Wo wird Männern Schwäche zugestanden?

In dem Artikel zu dem Thema inwieweit der Feminismus tatsächlich dafür eintritt, Geschlechterrollen auch für Männer aufzubrechen, kommentierte DMJ:

Ich bin verdammt für die Auflösung von starren Geschlechterbildern (bzw. dem Zwang dieser; wer sich in einem wiederfindet, muss das weiterhin dürfen), aber ich sehe nicht so wirklich, dass der Feminismus diese betreibt.

Persönlich, subjektiv ohne den Schatten eines Anspruchs auf Allgemeingültigkeit muss ich sagen, dass meine ersten Assoziationen zu dem Thema “Mimimi” und “Male tears” sind.
Das kommt von einfach zu vielen Feministinnen zu oft und zu unwidersprochen. Und das ist eine klare Bajahung einer Verpflichtung zu jenem Mannsein, welches zu bekämpfen vorgegeben wird. Angeblich sollen Männer auch mal schwach sein dürfen, wo sie das sein dürfen, bleibt aber offen – in den meisten feministischen Kreisen zumindest nicht, sonst siehe obige Schlagworte.

Und in der Tat stützt sich vieles in der feministischen Theorie ja auf Geschlechterstereotype, die schwache Frau als Opfer und der starke Mann als Täter und benutzt zur Abwehr die klassische Geschlechterrolle der Männer, indem sie über „Mimimi“ die Männer als schwach bezeichnet.

Demnach wäre es interessant, mal ein paar Stellen zu finden, in denen Männern überhaupt Schwäche zugestanden wird, sowohl seitens Feministinnen als auch ansonsten in der Bevölkerung. Hat jemand dazu was?

„Na hat dich deine Frau geschlagen“ – Gewalt in der Beziehung

In der Welt ist ein interessanter Bericht zum Thema „Gewalt von Frauen gegen Männer in einer Beziehung„. Das Thema hatte ich schon einmal in zwei anderen Artikeln aufgegriffen:

Dort heißt es:

Häusliche Gewalt gegen Männer ist immer noch ein Tabuthema. Dabei sind laut der aktuellen Gesundheitsstudie des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin fast ebenso viele Männer wie Frauen Opfer körperlicher Gewalt ihres Partners.

Laut dieser Studie leiden Männer seelisch sogar erheblich mehr als betroffene Frauen. „Dies kann als Hinweis auf eine fehlende sozial akzeptierte Opferrolle für Männer interpretiert werden“, heißt es in der Studie.

Das es in beiden Fällen eine schreckliche Erfahrung sein kann, wenn der Partner Gewalt gegen einen ausübt, kann ich mir vorstellen. Bei Männern kommt vielleicht auch noch das Gefühl dazu, dass es einem keiner glaubt, dass man sich als Mann wehren können sollte und das man für den Fall, dass man sich wehrt aber auch erhebliche Nachteile haben kann, weil einem niemand glaubt, dass sie angefangen hat.

Doch nur einmalige Übergriffe sind sehr selten – wer das erste Mal zuschlägt, überschreitet eine Grenze und geht meist nicht mehr dahinter zurück. Die Opfer sind oft Männer, die sich fair verhalten wollen. Viele von ihnen nehmen die Schuld für das Verhalten ihrer Partnerin auf sich.

„Dieses Phänomen findet man auch bei geschlagenen Frauen“, erklärt Roth-Sackenheim. Frauen, die selbst prügeln, neigen generell rasch zu Wutausbrüchen. Sie haben wenig Einfühlungsvermögen und schlagen zu, weil sie sich vermeintlich nicht anders zu helfen wissen.

Die Frau von Fuhl wurde im Laufe der Ehe gewalttätiger. Immer wieder ging sie ihn an, schlug ihn sogar mit einem Hammer auf den Kopf. An Karneval 2011 hieb sie mit einem Holzgriff auf ihren am Boden liegenden Mann ein. Dabei wurde sein Jochbein angebrochen und sein Auge verletzt, er musste ins Krankenhaus. „Ich habe mir immer wieder überlegt, ob ich aus der Beziehung rausgehe. Aber Konsequenzen habe ich lange Zeit letztlich nicht gezogen.“

Es entwickelt sich also sozusagen eine gewisse Gewohnheit des Schlagens, in dem diese ein gewisses Kommunikationsmittel wird, mit dem man meint bei dem anderen durchzukommen. Das diese Gewohnheit dann auch bei dem „schwächeren Geschlecht“ dazu führen kann, dass es immer brutaler wird und schließlich Waffen einsetzt, die ernsthafte Verletzungen bewirken zeigt das Beispiel ebenfalls.

Wie er mit Gesichtsverletzungen in seine Firma kam und Kollegen scherzten: „Na, hat dich deine Frau geschlagen?“ Wie er sich zu Hause nur noch als gehasster Gast fühlte, keinen sicheren Rückzugsort mehr hatte. Und wie er immer häufiger in ein tiefes Loch fiel und an Selbstmord dachte.

Es ist vielleicht auch gerade der oben genannte Aspekt der eigenen Schuld, der das Ändern und Ausbrechen aus diesem System so schwer macht. Man muss sich eingestehen, das sie schuld ist und man deswegen kein Versager ist und man muss eben in gewisser Weise auch akzeptieren, dass man die Situation nicht lösen kann. Für andere kommt vielleicht noch die besondere Situation dazu, dass man die Kinder zurücklässt, aus dem Haus raus muss, die Unterhaltszahlungen und den Zugewinnausgleich vor Augen hat etc.

Die Tipps aus dem Artikel für Männer, die von ihren Partnerinnen geschlagen werden:

Wenn sich über ein bis zwei Jahre trotz Versprechungen des Partners nichts ändert, wird die Beziehung besser beendet. Keinesfalls sollte sich der Betroffene mit der Situation arrangieren und sich zum Beispiel einreden, er müsse nur Anzeichen des nächsten Gewaltausbruchs erkennen und könne dann gegensteuern.

„Damit organisiert man sein ganzes Leben um die Störung des Partners herum“, sagt Roth-Sackenheim. Nach einer Trennung seien die Männer oft so verunsichert, dass sie erst einmal keine neue Beziehung eingehen würden. Michael Fuhl gehört zu den Ausnahmen, er hat seit dem vergangenen Sommer eine Freundin.

Also irgendwann erkennen, dass man sie nicht ändern und die Situation nicht steuern kann.

„Die Themen ‚Frauen als Gewalttäterinnen‘ und ‚Männer als Gewaltopfer‘ sind gesellschaftlich noch weitgehend tabuisiert“

Häusliche Gewalt und das dabei vorhandene Geschlechterverhältnis war schon einmal Thema hier.  Jetzt hat der Spiegel einen Artikel, der sich gerade der Gewalt gegen Männer durch Frauen widmet:

Herr K. ist kein Einzelfall, seine Erfahrungen sind keine Ausnahme. In einer umfassenden Gesundheitsstudie hat das Robert Koch-Institut knapp 6000 deutsche Erwachsene auch zu ihren Gewalterfahrungen befragt. Demnach üben Männer Gewalt eher im Sozialraum und am Arbeitsplatz aus, Frauen eher im häuslichen Bereich. Wie ehrlich und umfassend die Befragten Auskunft gaben, lässt sich bei einem solch heiklen Thema nur schwer sagen. „Die soziale Erwünschtheit sagt: ‚Ich habe eine heile Familie, ich bin nie Opfer geworden, ich bin natürlich auch nicht gewalttätig'“, sagt Heike Hölling, Gesundheitswissenschaftlerin, eine der Autorinnen der Studie.

Die Zahlen dazu:

Gewalt in Beziehungen
Frauen Männer
Körperliche Gewalt gegen Partner ausgeübt 1,3 0,3
Psychische Gewalt gegen Partner ausgeübt 3,8 2,8
Opfer körperlicher Gewalt von Partner geworden 1,2 0,9
Opfer psychischer Gewalt von Partner geworden 6,1 3,3
Prozentangaben beziehen sich auf zwölf Monate vor Befragung (Mehrfachantworten möglich); Quelle: DEGS

 

Das zeigt aus meiner Sicht erst einmal, dass es insgesamt eine kleine Gruppe ist, die von der Gewalt betroffen ist. Was die Probleme des Einzelnen natürlich nicht kleiner macht.

Ich habe die Studie selbst nicht gefunden, wenn jemand einen Link hat, dann bitte in den Kommentaren angeben. Interessant ist, dass weitaus weniger Männer angeben, dass sie körperliche Gewalt gegen Frauen ausgeübt haben. Ob sich hier das stärkere Tabu auswirkt (und dann entweder dahingegend, dass Männer keine Gewalt einsetzen oder aber dahingehend, dass sie es nicht zugeben) wäre interessant.

Auch interessant finde ich die sehr hohe Zahl von Frauen, die angeben, dass sie psychische Gewalt vom Partner erfahren haben. Ob hier einfach nur eine andere (niedrigere) subjektive Schwelle besteht, ab der man psychische Gewalt annimmt oder ob tatsächlich so viel psychische Gewalt gegen Frauen ausgeübt wird, wäre interessant.

Eine interessante Stelle dazu:

Als er ein Jahr nach der Trennung eine neue Freundin hatte, ging der Ärger erst richtig los. Seine Ex griff die neue Partnerin an und verbot ihm, die gemeinsame Tochter zu sehen. Zermürbende Auseinandersetzungen vor dem Jugendamt und dem Familiengericht folgten. Er zeigte sie nun auch mehrfach an, wegen Körperverletzung oder Hausfriedensbruch. Doch alle Verfahren wurden eingestellt. Fälle von häuslicher Gewalt sind nicht einfach zu ermitteln, oft steht Aussage gegen Aussage. „Wenn Männer sich als Opfer an die Polizei wenden, werden oftmals keine Verfahren eröffnet“, sagt K. „Ihnen wird nicht geglaubt.“

„Gewalt gegen Männer“-Kultur liegt da nahe. Strukturelle Unterdrückung, der Mann soll klein gehalten werden etc.

Tatsächlich wird es eine solche Verschwörung nicht geben, sondern nur jeweiliges Unwissen, dass eben auch Männer Opfer von Gewalt werden können.

Zu der Tabuisierung ist auch die folgende Stelle interessant:

„Viele Männer wagen es nicht, sich zu offenbaren, weil die Scham sehr schwer wiegt“, sagt Hölling. „Schwäche oder Angst zu zeigen, sozial nicht integriert zu sein, vielleicht sogar zu weinen, passt nach wie vor nicht zum Männerbild in der Gesellschaft.“ Opfer müssten ihre Erfahrungen ohne Angst vor Konsequenzen oder Stigmatisierung ansprechen können.

Für Männer gebe es zu wenig adäquate Hilfsangebote. Nötig sei auch mehr Aufmerksamkeit in Familie und Bekanntenkreis. „Oft gibt es von Gewaltopfern nicht die lauten Hilferufe, oft sind es schleichende Veränderungen: Jemand bleibt vom Sportverein weg, nimmt nicht mehr an gemeinsamen Unternehmungen teil, hält immer weniger Kontakt.“ In solchen Fällen gelte es, sensibel nachzufragen.

Warum nicht mal selbst zugelangt?

Dem Umfeld von Jochen K. fehlte das Verständnis für seine Lage. „Die meisten Freunde haben versucht, das herunterzuspielen“, sagt K. Er dürfe seine Freundin auf keinen Fall anzeigen, rieten einige. Seine Mutter habe ihn gar gefragt, warum er seiner Freundin nicht mal selbst ordentlich eine gelangt habe. „Männer werden gesellschaftlich nicht als Opfer anerkannt“, sagt K.

Ein Mann, der sich nicht wehren kann, verstößt eben gegen einige Regeln, die seinen Status und seine Attraktivität betreffen und unterbewußt wahrgenommen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass solche Informationen direkt unter „schwach, nicht durchsetzungsfähig in intrasexueller Konkurrenz, selbst Frauen verachten ihn“ abgespeichert wird und unser Gehirn das nicht in positiven Kategorien abspeichert.