Ein Artikel in „Vice“ ist sicherlich immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, dieser hier ist aber vom Thema her sehr interessant:
All men are bad—even the non-human ones. We talked to an evolutionary biologist and author of a new paper, „Why aren’t signals of female quality more common?,“ that suggests female animals have adapted their appearance to avoid them.
Just like human women who walk innocuously down the street on two legs, female animals also endure unwanted catcalls (or worse) from their male counterparts. And while other animals haven’t developed pepper spray or the vocalization „fuck off,“ they have their own defenses against unwanted sexual attention.
Some female butterflies, for example, emit an anti–aphrodisiac when a male tries to mate with them after they have already mated with another; the unpleasant substance drives horny males straight away. The female African swallowtail butterfly employs a unique tactic to avoid harassment: it dresses in drag by morphing its usual markings to resemble that of the black and yellow male.
Now, a new paper from UK researchers at the University of Exeter, led by Professor David Hosken, suggests female animals across most species have subtly weaponized their appearance.
Male animals typically attract female mates through flagrant visual displays that signal they’re the best reproductive choice, but males can also be discerning about their partner’s appearance. In that case, Hosken muses, „Why do females not signal their sexual quality via ornamental secondary sexual traits like males do?“
It’s long been observed that females are typically less decorated than their male counterparts—the sexual dimorphism displayed amongst peacocks is an obvious example. Previous explanations for the penchant for drab plumage among female animals have focused on the increased need for females to camouflage from predators and conserve energy for reproduction.
But Hosken theorizes that, „given that selection can favor female signals that reduce male harassment“—such as emitting an anti–aphrodisiac or forming communities away from males entirely—“it is very likely that the costs of male harassment could also select against ornaments that positively signal female quality, even if these ornaments would increase fitness in the absence of sexual harassment.“
In other words, Hosken suggests that females look deceptively dull in part to ward off unwanted male attention because the threat of sexual harassment outweighs the potential benefits of being able to attract a better mate. To test his theory, Hosken told Broadly that he is currently doing work to determine if „attractive females are more harassed“ than „non-attractive“ females.
Der Artikel ist hier über Sci-Hub im Volltext abrufbar
Ein paar Überlegungen vorab zu „Fitnesssignalen“
- Ein Signal für Fitness ist nur dann ein ehrliches Signal, wenn es mit Kosten verbunden ist und dadurch schwer zu fälschen ist.
- diese Kosten müssen demnach geringer sein als die Vorteile, die dadurch entstehen, dass man jemanden einen hohen Wert mitteilt.
- Ein hoher Partnerwert lohnt sich insbesondere dann, wenn der andere zwischen vorhandenen Partnern diskriminieren muss, also sich entscheiden muss, um welchen der in Frage kommenden Partner er wirbt bzw. welchen er auswählt.
- Sperm is cheap, eggs are expensive: In einer Spezies, bei der der Mann außer seinem Sperma nichts beisteuert, also keine Versorgung, Verteidigung oder Ausbildung der Kinder und/oder der Partnerin übernimmt lohnt es sich nicht für ihn groß auszusuchen. Das ändert sich, wenn er besonders aufwändig um eine exklusive Partnerin werben muss oder eine gemeinsame Aufzucht des Nachwuchses dessen Chancen wesentlich verbessert.
- Ein Signal kann noch teurer sein, wenn man zusätzlich zu seinen Kosten noch die Kosten eines „Austragens“ trägt: Ein Tier, dass schwanger schwerer flüchten kann und noch besonders auffällig ist, kann insgesamt zu hohe Kosten haben, ebenso ein Tier, welches zwar seinerseits bei Entdeckung fliehen könnte, dessen Nachwuchs, der noch nicht kräftig genug ist, um zu fliehen, aber evtl mitentdeckt wird und dann nicht fliehen kann.
- Eine Strategie, eine Person mit hohem Partnerwert für sich zu sichern ist auch, deren eigene Wahl auszuschließen, etwa durch Gewalt oder dadurch, dass man andere davon abhält, überhaupt an diese heranzukommen.
Damit ist der häufigste Grund dafür, dass Weibchen keine besonderen Verzierungen haben, dass sich die Kosten dafür nicht lohnen. Da ein Pfau freudig jede Henne begattet, die ihn lässt, reicht es, sich einfach zu dem, mit dem besten Gefieder hinzubewegen. Ansonsten wird er sich weder gesondert für eine bestimmte Henne einsetzen noch für deren Nachwuchs. Eine Vermeidung der Kosten bringt mehr.
Natürlich kann es auch Situationen geben, wo man bestimmten hochwertigen Partnern Signale geben möchte, dass man selbst interessant ist, anderen weniger hochwertigen aber nicht. Das wäre dann der Fall, wenn entweder unsicherer Situationen bestehen oder die Werbung um einen selbst Kosten verursacht, die durch das sonstige Signalling nicht aufgewogen werden.
Bei Menschen ist die Lage etwas anders: Frauen wollen einen Partner, der nicht einfach nur Sperma liefert, sondern üblicherweise Versorgung, Schutz und Ausbildung. Wir verfolgen als Menschen eine „K-Strategie„:
Typische Eigenschaften von K-Strategen
- Langsame Individualentwicklung und hohe Körpergröße
- Lange Lebensspanne mit geringer Vermehrungsrate
- Später Fortpflanzungsbeginn, lange Geburtenabstände, geringe Wurfgröße
- Ausgeprägte elterliche Brutpflege
- Großes (leistungsstärkeres) Gehirn
Wir sind die Spezies mit den wohl unselbständigen Nachwuchs, der eine umfassende Betreuung benötigt und sich sehr langsam entwickelt. Die Chancen des Nachwuchs steigen mit einer guten Versorgung während der Schwangerschaft, der Aufzucht und auch mit der Sicherung und Weitergabe einer Position in der Gruppe.
Die Auswahl des Partners ist dafür durchaus entscheidend, weswegen die sexuelle Selektion Brüste und andere Merkmale wie etwa einen flachen Bauch als Signale für einen hohen Partnerwert bei Frauen hat entstehen lassen.
Ein Verbergen kann dann Sinn machen, wenn man die Lage als besonders gefährlich für Strategien, bei denen die Partnerwahl der Frau umgangen wird (=Vergewaltigung, aggressive Belästigung), einschätzt oder man die Werbung von zu vielen Männern einen einschränkt.
Theoretisch würde das bedeuten: Um so sicherer eine Gesellschaft, um so freizügiger können Frauen sich zeigen. Um so unsicherer eine Gesellschaft bzw. das Umfeld einer Frau, um so weniger Freizügig wird sie sich zeigen.
Es wäre insofern nicht erstaunlich, wenn Anhängerinnen einer Rape Culture Theorie, die tatsächlich eine Bedrohung sehen, sich unattraktiver machen würden.
Auch gut damit vereinbaren ließe sich die zusätzliche Verwendung von „Warnfarben“, die Gefahr signalisieren und abschrecken sollen:
Allerdings neigt menschliches Verhalten dazu, komplizierter zu sein. Gerade in einer Spezies, bei der beiderseitige Attraktivität wichtig ist, macht Attraktivität in vielen Bereichen etwas aus und betrifft auch sonstige Bewertungen. Demnach gibt es auch eine Vielzahl von Strategien neben dem Verbergen von Attraktivität, die dies ergänzen:
- Man kann Verlangen, dass die Sicherheit noch mehr erhöht wird, damit man trotz erhöhter Angst keine Einschränkungen vornehmen muss (siehe zB Verbot des Slutshaming, die Idee, dass Kleidung nie provozieren darf und jedes Ansinnen dieser Art geahndet wird, die Idee, dass Belästigungen die schlimmste aller denkbaren Taten sind und auch bei Kleinigkeiten oder Unsicherheit sehr schwer bestraft werden, um einen Abschreckungseffekt zu erreichen und die Sicherheit zu erhöhen bzw. wieder herzustellen)
- Man kann verlangen, dass die Nachteile des eigenen Verbergens von Attraktivität gemindert werden, indem alle anderen auch die eigene Attraktivität verbergen müssen bzw indem Werbung mit besonders schönen und attraktiven Personen tabuisiert wird.
Ich finde den Gedanken des Artikels aus evolutionärer Sicht durchaus interessant. Inwieweit er beim Menschen dann tatsächlich ausschlaggebend war, wäre eine andere Frage.