Warum wollen weiße alte Männer nicht weiße alte Männer genannt werden?

Meiner Meinung nach: Weil es normal ist nicht auf seine Hautfarbe, sein Geschlecht und sein Alter reduziert werden zu wollen, dass zum Großteil auch nicht bei anderen machen und sie eine sehr heterogene Gruppe sind, in der eine Vielzahl von Meinungen vorherrschen.

Andere:

 

 

Niggemeier, Martenstein und „alte weiße heterosexuelle Männer“

Stefan Niggemeier hat Harald Martenstein interviewt und es ging auch um die immer wieder erfolgten Vorhaltungen, dass er eben ein alter heterosexueller weißer Mann sei und damit alles erklärt sei. Die Ausführungen dazu finde ich interessant:

Und ich bin, Moment, jetzt muss ich meinen Zettel rausholen, „mitleiderregend“, „dummstolz“ und natürlich, dies als die Krönung, ein „weißer, heterosexueller, alter Mann“. Da habe ich mich gefragt: Woher will denn der Niggemeier wissen, ob ich heterosexuell bin? Ich kenne diesen Kollegen kaum.

Soll ich mal versuchen zu erklären, was hinter diesem Vorwurf steckt? Das ist ja scheinbar völlig sinnlos oder, wenn man so will, sogar rassistisch.

Rassistisch und sexistisch zugleich. Die Königsdisziplin. Was ist eigentlich so schlimm daran, heterosexuell zu sein?

Nichts.

Es gibt total nette Heterosexuelle da draußen.

Das ist auch nicht die Ebene, auf die dieser Begriff zielt. Er beschreibt Menschen, die außerordentlich privilegiert sind, sich dessen aber nicht bewusst sind.

Heterosexualität ist eine Angewohnheit, kein Privileg.

Aber Sie sind doch privilegiert.

In dieser Gesellschaft, heute?

Ja, aber natürlich!

Ich habe mir das ja nicht ausgesucht.

Der Vorwurf ist nicht, dass Sie sich das ausgesucht oder auf eine ungerechte Art erstritten haben, sondern, dass Sie das nicht erkennen.

Welche Privilegien habe ich genau? Schreiben dürfte ich auch, wenn ich schwarz wäre. Es wäre leichter, einen Job als Kolumnist zu ergattern als junger Mensch. Junge Kolumnisten, die gut sind, werden immer gesucht.

Hinter dem Wort „alt“ steckt der Vorwurf, unbeweglich zu sein; mit Veränderungen nicht mehr umgehen zu können.

Man nennt das “Zuschreibung“, oder? Aber ältere Menschen sind ja tatsächlich oft ein bisschen unwillig, was Veränderung angeht. Das hängt natürlich damit zusammen, dass sie alt sind. Genauso gut können sie einem jungen Menschen vorwerfen, dass er wegen seines Geburtsdatums ein bisschen radikaler ist, was junge Menschen ja häufig sind.

Worauf ich hinauswill: Es wäre völlig absurd, Ihnen vorzuwerfen, alt, weiß, heterosexuell zu sein. Der Vorwurf ist: Sie sind privilegiert, haben aber das Gefühl, benachteiligt zu sein. Sie lehnen Veränderungen ab. Und was das „heterosexuell“ angeht … Homosexuelle sind sicher nicht die besseren Menschen. Sie haben aber eine Gemeinsamkeit: Sie kennen das Gefühl, nicht normal zu sein. Das ist eine besondere Erfahrung, wenn man aufwächst und merkt: Ich bin anders als die anderen, sehe aber zum Beispiel keine schwulen Rollenvorbilder.

Das Gefühl, benachteiligt zu sein, habe ich nun auch wieder nicht. Veränderungen lehne ich nicht pauschal ab, da haben Sie nicht recherchiert. Außerdem: Heute finden Sie schwule Rollenvorbilder. Die Zeiten haben sich gottlob geändert. Und die Erfahrung, anders zu sein, machen Sie auch, wenn Sie als kleiner, dicker Junge mit Brille aufwachsen. Ich frage mich übrigens, wie lange man den Heteros noch ihr Hetentum vorwerfen kann. Würden Sie sagen: In hundert Jahren gibt es diesen Vorwurf immer noch?

Erstens ist das nicht der Vorwurf, und zweitens kommt es darauf an, in was für einer Gesellschaft wir dann leben.

Man muss doch auch irgendwann gut sein lassen und sagen: Du bist hetero, aber trotzdem okay, ich lass dir das durchgehen und letzten Endes weiß ich es ja auch gar nicht so genau, ob du wirklich heterosexuell bist.

Sie ziehen den Vorwurf wieder auf eine wörtliche Ebene. So ist er ja nicht gemeint. Es geht um das Gefühl, „normal“ zu sein, und dadurch blind zu sein für die Erfahrungen von Menschen, die anders sind. Die Begriffe zielen auf eine Geisteshaltung, eine gewisse Blindheit.

Man sollte einen Menschen nicht auf Heterosexualität und Altsein reduzieren, und das ist auch nicht meine Geisteshaltung. Ich mache keine Ideologie daraus. Es ist halt ein Schicksal. Man kann nichts dagegen tun.

Aber man kann versuchen, beweglich zu sein, empathisch …

Das versuche ich die ganze Zeit. Wo bin ich unbeweglich? Physisch vielleicht ein bisschen.

Also Niggemeiers Argument wäre:

Das ist auch nicht die Ebene, auf die dieser Begriff zielt. Er beschreibt Menschen, die außerordentlich privilegiert sind, sich dessen aber nicht bewusst sind.

Der Vorwurf ist: Sie sind privilegiert, haben aber das Gefühl, benachteiligt zu sein. Sie lehnen Veränderungen ab. Und was das „heterosexuell“ angeht … Homosexuelle sind sicher nicht die besseren Menschen. Sie haben aber eine Gemeinsamkeit: Sie kennen das Gefühl, nicht normal zu sein.

Sie ziehen den Vorwurf wieder auf eine wörtliche Ebene. So ist er ja nicht gemeint. Es geht um das Gefühl, „normal“ zu sein, und dadurch blind zu sein für die Erfahrungen von Menschen, die anders sind. Die Begriffe zielen auf eine Geisteshaltung, eine gewisse Blindheit.

Die Argumentation hat aus meiner Sicht viele Schwächen. Denn zum einen behauptet sie Privilegien einer Gruppe, die so erst einmal belegt werden müssten, auch in ihren Auswirkungen, was aber viel wichtiger ist: Die Art, wie es gebraucht wird ist häufig abwertend und es wird dazu gebracht, das was die Person sagt allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe abzulehnen.

Auch das Leute nicht das Gefühl kennen, dass sie „nicht normal“ sind ist bei so heterogenen Gruppen eine mutige Aussage. Auch weiße heterosexuelle Männer können das Gefühl haben, etwa weil sie Nerds sind, weil sie sozial nicht gewandt sind, weil sie es nicht schaffen dazu zu gehören. Weil alle eine Freundin haben, nur sie nicht.

Es sind ja nicht umsonst Männer, die die höchste Selbstmordrate haben.

Dagegen wird man sicher anführen, dass all diese Probleme bei den Minderheiten ja noch oben drauf kommen zusätzlich zu den Problemen, die sich aus ihrem Minderheitenstatus ergeben.

Aber zumindest bei Männern und Frauen bin ich mir recht sicher, dass viele Frauen genau wissen, wie es ist, normal zu sein und sich viele Frauen nicht als „das andere“ in ihrem Bereich ansehen.

Was einen natürlich auch an dem Privilegienbegriff stört ist, dass nie wirklich konkretisiert wird, was man dann machen soll. „Seine Privilegien erkennen“ ist unglaublich vage und bewahrt einen auch nicht davor, dass einem allein deswegen eine Meinung abgesprochen wird.

Des weiteren gibt es auch ein „Gruppenwissen“ nur sehr eingeschränkt. Wenn zwei Personen der gleichen Gruppe beträgt werden kann Mann eben vollkommen verschiedene Meinungen hören. Ein Dritter kann auch Probleme besser verstehen als jemand aus der Gruppe, etwa weil er insgesamt zb gesellschaftlich Problems besser versteht oder schlicht weil jemand aus der Gruppe eine Ego schonende Erklärung mit einem Sündenbock lieber glaubt als eine Auflistung von Punkten, die seine eigene Gruppe mühsam abarbeiten muss, um die Lage zu ändern.

„Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft in „gut“ und „schlecht“ einteilen“ und Feminismus

Shehadistan bedauert in einem Artikel bei der Mädchenmannschaft bzw bei sich im Blog, dass in folgenden Zeiten leben:

In einer Zeit, in der es seit Jahren und Jahrzehnten normal ist, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft in „gut“ und „schlecht“ eingeteilt werden.

Natürlich findet sie es trotzdem richtig, dass bei „Criticial Whiteness“ erst einmal alle Weißen als Rassisten bezeichnet werden.

Wahrscheinlich sieht sie die Haltung gegenüber „weißen heterosexuellen Männern“ gar nicht als Einteilung in „gut“ oder „schlecht“, sondern ganz wertneutral als Darstellung der privilegierten Stellung wegen dieser Hautfarbe, die ja gar nichts darüber aussagt, ob derjenige Mann seine Privilegien vielleicht hinreichend hinterfragt.

Dass die Polizisten das ganz wertneutral als Merkmal eines Täterprofils sehen könnten, welches auf die potentiellen Täter vom letzten Silvester zutraf, was ja gar nichts darüber aussagt, ob der jeweilige Mann tatsächlich etwas schlechtes machen wollte, dass also beide Seiten eine Form der „Rasterfandung“ darstellen (auf der einen Seite “ was haben Leute in Führungspositionen gemeinsam?“ die dann auch dem Bettler eine privilegierte Stellung zuweist,  auf der anderen Seite „was hatten die Leute bei den Vorfällen Silvester in Köln gemeinsam?“), das kommt ihr wahrscheinlich gar nicht in den Sinn.

„Weihnachten ist ein Fest für weiße Männer der Mittelschicht, die rückwärts gewandten Utopien nachhängen“

Das Verhältnis des Feminismus zu Weihnachten ist seit jeher gespalten – nicht verwunderlich, bei einem christlichen, also westlichen Fest, in der ein alter vermutlich heterosexueller (?) weißer Mann Geschenke bringt und der Geburtstag eines anderen Mannes, allerdings wahrscheinlich nicht weiß, da aus dem nahen Osten, dafür aber heterosexuell, gefeiert wird. Der Weihnachtsmann ist zwar zumindestens fettleibig, aber er bringt armen weniger als reichen Kindern und allgemein Spielzeuge aus dem Kapitalismus, so dass hier die Ablehnung wohl überwiegen muss.

Natürlich ist es für viele Frauen auch ein stressiges Fest, weil ein Großteil der Vorbereitung, vom Festmahl bis zum Geschenkekaufen, auch an ihnen hängen bleibt.

Hier ein wunderbarer Weihnachtsverriss:

ich  hasse Weihnachten, weil es nicht hält, was es verspricht. Groß angekündigt als Fest der Familie ist es nämlich hier und heute vor allem eines: ein Fest für die Trumps dieser Welt und alle, die es sein wollen. Ein Fest für weiße Männer der Mittelschicht, die rückwärts gewandten Utopien nachhängen und im Punschduft leise vor sich hin säuseln: „Früher war alles besser, so soll es wieder werden“. Nicht umsonst erfreut sich der Slogan „Make America great again“ großer Beliebtheit – jetzt kann man ruhig auch sagen: „Make Weihnachten great again“. Und in diesem Kontext bekommt auch der Ausdruck „weiße Weihnachten“ eine neue Bedeutung. Aber zurück zum Thema Weihnachten ….

Dem Fest, das alte tradierte Rollenmuster festigt: Die Frau und Mutter, die mit ihrer  (am besten blonden und blauäugigen) Kinderschar Kekse bäckt, sich das Weihnachtsessen überlegt, einkauft, zubereitet und die Wohnung putzt. Ein Lobgesang auf die 50er und ihre verbohrten Ansichten über Frauen am Herd, die heute noch düstere Schatten werfen. Nicht umsonst feiern wir die Geburt eines Kindes, das aus einer angeblich unbefleckten Empfängnis hervorgegangen ist. Und auch hier steht nicht die Mutter im Vordergrund, sondern der, der es gemacht hat: Gott. Es ist sein Sohn. Kenn ich irgendwie. Auch der hasigste Ehemann von allen ist fest davon überzeugt, die Kinder habe primär er gemacht. Mein Beitrag war da aus seiner Sicht eher gering. Meint er. Ein Fest, das – zumindest bei mir – keine rührselige Stimmung aufkommen lässt, sondern mich mürbe macht. Mit Mürbteig und Rührkuchen.

Ein Fest, für das ICH allein die Geschenke überlegen, besorgen und natürlich einpacken muss. Für Opa, Oma, Neffen, Kinder und Freunde. Wieso? Weil der Mann an meiner Seite mir da unverbindlich aus dem Weg geht. Wahrscheinlich lässt er mir hier meinen Freiraum. Vielleicht hat er aber auch weder Zeit noch Lust dazu. Und wundert sich dann, warum sein beliebtestes Nicht-Nur-an-Weihnachten-Geschenk – „Make Penis great again“ – wohl gerade aus ist. Wohl Lieferschwierigkeiten wegen Weihnachtsstress und so …

So so, Make Penis great again muss leider ausfallen. Und überhaupt ist Weihnachten viel zu weiß. Schreckliches Fest!

Kyriarchat als das neue Patriarchat und Intersektionalität

Der Begriff „Kyriarchie“ bzw. „Kyriarchat“ ist ein Begriff, der innerhalb des Feminismus quasi den Begriff des Patriarchats ersetzen soll.

Dazu aus der Wikipedia:

Kyriarchat ist eine Wortschöpfung, geprägt von Elisabeth Schüssler Fiorenza, um miteinander verbundene, interagierende, multiplikative Systeme von Herrschaft und Unterwerfung zu beschreiben, in denen dieselbe Person in einem Kontext unterdrückt und in einem anderen Kontext privilegiert sein kann. Es ist eine intersektionale Festlegung des Begriffs des Patriarchats, es erweitert die Analyse der Unterdrückung jenseits geschlechtsspezifischer Diskriminierungen um die Dynamik des Rassismus, Heterosexismus, Klassismus, Ethnozentrismus, der Altersdiskriminierung und anderer Formen der internalisierten und institutionellen Diskriminierung.

Man hat also schlicht gemerkt, dass „Patriarchat“ zu sehr auf das Geschlechterverhältnis beschränkt ist und brauchte einen neuen Begriff, dem man nicht vorwerfen kann, dass er weitere Herrschaftsverhältnisse (immer schön binär mit Opfer-und Tätergruppen) ausblendet.

Zur „Strukturellen Position“:

Schüssler Fiorenza (2009) beschreibt voneinander abhängige „Schichten von Geschlecht, Rasse, Klasse, Religion, Heterosexualität und Alter“ als strukturelle Positionen, die bei der Geburt zugewiesen werden. Sie meint, dass Menschen mehrere Positionen innehaben und dass die Positionen mit Privileg Knotenpunkte werden, durch die die anderen Positionen erlebt werden. Zum Beispiel, in einem Kontext, in dem das Geschlecht die primäre privilegierte Position ist (z.B. Patriarchat), wird das Geschlecht zum Knotenpunkt, durch den Sexualität, Rasse und Klasse erfahren werden. In einem Kontext, in dem die Klasse die primäre privilegierte Position bedeutet (Klassismus), werden Geschlecht und Race durch die Klassendynamik erlebt.

Also doch die klassische Erbschuld, aus der man im Feminismus durch „Buße tun“ entkommen kann, indem man allen Privilegien entsagt und sich dem Kampf gegen diese widmet.

Schüssler Fiorenza schreibt über die Wechselwirkung zwischen Kyriarchat und Kritische Theorie als solche[3]:

„In light of this analysis, it becomes clear that the universalist kyriocentric rhetoric of Euro-American elite men does not simply reinforce the dominance of the male sex, but it legitimates the imperial „White Father“ or, in black idiom, the enslaving „Boss-Man“ as the universal subject. By implication, any critical theory — be it critical race, feminist, liberationist, or Marxist theory — that articulates gender, class, or race difference as a primary and originary difference masks the complex interstructuring of kyriarchal dominations inscribed in the subject positions of individual wo/men and in the status positions of dominance and subordination between wo/men. It also masks the participation of white elite wo/men, or better „ladies,“ and of Christian religion in kyriarchal oppression, insofar as both have served as civilizing colonialist conduits of kyriarchal knowledges, values, and culture.“

„Im Licht dieser Analyse wird deutlich, dass die universalistische kyriocentrierte Rhetorik der Euro-amerikanischen Elite-Männer nicht einfach die Dominanz des männlichen Geschlechts verstärken, aber sie legitimiert den imperialen „Weißen Vater“ oder (im schwarzen Idiom) den versklavenden „Boss-Man“ als universelles Thema. Im Umkehrschluss maskiert jede kritische Theorie, sei es kritische Race-, feministische, befreiungstheologische oder marxistische Theorie, welche Geschlechts-, Klassen- oder Raceunterschied als primäre und ursprüngliche Differenz artikuliert, das komplexe Zusammenspiel der Strukturierung von kyriarchaler Fremdherrschaft bezogen auf das Thema Positionen bei einzelnen wo/men und bei den Statuspositionen von Dominanz und Unterordnung zwischen wo/men. Auch wird die Beteiligung der weißen Elite wo/men, oder besser „Damen“ und der christlichen Religion an der kyriarchalen Unterdrückung verschleiert, soweit beide als zivilisatorische kolonialistische Kanäle von kyriarchalen Erkenntnissen, Werten und Kultur gedient haben.“

– Elisabeth Schüssler Fiorenza: Prejudice and Christian beginnings[4]

Tēraudkalns (2003) legt nahe, dass diese Strukturen der Unterdrückung selbsttragend sind durch verinnerlichte Unterdrückung; jene mit relativer Macht neigen dazu, an der Macht zu bleiben, während jene ohne Macht dazu tendieren, entrechtet zu bleiben.

Also letztendlich das, was man sonst auch schon unter Intersektionalität verstanden hat, nur eben mit einem neuen Begriff, der das Patriarchat ersetzt.

Den „versklavenden Boss-Man“ finde ich schön, ebenso wie die „Damen“, womit wohl (weiße) Frauen der Oberschicht gemeint sind, die ebenfalls unterdrücken. Nachweisen kann man das alles irgendwie nicht, es ist ein vager Prozess, der sich selbst stützt und wieder einmal wird auf das Merkmal der „verinnerlichten Unterdrückung“ zurückgegriffen, damit man erklären kann, warum die Leute da mitmachen und sich nicht dagegen wehren.

Noch etwas zur Herkunft des Wortes:

Der Begriff wurde von Elisabeth Schüssler Fiorenza als eine Erweiterung des Patriarchats geprägt, abgeleitet aus den griechischen Worten κύριος oder kyrios (Herr oder Meister) und ἄρχω or archō (zu führen, Regel, regieren). Der Begriff wurde geprägt in: But She Said: Feminist Practices of Biblical Interpretation (Aber sie sagte: Feministische Praxis biblischer Interpretation), 1992.

Es wäre also nicht mehr die „Herrschaft der Väter“, sondern die „Herrschaft der Meister“, die dann eben auch Frauen, Weiße, Heterosexuelle, Christen, CIS-Personen etc sein können, niemals aber die unterdrückten Gruppen. „Feministische Praxis von Bibelinterpretationen“ an sich wäre auch ein interessantes Thema: Eine absolut patriarchische Religion aus einer Zeit, in der an Gleichberechtigung nicht zu denken war, umzudeuten, erfordert bestimmt interessantes Zwidenk.

 

„Männer sind es gewohnt, nur von Gleichrangigen kritisiert zu werden, nicht von Frauen“

Antje Schrupp bespricht ein Bild von Facebook:

 

Männer anschreien

Männer anschreien

Dazu merkt sie an:

Das Plakat ist interessant, weil es ja tatsächlich von vielen Männern (nicht nur von Strache) als wahr empfunden wird.

Dass die objektive Realität messbar eine andere ist, weil ja weiße Männer unvergleichlich viel mehr Redezeit haben als andere Menschen, weil sie viel, viel seltener angeschrien, unterbrochen, beschimpft usw. werden als jede andere demografische Gruppe, weil im Gegenteil ja Menschen wie sie selbst es sind, die andere am allerhäufigsten anschreien, unterbrechen, beschimpfen (wie man in jedem Thread und in jeder Talkshow sieht) tut da nichts zur Sache.

 Ich finde es ja immer wieder erstaunlich, wie einfach das Weltbild vieler Feministinnen ist: In ihnen gibt es keine schreienden. meckernden, keifenden oder ungerechtfertigt Anschuldigungen vorbringenden Frauen und wahrscheinlich sogar noch weniger Feministinnen, die so etwas machen würden.  Das wäre ja sogar unabhängig davon, ob Männer in Talkshows eher unterbrechen oder Männer an sich häufiger anschreien: Das wäre dann eben schlechtes Benehmen der betreffenden Männer und würde Frauen nicht berechtigen, sich ebenfalls schlecht zu benehmen. Ich würde das Plakat auch losgelöst von der Person Strache sehen, er hat es selbst nur aus dem Internet, wo es vorher schon auftauchte. Es ist eine erstaunliche Perspektive, denn natürlich werden Männer von Müttern, Freundinnen, Lebensgefährten, Ehefrauen, Chefinnen etc auch angeschrien, unterbrochen, beschimpft.
Hier geht es aber um etwas ganz anderes: Es geht darum, wie bestimmte Meinungen gerade von radikalen Linken empfunden werden, die ihre Meinung absolut setzen und dabei eine Einteilung in absolute Opfer- und absolute Tätergruppen vornehmen und jede Kritik als Hochverrat und Tabubruch ansehen. Diese Meinung wird hier von einem Typ symbolisiert, der dies besonders häufig praktiziert, der Feministin. Denn diese steht in der „linken Unterdrückungshierarchie“ eben besonders hoch und das gibt ihr eine bestimmte Macht, Leute abzuwerten. Das gerade der Feminismus auch für „Shitstorms“ durch das Anfachen moralischer Entrüstung bekannt sind zeigen eine Vielzahl von Fällen.

Worum es geht ist nämlich tatsächlich „Entitlement“: Menschen reagieren emotional nicht einfach auf die realen Verhältnisse, sondern auf die Differenz zwischen den realen Verhältnissen und dem, worauf sie glauben, einen Anspruch zu haben. Und weiße, bürgerliche Männer glauben (so ist weiße Männlichkeit ja konstruiert), einen Anspruch darauf zu haben, dass sie nur von „Gleichrangigen“ kritisiert werden dürfen, nicht aber von „anderen“. Sie glauben, einen Anspruch darauf zu haben, dass ein Argument nicht als im öffentlichen Diskurs legitim gilt, solange sie es nicht verstehen und teilen. Sie empfinden es als übergriffig, wenn andere Menschen, auch noch solche, die „unter“ ihnen stehen, eine andere Meinung haben als sie und sich um ihre Meinung auch gar nicht scheren.

Das muss man wohl denken, wenn man Teil dieser Ideologie ist, in der der Mann Täter ist. Dass Männer sich als gleichrangig ansehen und deswegen aus ihrer Sicht natürlich das Recht haben ihrerseits zu kritisieren oder auf Kritik zu reagieren und sich gegen Abwertungen zu wehren, dass sie natürlich das Recht haben, bestimmte Positionen nicht zu teilen und daher auch nicht zu akzeptieren, dass sie natürlich eine Meinung, die sie als Täter ansieht und sie abwertet, weil sie weiß, heterosexuell und männlich sind, als Angriff auf sie sehen und das diese Ansichten nicht als von unten kommend, sondern von oben aufgedrückt wahrgenommen werden, das kann einem dann wohl gar nicht in den Sinn kommen.

Die schlechte Nachricht: Diese Auseinandersetzung um gesellschaftliche Hegemonie wird nicht ohne Schmerzen abgehen. Und zwar eben tatsächlich Schmerzen auf Seiten derjenigen, die von den weißen bürgerlichen Männern jetzt als ihre Gegner_innen definiert werden, so wie die Frau auf dem Plakat: Denn da sie ja subjektiv das Gefühl haben, ungerecht behandelt zu werden, fühlen sie sich umso mehr berechtigt, jetzt ihrerseits zuzuschlagen. Ihre Gewalt ist reine Notwehr, sozusagen.

Es ist auch erstaunlich, dass sie anscheinend gar nicht wahrnehmen will, dass weiße, bürgerliche, heterosexuelle Männer nicht die Frau als Gegner auserkoren haben, sondern das sie bereits seit langem das Feindbild dieser Frau sind. Da braucht man gar nicht groß suchen, es reicht in Google „weiße heterosexuelle Männer“ als Suchbegriff einzugeben und der Hass auf diese ist gut zu erkennen.

Die gute Nachricht: Es scheint sich tatsächlich etwas zu ändern. Denn während sie Emanzipation und Gleichstellung noch ignorieren konnten, weil sie dachten, das betrifft sie ja nicht, merken sie nun so langsam, dass es tatsächlich auch um sie geht. Dass die Welt, so wie sie sie sich bisher zurechtphantasiert haben, nicht die ganze Realität ist. Dass es da noch andere gibt, die ihren Platz behaupten.

Was wir hier erleben ist das Ende des Patriarchats. In einem intakten Patriarchat wäre so ein Plakat völlig undenkbar.

Mit dem letzten Satz hat sie Recht. Nur ist es eben nicht das Ende des Patriarchats, weil es kein Patriarchat gibt. Frauen sind nicht unterdrückt. Sie interessieren sich nur weniger für Macht und Status, weswegen sie in entsprechenden Positionen auch seltener zu finden sind.

Was Antje auch ausblendet: Es sind nicht nur Männer, die das so erleben. Eine der 53% der weiblichen Wähler in den USA würde ebenso beschimpft werden oder überhaupt eine Frau, die den modernen radikalen Feminismus nicht akzeptiert. Der moderne Feminismus verbietet sich per se Kritik und reagiert aggressiv, weil er argumentativ seine Position kaum verteidigen kann.

Grafiken zu Vergewaltigung, Gewalt gegen Frauen, Eigentumsrechten etc weltweit

Die Seite „Womanstats“ ist ein Project, bei der Frauen betreffende Daten zusammengestellt werden sollen. Es liefert eine Übersicht mit recht interessanten Grafiken, bei der allerdings leider keine Quellen angegeben sind:

Körperliche Sicherheit von Frauen weltweit

Körperliche Sicherheit von Frauen weltweit

Das es eine relativ feministische Gruppe zu sein scheint sieht man bereits daran, dass Frauen anscheinend nirgendwo sicher sind, Amerika, Kanada und Deuthschland wird auch nur „moderate Sicherheit für Frauen“ zugesprochen. Schweden, Frankreich und Spanien sind etwas besser. Für die momentane Debatte interessant ist sicherlich der nordafrikanische Bereich, in dem die Sicherheit komplett fehlt

Gefahr der Vergewaltigung weltweit

Gefahr der Vergewaltigung weltweit

Bei Vergewaltigungsgefahr erhält Deutschland sogar nur eine 4, andere Westliche Länder wie die USA eine 3, die auch Schweden, Musterland des Feminismus, nur erhält. Die Schweiz scheint mir gar eine 1 zu haben. In Afrika und den arabischen Bereichen sieht es eher düster aus.

Vorkommen und Bestrafung von Vergewaltigung

Vorkommen und Bestrafung von Vergewaltigung

Die westliche Welt schneidet noch relativ gut ab, immerhin ist Vergewaltigung unüblich. In den afrikanischen und arabischen Ländern ist es hingegen „vorherrschend“.

Frauen in den Parlamenten / Legislative

Frauen in den Parlamenten /Legislative

Die Beteiligung in den Parlamenten und der Regierung ist auch interessant. Da schneidet Deuschland, auch sicherlich dank Merkel, gut ab. Nordafrika und der arabische Raum hingegen schlecht. Russland und China scheinen auch nicht wirklich eine hohe Frauenquote zu haben

Präferenz von Söhnen und Geschlechterrate

Präferenz von Söhnen und Geschlechterrate

Auch hier gibt es anscheinend der Grafik nach keine Staaten, in denen es nicht zumindest eine kleine Vorliebe für Jungs gibt. Der Westen schneidet noch einigermaßen ab, Afrika und die arabische Welt bevorzugt Jungs deutlicher, ebenso wie Indien. Eine Grafik, in der es um Bevorzugungen von Mädchen gibt es leider nicht.

Lebenserwartung von Frauen

Lebenserwartung von Frauen

Die Lebenserwartung der Frauen ist am besten in der westlichen Welt, in Afrika sieht es im Verhältnis zur westlichen Welt düster aus.

Lebenserwartung Männer Frauen

Lebenserwartung Männer Frauen

Hier ist es erst einmal interessant, wie die Farben verwendet werden:

  • Frauen werden 9 Jahre älter als Männer: Gefahr für Männer
  • Frauen werden 4 bis 8 Jahre älter: Zumindest im grünen Bereich
  • Frauen unter 3 Jahren ÄLTER als Männer: Rot, Gefahr für Frauen!
Stärke der Barrieren zur Anzeige von Vergewaltigungen

Stärke der Barrieren zur Anzeige von Vergewaltigungen

Hier schneidet Deutschland erstaunlich schlecht ab, im orangen Bereich. Das heißt „Die Barrieren sind hoch, aber eine Frau ist nicht in Gefahr, wenn sie eine Anzeige macht“. Schweden ist immerhin im gelben Bereich, trotz mit der höchsten Anzeigenzahl in der westlichen Welt. Die arabische Welt schneidet, was angesichts von Peitschenhieben als Strafe für vergewaltige Frauen nicht verwunderlich ist, ebenso schlecht ab, wie weite Teile Afrikas

Häufigkeit von Vergewaltigungen

Häufigkeit von Vergewaltigungen

Auch hier ist erst einmal die Scala interessant: Dunkelgrün bedeutet 0 (Null) Vergewaltigungsfälle auf 100.000 Einwohner. Es wird demnach auch nicht erreicht. Bereits bei 11 von 100.000 ist man im gelben Bereich. Interessant ist hier, dass die arabische Welt 2011 relativ gut abschneidet. Und das obwohl die Haltung dort stark „Vergewaltigungslastig“ ist. Allerdings dürften dazu zwei Gründe beitragen:

  • Die Folgen davon, dass man eine Vergewaltigung anzeigt, sind so hoch, dass es keine Frau macht
  • Frauen sind weit weniger ohne entsprechenden Begleiter unterwegs, es finden keine zwanglosen Dates statt, Frauen sind weniger unbeobachtetm es besteht weit weniger die Möglichkeit (abseits der Vergewaltigung in der Ehe) eine solche Tat unbeobachtet zu begehen.
Eigentumsrechte Frauen Männer

Eigentumsrechte Frauen Männer

Auch hier interessant: Dunkelgrün hat man einfach weggelassen, selbst ohne rechtliche Einschränkungen bekommt man nur Hellgrün. Natürlich ist hier wieder der afrikanische und der arabische Raum problematisch

Eigentumsrechte Männer Frauen

Eigentumsrechte Männer Frauen

Da wäre es natürlich interessant, was mit „Praxis“ gemeint ist. Wäre interessant, ob da der Zugewinn mit eingegangen ist. Auch interessant wäre, ob die Lebensversicherung des Mannes mit der Frau als Bezugsberechtigte für den Todesfall dort eingeflossen ist. Aber auch hier: Afrika und die arabische Welt schneiden schlecht ab.

Ich hatte bereits an anderer Stelle besprochen, dass der weiße, heterosexuelle Mann, das klassische Feindbild der intersektionalen Genderfeministen in Punkte Gleichberechtigung gar nicht so schlecht abschneidet.

Auch Thesen wie „Vorfälle wie in Köln besonders zu besprechen und die von „Biodeutschen“ auszublenden ist Rassismus, das ist alles ganz normal in einer Rape Culture“ scheinen mir da eher einen schweren Stand zu haben.

Insgesamt wäre ich an den Daten, die den Grafiken zugrundeliegen sehr interessiert. Es ist ja bereits schwierig Vermutungen darüber anzustellen, wie viele Vergewaltigungen nicht angezeigt werden, weil kulturelle Hindernisse bestehen.

Dennoch scheint mir die Tendenz deutlich und auch wenig überraschend: Insgesamt ist die westliche Welt für Frauen der sicherste Ort.

Kritik an „White Privilege“

Eine kurze Kritik an den Konzept der „Weißen Privilegien„:

But the concept of white privilege has also received a lot of backlash. Here’s a quick list of seven reasons why the term has failed to resonate with many people:

1) They’re white, and don’t feel that privileged.

Many white persons have had to work hard, make sacrifices, experience repeated rejection, come from a broken family, have gone through a divorce, struggle with addiction, or are below the poverty line and trying desperately to make ends meet. #privilege?

2) It’s totalizing.

The white privilege narrative assumes that many people in our society are systematically mistreated because of blanket assumptions made based on the color of their skin. Then it claims that ALL white people are privileged simply because they’re white.

3) It seems bourgeois.

Thinking about white privilege appears itself to be a privilege of single, young adults who have the time and resources to think about it.

4) It sometimes resorts to banal examples.

A survey put out by Pacific Educational Group—a prominent promoter of the idea of white privilege —asks respondents if they “can choose blemish cover or bandages in ‘flesh’ color and have them more or less match the color of my skin.”

5) It feels like it distracts from other pressing issues.

In Intellectual Takeout’s backyard of St. Paul, MN, the public school district has spentmillions training staff to check their white privilege. Meanwhile, less than 40% of St. Paul’s students are at grade level in reading and math.

6) It seems to require a quasi-religious faith.

In a well-read article from last December, Joseph Bottum compared white privilege to the Christian idea of original sin—you can’t necessarily see it, you don’t necessarily recognize it in yourself, but you’re still supposed to believe it’s there.

7) It focuses solely on race.

Most who have gone through the modern education system have received years of instruction on the dignity of all human persons and the virtue of being colorblind. Thus, they’re confused when they hear that they are still subconsciously racist and not focusing enough on race.

As a society, we shouldn’t question the need to be self-reflective, sometimes self-critical, and we should go out of our way to help those in need. But it seems legitimate to question whether the “white privilege” narrative is the best vehicle for accomplishing those things.

vgl auch:

Zu Zerfleischungen im Feminismus: Lann Hornscheidt als Rassist

Der radikale intersektionale Feminismus ist aus meiner Sicht nicht der Lage, jemals eine dauerhaft konstruktive Arbeit im größeren Stil zu ermöglichen. Er verliert sich in seinen vielen hierarchisch aufgebauten Diskriminierungsebenen, in der es keine Rücksicht oder keine minderschwere Tat geben darf, sondern alle Taten zu Distanzierungen und Ausschlüssen führen müssen, die eine solche Szene entweder zerreißen oder eben relativ homogen machen müssen. Konflikt ist insbesondere dann vorprogrammiert, wenn nichtintersektionale Feministinnen die anderen Ebenen ignorieren und einfach Feminismus betreiben wollen oder wenn zwei ungeklärte Diskriminierungsebenen aufeinanderstoßten. Dies scheint gerade mal wieder passiert zu sein, und zwar in der Form der Ebenen „Transsexualität“ und „Rasse“.

Die Fachschaftsinitiative der Humbold-Uni aus dem Bereich Gender Studies berichtet:

Liebe Student*innen der Gender Studies, liebe Interessierte,

Anfang Juli 2015 sah sich die weiß und mehrheitlich cis*-positionierte Fachschaft Gender Studies (FSI) dazu gezwungen, eine weiß und trans*-positionierte Person (R.) auszuschließen.

Das ist ja ersteinmal schon ein Skandal: Anscheinend schafft es die Fachschaftsinitiative nicht hinreichend ihre eigenen Privilegien zu hinterfragen und ist weißpositionierte (nicht: mehrheitlich weiß). Eigentlich schon ein Armutszeugnis und selbst Hinweis auf Rassismus. Aus diesem wurde nunmehr eine weiß und transpositionierte Person ausgeschlossen. Eigentlich ist bereits bei dieser Formulierung und Hervorhebung klar, dass es um Rassismus gehen wird.

Im Rahmen seiner_ihrer Fachschaftsarbeit kam es zu massiven rassistischen Äußerungen und Handlungen durch R. Dass erstmalig so ein drastischer Schritt, ein Ausschluss, nötig ist, möchten wir an dieser Stelle begründen und unsere Entscheidung öffentlich darlegen. Denn Rassismus ist keine Privatangelegenheit!

Im Zuge eines Seminars der Gender Studies bei Lann Hornscheidt im Sommersemester 2015 wurde gegen den, von Lann Hornscheidt ausgeübten, Rassismus interveniert. Eine beteiligte, cis-positionierte, PoC (N.) hat nach der Intervention die FSI davon in Kenntnis gesetzt.

Lann Hornscheidt wird Rassismus vorgeworfen, und das ansscheinend in einem Maße, das ein „intervenieren“ der PoC (ist es eigentlich rassistisch eine PoC mit „N.“ abzukürzen?) erforderlich war und die „Fachschaftsinitative verständigt wurde.

Hier ist eigentlich für einen Kenner dieser Theorien bereits klar: Wenn ein PoC Rassismus vorwirft, dann liegt auch Rassismus vor. Widerspruch ist bereits selbst Rassismus, da sich gerade eine Weiß positionierte Fachschaftsinitiative natürlich nicht anmaßen darf, dass sie sich in dem Bereich besser auskennt als die PoC.

R.s Reaktion darauf war in mehrfacher Hinsicht anmaßend und diskriminierend. Als weißeTrans*-Person verlangte R. von der WoC spezifische Auskünfte über die race- und gender-Positionierungen innerhalb der Interventions-Gruppe. Denn schließlich sei derweiße Raum, in dem interveniert wurde, ein Schutzraum für Trans*-Personen. Somit müsse, als Legitimation, ein_e Trans*Inter*GnC (Gender non Conforming) PoC oder Schwarze_r in die Intervention involviert sein. Wenn ein_e solche_r nicht gefragt werden könne, müsse letztlich eine weißeTrans*Inter*GnC Person die Erlaubnis erteilen, in einem „weißen Trans*Schutzraum“ zu intervenieren, zum Beispiel R. selbst.

Ich übersetze das mal: R war der Meinung, dass N. es etwas übertreibt und Lann Hornscheidt hier nicht etwa rassistisch war, sondern die Interessen von Transpersonen vertreten hat. Da R bewußt war, dass ausschlaggebend für das Ergebnis war, wessen Opferperspektive berücksichtigt wird, fragte er, wie sich die Gruppe zusammensetzt: Wenn da nur Schwarze oder sonstige „Nichtweiße“ vertreten wären, dann wäre zu befürchten, dass eine „Verurteilung“ wegen Rassismus erfolgt. Wären hingegen auch Transsexuelle oder zumindest Personen, die sich weniger deutlich einem Geschlecht zuordnen vorhanden, dann wäre die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Position, die er wahrscheinlich bei Lann Hornscheidt sieht, eher berücksichtigt wird und zumindest dem Rassismusvorwurf entgegengehalten wird.

Vergleichbar wäre dies bei einem Vorwurf der katholischen Kirche zur Zeiten der Hexenprozesse, bei der ein Heiler beschuldigt wird, schwarze Magie auszuüben und jemand darauf bedacht ist, dass in der Inquisitionsgruppe nicht nur Geistliche, sondern eben auch Heiler vorhanden sind und dieser Nachfragt, wie sich die Personen, die in Betracht kommen einordnen: Sieht sich einer vielleicht als Heiler? Dann wäre es günstiger.

Es ist also im Prinzip ein klassisches „die Revolution frisst ihre Kinder“, bei dem eine der revolutionären Gruppen bei einem Prozess über einen der seinen möglichst viele eigene unter den Richtern wissen will.

Anscheinend wird auch angeführt, dass in diesem Moment, in dem Lann Hornscheidt seinen Rassismus gezeigt haben soll, nur Weiße anwesend waren und in dieser Zusammenhang eben der Schutz von Transsexuellen vorgehen würde. Also vielleicht so etwas wie „Unter Weißen darf man doch wohl mal sagen, dass Transsexuelle in vielen Ländern mit schwarzer Bevölkerung sehr stark diskriminiert werden, dass ist dann nicht rassistisch, sondern ein Hinweis auf die Diskriminierung von Transsexuellen“.

N. weigerte sich, Auskünfte über die Positionierungen der Beteiligten zu geben. Die WoC wies R.s uneinsichtiges Beharren auf Antworten und diese Argumentationsweise an sich, als Ausdruck rassistischen Derailings und weißen Dominanzgebärens entschieden zurück.

Klar, das Ansinnen, dass man ein Inqusitionsgericht zur Aufklärung von Hexerei nicht mit Geistlichen besetzen kann,sondern auch einen Heiler einbeziehen müsste, ist Anzweifeln der heiligen Ordnung und damit Abwertung der Geistlichkeit. Als ob nur Heiler entscheiden könnten, was Heilerei und was Hexerei ist und da einen Wissensvorsprung hätten!

Interessant wäre es gewesen, wenn R. ein schwarzer Transsexueller gewesen wäre. Dann hätte man diese Unterscheidung schwerer machen können und hätte auch die Transsexualität eher berücksichtigen dürfen. Aber die Verteilung ist ansonsten eben einfach: In der Kategorie „Rasse“ ist der Weiße der Unterdrücker und der Schwarze der Unterdrückte. Damit kann nur ein Schwarzer bzw. ein PoC entscheiden, ob Rassismus vorliegt, niemals aber ein Weißer. Der Wunsch, wenn er auch eigentlich auf eine andere Kategorie bezogen ist, kann nur „weißes Dominanzgebären“ sein.

Die FSI hält R.s Argumentation für falsch und rassistisch:
Eine PoC oder Schwarze Person braucht weder die Erlaubnis einer weißen Person, um gegen Rassismus zu intervenieren, noch ist sie ihr Rechenschaft oder Auskunft schuldig. Deswegen sind die tatsächlichen gender- und race- Positionierungen an dieser Stelle auch irrelevant.

Ein geistlicher braucht keine Erlaubnis eines Weltlichen um gegen Hexerei zu intervenieren. Er muss auch keine Rechenschaft oder Auskunft geben. Natürlich ist es irrelevant, was er sonst noch vertritt, denn die Opferfrage bestimmt die Richter. Wenn Rassimus vorliegt, dann geht es eben nur um Rassismus. Wenn dann eine andere Kategorie mit hineinspielt dann ist es Sache dieser Kategorie, einen Ausweg zu finden. In meinem Beispiel wäre dieser beispielsweise gewesen, darauf hinzuweisen, dass aufgrund des Kolonialismus leider die Binarität der Geschlechter in vielen afrikanischen Ländern noch eine starke Position hat und dieser daher für Transsexuelle problematisch sein kann, dass aber natürlich dafür nicht etwa PoCs verantwortlich sind, sondern eben der Kolonialismus. Oder man hält über dieses Problem einfach den Mund.

Das Nachfragen an sich, als auch der Glaube, ein Recht auf eine Antwort zu haben, sind in diesem Zusammenhang rassistisch. Als weiße Person die Beteiligung einer Schwarzen oder PoC Trans*Inter*GnC-Person an einer antirassistischen Intervention gegen eine weiße Lehrperson zu fordern, verstehen wir als Tokenizing (Instrumentalisierung).

Den letzten Satz finde ich interessant. Denn sie betonen hier ja gerade beständig die Wichtigkeit der Hautfarbe und das er ein Weißer ist. Wenn er nun will, dass auch eine Trans*Inter*GnC-Person beteiligt ist, um ihre besondere Unterdrückungserfahrung einzubringen, dann soll das wieder eine Instrumentalisierung sein.

Die Darstellung dieses, weiß dominierten, Seminarraums als Schutzraum für Trans*-Personen trifft unserer Ansicht nach nicht zu. Es handelt sich um ein Universitätsseminar und nicht um einen Schutzraum. Selbst wenn der Raum trans*freundlich wäre, so wäre er dies nur für weiße Trans*-Menschen, da er rassistisch strukturiert ist, wie alle Uni-Räume hier. Daher kann er kein „sicherer“ Raum für Schwarze oder PoC sein, gleich welcher Gender-Positionierung oder sexuellen Orientierung. Somit kann ein weißer Raum niemals als Schutzraum fungieren.

Der Hinweis ist innerhalb dieser Theorie in der Tat wenig überzeugend. Es kann keine Schutzräume für Rassismus geben, auch nicht, wenn dieser Rassismus eigentlich nach Sicht des Sprechers nur Interessenvertretung von Transpersonen ist. Ob Schwarze im Raum sind ist da natürlich vollkommen irrelevant.

Und: Rassismuskritik zerstört oder destabilisiert keine Räume, sondern Rassismus und white supremacy (weiße Vorherrschaft)! Wenn weiße Räume als „meine Räume“ bezeichnet werden, wie R. es mehrfach tat, ist das nichts anderes als der traurige Versuch, den rassistischen Status Quo aufrechtzuerhalten.

In der Tat. Das ist ein reichlich bescheuerter Einwand, wenn man mitten in der Theorie steckt. „Meine Räume“ finde ich auch eine sehr komische Bezeichnung.

Über diese rassistischen Äußerungen hinaus wurde N. fremdpositioniert und abgesprochen GnC zu sein. Ihr wurde vorgeworfen, das Konzept der Intersektionalität nicht zu verstehen. Dieser Vorwurf ist nicht nur gegenüber einer mehrfachdiskriminierten queeren WoC, sondern auch inhaltlich fehl am Platz. Neben der Zuschreibung Intersektionalität nicht zu verstehen, auch den Missbrauch der Definitionsmacht vorzuwerfen, ist zynisch. Strukturell besitzen weiße Menschen Definitionsmacht, insbesondere über Rassismus.

„Fremdpositioniert“ ist auch ein geiler Vorwurf. Den kann man eigentlich fast immer bringen. Wenn man „Transrace“ vertritt sogar in Bezug auf die Hautfarbe.

R. hat hier also gesagt, dass N nicht versteht, dass es hier nicht um Rasse, sondern um Transsexualität geht und demnach auch eine Person beteiligt werden muss, die diese Perspektive einbringt. Da hat R ja auch durchaus einen Ansatzpunkt, nur wäre das  bereits ein Zugeständnis, dass Transsexualität zu verteidigen einem erlauben soll rassistisch zu sein. Was eben nicht geht. Dazu hatte ich oben bereits etwas geschrieben. Zwar kann ein Zustand Transsexualität und Rassismus betreffen, er muss dann aber so behandelt werden, dass keiner Opfer ist. Auch wenn man dazu etwas unter den Tisch fallen lassen muss.

R. verübte massive Grenzüberschreitungen, unter anderem vor allem dadurch, dass N.s  ausdrückliche Bitte, keine Mails mehr zu erhalten, nicht respektiert und stattdessen verhöhnt wurde. Vielmehr folgten daraufhin, über mehrere Tage hinweg, über 20 weitere E-Mails. Dabei gab es sexistisch-rassistische Beleidigungen und Drohungen durch R.

Die FSI hat den Anspruch, Trans*feindlichkeit ernst zu nehmen und begrüßt die Auseinandersetzung mit und das Vorgehen gegen diese Diskriminierungsform.
Das Nicht-Eingehen auf rassistisch konnotierte Nachfragen zu einer antirassistischen Intervention ist jedoch keine Trans*feindlichkeit. Wir halten R.s Behauptung, N. hätte sich in diesem Konflikt trans*feindlich verhalten, für victim blaiming (Täter_innen-Opfer-Umkehr). Auf eine Rassismuskritik zu reagieren, indem die eigenen, weißen Befindlichkeiten und Bedürfnisse in den Mittelpunkt gestellt werden, verstehen wir als Derailing (Ablenkung vom eigentlichen Thema/ vom eigenen diskriminierenden Handeln).

Das problematische ist hier denke ich mal wieder, dass die eigenen Privilegien ungern hinterfragt werden und nicht gesehen wird, dass sich die eigene Ideologie jederzeit gegen einen wenden kann. Gerade Personen, die wie Transsexuelle, sonst sehr weit oben in der Opferhierarchie dieser Ideologie stehen, verkennen, dass sie dennoch in den meisten anderen Katgorien Täter sind und sich entsprechend verhalten müssen. Diese Perspektive ist, gerade wenn man eigene Interessen beeinträchtigt wird („Aber gerade schwarze Länger SIND besonders Transfeindlich“) natürlich schwer einzusehen.

Die dargelegten rassistischen Handlungen können wir nicht tolerieren. Sie sind unvereinbar mit unserem Selbstverständnis als Fachschaft. Eine weitere Zusammenarbeit mit R. ist so nicht möglich.
Fachschaftsinitiative Gender Studies

Klar, denn ein dulden wäre ja auch eine Duldung von Rassismus und damit ein Ende des Selbstverständnisses als „Die Guten“.

Ich bin wirklich gespannt, was Lann Hornscheidt gesagt haben soll und ob man dazu, nachdem die „Interventionsgruppe“ tätig war, etwas mehr erfährt. Auch interessant wird, wie Lann Hornscheidt darauf reagiert.

Es ist ja schon interessant, dass eine Person, die Bücher mit dem Titel “ Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen“ mit herausgegeben hat und als „Expertin für Rassismus“ gehandelt wird, des Rassismus beschuldigt wird.

„Moralische Panik“ (Moral Panik)

Leser Keppla kommentierte:

Gab es hier schon mal was zu “moral panic”?

Ich habe den Eindruck, dass sich vieles im Bereich Feminismus/SJWism recht gut dadurch erklären lässt.

Der englische Wikipediaeintrag dazu:

A moral panic is an intense feeling expressed in a population about an issue that appears to threaten the social order. The Oxford University’sDictionary of Sociology defines a moral panic as „The process of arousing social concern over an issue – usually the work of moral entrepreneurs and the mass media.“ The media are key players in the dissemination of moral indignation, even when they do not appear to be consciously engaged in crusading or muckraking. Simply reporting the facts can be enough to generate concern, anxiety or panic.

Auf der deutschen Seite heißt es:

Moralische Panik (aus englischMoral Panic) bezeichnet ein Phänomen, bei dem eine soziale Gruppe oder Kategorie aufgrund ihres Verhaltens von der breiten Öffentlichkeit als Gefahr für die moralische Ordnung der Gesellschaft gekennzeichnet wird. Ziel des öffentlichen Aufruhrs ist die Unterbindung des als Bedrohung empfundenen Verhaltens auf langfristige Sicht. Die dabei entstehende öffentliche Dynamik wird durch eine sensationsfokussierte Medienberichterstattung und privat organisierte Initiativen begleitet. Häufig handelt es sich dabei um Problematiken wie Kindesmissbrauch, Drogenmissbrauch oder Jugendkriminalität. Letztendlich führt die moralische Panik zu einer Verstärkung der sozialen Kontrolle und der Verringerung der Wahrscheinlichkeit für einen normativen Wertewandel.[1] Der Begriff ist von dem der Massenhysterie abzugrenzen, die nicht der sozialen Kontrolle gilt.

Es werden also bestimmte Personen bzw. eine bestimmte Gruppe als „die Bösen“ dargestellt und als Gefahr für die moralische Ordnung der Gesellschaft ausgewiesen.

Das passt durchaus gut zu

  • toxischer Männlichkeit
  • Rape Culture
  • der weiße Mann als Verursacher allen Leids
  • Eine Hierarchie der abgestuften Bösartigkeit wie in der intersektionalen Theorie

Es passt natürlich auch zu Äußerungen von Anne Wizorek (marthadear) a la “ Für ganz viele Frauen ist es extrem schlimm einfach schon auf die Straße zu gehen

Wobei ich bezweifeln würde, dass viele Feministinnen in dieser Hinsicht kühle Ausnutzer dieses Mechanismus sind, sie sind eher tatsächlich überzeugt davon, in gewisser Weise also selbst Produkte der „Moralischen Panik“, die sich mit den Anhängern immer weiter verstärkt.