Verbergen eines höheren Partnerwerts zur Vermeidung sexueller Belästigung

Ein Artikel in „Vice“ ist sicherlich immer mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, dieser hier ist aber vom Thema her sehr interessant:

All men are bad—even the non-human ones. We talked to an evolutionary biologist and author of a new paper, „Why aren’t signals of female quality more common?,“ that suggests female animals have adapted their appearance to avoid them.

Just like human women who walk innocuously down the street on two legs, female animals also endure unwanted catcalls (or worse) from their male counterparts. And while other animals haven’t developed pepper spray or the vocalization „fuck off,“ they have their own defenses against unwanted sexual attention.

Some female butterflies, for example, emit an anti–aphrodisiac when a male tries to mate with them after they have already mated with another; the unpleasant substance drives horny males straight away. The female African swallowtail butterfly employs a unique tactic to avoid harassment: it dresses in drag by morphing its usual markings to resemble that of the black and yellow male.

Now, a new paper from UK researchers at the University of Exeter, led by Professor David Hosken, suggests female animals across most species have subtly weaponized their appearance.

Male animals typically attract female mates through flagrant visual displays that signal they’re the best reproductive choice, but males can also be discerning about their partner’s appearance. In that case, Hosken muses, „Why do females not signal their sexual quality via ornamental secondary sexual traits like males do?“

It’s long been observed that females are typically less decorated than their male counterparts—the sexual dimorphism displayed amongst peacocks is an obvious example. Previous explanations for the penchant for drab plumage among female animals have focused on the increased need for females to camouflage from predators and conserve energy for reproduction.

But Hosken theorizes that, „given that selection can favor female signals that reduce male harassment“—such as emitting an anti–aphrodisiac or forming communities away from males entirely—“it is very likely that the costs of male harassment could also select against ornaments that positively signal female quality, even if these ornaments would increase fitness in the absence of sexual harassment.“

In other words, Hosken suggests that females look deceptively dull in part to ward off unwanted male attention because the threat of sexual harassment outweighs the potential benefits of being able to attract a better mate. To test his theory, Hosken told Broadly that he is currently doing work to determine if „attractive females are more harassed“ than „non-attractive“ females.

Der Artikel ist hier über Sci-Hub im Volltext abrufbar

Ein paar Überlegungen vorab zu „Fitnesssignalen“

  • Ein Signal für Fitness ist nur dann ein ehrliches Signal, wenn es mit Kosten verbunden ist und dadurch schwer zu fälschen ist.
  • diese Kosten müssen demnach geringer sein als die Vorteile, die dadurch entstehen, dass man jemanden einen hohen Wert mitteilt.
  • Ein hoher Partnerwert lohnt sich insbesondere dann, wenn der andere zwischen vorhandenen Partnern diskriminieren muss, also sich entscheiden muss, um welchen der in Frage kommenden Partner er wirbt bzw. welchen er auswählt.
  • Sperm is cheap, eggs are expensive: In einer Spezies, bei der der Mann außer seinem Sperma nichts beisteuert, also keine Versorgung, Verteidigung oder Ausbildung der Kinder und/oder der Partnerin übernimmt lohnt es sich nicht für ihn groß auszusuchen. Das ändert sich, wenn er besonders aufwändig um eine exklusive Partnerin werben muss oder eine gemeinsame Aufzucht des Nachwuchses dessen Chancen wesentlich verbessert.
  • Ein Signal kann noch teurer sein, wenn man zusätzlich zu seinen Kosten noch die Kosten eines „Austragens“ trägt: Ein Tier, dass schwanger schwerer flüchten kann und noch besonders auffällig ist, kann insgesamt zu hohe Kosten haben, ebenso ein Tier, welches zwar seinerseits bei Entdeckung fliehen könnte, dessen Nachwuchs, der noch nicht kräftig genug ist, um zu fliehen, aber evtl mitentdeckt wird und dann nicht fliehen kann.
  • Eine Strategie, eine Person mit hohem Partnerwert für sich zu sichern ist auch, deren eigene Wahl auszuschließen, etwa durch Gewalt oder dadurch, dass man andere davon abhält, überhaupt an diese heranzukommen.

Damit ist der häufigste Grund dafür, dass Weibchen keine besonderen Verzierungen haben, dass sich die Kosten dafür nicht lohnen. Da ein Pfau freudig jede Henne begattet, die ihn lässt, reicht es, sich einfach zu dem, mit dem besten Gefieder hinzubewegen. Ansonsten wird er sich weder gesondert für eine bestimmte Henne einsetzen noch für deren Nachwuchs. Eine Vermeidung der Kosten bringt mehr.

Natürlich kann es auch Situationen geben, wo man bestimmten hochwertigen Partnern Signale geben möchte, dass man selbst interessant ist, anderen weniger hochwertigen aber nicht. Das wäre dann der Fall, wenn entweder unsicherer Situationen bestehen oder die Werbung um einen selbst Kosten verursacht, die durch das sonstige Signalling nicht aufgewogen werden.

Bei Menschen ist die Lage etwas anders: Frauen wollen einen Partner, der nicht einfach nur Sperma liefert, sondern üblicherweise Versorgung, Schutz und Ausbildung. Wir verfolgen als Menschen eine „K-Strategie„:

Typische Eigenschaften von K-Strategen

  • Langsame Individualentwicklung und hohe Körpergröße
  • Lange Lebensspanne mit geringer Vermehrungsrate
  • Später Fortpflanzungsbeginn, lange Geburtenabstände, geringe Wurfgröße
  • Ausgeprägte elterliche Brutpflege
  • Großes (leistungsstärkeres) Gehirn

Wir sind die Spezies mit den wohl unselbständigen Nachwuchs, der eine umfassende Betreuung benötigt und sich sehr langsam entwickelt. Die Chancen des Nachwuchs steigen mit einer guten Versorgung während der Schwangerschaft, der Aufzucht und auch mit der Sicherung und Weitergabe einer Position in der Gruppe.

Die Auswahl des Partners ist dafür durchaus entscheidend, weswegen die sexuelle Selektion Brüste und andere Merkmale wie etwa einen flachen Bauch als Signale für einen hohen Partnerwert bei Frauen hat entstehen lassen.

Ein Verbergen kann dann Sinn machen, wenn man die Lage als besonders gefährlich für Strategien, bei denen die Partnerwahl der Frau umgangen wird (=Vergewaltigung, aggressive Belästigung), einschätzt oder man die Werbung von zu vielen Männern einen einschränkt.

Theoretisch würde das bedeuten: Um so sicherer eine Gesellschaft, um so freizügiger können Frauen sich zeigen. Um so unsicherer eine Gesellschaft bzw. das Umfeld einer Frau, um so weniger Freizügig wird sie sich zeigen.

Es wäre insofern nicht erstaunlich, wenn Anhängerinnen einer Rape Culture Theorie, die tatsächlich eine Bedrohung sehen, sich unattraktiver machen würden.

 

Auch gut damit vereinbaren ließe sich die zusätzliche Verwendung von „Warnfarben“, die Gefahr signalisieren und abschrecken sollen:

binx big red

binx big red

Allerdings neigt menschliches Verhalten dazu, komplizierter zu sein. Gerade in einer Spezies, bei der beiderseitige Attraktivität wichtig ist, macht Attraktivität in vielen Bereichen etwas aus und betrifft auch sonstige Bewertungen. Demnach gibt es auch eine Vielzahl von Strategien neben dem Verbergen von Attraktivität, die dies ergänzen:

  • Man kann Verlangen, dass die Sicherheit noch mehr erhöht wird, damit man trotz erhöhter Angst keine Einschränkungen vornehmen muss (siehe zB Verbot des Slutshaming, die Idee, dass Kleidung nie provozieren darf und jedes Ansinnen dieser Art geahndet wird, die Idee, dass Belästigungen die schlimmste aller denkbaren Taten sind und auch bei Kleinigkeiten oder Unsicherheit sehr schwer bestraft werden, um einen Abschreckungseffekt zu erreichen und die Sicherheit zu erhöhen bzw. wieder herzustellen)
  • Man kann verlangen, dass die Nachteile des eigenen Verbergens von Attraktivität gemindert werden, indem alle anderen auch die eigene Attraktivität verbergen müssen bzw indem Werbung mit besonders schönen und attraktiven Personen tabuisiert wird.

Ich finde den Gedanken des Artikels aus evolutionärer Sicht durchaus interessant. Inwieweit er beim Menschen dann tatsächlich ausschlaggebend war, wäre eine andere Frage.

Virtue Signalling

Ein Begriff, der wunderbar zu der Theorie, dass in der menschlichen Gesellschaft das Signalisieren positiver Eigenschaften aus evolutionären Gründen sehr wichtig ist, passt, ist das „Virtue Signalling“, also das Signalisieren, dass man Tugendhaft und Gut im Sinne bestimmter Werte ist (die in der Subgruppe, für die das Signalling bestimmt ist als Gut gelten ohne damit moralisch von jedem als Gut empfunden zu werden).

Für die Grundlagen verweise ich auf diese Artikel:

Virtue Signalling dient dabei darzustellen, dass man die „richtigen Werte“ verkörpert, was natürlich für Gruppenzugehörigkeit und andere Bereiche sehr wichtig sein kann.

Das „urban dictionary“ definiert den Begriff wie folgt:

Saying you love or hate something to show off what a virtuous person you are, instead of actually trying to fix the problem.
Jane: „Wow! I hate Fox News! They’re so evil and they hate women!“
John: „Why don’t you actually do something instead of just virtue signalling about it?“
Jane: „OMG that would be WAAAAAAY too much work“ *goes back to shitposting on twitter*

oder:

To take a conspicuous but essentially useless action ostensibly to support a good cause but actually to show off how much more moral you are than everybody else.
Fred: I see George has changed his profile picture to show his support for refugees.
Barbara: Has he donated money or time? Is he giving English lessons? Is he making a room available?
Fred: No, no, he’s just virtue signalling.

Und in einem anderen Artikel stellt der „Erfinder“ der Phrase folgendes dar:

To my astonishment and delight, the phrase ‘virtue signalling’ has become part of the English language. I coined the phrase in an article here in The Spectator (18 April) in which I described the way in which many people say or write things to indicate that they are virtuous. Sometimes it is quite subtle. By saying that they hate theDaily Mail or Ukip, they are really telling you that they are admirably non-racist, left-wing or open-minded. One of the crucial aspects of virtue signalling is that it does not require actually doing anything virtuous. It does not involve delivering lunches to elderly neighbours or staying together with a spouse for the sake of the children. It takes no effort or sacrifice at all.

Since April, I have watched with pleasure and then incredulity how the phrase has leapt from appearing in a single article into the everyday language of political discourse. One of the first journalists to pick up on the phrase was Liz Jones in the Mail on Sunday on 3 May. Not long after, Libby Purves used it in the Times (11 May). Janan Ganesh in the Financial Times (20 July) wrote about Labour party leaders for whom ‘Europeanism is just a virtue-signalling gesture like wearing a charity ribbon’. Two days later, Helen Lewis used it in the New Statesman, saying ‘a lot of what happens on Facebook, as with Twitter, is “virtue signalling” — showing off how right on you are’.

Natürlich geht das in allen Bereichen: Auch wer in passenden Kreisen deutlich macht, dass er Flüchtlinge oder Ausländer hasst betreibt in Bezug auf diese Gruppen „Virtue signalling“. Die radikale intersektionale Feministin mag deutlich machen, dass sie alle weißen Feministinnen verabscheut, der radikale Maskulist, dass er niemals auch nur irgendeine Form von Feminismus akzeptieren wird.

Kurz gesagt kann man darunter also alle Signale an die (erweiterte) In-Group verstehen, die dazu dienen, einen als überzeugt von für diese wichtige und dort als moralisch richtig angesehene Werte darstellen und somit den eigenen Wert zu erhöhen.

Natürlich kann die Abgrenzung schwierig sein. Es kann durchaus angezeigt sein, dass man Zusammengehörigkeit darstellt, deutlich macht, dass man etwas verurteilt oder eine bestimmte Position bezieht. Dass man gut darsteht kann auch einfach ein Nebeneffekt einer tatsächlich guten Tat sein oder das Ganze insgesamt eine „Mischkalkulation“.

Die enorme Bedeutung des eigenen Rufs auch in evolutionärer Hinsicht ist bei einer Spezies, die kommunizieren kann, leicht erkennbar. Es wäre also verständlich, wenn wir gerne entsprechendes Signalisieren wollen und Gelegenheiten dafür nutzen. Das vielleicht gerade dann, wenn wir unsere Gruppenzugehörigkeit als gefährdet ansehen oder für angreifbar halten – das wird auch der Mechanismus sein, der dazu führt, dass bei vielen Schwulenhassern herauskommt, dass sie selbst schwul sind. Sie signalisieren mit ihrer Ablehnung der Homosexualität eben ihre Tugendhaftigkeit, zB in religiösen Kreisen. Das Phänomen könnte auch gut bei männlichen Feministen greifen, die dann eben besonders signalisieren müssen, dass sie (toxische) Männlichkeit ablehnen und bei radikalen Maskulisten, die besonders deutlich machen müssen, dass sie Frauen verachten und sie abweisen (und nicht etwa andersherum).

Ich denke es ist ein Konzept, dass häufig einschlägig sein könnte.

Warum Frauen hinterherpfeifen / Hupen?

Ein bekanntes Phänomen ist das Hinterherpfeifen hinter Frauen oder gar das Anhupen von Frauen. Seinfeld fasst das Thema ganz gut zusammen:

 

Und auch ein Tweet geht in die gleiche Richtung:

https://twitter.com/mmttrrr/status/473813966880505856

In der Tat kann man kaum erwarten, dass die Frau wegen des Pfiffs oder noch weniger des Hupens gleich mit einem Sex haben will.

Ich vermute daher, dass andere Faktoren hineinspielen.

Vieles in unserem Verhalten ist unter Berücksichtigung der Signalling Theorie zu verstehen. Gerade in einer Spezies, die auf Hierarchien und Status setzt und zudem langfristige Partnerschaften eingeht, bei denen die Wahl des Partners besonders wichtig ist, ist es um so wichtiger, seinen Wert auch nach außen darzustellen und das geht am besten über „ehrliche Signale“, also solche, die man (jedenfalls unter Betrachtung der evolutionär wirksamen Zeiträume) schwer fälschen konnte. Dies sind insbesondere solche Zeichen, die mit starken Kosten (Costly Signals) verbunden sind, denn Personen, die die Signale fälschen wollen, können häufig die Kosten nicht tragen. Unsere Kultur ist insoweit durchzogen von Umständen, die einen Signale senden lassen, von Luxusgütern bis angesehenen Positionen bis hin zur Mode, die körperliche Signale erlaubt.

Gleichzeitig bzw. gerade deswegen haben wir eine starke Angst, uns vor anderen Menschen zu blamieren oder von diesen abgelehnt zu werden. Dass bezieht sich auf allgemeine Menschen, wie beim Lampenfieber, aber auch auf den Umgang mit dem anderen Geschlecht bei der Ansprechangst. 

Hinzu kommt, dass beim Menschen Kurzzeitstrategien bei der Partnerwahl einer gewissen Ächtung unterliegen und Langzeitstrategien höher geachtet sind. Eine gewisse Achtung erlangt allenfalls der Mann, der erfolgreich eine Kurzzeitstrategie umsetzen kann. Diese Achtung mag dabei insbesondere unter Männern höher sein als bei vielen Frauen, die zwar Preapproved bei Women durchaus hoch bewerten, aber bei denen sozial ein Umgang mit jemanden mit einer betonten Kurzzeitstrategie problematisch sein kann.

Aus diesem Gemisch lässt sich eine Theorie bauen, die ein hinterherpfeifen / hupen erklärt, auch wenn es sinnlos ist.

Es betont, dass man keine Ansprechangst hat und ist ein Umstand, der in der passenden Gruppe sehr schnell sozial bestraft werden kann. Da ein Hinterherpfeifen oder Hupen auch meist rein auf die Schönheit der Frau anspricht und insofern auch häufig sexuelles Gefallen bekundet, stellt es auch eher auf eine Kurzzeitstrategie ab, ein tatsächliches Interesse an der jeweiligen Person wird nicht bekundet. Es ist zudem eine Zeichen „Schau hier her, ich will dich“, was impliziert, dass man sich für gut genug hält, nicht abgelehnt zu werden oder zeigen zu können, dass einen die Ablehnung der Frau oder Sanktionen der Gesellschaft wegen der Überschreitung von Regeln nicht interessieren („Outcome Indifference„).

Es signalisiert damit in gewisser Weise eine hohe Position und ist insofern gerade innerhalb der Männergesellschaft ein Costly Signal innerhalb der sexuellen Konkurrenz, dass schnell teuer werden kann, wenn die Frau darauf reagiert und man dann doch Ansprechangst bekommt:

Eine Freundin erzählte mir mal, dass sie auf dem Weg zur Uni an ein paar 12jährigen vorbei gegangen waren, einer dieser rief ihr (etwa 24) hinterher „Eh, geiler Arsch, willst du ficken?“ was alle anderen Jungen natürlich aufgrund der Regelüberschreitung und dem damit verbundenen Hochgefühl super lustig fanden. Sie war gerade schlecht drauf und da kamen ihr ein paar freche 12 jährige gerade recht: Sie ging wutentbrannt zu diesen zurück, sprach den Jungen sehr wütend direkt darauf an, dass er sie also ficken wolle oder wie? Die direkte Konfrontation hielt er natürlich nicht aus, kniff, konnte nichts mehr sagen, und wurde noch etwas rund gemacht. Dann stürmte sie wütend davon. Die Jungs würden das wahrscheinlich so schnell nicht wieder machen (da es aber letztendlich keine Folgen hatte, da ja kein Bekannter dabei war, kann es auch das Gegenteil bewirkt haben).

Über solche intrasexuellen Wettbewerbe kann gleichzeitig, wenn die ganze Gruppe es macht und sich auf den Tabubruch einlässt auch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl entstehen bzw das Gefühl, dass man einen hohen Status hat, weil man über den Regeln steht.

Das Hinterherpfeifen wäre damit in gewisser Weise ein Signal, dass zeigt, dass man Regeln mißachtet und das auch kann. Dass man sich traut, entsprechende Signale zu setzen, auch wenn sie einen stark bloßstellen können. Sie müssen daher gar nicht auf tatsächlichen Sex mit der Frau ausgerichtet sein (können es aber), diese ist gar nicht unbedingt der Empfänger dieses Signals, sondern nur die Möglichkeit anderen (oder auch sich selbst: „ich bin frei genug um solche starken Signale zu senden“) eine Position deutlich zu machen

Wolf of Wall Street: Intrasexuelle Konkurrenz und intersexuelle Selektion als Anreiz

(im Prinzip motiviert er seine Mitarbeiter damit, dass sie Status über Geld aufbauen können und dann alle Frauen mit ihnen schlafen wollen, wenn man es unter dem Gesichtspunkt intrasexueller Konkurrenz unter Männer und intersexueller Selektion sieht, macht er ihnen deutlich, dass sie sich dann ein höherwertiges Signalling mit Statusobjekten leisten können und sie im Wettkampf aufgrund des Geldes weit oben stehen werden)

Steigerung der körperlichen Attraktivität durch nichtkörperliche Merkmale

Eine interessante Studie dazu, wie sich nichtkörperliche Merkmale auf die wahrgenommene körperliche Attraktivität auswirkt:

From an evolutionary perspective, beauty is regarded as an assessment of fitness value. The fitness value of a social partner can be influenced by both physical and nonphysical traits. It follows that the perceived beauty of a social partner can be influenced by nonphysical traits such as liking, respect, familiarity, and contribution to shared goals in addition to physical traits such as youth, waist-to-hip ratio, and bilateral symmetry. We present three studies involving the evaluation of known social partners showing that judgments of physical attractiveness are strongly influenced by nonphysical factors. Females are more strongly influenced by nonphysical factors than males and there are large individual differences within each sex. In general, research on physical attractiveness based on the evaluation of purely physical traits of strangers might miss some of the most important factors influencing the perception of physical attractiveness among known associates

Quelle: The effect of nonphysical traits on the perception of physical attractiveness Three naturalistic studies

Aus der Besprechung innerhalb der Studie:

Our studies were designed to address two shortcomings in the literature on physical attractiveness: (1) a relative paucity of studies that examine the effects of both nonphysical and physical factors on the assessment of physical attractiveness and (2) a relative paucity of studies that involve people who actually know each other. All three studies demonstrate that nonphysical factors have a very potent effect on the perception of physical attractiveness, which can persist for decades in the case of the middle-aged participants of our yearbook study. It is important to stress that physical attractiveness can be important outside the context of sexual relationships. Just as we regard fitness-enhancing features of landscapes as beautiful and are drawn to them for nonsexual reasons, we can regard people as beautiful and be drawn to them when they enhance our fitness for nonsexual reasons. Physical traits per se are especially important in sexual relationships because they will be partially inherited by one’s offspring. Thus, it makes sense that males are more influenced by physical features when evaluating females than when evaluating males, although the comparable asymmetry did not exist for females. Our studies also reveal individual differences within each sex that rival between-sex differences and that merit further study. In particular, individual differences are increasingly being studied in game theoretic terms as alternative social strategies, such as cooperation versus exploitation (Wilson, Near, & Miller, 1996, 1998) or high-investment versus lowinvestment mating strategies (Gangestad & Simpson, 2000). In future research it will be interesting to see if people who differ in these respects also differ in the factors that influence their perceptions of physical attractiveness. For example, are women from father-absent homes, who appear to adopt a reproductive strategy based on low male investment (Draper & Harpending, 1982, Ellis, McFadyen-Ketchum, Dodge, Pettit & Bates, 1999), more influenced by purely physical traits in males than those from father-present homes? In conclusion, thinking of beauty as an assessment of fitness value leads to the prediction that nonphysical factors should have a strong effect on the perception of physical attractiveness. In addition, naturalistic studies are needed to fully understand how physical and nonphysical factors are integrated in the perception of physical attractiveness. If we were to state our results in the form of a beauty tip, it would be, ‘‘If you want to enhance your physical attractiveness, become a valuable social partner.

Es ist aus meiner Sicht nicht verwunderlich, dass die Wahrnehmung eines Menschen als attraktiv auch durch sein Verhalten und seine gesellschaftliche Stellung bestimmt werden kann. Attraktivität ist nur ein Gefühl, dass den Sinn hat einen interessanten Partner anzuzeigen, mit dem man Sex haben sollte. Eine Verknüpfung aller vorhandenen Signale und deren Zusammenfassung in dem etwas unbestimmten Begriff Attraktivität ist insofern ein einfacher Weg genau dies umzusetzen. Evolution arbeitet häufig so, dass bereits vorhandenes genutzt wird und anderweitig ausgebaut wird. Beispielsweise ist wohl das Ekelgefühl, dass uns davor bewahrte verdorbene Speisen zu essen oder schmutziges zu meiden auch auf unmoralisches Verhalten bezogen worden, weswegen wir auch dreckigere Menschen eher für unmoralisch halten.

Gerade bei Frauen würde die Verwertung von Signalen für hohen sozialen Status und eine hohe Position in der Gruppe sich anbieten, da sie das Endergebnis eines Konkurrenzkampfes unter den Männern darstellen und damit das Endergebnis intrasexueller Selektion aber eben auch intersexueller Selektion darauf, dass die Männer einen hohen Status diese Art erreichen.

Weitere Kritik an Privilegientheorie und Deutungshoheit

Die Privilegientheorie bleibt nach wie vor ein wesentlicher Pfeiler im modernen (radikalen?) Feminismus. Ich hatte hier schon einiges an Kritik daran:

Anlässlich eines Vorfall, bei dem es darum ging inwieweit Kinder zu verbergen sind, weil sie Privilegien darstellen gab es noch einmal einige interessante Punkte, die ich hier noch einmal sammeln möchte:

Der Artikel „Privilegien“ bei Elitemedium:

Privileg kann nun eigentlich alles sein. Der Reiche ist privilegiert gegenüber dem Ärmeren. Der Gesunde gegenüber dem Kranken. Der Junge ist privilegiert gegenüber dem Alten… Moment. Hier wird es schon schwieriger. Der Junge kann Gegenüber dem Älteren nämlich gleichzeitig privilegiert (gesünder, schöner, längere Restlebenserwartung) aber auch unterprivilegiert (weniger Rechte, weniger Status, weniger Macht) sein.

Meiner Meinung nach in der Tat eines der größten Probleme: Es ist nicht eingrenzbar, gerade weil es ins subjektive ausgeweitet wird. Elitemedium dazu weiter:

Ja das ist wirklich perfide. Der Privilegierte ist also ”qua Definition” blind für sein Privileg, aber wenn er andere fragt, ist das supremacy Haltung. Sehr schön.

Hinzu kommt, dass der derjenige, der für sich eine Unterprivilegierung in Anspruch nehmen kann damit nach feministischer Denkweise diverse Forderungsrechte erwirbt:

  • das Recht von Privilegierten „Reflektion“ verlangen zu dürfen
  • das Recht von Privilegierten verhaltensänderungen verlangen zu dürfen
  • das Recht zur Kritik an Privilegierten ohne eigene Begründungspflicht

und das Beste von allem: Der Unterprivilegierte selber ist gegen jeden Vorwurf, er würde selber andere diskriminieren immun:

Das ist das gefährliche an dieser Theorie/Ideologie gerade im Feminismus:

Der Kommentator „Heiliger Bimbam“ bei „Leftist Elite“:

Unter die Nase reiben ist eine rein subjektive Wahrnehmung. Wie soll man darauf eingehen?

Wenn die Einen es vll. begrüßen würden, dass die Kinder nicht mitgebracht werden, empfinden Andere das möglicherweise als Sonderbehandlung und möchten gerade nicht, dass Menschen explizit “Schonhaltungen” einnehmen, weil sie sich damit in eine Betroffenenecke geschoben sehen. Wenn ich mir vorstelle, meine Anwesenheit würde Leute dazu veranlassen, bestimmte Themen und Verhaltenweisen zu vermeiden, wäre für mich sehr diskriminierend. Man würde mich nicht “normal” behandeln und mir mein Anderssein unter die Nase reiben. Der Tatbestand, dass in der Situation jemand sich als anders empfindet, bleibt in jedem Falle bestehen.

“Jemand zeigt ein Privileg auf und zieht damit die Abwehrhaltung der Priviligierten auf sich, weil diese ja auch Probleme haben.”

Das ist natürlich ein Totschlagargument. Damit wird es unmöglich, sich überhaupt gegen die Unterstellung eines Privilegs zu verteidigen und das Bestehen dieses Privilegs zu widerlegen.

Das zeigt eben wieder das Problem der fehlenden Begrenzung: Es ist unmöglich es alles recht zu machen, wenn man subjektive Unannehmlichkeiten, die auf angenommenen Privilegien beruhen, wertet. Mit der Privilegientheorie in Verbindung mit der Deutungshoheit und subjektiven Beeinträchtigungen orientiert man sich beständig nach unten: Die Gesellschaft wird nicht immer freier und sicherer, sondern immer handlungsärmer und anfälliger für Kritik: Es wird nicht besser, sondern schlechter, weil man eben alles als Beeinträchtigung sehen kann, auch die Gegenreaktion und den versuch es anderen Recht zu machen. Es ist unmöglich so zu handeln, dass niemand sich beeinträchtigt fühlen kann. Das Beispiel Kinder zeigt dies eigentlich besser als jedes andere Beispiel.

Dazu in einem weiteren Kommentar:

Vielleicht ist aber auch nur diese “Privilegientheorie” Unfug. Wie man hier sieht, führt sie dazu, dass nur noch das eigene Befinden ausschlagebend ist für die vermeintlichen Privilegien Anderer. Die Privilegien kann man denen, die einen an die eigenen Unzulänglichkeiten (wichtig hier: Unzulänglichkeiten haben alle!) erinnern, andichten und sich damit in eine moralisch überlegene Position begeben. Jemand mit dünnem Haar kann die “Privilegien” der mit üppigem Schopf ausgestatteten “sichtbar machen” und von denen verlangen, ihre Behaarung nicht zu inszenieren, um nicht getriggert zu werden durch volles Haar!?! “critical hairyness”?

Das ist absurd. Es wird Zeit, diese “Privilegientheorie” als das zu erkennen, was sie ist.

Und dann weiter:

es gibt probleme, die sind in einem sinne privatangelegenheit, als dass man nicht von der gesamten umwelt besondere rücksicht verlangen kann. oder anders gesagt, wenn jemand die anwesenheit von kindern (oder kleinfamilien) nicht aushält, dann haben nicht die kinder oder kleinfamilien den kontakt zu meiden, sondern der oder die betroffene muss selbst meiden, was ihn oder sie triggert.

Und das ist genau meine Meinung dazu. Man kann nicht jede persönliche subjektive Befindlichkeit über Verhaltensregeln für andere lösen.

Auch „NutellaBerliner“ geht dort in die gleiche Richtung:

Doch. Die Konsequenz von “ich fühle mich durch den Anblick von Kindern immer an meine Diskriminierung erinnert etc” kann doch nur sein: kein Anblick von Kindern für Lantzschi.

Wenn sie aber keine Kinder sehen will, sich dabei aber nicht einschränken will (auch das wäre wieder: Diskriminierung), ist die logisch zwingende Konsequenz: die Kinder müssen wegbleiben. Und damit auch die Eltern, die aus mannigfaltigen Gründen nur mit Kind kommen können. Diese Eltern werden dann diskriminiert. Und warum? Weil Lantzschi der Anblick von Leuten, die anders sind als sie, nicht passt.

Darauf läuft es im Kern hinaus.

Und das ist die Offenlegung des eigentlichen Kerns der Privilegientheorie in Verbindung mit der Deutungshoheit:

Wenn jemand anders ist und mir das nicht passt, dann muss er sich ändern, einfach weil es mir nicht passt.

Was natürlich erst einmal Kindergarten ist.

Anatol Stefanowitsch stellt auch bei Leftist Elite seine Sicht dar, die die Privilegientheorie eher stützt:

Zum ersten Punkt: Es muss allen Menschen erlaubt sein, sich sichere Räume zu definieren und diese müssen respektiert werden. Wenn Menschen, für die heteronormatives (oder als heteronormativ wahrgenommenes) Verhalten oder die Gegenwart von Kindern eine Diskriminierung darstellt, für sich einen sicheren Raum schaffen und sich dorthin zurückziehen, dann haben sich potenziell heteronormativ handelnden Menschen dort herauszuhalten und — auch wenn es den Kindern gegenüber ungerecht erscheinen mag — ihre Kinder von dort fernzuhalten.

(…)

Zum zweiten Punkt: Selbst dort, wo nicht für alle ein sicherer Raum geschaffen werden kann, sollten natürlich alle daran mitarbeiten, dass in der Öffentlichkeit die größtmögliche Sicherheit für alle besteht. Und hier müssen wir vielleicht unterscheiden zwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Bedrohungen und die Verantwortlichkeiten für den Umgang mit diesen Bedrohungen unterschiedlich verteilen.

Da ist die Gegenüberstellung wieder „Die einen müssen sich einen Raum schaffen, die anderen müssen das akzeptieren“. Warum ist es eigentlich so schwierig, sich einfach mal mit der naheliegenden Frage auseinanderzusetzen, ob eine Forderung nach einem „sicheren Raum“ in dem konkreten Zusammenhang überzogen ist oder nicht? Und ob die Einschränkung der einen in einem Verhältnis zu der Bedrohung der anderen steht? Das scheint mir das Naheliegendste zu sein, was die Interessen der Personen zu einem angemessenen Ausgleich bringt: Man stellt die jeweiligen Positionen in eine Abwägung ein und nimmt einen Ausgleich vor. In diesem kann man dann natürlich auch einen Minderheitenstatus, Machtfragen und andere Punkte aufgreifen und berücksichtigen.

Das man dies nicht will hat wohl die folgenden Ursachen, die ja oben auch schon angesprochen worden sind:

  • Definititonsmacht ist eine tolle Sache, wenn man derjenige ist, der definiert
  • Es klingt so gut und moralisch, wenn man sich bedingungslos für die Schwachen einsetzt.
Das Sich-Aufbürden von besonderen Rücksichtsnahmepflichten ist natürlich -wie so oft – erst einmal ein Costly Signal: Um so mehr Lasten man auf sich nimmt, um so eher kann man Aufzeigen, dass man den Minderheitenschutz ernst nimmt. In der passenden sozialen Einordnung erscheint damit jeder, der nicht bereit ist diese Lasten auf sich zu nehmen und der Minderheit die bedingungslose Definitionsmacht zuzusprechen, als jemand, der der Sache nicht genug verpflichtet ist. Und damit kann man ihn auch eher aus der In-Group in die Out-Group einordnen, was auch in diesen Bewegungen einen erheblichen Gruppendruck erzeugt.

Autos als Statussymbole

Bei mir haben sich zwei Anekdoten zum Thema „Autos als Statussymbole“ angesammelt:

1. Der Vorgesetze

Ein anderer Freund hat, nachdem er ein paar Jahre im Beruf ist, ein neues Auto gekauft. Einen 1er BMW. Er erzählt:

Ich hatte auch über einen 3er nachgedacht, der ist bei gebrauchten teilweise nur wenig teurer und man hat etwas mehr Raum. Aber der Juniorchef bei uns hat auch einen 1er und da kann ich ja dann schlecht einen 3er daneben stellen

2. Der Anwalt

Ein Freund von mir hat gebaut (ja, langsam kommt man in das Alter). Es geht etwas schief, er wendet sich an eine baurechtliche Kanzlei, ein Verfahren wird eingeleitet. Ich frage ihn, wie es läuft.

Er sagt: Eigentlich ganz gut. Ich bin ja auch ganz zufrieden mit meinem Anwalt. Er ist noch recht jung, aber es läuft soweit ich das beurteilen kann okay. Aber neulich hatten wir einen Termin mit einem Sachverständigen und dem Anwalt der Baufirma. Der Anwalt der Gegenseite fuhr mit einem ganz neuen S-Klasse Mercedes vor, der Sachverständige mit einem dicken BMW und daneben parkte mein Rechtsanwalt mit einem Golf 5 3-Türer. Und irgendwie wirkt er plötzlich kleiner und man ärgert sich fast etwas und hofft, dass es gut geht.

Testosteronspiegel bei Jägern und Sammlern

Der Spiegel berichtet über einen Jäger- und Sammler Stamm, bei dem die Männer im Schnitt einen sehr niedrigen Testosteronspiegel haben.

Hamburg – Manchmal ist weniger mehr. Das zeigt eine Studie US-amerikanischer Forscher am Volk der Tsimane in Bolivien. Die Männer dieses Regenwaldstammes von Jägern und Sammlern arbeiten körperlich hart, dazu müssen sie Krankheiten überstehen und werden von Parasiten geplagt. Doch in ihrem Blut fanden Forscher überraschend kleine Mengen des Männlichkeitshormons Testosteron. Sie haben davon nur ein Drittel so viel im Blut wie Männer in den Industrieländern, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“.

Auf den ersten Blick scheint der niedrigere Testosterongehalt ein Nachteil für die Tsimane-Männer zu sein, sorgt er doch für weniger Muskelmasse und damit Stärke. Doch: „Mehr Muskelmasse zu produzieren, kostet Energie – und hohe Testosteronwerte verringern zudem die Leistung des Immunsystems“, schreiben Benjamin Trumble von der University of Washington in Seattle und seine Kollegen. Wer in einer Umwelt mit vielen Parasiten und Krankheiten lebe, für den sei es biologisch sinnvoller, den Testosteronwert niedrig zu halten.

Das Testosteron sich auf das Immunsystem auswirkt ist bereits seit längerem bekannt. Ich hatte das schon einmal in „Testosteron und Immunsystem“ dargestellt.

Die Schlußfolgerung:

Die hohen Testosteronwerte der Männer in den Industrieländern seien evolutionär gesehen eine neue Erfindung, meinen die Forscher. Möglich wurden sie erst durch den Nahrungsüberfluss und die gute medizinische Versorgung.

„Unser Lebensstil ist eine Anomalie, eine Abweichung von der Jahrtausende alten Lebensweise unserer Art als Jäger und Sammler“, sagt Michael Gurven, einer der Leiter der Studie von der University of California in Santa Barbara. Das Streben nach möglichst hohen Testosteronwerten, beispielsweise durch Hormonpflaster oder sonstige Präparate, hat demnach mit ursprünglicher Männlichkeit oder gar altem Jägererbe wenig zu tun.

Der Schluß überzeugt mich nicht. Bei Zugrundlegung der Out-Of-Africa-Theorie steigt der Testosteronspiegel der Männer üblicherweise, um so mehr wir uns dem „geographischen Ursprung der Menschheit“ nähren. Was eher annehmen lässt, dass der Testosteronspiegel in Rahmen der Auswanderung gesunken ist und nicht nachträglich gestiegen ist.

Eher scheint mir ein umgekehrter Schluß wahrscheinlicher:

Wenn die meisten Völker auf dieser Erde einen höheren Testosteronspiegel haben als der geschilderte Stamm, dann spricht das eher dafür, dass bei diesem Stamm eine Selektion auf einen niedrigeren Testosteronspiegel stattgefunden hat.

Hierfür bieten sich relativ isolierte Stämme auch an: Der Verwandtschaftsgrad steigt aufgrund der kleinen Gruppe, was intrasexuelle Kämpfe unter Männern genetisch unrentabler macht und Hierarchien verflachen hilft.

Bei Betrachtungen von heutigen Jäger und Sammler Gesellschaften sollte man auch bedenken, dass gerade die, die weniger auf Status und intrasexuelle Konkurrenz aus sind auch eher Jäger und Sammler bleiben, einfach weil der Aufbau von Status und der Ausbau von Macht Entwicklung fördern kann (vgl. dazu Jared Diamond „Guns, Germs and Steel„.)

Hier kann auch das bessere Immunsystem ein weiterer Vorteil gewesen sein, der aber nur genutzt werden kann, wenn die Vorteile einer hohen Wettbewerbsfähigkeit aufgrund engerer Verwandschaftsverhältnisse oder anderer Umstände, die auf Friedfertigkeit selektieren, nicht mehr in dem Maße anfallen.Das Volk in vielleicht in der Steinzeit geblieben, vielleicht gerade weil es wenig Testosteron hat und damit weniger Anlass für Statusdisplay und Hierarchien.

Bestimmte Stämme werden ja auch in Debatten gerne als Beispiel dafür angeführt, was eine andere Kultur alles erreichen kann und wie konstruiert und kulturbestimmt die Geschlechterrollen sind. Genau das Gegenteil scheint der Fall zu sein: In einer gegenseitigen Beeinflussung von Kultur und Biologie entwickelt sich der Mensch, genug Abgrenzung und einen hinreichend langen Zeitraum vorausgesetzt, nach den jeweiligen Gegebenheiten. Die Biologie folgt der Kultur, die Kultur folgt der Biologie.

Interessant dazu auch der Hinweis auf die Testosteronspitzen im Wettbewerb:

„Trotz ihrer krankmachenden Umgebung ist es auch für die Tsimane wichtig, Testosteron für kurzzeitige Wettkämpfe und große Kraftanstrengungen freizusetzen“, sagt Gurven. Ähnliche Hormonausschüttungen gebe es auch bei Männern in den Industrieländern in Wettbewerbssituationen. Das zeige, dass diese Hormonspitzen ein fundamentaler Aspekt der menschlichen Biologie seien. Sie blieben selbst dann erhalten, wenn dies bedeute, kurzzeitig das Immunsystem zu schwächen und eine Infektion zu riskieren.

Die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit durch Testosteron ist natürlich auch im Geschlechterverhältnis interessant. Männer haben bereits mehr Testosteron und schütten im Rahmen von Fight oder Flight Strategien auch mehr davon aus. Es spricht damit vieles dafür, dass Männer auch eher auf Wettbewerb ausgelegt sind als Frauen und sich daher  – im Schnitt – in diesem wohler fühlen.

Testosteron und Immunsystem

Hormone sind für viele Unterscheidungen innerhalb der Geschlechter verantwortlich. Dabei bewirkt ein mehr an Testosteron bei Säugetieren üblicherweise eine Veränderung in Richtung „Männlich“ und ein mehr an Östrogen eine Veränderung in Richtung „weiblich“.

Testosteron kommt allerdings mit einem Preis:

Es bewirkt eine Verschlechterung des Immunsystems

Vielleicht ist das einer der Gründe, warum gerade Testosteron als „Signalstoff“ für eine Entwicklung zum männlichen hin entstanden ist.

Den Anfang mag der Vorteil von Testosteron beim Muskelaufbau gemacht haben, der bei Spezien mit einem intrasexuellen Wettbewerb unter Männern hilfreich ist. Dann aber könnte die Red Queen Theorie und das Handicapprinzip zugeschlagen haben.

Die Red Queen Theorie besagt, dass wir uns in einem stetigen Wettrennen mit diversen Feinden befinden, die sich ebenfalls weiterentwickeln. Weil sich der eine entwickelt, muss sich auch der andere entwickeln. Beide bleiben auf der gleichen Stelle im Verhältnis zueinander, aber würde einer aus dem Rennen aussteigen, würde der andere die Oberhand gewinnen.

Dabei liefern wir uns dieses Rennen insbesondere mit Parasiten und Bakterien, die den Vorteil haben, sich schneller entwickeln zu können, da sie schnellere Generationsfolgen haben. Diesem Kampf halten wir insbesondere den Genpool entgegen, der es Parasiten schwerer macht, sich auf uns einzustellen, weil wir alle etwas anders sind, aber natürlich auch unser internes Gefahrenabwehrsystem, unser Immunsystem.

Auch die besten körperlichen Anlagen können dabei unbeachtlich sein, wenn dieses Immunsystem nicht funktioniert und die Bakterien und Viren nicht abgehalten werden können.

Es ist daher verständlich, dass Anzeichen körperlicher Gesundheit bei der Attraktivität sehr weit oben stehen. Ein klassisches Beispiel sind verlängerte Schwanzfedern bei Vögeln, die zwar das Fliegen erschweren, aber wenn sie sauber sind, zeigen, dass kein Parasitenbefall vorliegt.

Ein Stoff, der das Immunsystem beeinträchtigt, kann genau ein solches Anzeichen sein. Denn jemand, der gesund ist, sauber ist, kräftig ist wird üblicherweise Parasitenfrei sein. Fallen diese Anzeichen mit Anzeichen von Testosteron zusammen, dann bedeutet dies, dass sein Immunsystem trotz der zusätzlichen Last des Testosterons in der Lage ist, alle Angriffe abzuwehren. Aus den beiden Anzeichen zusammen ergibt sich damit die Wertung, dass sein Immunsystem sehr gut sein muss (zumindest für die lokalen Parasiten). Das Testosteron bzw. seine Ausprägung ist damit ein „Costly Signal

Die Gene für dieses Immunsystem gibt er dann evtl. an seine Kinder weiter, wobei die Mädchen noch nicht einmal die Nachteile des hohen Testosteronspiegels erben, die Jungs aber den Vorteil innerhalb der sexuellen Selektion haben, selbst Anzeichen eines guten Immunsystems zu tragen, wenn sie beide Eigenschaften erben.

Eine sexuelle Selektion der Weibchen auf Anzeichen von Testosteron und Gesundheit (beides zusammen) würde damit genetisch sinnvoll sein.

Gleichzeitig macht dies auch eine Selektion des Mannes auf ein gesundes Immunsystem noch interessanter als es aufgrund des Red Queen Rennen ohnehin schon ist. Denn ein Mann mit viel Testosteron läuft natürlich auch Gefahr, dass ein Sohn seinen Testosteronspiegel, aber ihr Immunsystem erbt. Da aber gleichzeitig Anzeichen von Testosteron bei ihr Anzeichen einer verminderten Fruchtbarkeit sind, zahlt es sich noch mehr aus, auf ihren Körper zu achten.

Das Costly Signal schlägt sich auch in realen Kosten nieder. Männliche Babies sind anfälliger, Krankheiten können schlechter abgewehrt werden. Aber aus Sicht der Gene ist Fortpflanzung eben das allerwichtigste. Solange der Vorteil insgesamt überwiegt lohnen sich daher solche Signale