right-wing one (as in the horrors perpetrated by Nazi Germany). Earlier centuries witnessed slaughters perpetrated in the name of religion, as people killed to serve their gods. To be sure, sometimes the idealism was a cover for baser motives, including instrumental ones. Some people used religious wars or persecutions to enrich themselves. Yet it is not reasonable to dismiss the sincere idealism of many of the perpetrators. In a large expedition such as the Crusades, there were some along for adventure and others hoping to get rich. But many honestly believed that they were doing God’s work by fighting the infidels in order to reclaim sacred ground for what they thought was the true faith. (…)

The fourth and final root cause is sadism, defined as sincere enjoyment from inflicting harm. Earlier I said that it may be most precise to refer to three and a half roots rather than four. Sadism would be the half

Interessant ist insoweit auch eine Anwendung auf die Geschlechterfrage. Motiv wäre hier wohl von beiden Seiten eher Idealismus, der eben über das höhere Ziel der Gleichberechtigung alles Maßnahmen rechtfertigt.

Dazu Steven Pinker in einem Interview:

There are a number of things that make particular ideologies dangerous. One of them is the prospect of a utopia: since utopias are infinitely good forever, and can justify any amount of violence to pursue that utopia, the costs are still outweighed by the benefits. Utopias also tend to demonise certain people as obstacles to a perfect world, whoever they are: the ruling classes, the bourgeois, the Jews or the infidels and heretics. As long as your ideology identifies the main source of the world’s ills as a definable group, it opens the world up to genocide.

Die Darstellung des Patriarchats als „pure evil“ scheint mir ebenfalls zu erfolgen:

  • the intentional harming of another person

Das Patriarchat schadet den Frauen und den Männern, damit die Männer, die die hegemoniale Männlichkeit leben, ihre Privilegien erhalten können

  • the perpetrators of evil are typically portrayed as enjoying the harm they inflict

Das Ausleben von Privilegien macht natürlich Spaß.

  • the victim is typically depicted in accounts of evil as innocent and good.

Die Frauen sind allenfalls insoweit schuld, dass sie zwangsläufig zum Mittäter werden müssen, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Üblicherweise wird aber gerade im Feminismus vertreten, dass die Opfer absolut rein und unschuldig sind. Das zeigt sich schon an der Anwendung des Begriffs Victimblaiming,

  • the perpetrators of evil are often seen as not like us

Männer sind Menschen mit Privilegien. Sie sind zwar gleich, aber dabei vollkommen anderes. Sie sind männlich sozialisiert.

  • evil is usually presented as having always been that way

Je nach Theorie gibt es das Patriarchat schon immer (zB Beauvoir) oder aber erst seit 8.000 Jahren, jedenfalls ist es sehr alt

  • Alongside intentional harm, a second meaning of evil is chaos.

Hier könnte man vielleicht anführen, dass Machtmittel wie Gewalt und Vergewaltigung und die Rapekultur ein gewisses Chaos schaffen.

  • perpetrators of evil often have inordinate egotism and poor self-control.

Das patriarchale Männer besonders egoistisch sind, zeigt sich schon daran, dass sie die bessere Welt, in der beide Geschlechter zufrieden leben könnten, verhindern, um ihre Privilegien zu wahren und die mangelnde Selbstkontrolle kann man dann beim Sexualtrieb des Mannes anführen, bei dem die Frau  eben nie weiß, wann er zuschlägt.

Natürlich gibt es auch entsprechende Bemühungen im Maskulismus, indem zB dargestellt wird, dass es Männern schon immer schlechter ging als Frauen und diese faule Ausbeuterinnen sind, wohingegen die Männer als arme Schweine ausgenutzt werden.