Häusliche Gewalt und das dabei vorhandene Geschlechterverhältnis war schon einmal Thema hier. Jetzt hat der Spiegel einen Artikel, der sich gerade der Gewalt gegen Männer durch Frauen widmet:
Herr K. ist kein Einzelfall, seine Erfahrungen sind keine Ausnahme. In einer umfassenden Gesundheitsstudie hat das Robert Koch-Institut knapp 6000 deutsche Erwachsene auch zu ihren Gewalterfahrungen befragt. Demnach üben Männer Gewalt eher im Sozialraum und am Arbeitsplatz aus, Frauen eher im häuslichen Bereich. Wie ehrlich und umfassend die Befragten Auskunft gaben, lässt sich bei einem solch heiklen Thema nur schwer sagen. „Die soziale Erwünschtheit sagt: ‚Ich habe eine heile Familie, ich bin nie Opfer geworden, ich bin natürlich auch nicht gewalttätig'“, sagt Heike Hölling, Gesundheitswissenschaftlerin, eine der Autorinnen der Studie.
Die Zahlen dazu:
Gewalt in Beziehungen |
|
Frauen |
Männer |
Körperliche Gewalt gegen Partner ausgeübt |
1,3 |
0,3 |
Psychische Gewalt gegen Partner ausgeübt |
3,8 |
2,8 |
Opfer körperlicher Gewalt von Partner geworden |
1,2 |
0,9 |
Opfer psychischer Gewalt von Partner geworden |
6,1 |
3,3 |
Prozentangaben beziehen sich auf zwölf Monate vor Befragung (Mehrfachantworten möglich); Quelle: DEGS |
Das zeigt aus meiner Sicht erst einmal, dass es insgesamt eine kleine Gruppe ist, die von der Gewalt betroffen ist. Was die Probleme des Einzelnen natürlich nicht kleiner macht.
Ich habe die Studie selbst nicht gefunden, wenn jemand einen Link hat, dann bitte in den Kommentaren angeben. Interessant ist, dass weitaus weniger Männer angeben, dass sie körperliche Gewalt gegen Frauen ausgeübt haben. Ob sich hier das stärkere Tabu auswirkt (und dann entweder dahingegend, dass Männer keine Gewalt einsetzen oder aber dahingehend, dass sie es nicht zugeben) wäre interessant.
Auch interessant finde ich die sehr hohe Zahl von Frauen, die angeben, dass sie psychische Gewalt vom Partner erfahren haben. Ob hier einfach nur eine andere (niedrigere) subjektive Schwelle besteht, ab der man psychische Gewalt annimmt oder ob tatsächlich so viel psychische Gewalt gegen Frauen ausgeübt wird, wäre interessant.
Eine interessante Stelle dazu:
Als er ein Jahr nach der Trennung eine neue Freundin hatte, ging der Ärger erst richtig los. Seine Ex griff die neue Partnerin an und verbot ihm, die gemeinsame Tochter zu sehen. Zermürbende Auseinandersetzungen vor dem Jugendamt und dem Familiengericht folgten. Er zeigte sie nun auch mehrfach an, wegen Körperverletzung oder Hausfriedensbruch. Doch alle Verfahren wurden eingestellt. Fälle von häuslicher Gewalt sind nicht einfach zu ermitteln, oft steht Aussage gegen Aussage. „Wenn Männer sich als Opfer an die Polizei wenden, werden oftmals keine Verfahren eröffnet“, sagt K. „Ihnen wird nicht geglaubt.“
„Gewalt gegen Männer“-Kultur liegt da nahe. Strukturelle Unterdrückung, der Mann soll klein gehalten werden etc.
Tatsächlich wird es eine solche Verschwörung nicht geben, sondern nur jeweiliges Unwissen, dass eben auch Männer Opfer von Gewalt werden können.
Zu der Tabuisierung ist auch die folgende Stelle interessant:
„Viele Männer wagen es nicht, sich zu offenbaren, weil die Scham sehr schwer wiegt“, sagt Hölling. „Schwäche oder Angst zu zeigen, sozial nicht integriert zu sein, vielleicht sogar zu weinen, passt nach wie vor nicht zum Männerbild in der Gesellschaft.“ Opfer müssten ihre Erfahrungen ohne Angst vor Konsequenzen oder Stigmatisierung ansprechen können.
Für Männer gebe es zu wenig adäquate Hilfsangebote. Nötig sei auch mehr Aufmerksamkeit in Familie und Bekanntenkreis. „Oft gibt es von Gewaltopfern nicht die lauten Hilferufe, oft sind es schleichende Veränderungen: Jemand bleibt vom Sportverein weg, nimmt nicht mehr an gemeinsamen Unternehmungen teil, hält immer weniger Kontakt.“ In solchen Fällen gelte es, sensibel nachzufragen.
Warum nicht mal selbst zugelangt?
Dem Umfeld von Jochen K. fehlte das Verständnis für seine Lage. „Die meisten Freunde haben versucht, das herunterzuspielen“, sagt K. Er dürfe seine Freundin auf keinen Fall anzeigen, rieten einige. Seine Mutter habe ihn gar gefragt, warum er seiner Freundin nicht mal selbst ordentlich eine gelangt habe. „Männer werden gesellschaftlich nicht als Opfer anerkannt“, sagt K.
Ein Mann, der sich nicht wehren kann, verstößt eben gegen einige Regeln, die seinen Status und seine Attraktivität betreffen und unterbewußt wahrgenommen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass solche Informationen direkt unter „schwach, nicht durchsetzungsfähig in intrasexueller Konkurrenz, selbst Frauen verachten ihn“ abgespeichert wird und unser Gehirn das nicht in positiven Kategorien abspeichert.
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