Schoppe kommentiere zu einem Artikel, in dem eine Frau die Schwierigkeiten von Frauen darstellte und die Männer aufforderte, den Frauen insoweit zuzuhören und zu glauben:
Dass IHRE Realität anders ist als meine, dass Frauen im Schnitt bestimmte Situationen anders erleben, als Männer es tun – das kann ich so ohne Weiteres akzeptieren, und ich glaube es auch. Falsch wird diese Position dann, wenn Frauen denken, dass ihnen die Situation von Männern ganz selbstverständlich präsent sei – oder dass ihnen die Situation von Männern ganz gleichgültig sein können. In beiden Fällen kommt es eben nicht auf ein gegenseitiges Erzählen und Zuhören an, sondern die “Listen!”-Forderung bleibt einseitig. He for She – wie im oben zitierten Text.
Zuhören muss man eben nur den Unterdrückten, den Opfern, den Benachteiligten. Und das kann der Mann in dieser Vorstellung schlicht nicht
Auf solche Texte reagiere ich manchmal ratlos mit dem einfachen Gedanken, dass Leben nun einmal manchmal schwierig und ungerecht sein könne. Ich weiß nicht, wie die Autorin wiederum auf den Gedanken kommt, das sei nur für Frauen so. Aber ich habe eine Hypothese: Sie kommt deswegen auf diesen Gedanken, weil sich hier der Habitus der gutbürgerlichen Ehefrau hält – nämlich der Glaube, dass sie als Frau eigentlich einen Anspruch darauf habe, dass ihr doch jemand die Härten und Schwierigkeiten des Lebens vom Leib halten müsse. Erst vor dem Hintergrund dieses Glaubens wird es dann verständlich, warum auch kleinere Störungen als Symptome einer großen, feindseligen Ungerechtigkeit wahrgenommen werden.
Das finde ich durchaus einen überlegenswerten Gedanken, denn einige Frauen scheinen diese Idee tatsächlich zu haben: Das sie einen Anspruch darauf haben, dass ihr Leben frei von Beeinträchtigungen bleibt und sich ansonsten eben nicht sie zu ändern haben bzw auf die Schwierigkeiten zu reagieren haben, sondern das sich die Welt zu ändern hat. Man könnte das unter „Hypoagency“ fassen, also der Auffassung, dass man selbst nicht verantwortlich ist und andere eben die eigenen Probleme lösen sollen und müssen. Es ist eigentlich interessant, wie nahe der moderne Feminismus mit seinen Prinzipien an Klischees von Weiblichkeit liegt – Das Gefühl ist alles, Verantwortlichkeit für Mißstände besteht nicht, man ist, was man fühlt, es geht um prosoziale Dominanz,
Mir kam dieser Gedanke, als hier mal irgendwann über das Stichwort “Objektifizierung” diskutiert wurde – dass Männer Frauen zum Objekt machen würden. Als ob das für Männer anders wäre. Männer sind noch immer viel weitreichender in der Erwerbsarbeit tätig als Frauen, in aller Regel ohne die Alternative, ebenfalls ganz oder zumindest teilweise zu Hause bleiben zu können und nur Teilzeit zu arbeiten.
Wer sich aber auf dem Arbeitsmarkt anbietet, muss nicht nur akzeptieren, dass er dabei für andere zum Objekt wird, er muss sich – wenn er sich auf diesem Markt einigermaßen vernünftig bewegen will – auch selbst als Objekt sehen: “Was hab ich zu bieten, das anderen nützt?” Möglicherweise ist das ein weiterer Grund, warum so wenige Männer Gender Studies studieren…
Das Männer ebenfalls Objekt sind – das ist im Feminismus wohl unverständlich. Nur dann eben Versorgerobjekt oder etwas anders ausgedrückt „Bankautomat“ oder eben Objekt innerhalb des Arbeitsmarktes.
Hinter der Klage über die weibliche Objektifizierung steht also nicht etwa die Erfahrung, dass Frauen zum Objekt gemacht würden und Männer nicht – sondern ganz im Gegenteil die Erfahrung, dass Männer allgemein viel vollständiger und selbstverständlicher zum Objekt werden. Bei Männern fehlt daher, anders als bei manchen Frauen, in aller Regel der Gedanke, dass es auch anders sein könne. Es fehlt die soziale Erfahrung der bürgerlichen Ehe- und Hausfrau – ein Leben führen zu können, das ein anderer Mensch (nämlich der bürgerliche Ehemann) von den Zwängen der Selbst-Vermarktung eben dadurch weitgehend freistellt, dass er selbst sich umso gründlicher den Marktlogiken unterwirft.
Eben dadurch bleibt das Gespräch, dass die oben zitierte Autorin anstrebt, auch so einseitig: Der Anspruch, auch als Subjekt wahrgenommen zu werden, gilt nur für selbst – und ganz selbstverständlich nicht für ihre männlichen Gesprächspartner (bzw., um etwas exakter zu sein, Gesprächsobjekte).
Der Vorwurf wäre dann also „beide Geschlechter werden auf ihre Art zum Objekt gemacht – aber bei Frauen ist das nicht okay“. Wobei man es modifizieren müsste, da die Sichweise, dass auch Männer Objekte sind im Feminismus gar nicht erst vorkommt.
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