Die Welt interviewt drei Jungs zu den Problemen von Männern und der woken Welt.

Ein interessanter Bericht über die Sicht junger konservativer Jungen/Männer:

Sie sind jung, sie sind männlich – und sie sind konservativ: Wir haben drei Berliner Freunde an der Grenze zum Erwachsenwerden gefragt, wie sie die Welt sehen. Ein offenes Gespräch über Gendern, linke Lehrer, Angriffe im Park, Eisbaden – und die Frage, was sie von der AfD halten.
Junge Männer werden immer konservativer – das stellte im Februar eine Analyse der Londoner Zeitung „Financial Times“ fest, der verschiedene Umfragen zugrunde liegen. Die Datenbasis war dünn, aber das weltweite Echo zeigt, dass diese These einen Nerv trifft. Zum ersten Mal sei eine ganze Altersgruppe gespalten: Junge Frauen linksliberal, Männer konservativ. Aber warum?
Wir haben drei junge Männer gefragt, was sie denken. Robin und Emil werden demnächst 18, Nico ist 16. Die drei Berliner sind Freunde, Joggen zusammen, spielen Playstation und unterhalten sich viel über Politik – auch über ihren Lieblings-Podcast „Hoss und Hopf“ oder den Unternehmer und Influencer Andrew Tate. Sie wollen anonym bleiben, weil sie für ihre ehrliche Meinung viel Ärger in ihrem Umfeld befürchten – alle Namen sind geändert.
Da sind sie alle erst einmal noch minderjährig, aber es ist ja interessant, dass hier mal konkret in dieser Gruppe nachgefragt wird, wobei natürlich ein Interview mit drei Jungen nicht repräsentativ sind. Insofern ist es eher ein kleiner sehr selektiver Einblick.
Nico: Ich mach das hier nur mit, wenn wir die Namen verändern.
Emil: Mir ist es egal, ich stehe auch mit meinem Namen dazu.
Robin: Nee, das kannst du nicht machen, das gibt Ärger.
Nico: Wenn du deinen echten Namen zeigst, kommt vielleicht irgendwer drauf, wer wir beide sind. Ich sehe schon die Antifa vor meiner Haustür.
Das ist ja etwas, was generell zugenommen hat: Das Gefühl, dass man Sachen nicht sagen darf. Das führt zu unausgesprochenen oder jedenfalls nur privat geäußerten Ansichten, die weit verbreitet sein können und zu Unzufriedenheit führen.
WELT: Wir wollen uns über Männlichkeit und eure politischen Ansichten unterhalten. Warum glaubt ihr, dass ihr nicht offen sprechen könnt?
Nico: Mir wurde schon in einer Diskussion mit Mitschülern an den Kopf geworfen, dass ich nur ein weißer Privilegierter bin.
Emil: Die Linken dominieren gefühlt alles. Das macht es schwer.
Robin: Ich glaube, früher war Linkssein etwas ganz anderes. Da wäre ich sogar auf deren Seite gewesen. Heute ist die Ideologie so hoch, dass alle Andersdenkenden massiv ausgegrenzt und sozial niedergemacht werden.
Das dürfte ein verbreitetes Gefühl sein. In den intersektionalen Theorien hat man eben recht und damit auch das Recht alle, die eine andere Meinung vertreten niederzumachen.
WELT: Seid ihr konservativ?
Nico und Emil: Ja!
Robin: Ich bin eher so Mitte. Es ist aber immer schwerer geworden, das zu definieren. Aus linker Sicht ist heute jeder rechts, der nicht genau ihrer Meinung ist.
Nico: Ich bin ziemlich unzufrieden mit der Politik und auch der Art, wie diskutiert wird. Auch an der Schule. Alle Seiten werden immer extremer, es gibt überhaupt keine Mitte mehr.
Robin: Ich bin in der Mitte!
Nico: Du bist diese Mitte, die ansonsten nicht existiert. Für dich gibt’s aber auch keine Partei.
Dazu gibt es ja diese Grafik hier in vielen Versionen:
Dazu eben noch die starke Frontenbildung in den intersektionalen Theorien, die alles in richtig oder falsch sortiert und bei „Richtig“ ein Widerstand gegen ungerechte Zustände ausmacht und bei „Falsch“ eine Erhaltung dieser Zustände, die man, wenn man auf der richtigen Seite ist nicht hinnehmen kann.
Robin: Ich passe auch zu keiner Partei. Zum Beispiel macht es für mich keinen Sinn, wenn erst viele Flüchtlinge aufgenommen werden und die Regierung sich dann nicht um Arbeit für die kümmert. Aber das ist für mich nicht links oder rechts, sondern einfach nur logisch.
Natürlich rechts. Aber ernsthaft: Die Arbeitsverbote für Flüchtlinge galten ja insbesondere, weil bei höherer Arbeitslosigkeit die Flüchtlinge eben nicht als Konkurrenz wahrgenommen werden sollten. Wie das gegenwärtig ist? Keine Ahnung. Die Forderung, die Sozialausgaben in dem Bereich möglichst gering zu halten erscheint mir aber auch logisch.
WELT: Zurzeit kursiert die Beobachtung, junge Männer werden immer konservativer, Mädchen dagegen seien eher links. Wie kommt das?
Robin: Mädchen sind zum Beispiel sehr für LGBTQ, weil es für sie eher okay ist, sich auch dem eigenen Geschlecht anzunähern. Für Jungs gilt dagegen eher das alte Bild des harten Mannes, wie er schon immer war.
Nico: LGBTQ+ heißt es ja eigentlich, und das Plus meint noch andere Sachen, pansexuell oder so. Ein Junge aus meiner Klasse ist pan. Das heißt, dir ist das Geschlecht egal, du stehst nur auf Charakter.
Emil: Die Gesellschaft widmet sich im Moment sehr den Minderheiten. Nur wenige sind schwul oder lesbisch, aber es wird unglaublich viel davon geredet. Oder: Die Minderheit will gendern und wir müssen alle mitmachen.
Wäre interessant, ob da ein Unterschied besteht. Ich hatte ja mal einen Artikel zu den evolutionären Wurzeln der Homophobie. Da hatte ich auch angeführt, dass der Ruf Schwul zu sein evtl mehr Nachteile bei der Fortpflanzung hat als lesbisch sein bei der Frau. Bi-tendenzen oder Lesbisch sein bedeutet erst einmal immer noch, dass man schwanger werden kann und sich dann evtl zwei Frauen die Kosten der Aufzucht des Kindes teilen. Für den Vater muss das nicht schlecht sein. Schwul sein kann bedeuten, dass der Mann keine feste Bindung zu der Frau eingeht und diese dann ein evtl Kind allein erziehen kann.
WELT: Was denkt ihr über das Gendern, mit einem Sternchen und dann „innen“ am Wortende?
Nico: Das ist Quatsch und gehört nicht zur deutschen Sprache. Ist eigentlich verboten und sollte es auch sein.
Robin: Ich finde, jeder möge es machen, wie er will, aber das in der Schule tun zu müssen, ist übertrieben.
Emil: Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung sind dagegen, hab ich gelesen, aber an der Schule, in den Medien und auf Spotify wird es einem aufgezwungen. Wir gehen schon über zehn Jahre zur Schule. Früher gab es das absolut nicht. Dann plötzlich, vor vier Jahren oder so, überall. Man kann die Texte nicht vernünftig Lesen, kein normaler Mensch kommt damit klar. Für die Gleichberechtigung tut es überhaupt nichts.
Da liegen sie glaube ich durchaus im Mainstream der Meinung, wenn auch nicht unbedingt der öffentlichen Meinung. Auch wenn das ja gerade etwas aufzubrechen scheint, wenn man bedenkt, dass Bayern und jetzt auch Hessen dem Gendern im öffentlichen Dienst erst einmal einen Riegel vorgeschoben haben. Aber die drei sind ja auch in Berlin. Da dürfte es vermutlich am schlimmsten sein.
Nico: Es gibt so Moden, was man zu denken hat. LGBTQ und depressiv ist gerade in.
Emil: Jetzt hat sich alles ins Gegenteil verkehrt. Es mag ja sein, dass Frauen früher viele Nachteile hatten. Aber wir werden jetzt erwachsen und kommen in eine Welt, in der wir als Männer nicht erwünscht sind. Auf viele Jobs brauche ich mich nicht zu bewerben, ich bin keine Frau und keine Minderheit.
Wäre interessant, was sie da erleben und inwieweit sie das einschätzen können. Ich kann mir vorstellen, dass es evtl in einigen Bereichen schwieriger ist, aber ja lange nicht in allen. Viele Betriebe suchen ja auch händeringend nach Auszubildenden oder Angestellten. Bei Beföderungen könnte ich es mir schon eher vorstellen, da wollen sicherlich einige Unternehmen ihre Frauenquote erhöhen.
Nico: Viele Dinge sind im Ungleichgewicht. Wenn man jetzt online Mode kauft, sind auf einmal alle Models schwarz, Albinos oder komplett übergewichtig. Models bekommen doch diesen Job, weil sie schön sind, nicht weil sie einer Minderheit angehören. Bei den Serien ist es noch suspekter. In der Serie zu „Herr der Ringe“ sind jetzt Schwarze, Asiaten, Transsexuelle und so weiter drin. Obwohl das zu den Büchern und den alten Filmen nicht passt. Ich finde, wenn mir jetzt ein dunkelhäutiger lesbischer Zwerg aufgenötigt wird, in den Minen von Moria, dann bin ich langsam genervt von diesen Minderheiten. Meiner Meinung nach hat niemand in Deutschland einen geringeren Status aufgrund seiner Hautfarbe oder so.
Auch da dürfte er nicht ganz alleine sein. Woke Filme oder Serien, gerade solche wie die Amazon Herr der Ringe sind ja auch beim Publikum durchgefallen. Andere, wie etwa „House of the Dragon“, die es nicht so plump gemacht haben und zumindest ein schwarzes Volk erfunden haben ohne zu wild zu mischen sind besser angekommen. Gerade die Kombination von „starker unabhängiger Heldin, die alles kann ohne sich anzustrengen“ und „Dumme unfähige Männer, die nichts auf die Reihe bekommen“ will kein Mensch wirklich sehen. Mal sehen wann diese Erkenntnis bei den Filmstudios zu echten Reaktionen führt.
Emil: Weiße Männer sind die neue Minderheit. Keiner mag sie mehr.
Robin: Das würde ich nicht sagen, aber normale Männer sind die leiseste Gruppe von allen. Für die kämpft niemand.
Nico: Es ging ja um Moden gerade. Da fällt mir auf, es gibt viele Schwule und Lesben an meiner Schule. Das ist gerade ein Trend, und dann werden das viele auf einmal.
Emil: Eigentlich sind wir ja so aufgewachsen, dass Homosexualität total normal ist. Gibt es auch in meiner Familie, war schon immer ein ganz normaler Teil des Lebens. Jetzt plötzlich, durch diese übertriebene Debatte und die Regenbogen-Flaggen überall, denkt man wieder viel mehr darüber nach und nimmt die wieder als Minderheit wahr.
Nico: Eine aus meiner Klasse war früher zuerst bi, dann ist sie lesbisch geworden, und dann wollte sie ein Junge werden. Jetzt hat sie einiges an Hormonen genommen und hat ebenso einige gesundheitliche Probleme dadurch bekommen. So ein Theater! Es ist normal, dass man mit 13 oder ähnlich seine Identität finden muss. Da muss nicht gleich jeder trans werden.
Es ist eigentlich interessant, dass die Theorien, die früher das komplette männliche und weibliche Verhalten darauf zurückgeführt haben, dass es Rollenvorgaben gibt, wie man sich benimmt nun vehement bestreiten, dass „woke“ Rollenvorgaben zB Transsexualität oder andere Bereiche interessant machen können. Und das sich da einige Rollen mehr oder weniger anbieten. Bi-Sein etwa ist noch vergleichsweise leicht umzusetzen, gerade für eine Frau. Sie hat dann eben mal ein Mädchen geküsst und jetzt ist sie seit 5 Jahren mit einem Jungen zusammen, aber eben nur weil sie sich jetzt in den verliebt hat. Schon ist sie nicht mehr langweilig, sondern eine Minderheit. Oder nonbinär. Man kann auf irgendwelche Teile von Geschlechterrollen verweisen, die man nicht so mag, schon ist man nonbinär. Oder zumindest he/they Pronomen
WELT: Woher wisst ihr so viel über die sexuelle Orientierung der Mitschüler?
Nico:Aus Instagram. Die Leute präsentieren sich online, und schreiben in ihre Beschreibung: „Ich bin pansexuell”.
Robin: Vieles daran ist eine Aufmerksamkeitsmache. Die Leute wollen Aufmerksamkeit. Und jetzt nutzen Sie das Geschlechter-Thema. Früher war ich dies, heute bin ich jenes, morgen bin ich wieder etwas anderes.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass einiges Aufmerksamkeit ist. Und einiges allgemeine Verwirrung und Pubertät.
Emil: Ein Mann ist biologisch und von den Hormonen her einfach nicht so gemacht, dass er die ganze Zeit tiefe Gefühle zeigt und weint. Das geht gegen seine Natur.
Robin: Findest du? Würde ich nicht unbedingt so sagen. Aber es gibt mehr Wettkampf unter Männern, es ist immer ein bisschen Battle, wer der krassere ist.
Nico: Zurzeit werden überall Fakten verändert. Es gibt Mann und Frau, biologisch gesehen. Warum muss man das verändern? Wie die Leute sich darüber hinaus definieren, ist mir egal. Sollen sie. Mit den Models, das ist auch so unnötig. Wer fett ist, bekommt gesundheitliche Probleme und ist kein Vorbild.
Emil: Die meisten finden das alles unsinnig, und fast alle Jungs sowieso. An den Schulen gibt es einen kleinen heimlichen Kulturkampf. Alle Jungs finden den ganzen Gender-Kram unnötig. Das grenzt uns aus. Aber zurzeit ist an der Schule alles außer sehr links sein verboten. An der Schule haben die Leute linksradikale Sticker auf ihrem Chromebook, für die Lehrer ist das ok. Aber wenn du da „AfD” drauf hättest, gäbe es Stress. Beide radikalen Seiten müssten ganz klar bekämpft werden.
Wäre ja interessant, wenn der Unterschied da wirklich so deutlich ist und Jungs und Mädchen da so weit auseinander liegen. Wäre ja auch schlecht für Beziehungen etc. Aber man scheint es ja auch nicht eskalieren zu lassen, wenn es ein heimlicher Kulturkampf ist. Natürlich gehen die intersektionalen Theorien auch ansonsten eher zu Lasten der Jungs: Sie sind ja quasi die bösen, gerade wenn sie auch noch weiß sind.
Robin: Es gibt aber auch ein paar gute Sachen. Die neue Generation ist viel gesundheitsbewusster als die früher. Ich denke, das kommt durch Social Media.
Nico: Also an meiner Schule gibt es viele, die saufen und kiffen.
Robin: Das ist doch eine Minderheit.
Emil: An meiner alten Schule bekam man auch Tilidin oder Speed. Manche nehmen es vor den Klausuren.
WELT: Tilidin, Speed – habt ihr das probiert?
Emil: Gar nichts davon. Wir leben vernünftig und gesund.
Nico: Ich schätze, bei den Männern in unserem Alter gehen 70 Prozent trainieren, bei den Frauen vielleicht etwas weniger.
Das mehr bzw zumindest viele Männer trainieren gehen kann ich mir vorstellen. Auch bei Männerkörpern sind mehr Muskeln durch die Medien als Bild verbreiteter geworden bzw man steht in einer anderen Konkurrenzsituation durch soziale Medien, Tinder etc.
WELT: Wo informiert ihr euch?
Emil: Social Media, ich lese aber auch „Handelsblatt“ und weitere. Also nur online. Aber ich wollte vielleicht eine Zeitung abonnieren. Und „Hoss und Hopf“ höre ich. Gegen die haben ja auf einmal auch alle was. Dabei sind das ganz legitime Personen.
Soziale Medien sind für viele die neuen Zeitungen. Man bekommt große Ereignisse auch viel schneller mit, weil sie einem direkt in jede Timeline gespült werden, gerade auf Twitter und Co. Man findet auch über Kommentare schnell Berichte von unterschiedlichen Seiten oder mehr Hintergrundinformationen als früher.
Das Hoss und Hopf in den Medien waren hatte ich auch mitbekommen. Die beiden sagen mir aber nichts. Wer da etwas beitragen kann: Gerne in den Kommentaren
WELT: Im „Stern” erschien der Bericht einer erregten Mutter, die befürchtet, dass ihr Sohn durch diesen Podcast rechtsradikal werde.
Emil: So ein Unsinn, wegen so etwas lese ich keine Magazine. „Hoss und Hopf“ sprechen wichtige Dinge an. Stichwort Fahrradwege in Peru, Feminismus in Afghanistan, das sind Dinge, die unsere deutsche Regierung fördert. Dabei wird hier Geld gebraucht. Das habe ich dort erfahren.
Robin: Ihr geilt euch jetzt an so einzelnen Punkten auf!
Nico: Ja, Bro! In unserem Land passiert so viel Unsinn.
Ein Medium als Quelle zu haben ist immer problematisch. Es lohnt sich immer noch etwas über den „Bubblerand“ hinaus zu recherchieren. Aber genauso kann es schlecht sein einzelne Quellen einfach zu verdammen und generell jede Relevanz abzusprechen. Und leider sind eben viele Medien, gerade auch der ÖRR sehr selektiv in ihren Inhalten und Meinungen.
WELT: In einem Podcast über den Sexualstraftäter Jeffrey Epstein sagen „Hoss und Hopf“ nebenbei pauschal, Israel und die „israelische Religion“ – dabei müsste es „jüdische“ heißen – seien verwickelt in seine dunklen Geschäfte. Das wird dann nicht weiter aufgelöst. Da wird doch ein falsches und gefährliches Stereotyp befördert.
Nico: Das kann schon sehr antisemitisch wirken, weil die Juden ja oft für Verschwörungstheorien genommen worden sind. Ich glaube die beiden steigern sich in das Gespräch rein und merken das gar nicht, dass etwas wie Hetze wahrgenommen werden könnte. Das war sehr gewagt, das hätte ich an deren Stelle auch nicht so gesagt.
Robin: Ich habe die Folge nicht gehört, aber es klingt, als wenn er das irgendwo gegoogelt hat und das dann für interessant hielt. Das machen die so. Ich finde es auch fragwürdig, was für Theorien es manchmal in den Podcast schaffen. Aber das unterhält die Leute, etwas über interessante Vermutungen zu hören, egal ob wahr oder falsch.
WELT: Aber ihr nehmt das ernst, was die sagen?
Emil: Das sind zwei ganz normale, nahbare Typen, sie reden entspannt über dies und das, meist politische Themen. Die interessieren sich für vieles, was auch mich interessiert. Alternativen zur aktuellen Politik, die Cancel-Culture zu beobachten, die Rolle als Mann von dem schlechten Ruf zu befreien.
Tja, das ist der Nachteil, wenn bestimmte Meinungen und Ideen anderweitig ausgeblendet werden. Dann wird gerade in den Zeiten moderner Medien und Podcasts und Youtube eben jemand diese Lücke füllen. Und das ist einfach geworden als jemals. Und in der Tat gibt es da viele gute Quellen für junge Männer sich den intersektionalen Theorien entgegen zu stellen. Ich würde sogar behaupten, dass die Gegentheorien oft besser belegt und durchdacht sind, weil intersektionale Theorien ja Dogmen aufstellen, die gar nicht zur Diskussion stehen und damit auch weniger logisch werden.
Nico: Wenn eine Mutter in einem Magazin sich aufregt, ist das doch nicht objektiv. Die Frau ist sicher links. Von mir aus eine legitime Meinung. Ich nehme es aber anders auf. „Hoss und Hopf“ belegen das, was sie sagen, und wenn sich etwas doch als falsch herausstellt, sagen sie das im nächsten Podcast völlig legitim und offen.
WELT: Also bei der Zeitung prüfen wir vorher, ob alles stimmt.
Nico: Das kann man nicht vergleichen. Ein Podcast ist wie ein Gespräch zwischen Freunden, und man kann zuhören. Wie ein Gast. Für die ist das Freizeit, das sind ja keine Politiker oder Journalisten.
Naja liebe Welt, ihre stellt auch genug dar, bei dem ihr einfach Meinungen darstellt oder einen stark meinungsgeprägten Artikel veröffentlicht. Natürlich ist das bei einem Podcast, bei dem man ja „live“ ein Gespräch aufnimmt und nicht unterbricht um mal gerade etwas nachzuschlagen noch etwas anfälliger. Dafür hat man vielleicht beim Podcast zwei Personen, die ganz andere Gedanken im Gespräch austauschen können als in einem Zeitungsartikel.
Robin: „Hoss und Hopf“ und viele junge Männer haben eben so ein Mindset, dass sie allen sagen: Verdiene Geld, mach dich unabhängig! Das mögen dann manche Mütter nicht.
WELT: Unabhängig zu sein ist euch wichtig?
Emil: Mein Ziel ist es, viel Geld verdienen und für meine Frau und Kinder zu sorgen. Sie soll arbeiten, wenn sie es möchte. Müssen tut sie aber gar nichts!
Nico: Als ich kleiner war, wollte ich YouTuber werden und das schnelle Geld machen. Der Drang ist groß bei vielen. Heute gehen wir das vernünftiger an. Auch mit Hilfe von „Hoss und Hopf“. Die sind zum Beispiel ganz offen gegen das Party-Leben, also sich die Birne vollzusaufen, davon raten sie total ab. Die sagen: Geh lieber ins Gym, geh Eisbaden, bau dir finanziell etwas auf, mach dir einen Plan für das Berufsleben, lies viele Bücher.
Emil: Das sind keine Rechtsradikalen, und ich finde es lächerlich, wie sie jetzt abgestempelt werden. Ich traue überhaupt nicht mehr dem, was das ZDF sagt. Da kommen irgendwelche von Steuergeld finanzierten Journalisten und bilden sich überhaupt keine objektive Meinung.
Das klingt ja durchaus nicht so unvernünftig wobei ich den Podcast wie gesagt nie gehört habe. Und geht auch wieder etwas in die Richtung seinem Leben einen Sinn zu geben und etwas aus sich zu machen. Das scheint Jungs anzusprechen und merkwürdigerweise mehr als die intersektionalen Theorien, die anführen, dass Karriere machen etwas ist, was, wenn es Männer machen, anderen, zB Frauen, etwas wegnimmt.
WELT: Podcaster wie „Hoss und Hopf“ können schon manchmal wie Machos wirken, die alles besser wissen.
Nico: Nö, gar nicht, eher im Gegenteil.
Emil: Sie sagen ja gerade nicht, dass sie die einzige Wahrheit verkünden. Anders als ARD und ZDF und „Stern“ oder wie sie alle heißen.
Robin: „Hoss und Hopf“ regen sich schon sehr über den deutschen Staat auf. Vielleicht empfinden das manche als rechts.
WELT: Sie zweifeln auch die herrschende Meinung zum Klimawandel an, das finden viele unzulässig.
Nico: Die beiden sind sich gar nicht einig und führen eben ein Gespräch darüber. Hopf glaubt nicht an die schlimmen Prognosen des Klimawandels, weil es wohl ein Dokument gibt, von vielen Wissenschaftlern unterschrieben, dass es weniger drastisch ist als immer gesagt wird. Hoss glaubt schon an einen drohenden Klimawandel und kritisiert aber, dass nur die Armen unter den Maßnahmen dagegen leiden.
Nico: Zu Fridays for Future gehen viele reiche, privilegierte Kinder, deren Eltern viel mehr CO2 ausstoßen als andere. Die wollen dann den Armen auf dem Land eine Benzinsteuer aufzwingen. Das ist unfair.
Robin: Ja, aber wenn am Ende die Welt untergeht?
Nico: Mein Opa, der auf dem Land wohnt, geht vorher unter.
Robin: Das ist aber egoistisch gedacht.
Ein Podcast in den Ideen ausgetauscht werden und Themen diskutiert werden regt immer das Denken an.
Als ich diesen Blog hier gestartet habe wollte ich auch, dass es ein Ort des Austausches ist, etwas in dem man über Feminismus und Geschlechterthemen diskutiert und idealerweise Männer und Frauen aus allen Richtungen. Das hat auch eine Weile durchaus geklappt, auch wenn das jetzt stark nachgelassen hat. Das mag einmal daran liegen, dass der Feminismus damals noch nicht so intersektional war und man da noch eher diskutierte und es zum anderen auch zB über die Mädchenmannschaft noch feministische Blogs mit Kommentarfunktion gab, was eine gewisse Verbindung schaffte. Gibt es heute noch wirklich Orte in denen auf diese Weise diskutiert wird?
WELT: Heute ist an viele Mauern in den Städten „Kill Patriarchy” gesprüht, tötet das Patriarchat. Ihr wollt gerade Männer werden. Wie wirkt das auf euch?
Nico: Ich hab auch mal „Kill all men” an einer Hauswand gesehen. Katastrophal. Ich war immer dafür, dass Männer und Frauen gleiche Rechte haben. Ich sehe keine Unterschiede mehr zwischen Mann und Frau in Berlin. Trotzdem soll immer weiter gekämpft werden. Unsinnig und nervig!
Emil: Wenn ich mich darüber ärgern würde, würde ich sterben in Berlin. Überall nur Anarchie, gegen Männer, gegen das Kapital. Die ganze Stadt ist damit verdreckt.
Das ist glaube ich ein typischer Start. Man will gleiche Rechte für Männer und Frauen. Und liest sich dann in das Thema ein oder kommt anderweitig zu Kritik. Und schon ist man Antifeminist, weil es dort eben nicht um Gleichberechtigung geht, sondern um Gleichstellung.
WELT: Leben wir denn in einem Patriarchat?
(Alle schweigen ein paar Sekunden.)
Emil: Wäre es denn etwas Schlechtes? Wenn ein Mann mehr verdient als eine Frau im selben Job, ist das Sexismus und nicht richtig. Das weiß jeder. Aber dass Männer in bestimmten Dingen eine wichtigere Rolle spielen, etwa bei harter körperlicher Arbeit, finde ich in Ordnung. Und warum soll man nicht sagen, Frauen sind sehr gut als Mütter, sie können das mit den Kindern einfach besser als wir?
Nico: Die Ukraine wurde angegriffen von Russland. Frauen und Kinder durften schnell raus. Männer nicht, weil die das Land verteidigen müssen. Da ruft dann niemand nach Feminismus. Komisch, oder?
Robin: Männer wollen aber eigentlich auch nicht an die Front gehen.
Nico: Doch. Ich will mein Land verteidigen, wenn irgendein Diktator angreift.
Das ist auch so eine Fangfrage. Man müsste da erst einmal Patriarchat definieren und dann fragen, ob bestimmte Männer oder Männer an sich die Macht haben. Und dann warum die Männer eher in diesen Positionen sind und nicht die Frauen.
WELT: Auch der Influencer Andrew Tate ist bei jungen Männern beliebt, bei anderen umstritten. Er sitzt oben ohne mit Sonnenbrille vor der Kamera, redet vom Reichtum, seinen Autos und Maskulinität. Folgt ihr dem?
Robin: Den kennt jeder. In der Schule oder so – jeder. Er will auch provozieren, ganz klar.
Emil: Ich hab sehr viel davon konsumiert und eine Zeit lang auch für seine Akademie bezahlt, habe bestimmt mehr als 100 Stunden gesehen. Ich sehe da einen Mann, der sich kaum politisch ausdrückt, sondern direkt Männer anspricht. Er sagt: Sei diszipliniert, verdiene viel Geld, beschütze deine Familie.
Nico: Im ZDF wurde gesagt, er ist Menschenhändler und Vergewaltiger. Er wurde aber inzwischen freigesprochen, das meldet dann niemand. Da wird wieder jemand abgestempelt. Die Journalisten haben Vorurteile.
Emil: Es werden viele solcher Clips gezeigt, aus dem Zusammenhang gerissen, wo er sagt: „Greif die Schlampe an den Hals.” In dem Video hatte er aber nur vorgespielt, was irgendwelche Brutalos sagen würden. Das reißen die Fernsehleute dann aus dem Zusammenhang. Sogar Leute, die ihn nicht mögen, widersprechen in den Kommentaren.
Nico: Er will Menschen motivieren. Ist doch gut. Aber er ist konservativ und maskulin. Das hassen derzeit alle.

Er scheint einen gewissen Essentialismus zu vertreten: Männer sind so, Frauen sind so in Abgrenzung zu „Männer sind im Schnitt so, Frauen sind im Schnitt so“.

Hier gleich noch mal die Langversion in der er auch andere  Ansichten verteidigt. Gerade der Punkt mit „sie ist sein Mädchen also schuldet sie ihm Geld, wenn sie etwas auf Only Fans macht“ ist schon eine sehr merkwürdige Ansicht.

Sein Vorteil ist, dass er sich nicht beirren lässt und ein gutes Selbstvertrauen hat. Er entschuldigt sich für nichts, er führt an, dass das eben seine Meinung ist, dass andere andere Meinung haben können, er führt auch einige Statistiken und Konzepte an, die schlicht stimmen (Forschung zu mehr intelligente, aber auch mehr dumme Männer), vermischt sie dann aber zu einer traditionellen Weltsicht, die man keineswegs teilen muss. Er führt beispielsweise richtigerweise an, dass ein Mann mit mehreren Frauen aus guten Gründen ein weit verbreiteteres Konzept war als eine Frau mit vielen Männern, aber sein Hang zu Jungfrauen den er wohl vertritt ist eben mit heutigen Verhütungsmitteln nicht mehr so zeitgemäß.

Insofern scheinen mir ihre ein sehr traditionaler Blick auf die Welt, eine große Schnauze und ein großes Selbstvertrauen, eine gewisse Machoeinstellung etc zusammenzukommen und das provoziert.

Es ist schade, dass es in den Medien aus der Mode gekommen ist einmal zu differenzieren zwischen den Punkten, bei denen er interessantes sagt, denen, die man anders sehen kann und denen, bei denen er etwas falsches sagt.

WELT: Seid ihr gern Männer?
Nico: Auf jeden Fall. Ich will das auch ausleben und nicht dafür gecancelt werden.
Emil: Ich bin auch froh. Aber ich vertrete schon zum großen Teil traditionelle Werte.
Die meisten Männer sind gerne Männer und die meisten Frauen gerne Frauen. Das ist auch wenig verwunderlich.
WELT: Wie schafft die AfD es, bei jungen Leuten so präsent zu sein?
Emil: Wir sind nicht rechtsaußen. Aber die sind sehr viel auf sozialen Plattformen zu sehen, und da hört man dann hin, weil es gegen den dummen Mainstream geht. Und dann haben sie mitunter recht. Das muss doch okay sein, das zu sagen: Manchmal haben sie Recht.
Nico: Immerhin nennen sie die Probleme beim Namen. Berlin ist wirklich total am Arsch gerade. Man sieht Rentner auf der Straße Flaschen sammeln, und wir hatten in Neukölln ein Drive-By-Shooting, in Kreuzberg wurde auf der Straße einer abgeknallt.
Emil: Und beide Schießereien hatten mit Migranten zu tun.
Nico: Mir fällt noch was ein, warum Männer eher konservativ werden: Die erleben mehr schlimme Sachen. Schlägereien, angegriffen werden, auf der Straße abgezogen werden, das erleben Männer eben mehr als Frauen. Wenn eine Frau körperlich angegriffen wird, ist sie natürlich viel traumatisierter danach, ganz klar. Aber bei Männern gehört Gewalt einfach mehr zum Alltag.
WELT: Ihr lebt alle in Kreuzberg oder Neukölln, das verzerrt hier vermutlich euren Blick. In dieser Gegend haben wir zwar einen hohen Migrationsanteil, aber noch mehr Armut und Verwahrlosung und Süchtige auf der Straße. Da kommt ungewöhnlich viel zusammen.
Emil: Wir sind ja nicht bescheuert. Meine Freundin hat Migrationshintergrund. Und einige gute Jungs aus der Schule auch. Aber als Nico und ich letzte Woche im Park angegriffen wurden, waren das eben acht junge Männer, die untereinander arabisch sprachen. Zu uns haben sie geschrien: „Geld her, oder wir machen euch tot.” Wir sind gerannt. Weil wir viel trainieren, waren wir schneller.
Nico: Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand grundsätzlich etwas gegen Menschen hat, die entweder Ausländer sind oder irgendwie ein Elternteil aus dem Ausland haben. Das wäre ja Quatsch. Aber dass die Politik versagt hat und wir in unserem Umfeld ganz viele Probleme haben, das ist doch klar.
Da liegen eben die Probleme, um so schlimmer, wenn man sie nicht ansprechen darf.
WELT: Ihr trainiert viel, aber andere hängen durch und kiffen, habt ihr gesagt. Warum kommen manche Männer nicht in Gang?
Emil: Die Playstation spielt sicher eine Rolle.
Nico: Im Spiel kann man leicht Erfolg haben, seine ganze Energie da hineinlegen, das ist einfach simpler als das echte Leben.
Robin: Frauen sind eher auf TikTok aktiv und drehen Filmchen. Frauen spielen nicht so viel.
WELT: Habt ihr denn das Gefühl, das die Mädchen sich wohlfühlen? An der Schule, unter Teenagern?
Emil: Nein auf keinen Fall. Sie denken immer, sie müssen irgendwas. Feministisch sein, aber auch sexy, und immer gut drauf, und dann klappt gar nichts davon. Viele sind depressiv und ritzen sich und zeigen das auch ganz offen. Nicht nur wir Jungs haben ein Problem. Die ganze Jugend steckt in der Krise.
Computerspiele sind sicherlich auch Segen und Fluch zugleich. Ein toller Zeitvertreib, aber man kommt eben nicht so viel unter Leute und verliert sich vielleicht in einer digitalen Welt.
Wäre natürlich interessant, wenn sie danach noch ein Interview mit drei Mädels gemacht hätten. Falls ich das übersehen habe: Gerne einen Hinweis in den Kommentaren.