Die Angst als unmännlich wahrgenommen zu werden

Der nachdenkliche Mann hat bei Onyx einen interessanten Kommentar geschrieben, in dem es um die Angst davor geht, als unmännlich wahrgenommen zu werden:

Mir scheint, du stellst dir die Männerwelt wie ein Minenfeld vor, in dem man wahnsinnig auf jeden Schritt achten muss, um nicht auf eine “UNMÄNNLICH!!!”-Mine zu treten. Nun, so ist es nicht.
Für uns Männer ist von klein auf klar, dass wir mit unseren Problemen selber klarkommen müssen. Woher das kommt, weiß ich nicht. Jedenfalls ist das nichts, was sich Männer immer wieder gegenseitig versichern würden, indem sie sich über einzelne lustig machen, die gegen dieses Prinzip verstoßen. Nein, das geht viel weiter zurück. Auf jeden Fall in die allerersten Lebensjahre, also entweder wird das direkt von den Eltern vermittelt oder es ist sogar angeboren. Warum das so ist, spielt aber hier keine Rolle.
Über dieses Prinzip sind sich alle Männer im Klaren. Daher wird über intime Probleme unter (jungen) Männern weniger gesprochen. Nicht, weil sich andere Männer dann über einen lustig machen würden, sondern weil es ein ungeschriebenes Gesetz gibt, dass Mann damit selbst klarkommen muss. Aber auch in meiner Jugend habe ich schon mit männlichen Freunden natürlich über meine spezifisch männlichen Probleme gesprochen.
Ich hatte nie, ich wiederhole: NIE, das Problem, dass andere Jungs/Männer sich über mich lustig gemacht hätten, mich z.B. als unmännlich bezeichnet hätten. Selbst die dominant auftretenden Lautsprecher waren mir gegenüber immer neutral bis wohlwollend. Ich würde es so formulieren: Es gibt eine unausgesprochene Solidarität zwischen Männern. Wer sich über mich lustig gemacht hat, mit der Konnotation ‘unmännlich’, waren ausnahmslos Frauen. Diese Erfahrung kennt jeder (heterosexuelle) Mann. Auch darauf beruht diese Solidarität zwischen Männern: Wir sind irgendwie Leidensgenossen. Und wenn man sich besser kennenlernt, dann muntert man sich auf, macht sich gegenseitig Mut. Und dann schafft man es auch, dieses Schweigen mal zu beenden, und Probleme anzusprechen. Die werden dann aber nicht lang und breit diskutiert. Was sollte das bringen? Da sind wir eher pragmatisch, lösungsorientiert. Verständnis suchen wir da nicht. Das dient dann eher dazu, sich nochmal der Solidarität zu versichern und aus dem Gespräch die Energie und die Lösungen mitzunehmen, um das Problem dann anzupacken.

Die Angst, als unmännlich bezeichnet zu werden, ist ein Phantom. Das scheint für dich ein riesiges Ding zu sein. Aber meiner Erfahrung nach gibt es das nicht, zumindest nicht so, wie du es hier darstellst. Die Angst ist nicht, von anderen Männern als unmännlich angesehen zu werden. Männer untereinander bestärken sich eher. Die Angst ist, von Frauen als unmännlich wahrgenommen zu werden. Diese Angst kennt jeder heterosexuelle Mann. Sich dieser Angst zu stellen, das ist die wahre Meisterleistung im Leben eines jugendlichen Mannes. Wer sich dieser Angst stellt, wird von anderen Männern respektiert, teilweise bewundert. Aber wenn man sich ihr nicht stellt, wird man auch nicht fertiggemacht – zumindest nicht von Männern! Von Frauen hingegen durchaus.
Das soll jetzt aber nicht aussehen, als würde ich mich darüber beklagen. Das ist halt so. Und das ist auch in Ordnung so. Das Leben besteht eben aus Herausforderungen, die die Möglichkeit des Scheiterns in sich tragen. Sonst wäre es auch langweilig.
Mit anderen Worten: Was die erste Menstruation für die junge Frau, ist die erste Kontaktaufnahme zu einem Mädchen für den jungen (heterosexuellen) Mann (für homosexuelle analog, schätze ich).

Abgesehen davon ist mir aufgefallen, dass du zwar jedem Mann sein Recht zusprechen willst, seine Probleme zu äußern, ohne als unmännlich vorgeführt zu werden. Nun haben hier viele Männer geäußert, dass sie ein Problem damit haben, wie Männlichkeit hier von dir dargestellt wird, haben also eigentlich genau von diesem Recht Gebrauch gemacht. Aber diese Konsequenzen zu akzeptieren, scheint dir schwer zu fallen. Eigentlich wollen wir also dasselbe – reden aber phänomenal aneinander vorbei.

Das sind aus meiner Sicht viele interessante Aspekte angesprochen. Ich glaube auch, dass Männer ein höheres Maß an Vertrautheit brauchen, um über bestimmte intime Probleme zu reden. Gerade so etwas wie sexuelles in einer Partnerschaft wird unter Männern eigentlich kaum thematisiert, bei Frauen wenn man den Erzählungen glauben darf, hingegen schon eher.

Insofern würde intrasexuelle Konkurrenz bei Freunden und Bekannten bewusst zurück gefahren, indem nicht über zu heikle Themen geredet wird, gerade wenn diese keine Lösung ermöglichen und zu viele Angriffspunkte bieten. Eher redet man eben über Sachthemen, Fußball, Politik etc. Gerade bei emotionalen Themen wird man davon ausgehen, dass er diese eher mit sich selbst ausmacht und ihm reden insofern wenig bringt.

Frauen hingegen müssen dieses Anti-Konkurrenzverfahren gegenüber Männern nicht fahren. Sie bleiben insofern auch die Schiedsrichter und ihre Wertung kann nicht ausgeblendet werden.

Frauen wiederum haben ihrerseits andere Routinen, die intrasexuelle Konkurrenz herunterfahren: Das Betonen von Gleichheit und vielleicht auch eher das Verletztlichmachen durch den Austausch von intimen Details.

Interessant würde ich insoweit noch finden, ob beide Geschlechter insbesondere bei Themen vorsichtig sind, die besonders starken Einfluss auf den Partnerwert haben. Bei Männer wäre das eben die intrasexuelle Konkurrenz und der Status und bei Frauen ein Thema wie körperliche Schönheit.

Frauen und die gläserne Decke

Zu Frauen in Führungspositionen habe ich ja bereits einiges geschrieben. Interessant ist insoweit auch ein Artikel in der Welt:

Es wird zunächst die Meinung einer Frau geschildert, wonach Männer erhebliche Vorurteile zB bezüglich der Risikobereitschaft der Frauen haben. Die Frauen würden sich die Kritik dann auch mehr zu Herzen nehmen.

Dazu dann das Folgende:

Besteht die gläserne Decke demnach vor allem aus Selbstzweifeln der Frauen? Auch eine Berliner Beraterin, die seit Jahren Manager auf höchster Ebene coacht, hat immer wieder beobachtet, dass Frauen sich Kritik und Widerstände im Job deutlich stärker zu Herzen nehmen als viele männliche Kollegen: Die reagierten meist viel pragmatischer und wären auch nach einem Anranzer des Chefs in der Regel weit besser in der Lage, zum nächsten Tagesordnungspunkt überzugehen.

Die Beraterin geht noch einen Schritt weiter: Im Grunde seien Männer im Konfliktfall viel unterwerfungsbereiter: „Am Anfang machen sie viel Wind, aber sie fügen sich, sobald sie sehen, dass es nicht mehr weiter geht. Ist eine Frau wirklich überzeugt von etwas, entwickelt sie schnell einen Tunnelblick und ignoriert womöglich Sättigungssignale ihres Chefs“, so die Beraterin. Eine Zurechtweisung des Vorgesetzten werde dann als Beispiel für eine gläserne Decke herangezogen. Dabei hätte dieser wohl auch einen Mann, der sich in einer Debatte vergaloppiert hat, zurechtgewiesen.

Das passt wiederum gut zum Empathievorteil der Frau (vgl. auch „Frauen reagieren auf Probleme mit Empathie, Männer mit Lösungen„) und zu einer höheren Emotionalität. Es passt auch zu den Einschätzungen in dem Artikel „Männer konkurrieren um was sie tun, Frauen um was sie sind“. Danach würden Frauen Kritik eher auf sich, und nicht auf die Sache beziehen und demnach auch eher persönlich sehen und eher daran glauben, dass man sie persönlich angreift. Weil sie es weniger sachlich sehen und eher emotionaler übersehen sie vielleicht auch die „Sättigungssignale“ eher. Es wäre ein Nachteil des Feeling Style gegen den Thinking Style, der dann zu einer bestimmten Wahrnehmung weiblicher Vorgesetzter führen kann. Das die „Gläserne Decke“ ein sehr negativer Frame ist, hatte ich insoweit auch schon einmal angeführt.

Es folgen dann weitere Vorurteile der Vorgesetzten, etwa, dass der Platz der Frau bei den Kindern sei.

Dann wird auf die „Präsenzkultur“ eingegangen:

De facto arbeitete sie genauso viel wie ihre Kollegen, doch tat sie das zeitweise unbemerkt: mal von zu Hause aus, wenn das Kind krank war, häufig am Abend, wenn der Kleine schon schlief. Für dieses Modell jedoch fehlte in ihrer Firma die Akzeptanz: „Präsenz wird häufig mit Leistung verwechselt. Wer weniger im Büro sitzt, ist in den Augen vieler Vorgesetzter automatisch weniger wert.“ Im Grunde ist genau das die Definition der Theorie von der „gläsernen Decke“: bei gleicher Leistung werden männliche Mitarbeiter gegenüber ihren weiblichen Kollegen bevorzugt. (…)

Zum Teil lässt sich das Phänomen dadurch erklären, dass es bei Beförderungen eben nicht nur auf die reine Leistung ankommt, sondern auch darauf, wie gut man sich verkauft. „Ich habe als junge Mutter viel seltener an diesen Abend-Kuschelterminen teilgenommen, bei denen man mit dem Chef und dem Chef der nächsten Ebene Bier trinkt.

Weil ich das meinem Kind nicht auch noch zumuten wollte, wo ich doch sowieso schon häufig unterwegs war“, sagt Domscheit-Berg. Die meisten Mütter machen es ähnlich – und haben dann das Nachsehen bei der nächsten Beförderung. Sie selbst hat irgendwann gelernt, gezielt an ihrer „Sichtbarkeit“ zu arbeiten, sagt sie. „Ich habe mich im Industrieverband Bitkom engagiert, daher kannten mich irgendwann viele in der Branche. Erst dann kamen auch Anrufe von Headhuntern.“

Jetzt mag es ein bedauernswerter Zustand sein, dass nicht nur die Leistung, sondern auch der persönliche Kontakt zählt, der abends bei einem Bier hergestellt wird, aber es ist gleichzeitig etwas sehr menschliches. Über persönliche Beziehungen bauen wir Vertrauen und Verbundenheit auf. Hinzu kommt, dass auch bei diesen Bieren nicht selten Geschäfte und deren Probleme besprochen werden, sie also nicht reine Freizeit sind.

Frauen reagieren auf Probleme mit Empathie, Männer mit Lösungen

Eine Frau hat ihren Job verloren und schreibt darüber auf ihrem gut besuchten Blog. Die Reaktionen stellt sie wie folgt dar: (via)

After my post went live, I linked to it on Facebook and Twitter. I emailed the link to men and women. Men responded by introducing me to someone who was in a position to hire me, by sending me links to job listings that could be a fit, or by directing me to opportunities that resulted in paying work.

Women responded emotionally — with support or sympathy. Men responded proactively. Women responded passively — or not at all. Every response that led to paying work was from a man.

Das passt recht gut zu der Abgrenzung zwischen dem Systematischen Gehirn und dem Empathischen Gehirn. Die Frauen fühlten mit, die Männer sahen es als ein Sachproblem, dessen Lösung lautete, dass sie eine neue Arbeitsstelle brauchte. Also mussten ihr Angebote übersandt werden.

In vielen „Mars & Venus“ Ratgebern wird dies auch als einer der wesentlichen Unterschiede dargestellt. Wenn eine (typische) Frau ein Problem hat, dann möchte sie darüber reden und sie möchte, dass man ihr zuhört, weil sie sich danach besser fühlt. Ein Mann hingegen sieht die Aufzählung von Schwierigkeiten und Problemen nicht als ein „Von-der-Seele-Reden“, sondern eher als Aufforderung diese Probleme zu lösen. Deswegen gibt er gute Ratschläge und wundert sich dann, dass die Frau diese nicht umsetzt, sondern sich noch beschwert, dass er nicht zuhören würde.

Diese Art Probleme anzugehen würde durchaus zu einer unterschiedlichen Ausprägung von Gehirnhälften von Mann und Frau passen.