Wie Arne auch schon berichtete sind Führungskräfte laut einer Umfrage skeptisch gegenüber Genderthemen:
Studie der Bertelsmann Stiftung und UW/H zeigt wenig Problembewusstsein von Führungskräften bei Gender-Themen
Eine neue Auswertung des aktuellen Führungskräfte-Radars 2021 der Bertelsmann Stiftung und des Reinhard-Mohn-Instituts für Unternehmensführung an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) zeigt, dass etwa 30 bis 40 Prozent der befragten Führungskräfte im eigenen Unternehmen keine Vorteile sehen, wenn es um die Einführung verbindlicher Regeln wie etwa Frauenquoten oder gendergerechte Sprache geht.
Da sieht man mal, dass die Männer einfach nichts gelernt haben und immer noch an den alten Regeln festhalten, die Frauen hingegen werden das dort ganz anders….
Überraschenderweise nehmen weibliche und männliche Führungskräfte die Themen ähnlich wahr.
Oh.
Dann muss es der internalisierte Frauenhass bei den weiblichen Führungskräften sein! Diese hochkompetenten Frauen, die selbstbewusst Unternehmen führen hassen sich anscheinend doch nur selbst bzw. haben sich mit dem Feind verbündet!!11
Oder aber da sind Männer und Frauen am Werk, denen es um profitable Unternehmen geht und die wissen, dass das am besten mit Mitarbeitern geht, die nicht nach Quote ausgesucht sind, sondern nach Leistung. Und eben auch Frauen, die keine Quotenfrauen neben sich wollen, die ihren Ruf verderben bzw selbst nicht als Quotenfrauen bezeichnet werden sollen.
Fragt man umgekehrt, wo die Unternehmen beim Thema Gleichstellung bereits stehen, wird deutlich, dass die Führungskräfte – männlich wie weiblich – den Eindruck haben, dass es in ihren eigenen Unternehmen kaum Probleme gibt.
Das ist ein verständlicher Eindruck, wenn man nicht auf Ergebnisgleichheit aus ist, sondern auf Chancengleichheit und eben weiß, dass wesentlich weniger Frauen überhaupt bereit sind, den Job derart zu priorisieren, dass für das sonstigen Leben sehr wenig Zeit übrig bleibt.
„Aber Gleichstellung ist kein Selbstläufer“, meint Professor Guido Möllering vom Reinhard-Mohn-Institut. „Das Problembewusstsein ist gering und es gilt, sowohl Gängelung als auch Gleichgültigkeit zu vermeiden.“
Das ist eben eine Frage der Betrachtung. Klar ist es eine verbreitete Ansicht, dass es der Markt regelt. Wenn Frauen gleich gut, aber billiger sind, dann müsste das der Markt entsprechend honorieren.
Das der Markt in gewisser Weise funktioniert zeigt sich daran, wie er auf Quoten bzw die Vorwegnahme von Quoten
Schon bei der Frage, ob die öffentliche Diskussion über Frauenquoten förderlich für das Gleichstellungsthema im eigenen Hause ist, scheiden sich die Geister: 39,7 Prozent der Befragten stimmen zu, aber 34,9 Prozent stimmen nicht zu. Ein gutes Drittel der Führungskräfte scheint den Eindruck zu haben, dass von außen vorgegebene Regeln oder gar Gesetze nicht nötig oder nicht zielführend sind. Damit muss nicht unbedingt eine gleichstellungsfeindliche Haltung zum Ausdruck kommen, sondern eher eine Skepsis gegenüber Regulation von außen und damit verbunden womöglich Widerstand seitens der Führungskräfte bei der Umsetzung verpflichtender Regeln.
Oder sie fürchten eben die klassischen Nachteile von einer Quote, die ein Geschlecht bevorzugt:
Die Frauen, die nach oben kommen, werden den Ruf haben, dass sie nicht durch eigene Kraft dort sind, wo sie sind.
Und die Männer, die ansonsten die Beförderung bekommen hätten und sich entsprechend ins Zeug gelegt haben, aber dann den Platz an eine Frau verlieren, die sich in dem Wettbewerb sonst nicht durchgesetzt hätte, fühlen sich übergangen oder strengen sich nicht so stark an, wie sie es sonst gemacht hätten, weil sie wissen, dass die Stelle eh an eine Frau gehen muss, damit man die Quote erfüllt.
Teambesetzung, „Gendern“ und Gehalt
Die Führungskräfte wurden außerdem gefragt, ob in ihren eigenen Unternehmen explizit darauf geachtet wird, dass Teams geschlechter-gemischt besetzt werden. Rund 30 Prozent (29,8 Prozent) der Befragten geben an, dass bei ihnen nicht bewusst darauf geachtet wird – und es offenbar auch keine entsprechenden Vorgaben gibt. Fast jede zweite Führungskraft (45,6 Prozent) stimmt hingegen bei diesem Punkt zu und nimmt die bewusste Beachtung von Diversität bei der Teambesetzung wahr.
Interessant wäre, ob sie es es positiv bewerten, wenn die Diversität umgesetzt wird.
Große Unterschiede zeigen sich bei der Frage, ob das eigene Unternehmen verbindliche Regelungen für eine gendergerechte Sprache hat. 39,8 Prozent der Führungskräfte geben an, dass ihr Unternehmen entsprechende Vorgaben macht; 41,9 Prozent sagen allerdings das Gegenteil. Man kann aus den Zahlen schließen, dass ein großer Teil der Unternehmen das sogenannte „Gendern“ (noch) nicht regelt und es damit den Führungskräften und Belegschaften selbst überlässt, ob sie ihren Sprachgebrauch im Sinne der Gleichstellung anpassen.
39.8 die eine Regelung haben finde ich schon relativ viel. Wobei natürlich die Frage wäre, wie umfassend die jeweilige Regelung ist. Letztendlich ist Gendern eine Kunstsprache, die dem Alltag nicht entspricht. Sie ist vielleicht ganz gut für Presseerklärungen etc, aber nicht für das alltägliche arbeiten, da ist sie nur Ballast.
Jeweils eine sehr deutliche Mehrheit der Führungskräfte gibt an, dass in ihrem Unternehmen das Geschlecht der Führungskraft keinen Unterschied macht (Zustimmung: 74,4 Prozent) und dass sie keine Geschlechterkonflikte erleben (81,7 Prozent). Außerdem stimmen 76,7 Prozent zu, dass in ihrem Unternehmen das Gehalt unabhängig vom Geschlecht ist,
Überraschung: Der Geschlechterkrieg Männer gegen Frauen findet gar nicht statt. Das ist ja durchaus mal eine relevante Feststellung. Die meisten Leute, die Unternehmen voran bringen wollen, dürften auch gar nicht die Zeit dafür haben, weil sie ansonsten genug zu tun haben.
wohingegen das Statistische Bundesamt (2021) für das Jahr 2020 einen Gehaltsnachteil der Frauen von 18 Prozent gegenüber Männern ermittelt hat. Offenbar erscheint den Führungskräften das Thema „Gendergerechtigkeit“ in ihrem eigenen Arbeitsbereich demgegenüber unproblematisch.
Das ist eben das Problem, wenn man nicht versteht, dass ein Geschlechterunterschied im Schnitt nicht bedeutet, dass gleiche Jobs ungleich bezahlt werden.
Diskriminierung bei Neueinstellungen und Beförderung?
Die Befragung ging auch der Frage nach, ob im eigenen Unternehmen Diskriminierung bei Neueinstellungen oder Beförderungen effektiv verhindert werden. Das Ergebnis: Dem stimmen 70,1 Prozent der Führungskräfte zu. Dies ist eine sehr deutliche Mehrheit, zumal wenn man bedenkt, dass nur 11,0 Prozent nicht zustimmen (bei 18,9 Prozent Unentschiedenen).
Das ist eine sehr deutliche Zustimmung.
Das ist überraschend, gelten doch schlechtere Ein- und Aufstiegsmöglichkeiten von benachteiligten Gruppen als Ausdruck und Ursache der Ungerechtigkeit. Führungskräfte erleben das Problem der Diskriminierung in ihren eigenen Unternehmen anscheinend kaum.
Die Frage wäre ja, ob es tatsächlich Diskriminierung gibt. Das ist eben gerade nicht nachgewiesen. Es ist wieder der Unterschied zwischen Ergebnisungleichheit und Chancengleichheit. Die Firmen sind auch nicht dafür verantwortlich, wer was studiert und dann als Führungskraft auf dem Markt ist. Sie sehen eben nur den Markt für die Führungskräfte und meinen, dass sie aus dem Angebot dann die bestmögliche Wahl treffen.
Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Führungskräften?
Bemerkenswert an den Ergebnissen des Führungskräfte-Radars ist, dass ein sehr einheitliches Bild zu erkennen ist. Es gibt keine analytisch nennenswerten Unterschiede zwischen den Antworten männlicher und weiblicher Führungskräfte. Es wäre zu erwarten gewesen, dass Frauen als Benachteiligte (zum Beispiel wegen schlechterer Verdienst- und Ausstiegsmöglichkeiten) die Verhältnisse in ihren Unternehmen deutlich negativer erleben, während Männer als Privilegierte eher dazu neigen, keine Gerechtigkeitsprobleme zu sehen. Dies ist nicht zu erkennen.
Das muss wirklich sehr enttäuschend sein für Leute, die Diskriminierung finden wollen. Aber es macht deutlich, dass das Problem sehr gut ein Scheinproblem sein kann.
Allerdings macht die Führungsebene einen Unterschied aus: Die obere Führungsebene (27,6 Prozent) hat insgesamt ein positiveres Bild der Gleichstellung im eigenen Unternehmen als die mittlere und untere Führungsebene (53,7 Prozent bzw. 18,7 Prozent). Die obere Ebene stimmt beispielsweise mit mehr als 80 Prozent zu, dass das Geschlecht keinen Unterschied macht und die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Verpflichtungen unterstützt wird, während bei dieser Frage die untere Ebene zu weniger als 70 Prozent zustimmt.
Vermutlich hat man in der oberen Führungsebene auch eine ganz andere Vorstellung davon, was eine zumutbare Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Verpflichtungen ist. Aus der Sicht unten mag eine jederzeitige Erreichbarkeit auch am Wochenende und im Urlaub in Notfällen und Überstunden wann immer sie notwendig sind, keine gute Vereinbarkeit sein. Aus der Sicht oben ist es eher der Normalfall und man würde anführen, dass es sich eben auf das notwendige beschränkt.
Überprüfung der Gleichstellung konsequenter nutzen
„Augenscheinlich gibt es in der Debatte um Geleichstellungs- und Genderfragen einen bisher wenig beleuchteten Aspekt. Denn, wenn Führungskräfte entgegen der weitläufigen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit die Situation in ihren Organisationen positiv sehen, braucht es einen Reality-Check, um Transparenz herzustellen. Ansonsten drohen generelle betriebliche Maßnahmen ins Leere zu laufen“, sagt Martin Spilker, Experte für Unternehmenskultur und Führung bei der Bertelsmann Stiftung. Tatsächlich zeigt der Führungskräfte-Radar 2021 zur Gender- und Gleichstellungsthematik vor allem die Notwendigkeit, die aktuellen Zustände in den Unternehmen zu hinterfragen. Insbesondere die augenscheinliche Kluft zwischen den Wahrnehmungen der Führungskräfte gegenüber den oft zu hörenden Klagen über Missstände an der Basis bedarf einer eingehenden Überprüfung und Klärung. Bevor undifferenzierte Programme zur Förderung der Diversity initiiert werden, gilt es seitens der Personalentwicklung, gezielte, kontextspezifische Interventionen bei Führungskräften zu veranlassen. Der Gesetzgeber hat zum Beispiel mit dem Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern den Beteiligten in den Unternehmen ein Instrument an die Hand gegeben, Arbeit und Arbeitsplätze von Männern und Frauen bewerten zu lassen und Ungleichbehandlungen offen zu legen. Diese Form der Überprüfung der Gleichstellung sollte öfter und konsequenter genutzt werden.
Vielleicht sollten sie eher bei den Führungskräften einmal in die Tiefe gehen, warum diese einen so anderen Eindruck haben und schauen, ob sich nicht die andere Seite irrt.
Zusatzinformationen
Für den Führungskräfte-Radar 2021 der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke wurde von der IPSOS GmbH im Mai 2021 während des zweiten Corona-Lockdowns eine repräsentative Befragung unter den Führungskräften in Deutschland vorgenommen. An der Studie haben 1026 Führungskräfte aller Führungsebenen teilgenommen. 49,8 % der Befragten sind männlich und der Altersdurchschnitt der Stichprobe liegt bei 46,6 Jahren, was für die heutige Führungslandschaft in Deutschland als repräsentativ anzunehmen ist.
49.8% waren männlich und das ist repräsentativ?