Eine gleiche Anzahl Frauen und Männer in der Regierung ist den meisten Bürgern, inklusive der Frauen, nicht wichtig.

Arne berichtet über eine YouGov Umfrage zur Parität in der Regierung, also einer gleich hohen Anteil von Männern und Frauen auf den Ministerposten (die Scholz zugesagt hatte)

Die Zahlen aus der Umfrage  (nach dem von Arne verlinkten Welt-Artikel, die Umfrage selbst habe ich leider  nicht gefunden:

Alle Befragten:

  • eher oder sogar sehr unwichtig: 66%
  • keine Angabe: 9%
  • eher wichtig: 19%
  • sehr wichtig: 9%

Wähler Grüne:

  • eher wichtig: 46%
  • eher unwichtigt: 46%

Frauen:

  • Unwichtig: 58%
  • legen Wert auf Paritatä: 29%

Nach der Umfrage darf man davon ausgehen, dass Männer es deutlich unwichtiger finden als Frauen, aber Frauen auch dem überwiegend wenig an Bedeutung zumessen. und sie vermutlich lieber fähige Leute da haben als Quotenfrauen. Selbst bei den Grünenwählern findet es keine Mehrheit wichtig.

Wenn jemand die ganze Umfrage findet: Gerne einen Link in den Kommentaren

Olaf Scholz: „Ich gebe hier heute das Versprechen ab: Ein von mir als Bundeskanzler geführtes Kabinett ist mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt!

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte dereinst gesagt:

Jetzt hat er unter dem Druck jemanden auszusuchen, der akzeptabel ist und eine gewisse Nähe zum Militär hat Boris Pistorius demnach einen Mann, zum neuen Verteidigungsminister gemacht.

Damit besteht eben gerade keine Parität mehr. Natürlich führt das gleich zu Kritik

Und noch etwas Presse:

Die SPD-Frauen macht das sprachlos. Noch am Dienstagmorgen sagt Maria Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen: „Fifty-fifty muss weiter gelten. Dafür steht die SPD.“ Am Dienstagvormittag gilt das nicht mehr und Noichl taucht ab. Eine ZDFheute-Anfrage werde sie bestimmt nicht beantworten, sagt ihre Mitarbeiterin. Überhaupt werde Frau Noichl die Personalie Pistorius heute nicht kommentieren.
Absage auch von Jessica Rosenthal. Die Juso-Vorsitzende vermeidet die offene Kritik am Kanzler. Und weitere junge SPD-Frauen im Bundestag wissen nicht, was sie zu Olaf Scholz noch sagen sollen. Josephine Ortleb, Jahrgang 1986, hat keine Zeit. Elisabeth Kaiser, Jahrgang 1987, kann heute leider auch keinen Beitrag leisten, sie bittet um Verständnis, lässt sie ausrichten.

Auch die Wehrbeauftragte Eva Högl, die für die Lambrecht-Nachfolge im Gespräch war, weicht aus. Das Geschlecht des neuen Ministers spiele nicht die ausschlaggebende Rolle. Sie freue sich über die Entscheidung für Boris Pistorius, er sei für das Amt geeignet
Das Thema Parität kommentiere sie nicht weiter. „Das ist auch nicht meine Aufgabe als Wehrbeauftragte“, sagt sie ZDFheute. Auf die Frage, ob die Frauen in der SPD jetzt sauer seien, antwortet Högl: „Das müssen Sie die Frauen in der SPD fragen.“ Das Schweigen ist dröhnend.

Dafür reden die Grünen. „Ein SPD-Kanzler hat keinen Platz an seinem Kabinettstisch für starke Frauen“, sagt die Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzende Silke Gebel. Grünen-Abgeordnete Nyke Slawik findet die Entscheidung des Kanzlers schade. „Dabei waren ja gleich mehrere äußerst qualifizierte Frauen im Gespräch“, kritisiert sie.

Und Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge erinnert Scholz daran, dass Frauen mindestens gleich qualifiziert seien. Es hätte auch erneut eine Frau als Verteidigungsministerin geben können, ein paritätisch besetztes Kabinett sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit. „Das sollte auch bei allen künftigen Entscheidungen so sein“, sagt sie. Ein Hinweis darauf, dass in Kürze eine weitere Kabinettsumbildung folgen könnte?
Rückt bald noch eine Frau ins Kabinett nach?
Was, wenn Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nach Hessen wechseln sollte, als Spitzenkandidatin für die anstehende Landtagswahl? Kommt dann eine größere Rochade? Wird dann eine Frau auf einen Posten gesetzt, den derzeit ein Mann innehat? Nach ZDFheute-Informationen ist das vorerst nicht geplant. Keine schnelle Umstellung im Kabinett. Die Grünen dürften damit nicht einverstanden sein. Die SPD-Frauen auch nicht.
SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigt die Entscheidung für Boris Pistorius hingegen. Die Frage der Parität sei dem Bundeskanzler und der SPD-Parteispitze wichtig. „Die bleibt auch wichtig“, sagt er. „Aber wir hatten jetzt in den vergangenen Tagen in einer konkreten Personalfrage zu entscheiden. Und Boris Pistorius ist der richtige für diesen Job. Und danach haben wir entschieden.“
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schiebt die Schuld weiter an die FDP, die drei Männer und eine Frau ins Kabinett geschickt hat. Die Parität wäre kein Problem, wenn sich alle Koalitionspartner daran halten würden, sagt er. Fazit: Die einzigen, die sich aus der SPD heute äußern, sind – zwei Männer.

Und aus der Welt:

Die Grünen-Frauenpolitikerin Ulle Schauws hat die Entscheidung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) für einen Mann als Verteidigungsminister und damit gegen die versprochene Geschlechterparität im Bundeskabinett kritisiert. „Das klare Versprechen von Olaf Scholz, beim Start der Regierung ein paritätisch besetztes Kabinett zu bilden, war wichtig und im Sinne der Gleichberechtigung ein zeitgemäßes, richtiges Signal“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion WELT.

„Wir Grüne stehen klar zum Grundsatz der Parität. Darum ist es mehr als enttäuschend, wenn der Kanzler bei der ersten Hürde dieses Ziel über Bord wirft“, so Schauws. „Er muss sich an dem progressiven Kurs messen lassen, den er gesetzt hat.“

Mit der Entscheidung für den bisherigen niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius (SPD) hebelt Bundeskanzler Scholz seinen eigenen Anspruch aus, seine Ministerriege paritätisch zu besetzen. Bisher waren es acht Männer und acht Frauen, nun werden es neun Männer und sieben Frauen sein – der Kanzler selbst nicht mitgezählt

Noch am Montag, vor der Bekanntgabe der Personalie Pistorius, hatten in der Diskussion um die Nachfolge für die zurückgetretene Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht die SPD-Frauen auf Geschlechterparität in der Ampel-Regierung bestanden. „Eine Gesellschaft, die zu über 50 Prozent aus Frauen besteht, muss sich auch im Kabinett widerspiegeln“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Maria Noichl, der „Rheinischen Post“. „Fifty-fifty muss weiter gelten. Dafür steht die SPD.“

Mal sehen ob dann doch noch ein männlicher Minister abdanken muss.

 

Wurde der bisherige Justizminister Dirk Adams abgesetzt, weil er ein (weißer) Mann ist?

Genderama berichtet über die Welt über einen Politiker, der anscheinend der Frauenquote zum Opfer fiel:

Der bisherige Justizminister von Thüringen, Dirk Adams (Grüne), hat wohl in seinem Amt keinen Anlass zur Kritik gegeben (allerdings nach Darstellung anderer so wie ich es verstehe auch keine besonderen Akzente gesetzt), wurde aber nunmehr durch eine Frau ersetzt, die „afrodeutsch“ ist.

Ein Hauptgrund: Als Mann stand er der „kraftvollen“ Neuaufstellung im Weg, mit der sich nun Landesparteichef Stengele ins Kabinett manövriert. (…) Das Revirement im Kabinett hatte sich bereits im Dezember angedeutet, als Umweltministerin Anja Siegesmund ihren Rückzug aus der Politik angekündigt hatte. Sie verlässt das rot-rot-grüne Minderheitskabinett von Ramelow zum Ende des Monats.

(…) Das Amt von Siegesmund will nun der bisherige Landesvorsitzende der Grünen, Bernhard Stengele, übernehmen, ein aus Bayern stammender Regisseur, der vor zehn Jahren nach Thüringen zog. Seit drei Jahren führt er als Co-Chef den mit 1000 Mitgliedern eher kleinen Landesverband. Da bei den Grünen aber ein strenges Quotenregime herrscht, war Dirk Adams nun ein Mann zu viel.

(…) In einer Erklärung bezeichnete der Landesvorstand der Grünen den Schritt als „für uns alle schmerzlich“. Das Schreiben wurde mit allerlei Krokodilstränen garniert. „Egal ob als Abgeordneter, Fraktionsvorsitzender oder zuletzt als Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz – Dirk Adams hat Thüringen, aber auch unseren grünen Landesverband politisch über Jahre maßgeblich mitgestaltet“, heißt es da. Besonders würdigen möchte man „seinen steten Einsatz für ein weltoffenes Thüringen. Wir danken dem Minister für die geleistete Arbeit und wünschen Dirk Adams für die Zukunft alles Gute“, so die Landesvorsitzende Ann-Sophie Bohm.

Ebenso überraschend wie der Rauswurf ist die Nachfolge geregelt. An Adams‘ Stelle soll nun die Thüringer Grüne Doreen Denstädt das Ministerium für die Restlaufzeit übernehmen. Im Freistaat bekannt wurde die 44-jährige Mutter zweier Kinder vor allem deshalb, weil sie die einzige afrodeutsche Polizistin in Thüringen ist.

Beim Mdr klingt es etwas anders:

In der Vergangenheit gab es Kritik an der in Adams‘ Ressort fallenden Flüchtlingspolitik des Landes, die vor allem die Kommunen öffentlich vorgetragen hatten. Er galt vielen bei den Grünen, aber auch innerhalb der rot-rot-grünen Regierungskoalition als zu blass und zu zögerlich sowie als ein Minister, der in der Migrationspolitik zu wenige Akzente setze. Die politische Karriere des 54-Jährigen, der das Ministeramt 2020 übernahm und davor seit 2014 Fraktionsvorsitzender war, wäre bei einer Entlassung aus der Regierung vorerst zu Ende. Adams hat als Minister kein Landtagsmandat mehr.

(…)
Die Grünen stellen im Landtag mit fünf Mitgliedern die kleinste Fraktion. Das hat zur Folge, dass ihre fünf Abgeordneten eine Vielzahl von Aufgaben in verschiedenen Ausschüssen und Gremien wahrnehmen müssen. Bei den Grünen muss darüber hinaus ein Minister auf sein Landtagsmandat verzichten. Bei einer Entlassung oder einem Rücktritt ist es damit nicht möglich, wieder als Landtagsabgeordneter tätig sein. Dazu kommt, dass die Minister bis zur Thüringer Landtagswahl 2024 in einer Minderheitsregierung regieren müssen und somit bei Gesetzesvorhaben auf Stimmen der Opposition angewiesen sind. Die Ministerposten müssen schließlich bei den Grünen paritätisch mit Frauen und Männern besetzt werden.

Die Rücktrittsforderung gegenüber Adams kam kurz nachdem Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) angekündigt hatte, aus persönlichen Gründen Ende Januar 2023 zurücktreten. Sie möchte sich dabei ebenfalls aus den Ämtern als stellvertretende Ministerpräsidentin der rot-rot-grünen Minderheitsregierung und als Mitglied des Bundesrates zurückziehen. Sie war in der Landespolitik das bekannteste Gesicht der Thüringer Grünen. Nach der Bekanntgabe entschied sich die Landespartei dann zu einer umfassenden Personal-Rochade.

Die Trennung von Amt und Mandat ist für Grüne Berufspolitiker anscheinend nicht ungefährlich. Sie können im Amt jederzeit gefeuert werden, müssen aber ihr Mandat aufgeben. Um so gefährlicher für Männer, die dazu noch befürchten müssen, dass bei dem Rücktritt einer Frau in einem anderem Amt, für das man keine neue Frau findet, eine „Personal-Rochade“ stattfindet.

Dirk Adams war zumindest seit 1997 in der Politik aktiv.

Zu seiner Nachfolgerin, Frau  Doreen Denstädt, findet man das folgende in der Wikipedia:

Denstädt ist gelernte Diplom-Verwaltungswirtin. Sie arbeitete als Polizeihauptkommissarin und Sachbearbeiterin in der Polizeivertrauensstelle im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales.[2][3] Nach Angaben der Thüringischen Landeszeitung ist sie die einzige schwarze Polizistin in Thüringen und habe Rassismus im Alltag erlebt.

Sie war in jüngeren Jahren Profi-Rugbyspielerin und als Teenager Punk.

Seit 2021 ist sie nach eigenen Angaben Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen und seit Mai 2022 ist sie Sprecherin des Kreisverbandes Erfurt. Sie ist sachkundige Bürgerin im Ausschuss für Ordnung, Sicherheit, Ehrenamt und Ortsteile der Stadt Erfurt.

Im Jahr 2022 war sie Mitglied der 17. Bundesversammlung für die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Thüringen.

Sie wurde am 9. Januar 2023 von Bündnis 90/Die Grünen in Thüringen als Ministerin für das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz nominiert und soll die Nachfolge von Dirk Adams antreten.[ Laut MDR wäre Denstädt nach ihrer Ernennung nach Angaben der Grünen die erste schwarze Ministerin in Ostdeutschland. Die Vereidigung ist für Anfang Februar 2023 geplant.

Also seit maximal 2 Jahren Mitglied der Partei und direkt Ministerin. Aber mit den Voraussetzungen „schwarz“ und „Frau“ erfüllt sie eine direkte und eine indirekte Quote.  Also beste Voraussetzungen für eine Karriere bei den Grünen.

 

Die Ordenquote

Der Spiegel berichtet über eine Ordensquote:

Steinmeier will künftig 40 Prozent der Verdienstorden an Frauen verleihen
Nur etwa ein Drittel aller Verdienstorden wurden zuletzt an Frauen vergeben. Bundespräsident Steinmeier nimmt nun die Staats- und Senatskanzleien in die Pflicht – und fordert mehr Vorschläge aus der Gesellschaft.

Frauen leisten Großes in unserer Gesellschaft«: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will künftig 40 Prozent der Verdienstorden an Frauen verleihen. »Ob in Vereinen, Unternehmen, an Universitäten oder in der Kultur – Frauen sorgen für Zusammenhalt, Menschlichkeit, Fortschritt und Kreativität«, teilte Steinmeier mit. Dafür gebühre ihnen Dank, »aber auch mehr sichtbare Anerkennung«.

Nach Daten  des Bundespräsidialamtes ging in den vergangenen Jahren nur etwa ein Drittel der Verdienstorden an Frauen. Im vergangenen Jahr erhielten demnach 383 Frauen und 728 Männer den Orden – eine Frauenquote von 34 Prozent.

Um den Anteil zu erhöhen, appellierte Steinmeier, mehr Frauen vorzuschlagen. »Schauen Sie sich um, in Ihrer Nachbarschaft, in Ihrer Freizeit, bei Ihren Kolleginnen. Der Verdienstorden lebt von den Vorschlägen, die ich von Ihnen für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes bekomme.«

»Mehr Frauen die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie verdienen«
Die Auszeichnung sei ein Weg, um herausragende Leistung für unser Gemeinwesen zu würdigen, sagte Steinmeier. »Und es ist ein Weg, um mehr Frauen die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie verdienen.«

Das schließt insofern  an den Artikel gestern an, dass dort ja gut beschrieben wurde, warum Männer eher die Orden bekommen:  vieles, was mit Orden zusammen hängt, ist eben Ausdruck einer intrasexuellen Konkurrenz oder des Wunsches einen gewissen Status zu erlangen und kommt damit häufiger bei Männern vor.

Aber hier soll es natürlich um die Quote gehen. Es wäre interessant da mal die Leistungen der jeweiligen Empfänger zu vergleichen.
Allerdings ist, wie man in der Wikipedia nachlesen kann, eine entsprechende Quote nichts neues:

Anfang der 1980er Jahre wurden jährlich etwa 6000 Verdienstorden hauptsächlich an Männer verliehen. Der Anteil der Frauen lag mit rund 14 Prozent deutlich unter dem tatsächlichen Bevölkerungsanteil. Dieser Umstand veranlasste den damaligen Bundespräsident Karl Carstens (1979–1984) im Jahre 1983 in die Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Statut des Verdienstordens hineinzuschreiben, dass „Verdiensten bei Tätigkeiten, die nach der Lebenserfahrung vor allem von Frauen ausgeübt werden, besondere Beachtung zu schenken ist“.

Im Oktober 2006 führte der damalige Bundespräsident Horst Köhler zusätzlich eine Quotenregelung für Frauen von mindestens 30 Prozent ein. Dieses Minimum wurde 2007 mit 30,3 Prozent erstmals erreicht und in den folgenden Jahren (2008: 31,2 Prozent; 2009: 30,5 Prozent) eingehalten. Die Vorschlagslisten der Ministerpräsidenten der Bundesländer, über die die Ordensanträge vorwiegend beim Bundespräsidialamt eingereicht werden, werden nur noch angenommen, wenn von zehn Personen, die mit dem Verdienstorden ausgezeichnet werden sollen, mindestens drei Frauen sind. Wenn den Ländern nicht genügend Frauen vorgeschlagen werden, um diese Quote zu erfüllen, führte dies beispielsweise in Sachsen-Anhalt (Stand 2014) dazu, dass Männer dem Bundespräsidialamt nicht zeitnah zur Ehrung vorgeschlagen, sondern auf eine wachsende Warteliste gesetzt wurden und erst nach längerer Wartezeit ihre Auszeichnung erhalten können.[3]

Seit 1991 sind die Verleihungszahlen stark rückläufig.[4] Von über 5000 Verleihungen im Jahre 1991 und knapp 2500 Verleihungen im Jahre 2007 fiel die Zahl auf 1064 Verleihungen im Jahre 2017 und damit etwa auf den Stand des Einführungsjahres 1951. Danach stieg die Zahl der Verleihungen wieder an auf 1282 im Jahr 2018 und 1354 im Jahr 2019. Erst 2020 sank sie wieder auf 1250.[5]

Ende 2010 wurde bekannt, dass seit Mitte der 1990er Jahre eine nicht öffentlich gemachte Abmachung zwischen den Bundestagsfraktionen besteht, nach der pro Legislaturperiode 30 Orden unabhängig von tatsächlichen Verdiensten für Abgeordnete des Bundestages entsprechend den Fraktionsstärken reserviert sind. Der Verfassungsrechtler Herbert von Arnim bezeichnete dies als „absolute Anmaßung“ und „ganz neue Form der Selbstbedienung“.[6] In der 19. Legislaturperiode (2017 bis 2022) wurden 25 Orden an Abgeordnete verliehen.[7]

Wäre interessant zu sehen ob die Rückläufigkeit der Zahlen darauf zurückzuführen ist, dass man einfach nicht genug Frauen findet oder ob es ein davon unabhängiger Trend ist.

Im EU-Parlament sollen durch eine Reform des Wahlrechts in Zukunft Wahllisten paritätisch mit Männern und Frauen zu besetzen sein

Wie Arne auch schon gestern berichtete will die EU ihr Wahlrecht reformieren und dabei auch mehr Frauen ins Parlament bekommen:

Das EU-Parlament verlangt außerdem, die Wahllisten künftig geschlechterparitätisch zu besetzen. Das könnte durch eine Quote geschehen – oder indem Listen im Reißverschlussverfahren besetzt werden: Frauen und Männer abwechselnd. Das Ziel: Frauen sollen künftig die Hälfte der Europaabgeordneten stellen. Derzeit sind 39 Prozent der Europaabgeordneten weiblich. In einigen Mitgliedsstaaten wie Rumänien, Slowakei oder Griechenland sind Frauen stark unterrepräsentiert. Zypern stellt nur männliche Europaabgeordnete.

Das scheint aber noch kein fertiges Projekt zu sein, mal sehen was sie machen wollen.

In der Europäischen Menschenrechtskonvention ist das Äquivalent zu Art. 3 GG in Art 23 EMK enthalten:

Artikel 23 – Gleichheit von Frauen und Männern

Die Gleichheit von Frauen und Männern ist in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen.
Der Grundsatz der Gleichheit steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegen.

Also eine deutlich abweichende Formulierung als Artikel 3 GG. Hier sind „positive Diskriminierungen“ ausdrücklich erwähnt.

Mal sehen wie es durchgesetzt wird. Schon jetzt ist ja die EU für viele Parteien eine gute Gelegenheit Leute, die sie in Deutschland nicht mehr haben wollen wegzuloben und nach Brüssel zu schicken. Das Eu-Parlament hat es auch nicht geschafft wirklich sich dem Bürger als wichtige Institution zu vermitteln, bei der die Wahlen sehr interessant sind. Ob es da hilft über eine Quote Personen ins Parlament zu schicken, die dort sonst nicht hingekommen wären?

„Warum Frauenquoten auch keine Lösung sind“

Im Spiegel findet sich ein guter Artikel zur Frauenquote in der Politik und dem Umstand, dass Frauen gar nicht für bestimmte Positionen zur Verfügung stehen:

Das ist eine berechtigte Frage. Ich finde es gut, wenn sie sich ins Gespräch bringt, sie dürfte damit einiges an Bekanntheit gesichert haben. Aber ihr Lebenslauf spricht jetzt auch nicht unbedingt für den Vorsitz der Partei:

Sie ist erst seit 2018 in der CDU, sicherte sich aber für die Bundestagswahl 2021 gleich die Direktkandidatur in ihrem Wahlkreis, um dann knapp am Einzug ins Parlament zu scheitern. Manche im Kreisverband beschreiben sie auch als vorlaut und selbstverliebt. Wie sie auf die Idee kam, sich um den Parteivorsitz zu bemühen? „Ganz spontan“, sagt Buder.

Mit ihr hat auch deshalb niemand gerechnet, weil sie noch vor wenigen Tagen auf Facebook geschrieben hatte: „Aus meiner Sicht kann es für den Job nur einen geben.“ Dazu stellte sie ein Foto von Friedrich Merz sowie den Hashtag #BereitFürMerz.

Seit 3 Jahren in der Partei, gleich als Direktkandidatin aufgestellt und dann einfach mal, ohne sich vorher anscheinend um Mehrheiten zu bemühen eine Kandidatur spontan rausgehauen.

Das ist vielleicht etwas wenig.

(…)

Ilse Aigner, die bayerische Landtagspräsidentin, hat die Haltung vieler Politikerinnen vor einigen Jahren sehr treffend formuliert. Aigner galt mal als Einzige in der CSU, die Markus Söder den Posten des Ministerpräsidenten hätte streitig machen können. »Dieses Spiel habe ich irgendwann nicht mehr mitgespielt, weil es mir zu blöd war«, sagte sie dem »Zeit-Magazin«. Dass sie im Clinch mit Söder den »letzten Ellenbogen«, wie Aigner im SPIEGEL-Gespräch vergangenes Jahr erzählte, nicht ausfahren wollte, mag sie vielleicht sogar ehren. Ihr Verhalten lässt auf eine anständige, nette Politikerin schließen. Dennoch: Wem als Frau das Spiel zu blöd ist, der darf sich nicht wundern, wenn am Ende Männer an der Spitze stehen.

Ein solches Spiel gewinnt eben häufig der, der motivierter ist es bis zum Ende durchzuziehen und die dafür anfallenden Kosten im Privaten Bereich zu tragen. Und weil Frauen häufig eine andere Work Life Balance wollen und Männer ein größeres Interesse im Schnitt an Status haben, sind das dann eben häufig die Männer.

Was könnte helfen, die Spielregeln zu ändern? Ein beliebtes Argument lautet, dass es mehr Politikerinnen auf allen Ebenen brauche, um genügend Bewerberinnen für Spitzenämter zu haben. Deshalb debattiert jetzt auch die CDU über eine erweiterte Quote. Dass die nur wieder andere Probleme schafft, sieht man bei den Grünen.

Dank ihrer Frauenquote haben sie fast 60 Prozent weibliche Abgeordnete im neuen Bundestag. Dabei sind nur rund 40 Prozent der Grünen-Mitglieder weiblich. Die Sache hat nur einen Haken.

Die CDU wurde fast 20 Jahre lang von Frauen geführt. Bei den Grünen ist zwar qua Satzung immer eine Frau an der Spitze. Tatsächlich hat die Partei aber seit Petra Kelly keine Frau mehr hervorgebracht, die in der informellen Hierarchie ganz oben stand. Das ist über 30 Jahre her.

Die Erfolgsbilanz der Grünen-Frauenquote sieht so aus:

Der erste Landesminister der Partei: ein Mann.

Der erste grüne Vizekanzler: ein Mann

Der erste grüne Oberbürgermeister: ein Mann

Der erste grüne Ministerpräsident: ein Mann.

Der erste grüne Bundesminister mit Migrationshintergrund wird: Sie ahnen es.

Die Politikerinnen der Grünen agieren in einer politischen Parallelwelt, in der das Geschlecht als wichtigste Voraussetzung für die Spitzenposition gilt. Egal, um welche Wahl es geht, Platz eins ist einer Frau vorbehalten. Die Auseinandersetzung mit den Männern bleibt den Frauen auf diese Weise erspart.

In einem solchen feministischen Kokon lebt sich so lange recht angenehm, bis es um jene Sphäre der Politik geht, die Joschka Fischer einmal als »Todeszone« bezeichnet hat. Es ist die Region, aus der sich Frauen wie Ilse Aigner verabschieden.

Die Spielregeln bleiben eben immer gleich. Und das sich die Frauen mit einer Quote wie bei den Grünen auch nicht Freiraum für Wettbewerb, sondern eher eine Art Nichtschwimmerbereich geschaffen haben, sie planschen während die Männer um die Wette schwimmen. Das sieht man in den Wahlen, wenn für den Frauenplatz nur eine einzige Frau zur Wahl steht, die damit sicher gewählt ist, während das Rennen bei den Männern offen bleibt.
Oder bei der Wahl im Saarland, wo es auch nur eine ernsthafte Kandidatin gab, weil nur ein Platz zu vergeben war und sie gar nicht damit gerechnet hat, dass sie nicht gewählt werden könnte, weil sie gewählt werden musste.

Wenn sie dann auch ins andere Becken müssen, dann erscheinen die Männer eigentlich als die bessere Wahl. Die Frauen müssen aber trotzdem dank der Quote vorgezogen werden.

Deswegen gibt es auch Vorschläge für getrennte Listen etwa für die Bundestagswahl, so dass Frauen bestimmte Plätze sicher haben und nur gegen Frauen kandieren.

Das bringt, da ist Ralf Neukirch zuzustimmen, aber eben keine für den Wähler sehr attraktiven Politikerinnen  nach oben. Und es produziert Geschichten wie bei Baerbock, die es anscheinend gar nicht für notwendig hielt

„Diese europäischen Länder bieten Frauen das beste Arbeitsumfeld“

Ein Artikel dazu, welche Länder Frauen das beste Arbeitsumfeld bieten. Da Mutterschutz etc in die Bewertung mit einbezogen worden ist, aus meiner Sicht ganz interessant:

Bulgarien bietet Frauen in Europa das beste Arbeitsumfeld. Der Staat punktet mit dem besten Mutterschaftsurlaubspaket in Europa, das eine vollständige Punktzahl von 100 möglichen erreicht. Und nicht nur das: Bulgarien liegt auch bei den Frauen in Führungspositionen mit 90 von 100 Punkten an zweiter Stelle (hinter Norwegen). Das ist das Ergebnis eines eigenen erstellten Rankings der Online-Marketing-Agentur Reboot.

Meine Vermutung ist dennoch, dass die wenigsten Frauen von Deutschland nach Bulgarien ziehen wollen. Einfach weil der Lebensstandard ein anderer ist.

An zweiter Stelle folgt Kroatien mit einer Gesamtpunktzahl von 229,9 von 300 Punkten. Auch dort erhalten berufstätige Frauen ein optimales Mutterschutz. Bei den geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden scheint das Balkanland ebenfalls auf dem richtigen Weg zu sein, da es bei den wirtschaftlichen Chancen mit 96,6 von 100 Punkten die zweithöchste Punktzahl erreichte. Allerdings schneidet Kroatien noch schlecht ab bei Frauen in Führungspositionen.

Auch interessant. In keiner Bewertung von den besten Arbeitsumfeld für Männer würde „Vaterschaftsschutz“ eine größere Rolle spielen. Work-Life Balance im allgemeinen vielleicht durchaus.

Lohnunterschiede sind häufig in Ländern niedrig, die eine schwache Wirtschaft haben. Dann verdienen alle gleich schlecht. Das wird aber auch kaum ein Anreiz sein in diese Länder zu ziehen.

An dritter Stelle des Rankings der idealen europäischen Länder für Frauen liegt Estland. Mit durchweg guten Ergebnissen in allen Bereichen erhält der Staat 80 Punkte sowohl für den Mutterschaftsurlaub als auch für Frauen in Führungspositionen.

Eigentlich wäre ja ein Land ideal, dass noch eine noch nicht so hohe Anzahl von Frauen (wenn auch keine niedrige) hat, und das ändern will. Ein Land in dem demnächst Frauenquoten eingeführt oder angehoben werden etwa.

Das als besonders gleichberechtigt geltende Schweden liegt lediglich auf Platz 10, bei den wirtschaftlichen Chancen erreicht es 73,3 von 100 möglichen Punkten und beim Mutterschaftsurlaub 16,6 von 100 und bleibt so hinter Lettland zurück. Immerhin ist Schweden bei der Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen nach wie vor führend.

Aus der Wikipedia zu Schweden:

Schwangeren werden vor der Niederkunft 50 Tage gewährt, nach der Geburt, der Mutter oder dem Vater 450 Tage Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub gegeben.

In der Zeit des Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubes werden 80 Prozent des Gehaltes ausbezahlt, mit einem Sockelbetrag für gering Verdienende und Nichterwerbstätige.

Also etwas über ein Jahr zum aussetzen. Und das entweder den Müttern oder den Vätern.

Die junge berufstätige Mutter ist dort wenn ich mich richtig erinnere üblicher. Das ist natürlich schlecht und gibt Punktabzug.

Die Grafik ist ganz interessant:

bestes Arbeitsumfeld Frauen Europa

Deutschland weit abgeschlagen auf Platz 23

Auf dem neunten Platz folgt Lettland, das bei den wirtschaftlichen Chancen (86,6/100) mehr Punkte erzielt hat als traditionelle Wirtschaftsmächte wie das Vereinigte Königreich auf Platz 12 (66,6/100 Punkte) und Dänemark auf Platz 15 (56,6/100). Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass in den letzten Jahren immer mehr Frauen hohe politische Ämter bekleiden.

Dazu muss man allerdings in die Politik gehen wollen und das ist für jemanden aus dem Ausland meist ohnehin nicht möglich.

Deutschland bietet Frauen kein besonders gutes Arbeitsumfeld

An letzter Stelle der dreißig untersuchten Länder steht die Türkei, die nur 39,9 von insgesamt 300 möglichen Punkten erreicht hat. Trotz des schlechten Abschneidens hat das Land überraschenderweise mehr Punkte für Frauen in Führungspositionen gesammelt (13,3/100) als Länder, die traditionell für ihre Gleichstellung bekannt sind und liegt sogar noch vor Deutschland (10 Punkte) und Österreich (3,3 Punkte). Nur knapp dahinter auf Platz 26 liegt Portugal (69,9 von 300 möglichen Punkten), das ebenfalls Deutschland und Österreich in Bezug auf Frauen in Führungspositionen übertrifft (26,6/100 Punkte), obwohl es für Mutterschaftsurlaub null Punkte erhält.

Die Türkei schneidet besser bei Frauen in Führungspositionen ab als Deutschland. Das spricht dafür, dass Frauen in Führungspositionen relativ wenig über Gleichberechtigung oder gleiche Chancen aussagen.

Es folgt eine Aufschlüsselung der besten Länder für erwerbstätige Frauen im Einzelnen:

1. Bulgarien (236,6 Punkte)

Bulgarien ist dasjenige Land in Europa, in dem Frauen am besten arbeiten können. Das Land gewährt Müttern einen Mindesturlaub von 58,6 Wochen (410 Tage) – den längsten Mindestmutterschaftsurlaub der Welt – und zahlt während des Urlaubs 90 Prozent des vollen Gehalts.

22,1 Prozent der Frauen in Bulgarien haben zudem eine Führungsposition inne – der vierthöchste Wert aller untersuchten Länder. Bei den wirtschaftlichen Chancen liegt es jedoch im Mittelfeld (46,6 Punkte), was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass es im Global Gender Gap Index 2020 mit lediglich 0,727 Punkten bewertet wurde.

2. Kroatien (229,8 Punkte)

Ähnlich wie Bulgarien bietet auch Kroatien eines der besten Mutterschaftsurlaubspakete in Europa, was im Index zu 96,6 Punkten führt. Kroatische Eltern können für die Wochen des Mutterschaftsurlaubs ihr volles Gehalt erwarten und haben eine der längsten Mindestfristen für den Mutterschaftsurlaub (30 Wochen bzw. 210 Tage).

Auch in Bezug auf das geschlechtsspezifische Lohngefälle scheint das Land auf dem richtigen Weg zu sein, da es bei der Berücksichtigung der Lohngleichheit und des geschätzten Einkommens die zweithöchste Punktzahl für die wirtschaftlichen Chancen erreicht (96,6 Punkte) und damit nur von Italien übertroffen wird, das beeindruckende 100 Punkte erreicht.

Die 36,6 Punkte, die das Land für Frauen in Führungspositionen erhielt, zeigen jedoch, dass es noch einiges zu tun gibt, denn durchschnittlich nur11,95 Prozent der kroatischen Frauen haben eine Führungspositionen inne.

3. Estland (220 Punkte)

Wenn es um den Mutterschutz und die Anzahl der Frauen in Führungspositionen geht, ist Estland unter den Top 10 in Europa. Mit einem voll bezahlten Mutterschutz und einem Frauenanteil von 18,5 Prozent in Führungspositionen – dem siebthöchsten Wert aller untersuchten Länder – hat das Land für beide Aspekte respektable 80 Punkte erhalten.

Mit einem Wert von 0,751 in der Global Gender Pay Gap 2020-Rangliste schneidet Estland auch bei den wirtschaftlichen Chancen mit 60 Punkten recht gut ab.

4. Norwegen (209,9 Punkte)

Auch was die wirtschaftlichen Chancen angeht, schneiden die norwegischen Frauen gut ab: Im Gender Pay Gap Index 2020 erreichen sie einen Wert von 0,8442. Daher hat das skandinavische Land 83,3 Punkten erhalten, was dem sechsten Platz in dieser Kategorie entspricht.Wenn man bedenkt, dass Norwegen das Land mit der größten Geschlechtergleichheit in der Welt ist, sollte es nicht überraschen, dass es das beste europäische Land ist, wenn es darum geht, Frauen Führungspositionen anzubieten. Die Analyse zeigt, dass ein Viertel der CEO- oder Führungspositionen im Land von Frauen besetzt sind (24,8 Prozent).

Doch obwohl Norwegen eines der egalitärsten Länder Europas ist, hat es eines der schlechtesten Mutterschutzpakete überhaupt. Es bietet Müttern 94 Prozent ihres vollen Gehalts während des Mutterschaftsurlaubs, aber das Land offeriert nur 13 Wochen bezahlten Urlaub (19 Tage), was zu den schlechtesten der Welt gehört. Infolgedessen erhielt das Land eine mittelmäßige Bewertung von 26,6 von 100 möglichen Punkten.

4. Slowakei (209,9 Punkte)

Zusammen mit Norwegen liegt die Slowakei auf dem vierten Platz, wenn es um das beste Arbeitsumfeld für Frauen geht. Das mitteleuropäische Land belegt den dritten und fünften Platz beim Mutterschutz und bei Frauen in Führungspositionen. Da drei Viertel des Lohns einer Mutter während des Mutterschaftsurlaubs gezahlt werden und 19,75 Prozent der slowakischen Frauen Führungspositionen innehaben, erhält das Land 93,3 bzw. 83,3 Punkte. Allerdings schneidet die Slowakei nicht so gut ab, wenn es um das geschlechtsspezifische Lohngefälle geht. Mit einem Wert von 0,718 befindet es sich unter den zehn schlechtesten europäischen Ländern im Gender Gap Index 2020 rangiert.

5. Niederlande (206,5 Punkte)

Wenn es um Geld geht, haben die niederländischen Frauen mit 93,3 Punkten einen der besten Werte für die Gleichstellung der Geschlechter und liegen damit an dritter Stelle.

Beim Mutterschutzurlaub liegen die Niederlande mit 56,5 Punkten nur knapp unter den Top 10. Das liegt daran, dass das Land zwar 100 Prozent voll bezahlten Urlaub für Eltern anbietet, aber nur 16 Wochen Mindest-Mutterschaftsurlaub (112 Tage), das sind 43,6 Wochen weniger als Bulgarien auf dem ersten Platz.

Auch bei den Führungspositionen erreichen die Niederlande 56,6 Punkte und liegen damit auf Platz 13 der 30 untersuchten europäischen Länder. 15,5 Prozent der niederländischen Frauen arbeiten in Führungspositionen, was besser ist als in den Nachbarländern Belgien (10,55 Prozent) und Deutschland (6,75 Prozent).

6. Slowenien (199,9 Punkte)

Untersuchungen zufolge können slowenische Frauen mit fairen wirtschaftlichen Beschäftigungsmöglichkeiten rechnen, was zu 80 Punkten und dem siebten Platz in unserem Index für Frauen in der Arbeitswelt führt. Auch bei der Anzahl der Frauen in Führungspositionen liegt Slowenien auf dem achten Platz: 17,3 Prozent der Frauen haben die Position eines CEO oder einer Führungskraft inne.

Obwohl Müttern für die Wochen, in denen sie Mutterschaftsurlaub nehmen, ihr volles Gehalt gezahlt wird, gewährt Slowenien nur 15 Wochen bezahlten Urlaub – 105 Tage. Damit liegt das Land in Sachen Mutterschutz im Mittelfeld, nämlich auf Platz 16 und erreicht 46,6 Punkte.

7. Rumänien (196,6 Punkte)

23,55 Prozent der Frauen in Rumänien bekleiden eine Führungsposition, was den zweiten Platz unter den 30 untersuchten europäischen Ländern bedeutet und einen beeindruckenden Wert von 96,6 Punkten im Index ergibt. Das benachbarte Bulgarien rangiert ebenfalls unter den ersten fünf Ländern, was darauf hindeutet, dass die osteuropäischen Länder zu den besten Ländern gehören, wenn es um die Förderung von Frauen in CEO- oder Führungspositionen geht.

Wenn es jedoch um wirtschaftliche Chancen und Mutterschutz geht, liegen die rumänischen Frauen mit jeweils 50 Punkten im Mittelfeld der untersuchten europäischen Länder (Platz 15).

8. Italien (179,9 Punkte)

Italienische Frauen haben von allen 30 untersuchten europäischen Ländern die besten wirtschaftlichen Chancen, wenn man die Lohngleichheit bei vergleichbarer Arbeit und das geschätzte Einkommen berücksichtigt. Infolgedessen erhielt Italien in dem Index 100 Punkte und steht damit an erster Stelle.

Auch beim Mutterschutz rangiert Italien unter den Top 10 (Platz 8). Das Land bietet Frauen 80 Prozent Lohnfortzahlung während des Urlaubs und einen der längsten Mindest-Mutterschaftsurlaube der Welt (21,7 Wochen bzw. 151 Tage). Was die Gleichstellung der Geschlechter angeht, muss Italien jedoch noch mehr tun. Nur 6,55 Prozent der Frauen in Italien sind in Führungsposition tätig – der drittniedrigste Wert aller 30 untersuchten Länder.

9. Lettland (166,6 Punkte)

Lettland hat die fünftbesten wirtschaftlichen Chancen für Frauen und wurde im Global Gender Pay Gap Index 2020 mit einem Wert von 0,785 bewertet, was einen beeindruckenden Wert von 86,6 Punkten ergibt. Wenn es jedoch um Frauen in Führungspositionen und um den Mutterschutz geht, könnte Lettland besser abschneiden. Da 14,45 Prozent der Frauen als Geschäftsführerin oder leitende Angestellte eingestuft sind und das Land Müttern 80 Prozent ihres Lohns für nur 16 Wochen (112 Tage) zahlt, hat das Land 50 Punkte für seine Führungsqualitäten (15.) und 30 Punkte für seine Mutterschaftsleistungen (21.) erhalten.

10. Schweden (166,5 Punkte)

Das Land schneidet am besten ab, wenn es um Führungspositionen geht, denn 18,45 Prozent der schwedischen Frauen haben Machtpositionen inne (Vorstandsvorsitzende oder leitende Angestellte) und konnte damit 76,6 Punkte und den siebten Platz erreichen. Auch bei den wirtschaftlichen Möglichkeiten liegt Schweden unter den Top 10 und erreicht mit 73,3 Punkten den achten Platz. Allerdings lassen die Mutterschutze sehr zu wünschen übrig. Schweden zahlt 77 Prozent des vollen Lohns einer Mutter während des Mutterschaftsurlaubs, der oft nur 12,9 Wochen (90,3 Tage) beträgt.

Türkei bietet erwerbstätigen Frauen das schlechteste Arbeitsumfeld

Im Folgenden werden die Länder im Einzelnen betrachtet, die es Frauen in der Arbeitswelt besonders schwer machen.

1. Türkei (39,9 Punkte)

Das Schlusslicht in dem Reboot-Index für Frauen in der Arbeitswelt bildet die Türkei mit einem mittelmäßigen Ergebnis von 39,9 Punkten. Zum Vergleich: Das sind satte 196,7 Punkte weniger als Bulgarien auf dem ersten Platz!

Was die Lohngleichheit und das geschätzte Einkommen im Vergleich zu Männern angeht, gehört die Türkei zu den Schlusslichtern in Europa. In der Rangliste des Global Gender Gap Index 2020 hat die Türkei den niedrigsten Wert aller 30 Länder (0,635), was zu einem Ergebnis von nur 6,6 Punkten (Platz 28) für die wirtschaftlichen Chancen führt.

Türkische Frauen werden auch diskriminiert, wenn es um Führungspositionen und Mutterschaft geht, denn nur 7,15 Prozent der erwerbstätigen Frauen befinden in Führungspositionen und Frauen erhalten während ihres Mutterschaftsurlaubs von 16 Wochen (112 Tagen) lediglich 66 Prozent ihres vollen Lohns.

2. Portugal (69,9 Punkte)

Obwohl Portugal 30 Punkte mehr als die Türkei erreicht hat, gehört es ebenfalls zu den zehn Schlusslichtern in unserem Index. Es ist das schlechteste Land, wenn es um Mutterschaftsurlaub geht, und liegt in der Studie auf Platz 30. Obwohl portugiesische Frauen voll bezahlten Urlaub erhalten, haben sie den kürzesten Mindestmutterschaftsurlaub der Welt – nur sechs Wochen (42 Tage!).

Portugal schneidet etwas besser ab, wenn es um Führungspositionen und wirtschaftliche Chancen für Frauen am Arbeitsplatz geht: 10,8 Prozent der Frauen haben Machtpositionen am Arbeitsplatz inne (CEO- oder Executive-Ebene) und liegen im Mittelfeld, wenn es um Lohngleichheit und geschätztes Einkommen geht.

3. Österreich (72 Punkte)

Das Land mit den drittschlechtesten Chancen für Frauen ist Österreich, das im Index für berufstätige Frauen nur 73,2 Punkte erreicht. Im Vergleich zu den 30 anderen europäischen Ländern, die in der Studie untersucht worden sind, wird deutlich, dass österreichische Frauen diskriminiert werden, wenn es um Führungspositionen geht. Nur 5,35 Prozent der CEO- oder Executive-Positionen sind dort mit Frauen besetzt sind.

4. Luxemburg (80 Punkte)

Luxemburg liegt sowohl bei den wirtschaftlichen Chancen als auch bei den Frauen in Führungspositionen auf dem letzten Platz, nachdem beide Aspekte im Index mit null Punkten bewertet wurden. Obwohl Luxemburg zu den kleinsten Ländern Europas gehört, hat es den schlechtesten Prozentsatz an Frauen in Führungspositionen – nur 2,1 Prozent.

Mit 80 Punkten und dem siebten Platz für sein Mutterschutz kann das Land jedoch ein wenig aufholen. Luxemburg zahlt den Müttern während des Mutterschaftsurlaubs nicht nur den vollen Lohn, sondern bietet auch eine der längsten Mindestfristen für den Mutterschaftsurlaub (20 Wochen bzw. 140 Tage).

5. Deutschland (90 Punkte)

Der Index für Frauen in der Arbeitswelt vergab jeweils 40 Punkte für wirtschaftliche Chancen und für den Mutterschutz, wodurch Deutschland auf Position 18 von 30 rangiert. Es ist bemerkenswert, dass Deutschland zwar zu den elf europäischen Ländern gehört, die 100 Prozent Mutterschaftsgeld anbieten, diese bezahlte Zeit aber nur 14 Wochen (98 Tage) dauert – eine der niedrigsten weltweit.

Deutsche Frauen haben es zudem schwer, eine Frau in Führungsposition zu sein, denn nur 6,75 Prozent der Frauen sind in einer CEO- oder Executive-Position beschäftigt – der viertniedrigste Wert aller 30 untersuchten Länder.

Ich lasse die Länder einfach mal so stehen, wer etwas dazu anmerken kann, der schreibe es bitte in den Kommentaren.

Bei Deutschland klingt es so als hätten sie nur den Mutterschutz bedacht, aber nicht die Elternzeit.

Zwei­tes Füh­rungs­po­si­tio­nen­ge­set­zes (FüPoG II)

Wie Arne auch schon berichtete gilt seit dem 12.08.2021 das zwei­te Füh­rungs­po­si­tio­nen­ge­set­zes (FüPoG II)

Aus der Pressemitteilung des BMFSFJ

Die wichtigsten Regelungen des FüPoG II im Überblick

Privatwirtschaft:
Für die Privatwirtschaft werden ein Mindestbeteiligungsgebot für große Vorstände und verpflichtende Regelungen zu Zielgrößen und Berichtspflichten eingeführt. So soll die Wirksamkeit des Gesetzes in der Privatwirtschaft verbessert und der Anteil von Frauen an Führungspositionen weiter gesteigert werden. Konkret heißt das: Besteht der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern, so muss er künftig mit mindestens einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein. Das Mindestbeteiligungsgebot für den Vorstand gilt bei Bestellungen, die ab dem 1. August 2022 erfolgen. Wann in den jeweiligen Unternehmen die Besetzung eines Vorstandspostens ansteht, ist eine Frage des Einzelfalls. Bestehende Mandate können bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden.

„Mehr als drei Mitglieder“ würde dann ja bedeuten, dass man ab 4 mindestens eine Frau dabei haben muss. Das gilt ab August 2022, also mit etwa einem Jahr Übergangszeit. Es ist relativ zurückhaltend gehalten, aber sicherlich wird es irgendwann zu einer Klage dagegen kommen.

Außerdem muss die Festlegung der Zielgröße Null für den Vorstand, für die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und für den Aufsichtsrat künftig begründet werden. Im Handelsbilanzrecht werden jeweils entsprechende Berichtspflichten eingeführt. Mit der Zielgröße setzen sich Unternehmen selbst Ziele für den künftig vorgesehenen Frauenanteil.

Ich hatte zu der Begründungspflicht bereits etwas geschrieben:

„Die Firma X AG ist stets bemüht hochqualifizierte Personen für sich zu bewerben um ihre einzigartigen Leistungen weiterhin verbessern zu können. Sie möchte sich nicht über eine Quote binden Männer oder Frauen einstellen zu müssen, wenn auf dem Markt für eine bestimmte Stelle gerade die qualifizierteste Person ein anderes Geschlecht hat. Sie möchte auch nicht angeworbene Personen dem Ruf aussetzen, dass sie lediglich zur Wahrung einer Quote auf diese Stelle gesetzt worden sind. Die Firma X AG ist der Auffassung, dass besonders qualifizierte Mitarbeiter jedes Geschlecht, jede Nationalität und jede Hautfarbe oder Religion haben können. Sie hat ihren Bewerbungsprozess darauf ausgerichtet, dass dies sichergestellt wird und wird sicherstellen, dass dies auch in dem Auswahlprozess der Fall war. Aufgrund dieser hohen Selbstverpflichtung im Auswahlprozess und der Möglichkeit für den Bewerber diese zudem jederzeit durch deutsche Gerichte auf Benachteiligung überprüfen lassen zu können sieht die Firma X AG die Rechte der Männer und Frauen hinreichend gewahrt an und ist zuversichtlich, dass bei einer Stellenbesetzung das Geschlecht keine Rolle spielen wird

Die Regelung sieht nunmehr vor, dass die Erwägungen ausführlich dargelegt werden müssen. Dazu reicht mein Text vielleicht nicht aus, aber das kann man ja nachholen.

Zugleich wird der Sanktionsmechanismus bei Verletzung von Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Festlegung von Zielgrößen verbessert. Bei Verstößen droht ein empfindliches Bußgeld.

Die konkrete Norm habe ich gerade nicht gefunden, Aber wenn man es auf Null setzt sollte eigentlich immer der gleiche Bericht zur Umsetzung ausreichen, ggfs mit einer Übererfüllung.

Das Gesetz schafft zudem die Möglichkeit für Geschäftsleitungsmitglieder, bei Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit und Pflege eines Familienangehörigen eine „Auszeit“ zu nehmen. Den Geschäftsleitungsmitgliedern wird ein Recht auf Widerruf der Bestellung für bestimmte Zeiträume eingeräumt; nach der „Auszeit“ besteht ein Anspruch auf erneute Bestellung als Geschäftsleitungsmitglied. In den Fällen des Mutterschutzes muss der Aufsichtsrat die „Auszeit“ gewähren, ohne dass es einer Abwägung bedarf oder dem Verlangen ein wichtiger Grund entgegengehalten werden kann. Die Regelung dient der besseren Vereinbarkeit von Spitzenjob und Familie und verhindert, dass Karrieren darunter leiden, wenn Frauen in Mutterschutz oder Männer in Elternzeit gehen oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern.

Über den Mütterschutz in Gesellschaften wie AGs oder Gmbhs hatte ich bereits einen Artikel:

Ein Amt, dass auf fünf Jahre vergeben wird ist eben nicht kompatibel mit einer Elternzeit.

Man würde wohl auch beispielsweise wenig Verständnis haben, wenn eine Bundeskanzlerin erklären würde, dass sie jetzt erst einmal eine Elternzeit nimmt. Ein Vorstand einer Aktiengesellschaft ist in der Hinsicht nichts anderes.
Natürlich könnte man anführen, dass ein Vorstand ja aus mehreren Personen bestehen kann und das die anderen Vorstandsmitglieder dann eben in der Zeit vertreten. Dann hätte man letztendlich aber jemanden im Vorstand, der keine Arbeit macht und nur pro Forma im Vorstand ist. Dazu ist aber gerade der Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht da.

So wie ich es sehe ist es dem Aufsichtsrat natürlich ungenommen sie nicht abzuberufen. Sie hat dann eben nur die volle Haftung. Genauso könnte der Aufsichtsrat, wenn er von ihr überzeugt ist, sie nach der Elternzeit wieder in den Vorstand berufen.

Der Aufsichtsrat müsste sich aber so oder so auch vor den Aktionären verantworten, wenn er nicht handelt.

Der Fall ist aus meiner Sicht ein gutes Beispiel dafür, dass es an der Spitze rau zugeht und keineswegs alles nur Einstreichen der hohen Vorstandsbezüge ist. Man erwartet eben, dass der Vorstand einer AG für diese vollberuflich im Einsatz ist und diese letztendlich wie ein Selbständiger ein eigenes Unternehmen führt, in dem er selbst und ständig arbeitet.

Also Mutterschutz, Elternzeit und Pflege eines Angehörigen.

Hier die Vorschrift aus dem Aktienrecht (§ 84 AktG):

(1) 1Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. 2Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. 3Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. 4Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. 5Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt.

(2) Werden mehrere Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt, so kann der Aufsichtsrat ein Mitglied zum Vorsitzenden des Vorstands ernennen.

(3) 1Ein Mitglied eines Vorstands, der aus mehreren Personen besteht, hat das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf seiner Bestellung zu ersuchen, wenn es wegen Mutterschutz, Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit seinen mit der Bestellung verbundenen Pflichten vorübergehend nicht nachkommen kann.

Also anscheinend nur bei einem Vorstand, der aus mehreren Personen besteht. Wobei das bei Aktiengesellschaften mit mehr als drei Millionen Kapitalisierung ohnehin der Fall sein muss.

2Macht ein Vorstandsmitglied von diesem Recht Gebrauch, muss der Aufsichtsrat die Bestellung dieses Vorstandsmitglieds

1.
im Fall des Mutterschutzes widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach Ablauf des Zeitraums der in § 3 Absatz 1 und 2 des Mutterschutzgesetzes genannten Schutzfristen zusichern,

Das wären also 6 Wochen vorher und 8 Wochen nach der Geburt

Sie wäre dann abgerufen, also erst einmal nicht mehr verantwortlich, und würde dann später wieder einsteigen.

2.
in den Fällen der Elternzeit, der Pflege eines Familienangehörigen oder der Krankheit widerrufen und dabei die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des Vorstandsmitglieds zusichern; der Aufsichtsrat kann von dem Widerruf der Bestellung absehen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Also zur Pflege eines Familienangehörigen 3 Monate.

3In den in Satz 2 Nummer 2 genannten Fällen kann der Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandsmitglieds auf dessen Verlangen mit Zusicherung der Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten widerrufen. 4Das vorgesehene Ende der vorherigen Amtszeit bleibt auch als Ende der Amtszeit nach der Wiederbestellung bestehen. 5Im Übrigen bleiben die Regelungen des Absatzes 1 unberührt. 6Die Vorgabe des § 76 Absatz 2 Satz 2, dass der Vorstand aus mindestens zwei Personen zu bestehen hat, gilt während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 auch dann als erfüllt, wenn diese Vorgabe ohne den Widerruf eingehalten wäre. 7Ein Unterschreiten der in der Satzung festgelegten Mindestzahl an Vorstandsmitgliedern ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 unbeachtlich. 8§ 76 Absatz 3a und § 393a Absatz 2 Nummer 1 finden auf Bestellungen während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 keine Anwendung, wenn das Beteiligungsgebot ohne den Widerruf eingehalten wäre. 9§ 88 ist während des Zeitraums nach den Sätzen 2 oder 3 entsprechend anzuwenden.

Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes:

Für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes gilt – unabhängig von Börsennotierung und Mitbestimmung – bereits bei mehr als zwei Mitgliedern im Geschäftsführungsorgan eine Mindestbeteiligung von je einer Frau und einem Mann.
Außerdem wird die feste Quote von mindestens 30 Prozent Frauenanteil auf die Aufsichtsräte dieser Unternehmen übertragen. Der Bund setzt sich also in gut 100 Unternehmen mit dem FüPoG II strengere Vorgaben als für die Privatwirtschaft.
Die Mindestbeteiligung gilt ab sofort auch für die Leitungsorgane der Körperschaften im Bereich der Sozialversicherung: mehrköpfige Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen, die Geschäftsführungen der Renten- und Unfallversicherungsträger, das Direktorium der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit.

Das dürfte dann auch Männern den Aufstieg für einige Zeit stark erschweren, wenn die Quote erfüllt werden muss.

Öffentlicher Dienst:
Auch die Regelungen für den öffentlichen Dienst werden im FüPoG II weiterentwickelt und geschärft:

Bis Ende 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen erreichen – also annähernd Parität auf allen Führungsebenen: Diese Ziel wird für die Bundesverwaltung im Bundesgleichstellungsgesetz gesetzlich verankert.
Die Vorgaben des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG) werden auf Aufsichtsgremien und wesentliche Gremien ausgeweitet, bei denen der Bund nur zwei Mitglieder bestimmen kann.
Daneben werden Gleichstellungsbeauftragte, Gleichstellungspläne sowie Gleichstellungsaspekte bei der Digitalisierung in der Bundesverwaltung gestärkt.

Auch hier: Gute Aufstiegsschancen für Frauen, schlechte für Männer

Hubert Ulrich zum Frauenstatut der Grünen und seiner Wahl auf Platz 1 der Liste

Ein interessantes Interview  mit Hubert Ulrich, der mit seiner Wahl auf Platz ein der saarländischen Landesliste trotz Frauenstatut für Ärger bei den Grünen sorgt (via Pfundevogel):

WELT: Herr Ulrich, in einem Schreiben von Landesgeschäftsführer Michael Kellner an den Landesvorstand heißt es, Sie sollen auf Ihren Listenplatz 1 verzichten und eine Neuaufstellung der Liste ermöglichen. Sie weigern sich. Warum?

Hubert Ulrich: Warum sollte ich? Das ist eine von den Delegierten gewählte Landesliste. Die bisherige Landesvorsitzende Tina Schöpfer ist von den Delegierten dreimal nacheinander deutlich nicht gewählt worden. Ich hingegen bin mit einer klaren Mehrheit nominiert worden, Jeanne Dillschneider hat als Gegenkandidatin deutlich weniger Stimmen erhalten. Schöpfer hatte sich nicht vernetzt, hat ihre Kandidatur im Vorfeld nicht mit den wesentlichen Ortsverbänden besprochen, sondern per Presseerklärung verkündet. Das wurde breit in der Partei diskutiert. Sie ist angetreten, obwohl ihre Kandidatur von vielen Ortsverbänden nicht getragen wurde.

Durchaus eine verständliche Sicht. Aber auch ein interessanter Einblick, welche Macht die Frauenquote auf der einen Seite bringt und wie „faul“ sie macht. Anscheinend hat die Kandidatin nicht geklärt, ob sie wirklich eine Mehrheit hat und sich auch nicht darum bemüht. Es reicht ja auch aus, wenn man keinen Gegenkandidaten hat und die einzige Frau ist, die für den Posten kandidiert, wenn man man davon ausgeht, dass keiner so frech sein wird jemand anderes als eine Frau auf diese Position zu wählen.

Es macht die Wahl dann noch viel undemokratischer und es ist auch interessant als Beispiel dafür, wie Frauen Konkurrenz ausleben und Konfrontation meiden. Wenn es tatsächlich bekannt war, dass sie bei wesentlichen Ortsverbänden nicht gut ankommt, dann hätte sich da ja durchaus eine weibliche Kandidatin nach vorne wagen könnne.

Es kann natürlich auch gemeint sein, dass sie mit seinem Ortsverband nicht zurecht kam, weil nur mit einem Platz für den Bundestag gerechnet wird und er den eben selbst haben wollte.

WELT: Aber für Ihre Wahl wurde die Pflicht, eine Frau auf Platz 1 zu stellen, aufgehoben.

Ulrich: Die Frauen haben das demokratisch mitentschieden. Es gab eine Mehrheit unter den Frauen, dass der Platz nach Bundesfrauenstatut geöffnet werden soll.

Auch das ein durchaus wichtiger Punkt, der gerne untergeht (wenn er denn richtig ist): Hier haben die Frauen ebenso nicht für die Frau gestimmt und die Frauen hätten nach dem Frauenstatut meines Wissens nach sogar noch ein Vetorecht gehabt, welches sie nicht ausgeübt haben und über welches sie wohl noch nicht einmal abstimmen wollten.

WELT: Kellner spricht von einem „Debakel“, sie sollen ihren Platz räumen. Annalena Baerbock drückte ebenfalls ihr Missfallen über die Wahl aus, sie sagte: „Wir haben uns das anders gewünscht“. Was empfinden Sie dabei?

Ulrich: Das schockiert mich. Das ist ein unglaublicher Vorgang, ins Bundeswahlrecht und in die Wahl von unabhängigen Landesverbänden einzugreifen. Das ist undemokratisch. Ich kritisiere auch Annalena Baerbock. Das ist nicht zulässig. Ich trage ihre Politik mit, aber nicht an dieser Stelle. Man kann doch einem Landesverband nicht vorschreiben, wen er zu wählen hat. Jetzt wird es als unerlaubte Handlung dargestellt, wenn eine Frau nicht gewählt wird, die offenkundig von ihrem Landesverband nicht getragen wird. Ich bin seit 40 Jahren in der Partei, aber was der Bundesvorstand da macht, habe ich noch nicht erlebt. Bei Boris Palmer gab es wenigstens eine inhaltliche Kontroverse, aber hier ist es ja durch nichts inhaltlich begründet. Auch Palmer, gegen den ja sogar ein Parteiausschlussverfahren läuft, wird von Berlin aus stark unter Druck gesetzt, das fand ich auch überzogen.

Ich denke mal hier bereitet er seine Bühne etwas vor, denn genau das könnte ja problematisch für die Grünen werden: Wenn die Wahl eines Mannes unmöglich ist, dann ist die Klausel eher unwirksam oder jedenfalls schwerer politisch zu verteidigen. Die Grünen müssen sich da überlegen, wie sie sich darstellen, sie stehen jetzt schon bezüglich der Befähigungen der „Quotenfrauen“ nicht so gut dar, wenn man jetzt jede Frau wählen muss, auch solche, die sich anscheinend nicht um Mehrheiten bemühen, dann wirkt das auf den Wähler sicherlich nicht sehr vertrauenserweckend.

(…)

WELT: Halten Sie das Frauenstatut, dass immer eine Frau auf ungeraden Plätzen gewählt werden soll, für falsch? Oder für Männer diskriminierend?

Ulrich: Nein, es ist nicht falsch. Aber das Bundesfrauenstatut ist ja eingehalten worden. Eine Frau ist dreimal nicht gewählt worden. Dann entscheidet die Wahlversammlung, wie es weitergeht. Das hat sie getan. Aber man kann schon sagen, mit dieser Regelung werden Männer diskriminiert, ja. Denn sie haben ja damit auf einige Listenplätze keinen Zugriff. Man hat eingeschränkte demokratische Rechte. Und zuvor wurde auch mit Markus Tressel in 2009, 2012 und 2017 ein Mann nominiert.

Es wäre für ihn taktisch unklug sich gegen das Frauenstatut auszusprechen, dann ist es einfacher ihn als jemanden darzustellen, der es bewußt umgehen will, während er das Bild von jemanden darstellen möchte, der sich an die Regeln hält, den Kurs generell unterstützt, nur leider war diese Frau eben die Falsche.

WELT: Erst vor Kurzem entschied das Bundesschiedsgericht, dass im Saarland auch das Bundesfrauenstatut gelten muss, zuvor war der Platz 1 offen vergeben worden.

Ulrich: Ja, aber in der Bundespolitik hat sich niemand zuvor dafür interessiert. 12 Jahre lang. Wir kriegen im Saarland, wenn wir Glück haben, einen Platz im Bundestag, den Platz 1. Das würde jetzt bedeuten, dass ein Mann keine Chance hätte.

Auch wieder ein Punkt, bei dem es ungerecht werden könnte.

WELT: Ein Vorwurf an Sie war, dass die Wahl durch viele neue Mitglieder manipuliert wurde. Ein Schatzmeister hatte 2007 einmal behauptet, 20 Prozent der Mitglieder in Ihrem Ortsverband zahlten keine Beiträge.

Ulrich: Wie soll denn eine Manipulation funktionieren? Das sind von einer Vielzahl von unabhängigen Menschen geheim gewählte Delegierte, die von ihren Verbänden im ganzen Land entsandt werden. Das ist nicht zu manipulieren. Hintergrund ist, dass unser Ortsverband Saarlouis stark gewachsen ist, von 450 auf 700 Mitglieder in drei Jahren. Das hängt aber mit der Mitgliederentwicklung der Grünen insgesamt zusammen und hat mit dem Kampf gegen ein umstrittenes Industriegebiet zu tun. Deshalb kamen viele Menschen hinzu. Jede Partei versucht doch, Mitglieder zu gewinnen. Jetzt wird uns hier Leistung vorgeworfen. Und: 95 Prozent unserer Mitglieder zahlen Beiträge.

Er, der redliche Kämpfer für die gute Sache. Und die anderen, die ihn einfach nur mit falschen Angaben runter ziehen wollen.

WELT: Sie wurden mit 95 Stimmen gewählt. Wie viele Delegierte kamen beim Parteitag aus Ihrem Ortsverband?

Ulrich: 54 Delegierte, wir sind der stärkste Ortsverband, schon immer, und stellen rund ein Drittel der Delegierten. Ich bin aber auch wahrscheinlich nicht von allen Delegierten aus Saarlouis gewählt worden. Gegner hat man immer. Ich wurde aber von Delegierten im gesamten Landesverband unterstützt.

WELT: Außerdem wurde ihnen vorgeworfen, sie seien ein „Egoist“.

Ulrich: Ein Egoist? Dann ist jeder, der kandidiert, ein Egoist. Ich habe mich einfach zur Wahl gestellt. Ist denn schon eine Kandidatur ein Egotrip?

Er hält seinen Frame sehr sauber. Jemand der einfach das macht, was man in einer Demokratie ja nun einmal machen soll: Sie zur Wahl stellen und gewählt werden. Von einer breiten Masse der Partei.

WELT: Das „Grüne Bündnis Saar“, das sich aus zehn Orts- und zwei Kreisverbänden neuformiert hat, sieht in Ihrer Wahl ein „rücksichtsloses Hinwegsetzen über das Frauenstatut“, das nicht hinnehmbar sei. Das Bündnis rief das Schiedsgericht an, um die Wahl für ungültig erklären zu lassen.

Ulrich: Wie gesagt, das Frauenstatut wurde eingehalten. Das sind die Unterlegenen, die sich nun zusammengeschlossen haben, sie akzeptieren eine demokratische Wahl nicht. Das Schiedsgericht wurde auch aus anderen Gründen angerufen. Es muss geklärt werden, ob zwei Delegierte von den Grünen Senioren und der Grünen Jugend mitstimmen durften. Es muss von Juristen geprüft werden, ob unsere Satzung stimmt. Die Schiedsgerichte müssen jetzt entscheiden.

Das könnte durchaus interessant werden. Zumal die Grünen da das Risiko haben sich selbst erheblich zu beschädigen. .

Wer Gleichberechtigung möchte, sollte Paritätsgesetze ablehnen

Ein Gastbeitrag von Titiat Scriptor

Als der Feminismus noch in seiner zweiten Welle über die westlichen Gesellschaften rollte, begleitete ihn die – grundsätzlich nachvollziehbare – Hoffnung, dass der Abbau verschiedener Benachteiligungsstrukturen auch bei den zählbaren Ergebnissen zu mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern führen würde. Jahrzehnte später ist klar, dass es so nicht gekommen ist. Die unabweisbare Tatsache ist: Frauen sind in vielen gesellschaftlichen Schlüsselrollen damals wie heute eine Minderheit. Sie stellen 31 Prozent der Bundestagsabgeordneten, besetzen 25 Prozent der Universitätslehrstühle und 10 Prozent der Vorstandspositionen in deutschen Unternehmen.
Frauenquoten sind seit langem eines der schärfsten (und umstrittensten) politischen Instrumente, um solche hartnäckigen Ungleichverteilungen aufzubrechen. Seit den 1980ern sollte „die Quote“ bei den verschiedensten Personalentscheidungen für mehr Gerechtigkeit sorgen. Zuletzt ist in die Quotendebatte wieder mehr Bewegung gekommen. Parität heißt das Schlagwort, unter dem Fragen gerechter Geschlechterverteilungen zunehmend forciert werden. Die Paritätsidee ist dabei keineswegs neu. Die Grünen, um nur ein Beispiel zu nennen, arbeiten seit Jahrzehnten mit einer Selbstverpflichtung zur paritätischen Verteilung von Ämtern und Mandaten.
Vergleichsweise neu ist aber die Forderung, Parität in gesellschaftlichen Schlüsselbereichen für alle verbindlich per Gesetz zu erzwingen. Erst im August kippte das Thüringer Landesverfassungsgericht einen Gesetzesentwurf, der paritätische Wahllisten für alle Parteien verbindlich etablieren sollte. Aktuell wird in Brandenburg über eine ähnliche Regelung verhandelt. Auch auf der großen Bühne, für den Bundestag, werden parteiübergreifend Rufe nach Parität lauter. Selbst die Bundeskanzlerin hat ihre Unterstützung dafür zugesagt. Auf den ersten Blick ist Parität nur eine weitere Quotenregelung. Gleiche Repräsentation von Männern und Frauen ist numerisch schließlich nichts anderes als eine Frauenquote von 50 Prozent.

Und dennoch – einen fundamentalen Unterschied gibt es: Quoten enthalten normalerweise keine Annahme darüber, wie sich ein Geschlechtergleichgewicht ausbalancieren würde, wenn es keinerlei Benachteiligung gäbe. Anders gesagt: Die gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent für DAX-Vorstände basiert nicht auf der Idee, dass 70 zu 30 so etwas wie ein natürliches Geschlechtergleichgewicht im Spitzenmanagement wäre. Quoten dieser Art sind eher ein Brecheisen: Sie sollen verkrustete Strukturen einreißen und Veränderungsprozesse auslösen.

Ganz anders die Logik der Parität. 50/50 ist hier kein Zwischenschritt, kein Mittel für den guten Zweck, sondern die exakte Quantifizierung einer Gerechtigkeitsidee: Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung, also soll auch die Hälfte der wichtigen Positionen weiblich besetzt sein. Im Gegensatz zur Quote wird Parität von der Annahme getragen, dass fifty-fifty in einer wirklich geschlechtsneutralen, egalitären Gesellschaft der natürliche Zustand wäre. Das mag logisch klingen, ist aber im Grunde eine radikale Idee. Ihr Kern ist die Prämisse, dass Männer und Frauen quasi identisch sind. Sie haben dieselben Interessen, dieselben Präferenzen, dieselben Bedürfnisse. Lässt man diese Annahme weg, ergeben Forderungen nach Parität keinen Sinn. 50/50 wäre weder notwendig noch gerecht, wenn auf jede Frau, die DAX-Vorstand werden möchte, 8 Männer mit demselben Ziel kämen. Wer Parität sagt, postuliert deshalb – bewusst oder unbewusst – die essenzielle Gleichheit von Mann und Frau. Es gibt ein Problem mit dieser Prämisse: Sie ist falsch. Die psychologische und sozialwissenschaftliche Forschung von Jahrzehnten zeigt, dass sich Männer und Frauen in zentralen Aspekten unterscheiden. Als Gruppen haben Männer und Frauen im Durchschnitt anders ausgeprägte Persönlichkeitsstrukturen und andere Präferenzen. Natürlich können einzelne Männer und Frauen radikal von diesen Durchschnittswerten abweichen, aber insgesamt, auf die gesamte männliche und weibliche Bevölkerung bezogen, ist die These von der essenziellen Gleichheit der Geschlechter falsch.

Das ist dann auch die Grundproblematik der Paritätsidee: Wenn Männer und Frauen im Schnitt nicht dasselbe wollen, dann ist 50/50 im besten Fall nicht zielführend. Im schlechtesten Fall erzeugt ein gesetzlicher Paritätszwang selbst künstliche Verzerrungen freier gesellschaftlicher Verteilungsprozesse. Damit ist niemandem geholfen. Wie unterschiedliche Interessen der Paritätslogik zuwiderlaufen, lässt sich am Beispiel der MINT-Berufe anschaulich machen. Für Anhänger der Parität waren Statistiken zu Frauenanteilen in MINT-Berufen noch nie ein Grund zur Freude. Die Bundesagentur für Arbeit berechnet auch für 2019 ein enormes Ungleichgewicht: 81 Prozent der Angestellten in Ingenieurberufen sind männlich, 83 Prozent in der Informatik, 85 Prozent in Technikberufen. Branchenübergreifend steht auch nach Jahrzehnten der Frauenförderung im MINT-Sektor das ernüchternde Ergebnis: 84 Prozent Männer, 16 Prozent Frauen.

Auf der Suche nach möglichen Ursachen für diese Ungleichheiten stößt man bald auf einen der zentralen psychologischen Geschlechtsunterschiede: Männer (als Gruppe) interessieren sich im Schnitt mehr für Dinge und abstrakte Systeme, Frauen (als Gruppe) interessieren sich im Schnitt mehr für Menschen und zwischenmenschliche Beziehungen. Solche Unterschiede sind konsistent und sehr groß – viel größer etwa als Unterschiede in grundlegenden Persönlichkeitsmerkmalen (DOI: 10.1111/j.1751-9004.2010.00320.x).
Die Annahme, dass es einen Zusammenhang zwischen persönlichen Präferenzen und beruflicher Orientierung gibt, ist nicht sonderlich gewagt. Wer sich gerne mit anderen
Menschen und deren Bedürfnissen auseinandersetzt, wird eher nicht Fachinformatiker. Und wer eine Leidenschaft für abstrakte Systeme und komplexe Objekte mitbringt, wird eher nicht Sozialpädagoge. Nachvollziehbar also, dass dem Männerüberschuss im MINT-Sektor ein ebenso ausgeprägtes, aber umgekehrtes Ungleichgewicht in sozialen Berufen entgegensteht: Frauenanteil 84 Prozent.

Der Zusammenhang zwischen geschlechtstypischen Interessen und beruflichen Entscheidungen ist vielfach auch formal nachgewiesen. Nur ein Beispiel: Eine Serie von 15 Studien mit rund 7500 männlichen und weiblichen Probanden bestätigt nicht nur die oben beschriebenen Interessensunterschiede, es lässt sich anhand dieser Präferenzen auch mit guter Zuverlässigkeit vorhersagen, welche Studienfächer Männer und Frauen tatsächlich wählen (DOI: 10.1177/1948550612444320).

Andere Experimente zeigen, dass sich solche geschlechtstypischen Präferenzen schon im Spielverhalten von Kindern nachweisen lassen. Eine Studie untersucht zum Beispiel, mit welchen Spielzeugen Kinder zwischen 9 und 32 Lebensmonaten am liebsten spielen. In allen Fällen gehen die Ergebnisse in dieselbe Richtung: Jungs bevorzugen tendenziell Spielzeuge, die ihr Interesse an Dingen spiegeln, zum Beispiel Autos. Mädchen bevorzugen tendenziell soziale Spielzeuge, die ihr Interesse an Personen spiegeln, zum Beispiel Puppen (DOI:10.1002/icd.1986).

An dieser Stelle ließe sich mit einiger Berechtigung einwenden, dass solche Präferenzen keinen signifikanten biologischen Ursprung haben müssen, sondern auch über kulturbedingte Umwelteinflüsse und Sozialisierung entstehen können. Tatsächlich gibt es für die prägende Rolle von Kultur und Erziehung viele empirische Belege. Dafür spricht zum Beispiel, dass in der oben genannten Studie die Präferenzen für geschlechtstypische Spielzeuge mit steigendem Alter der Kinder größer werden, also mit wachsendem Bewusstsein für das eigene Geschlecht positiv korrelieren. Eine andere Studie zeigt, dass Mädchen eher mit jungentypischem Spielzeug spielen, wenn es vorher rosa eingefärbt wurde. Oder wenn man den Mädchen vor dem Spielen erzählt, es handele sich um ein Spielzeug für Mädchen. Derselbe Effekt – mit umgekehrten Vorzeichen – gilt auch für Jungen (DOI: 10.1016/j.appdev.2014.06.004).

Und trotzdem: Aus der Tatsache, dass Interessensunterschiede mit großer Sicherheit kulturell mitbedingt werden, lässt sich kein Argument pro Parität ableiten. Zu deutlich zeigt die Forschungslage, dass geschlechtstypische Präferenzen zur grundlegenden menschlichen Hardware gehören, also angeboren sind. Geschlechterunterschiede haben eine biologische Basis. Dafür spricht nicht zuletzt, dass entsprechende Unterschiede konsistent, kulturübergreifend und über lange Zeit stabil beobachtet werden können (DOI: 10.1111/j.1751-9004.2010.00320.x).

Zum anderen lassen sich Unterschiede – wie die oben beschriebene Studie zeigt – bereits bei Kindern feststellen, die für nennenswerte Sozialisierung zu jung sind. Schon bei 9 Monate alten Kinder sind geschlechtstypische Präferenzen sichtbar. Kinder entwickeln aber erst mit rund 15 Monaten ein erstes Bewusstsein für das eigene Geschlecht.

Ein Experiment mit Neugeborenen in den ersten Lebenswochen unterstreicht den vorsozialen Ursprung von Geschlechtsunterschieden auf eindrucksvolle Weise. Forscher messen dabei, wie lange Neugeborene ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Objekte richten. Dabei zeigt sich, dass neugeborene Mädchen eine messbare Präferenz für Gesichter haben. Ihnen gilt mehr Aufmerksamkeit als allen anderen Objekten. Jungs konzentrierten sich im Gegensatz dazu am längsten auf Mobiles (DOI: 10.1016/S0163-6383(00)00032-1).

Weitere Hinweise stammen aus Studien, die den Einfluss pränataler Hormonproduktion auf spätere Spielpräferenzen untersuchen. Hohes pränatales Testosteron korreliert dabei positiv mit einer Präferenz für jungentypisches Spielzeug – bei beiden Geschlechtern. Hinzu kommt, dass Mädchen, deren Körper wegen einer Stoffwechselerkrankung Androgene überproduzieren, später eine ausgeprägte Präferenz für typisch männliches Spielzeug zeigen (DOI: 10.1111/j.1467-9280.2009.02279.x).

Der vielleicht überzeugendste Hinweis auf den evolutionären, kulturunabhängigen Ursprung von geschlechtstypischen Interessen stammt aber nicht aus Studien mit Kindern, sondern aus dem Tierreich. Eine Reihe von Tierexperimenten zeigt, dass sich Menschen- und Affenkinder darüber einig sind, mit welchen Spielzeugen man den meisten Spaß hat. Auch Rhesusaffen-Jungs spielen lieber mit Autos. Dass sie keine Ahnung haben, was ein Auto ist, hindert sie daran nicht. Rhesusaffen-Mädchen bevorzugen dagegen soziale Spielzeuge wie Stofftiere und Puppen (DOI: 10.1016/j.yhbeh.2008.03.008).
Auch bei Meerkatzen und Schimpansen lassen sich vergleichbare Muster beobachten. Bei Schimpansen suchen junge Weibchen viel häufiger als Männchen nach kleineren Stöcken, um mit ihnen wie mit Puppen zu spielen. Sie wiegen sie an der Brust und betten sie mitunter auch zum Schlafen in ihre Nester. Geschlechtstypische Spielpräferenzen könnten also das Ergebnis von Selektionsprozessen aus der Evolutionsgeschichte sein – Prozesse, die begannen, bevor sich die evolutionären Pfade von Menschen und Menschenaffen getrennt haben und lange bevor Kultur als Faktor überhaupt in Betracht kommt (DOI: 10.1016/j.cub.2010.11.024).

Zurückbezogen auf die Eingangsfrage nach dem Sinn oder Unsinn von Paritätsforderungen, ergibt sich aus solchen Forschungsergebnissen ein relativ belastbarer Schluss: Die Grundannahme der Paritätsverfechter hält einer nüchternen Betrachtung nicht stand. Männer und Frauen sind nicht essenziell gleich. Es gibt harte, biologische Unterschiede zwischen beiden Gruppen, die sich unter anderem in verschiedenen Präferenzen manifestieren und beeinflussen, für welche Berufe Männer und Frauen sich tendenziell entscheiden. Die Vorstellung, Geschlechtergerechtigkeit sei erst erreicht, wenn weibliche Repräsentation im Berufsleben oder in Parlamenten dem Frauenanteil in der Gesamtgesellschaft entspricht, basiert auf einer empirisch widerlegbaren Vorstellung vom Menschen als Wesen ohne Biologie.

Dass Paritätsbestrebungen auch praktisch gesehen nicht zielführend wären, wird durch eine aktuelle sozialwissenschaftliche Studie zumindest angedeutet. Untersucht wurde, ob in Ländern mit ausgeprägt egalitärer Genderpolitik der Frauenanteil in MINT-Berufen größer ist als in weniger progressiven Ländern. So müsste es sein, wenn Interessensunterschiede wesentlich von geschlechtstypischen Sozialisierungsmustern abhängen. Entgegen dieser Erwartung stellen die Autoren fest, dass in Ländern mit besonders progressiver Politik – insbesondere in den skandinavischen Gesellschaften – der Frauenanteil im MINT-Bereich nicht nur nicht größer wird, sondern sogar sinkt. Möglicherweise wird hier sichtbar, was geschieht, wenn Männer und Frauen (als Gruppe) ihre Berufe mit geringem kulturellen Erwartungsdruck und mit großer materieller Sicherheit wählen: Der Einfluss biologischer Faktoren wird maximiert. Aber nur möglicherweise, denn die Studie wurde zu Recht für ihr wenig überzeugendes Forschungsdesign kritisiert (DOI: 10.1177/0956797620904134).

Niemand weiß, wie sich Männer und Frauen unter völlig kulturunabhängigen, geschlechtsneutralen Bedingungen im MINT-Sektor ausbalancieren würden. 52 zu 48? 74 zu 26? Eine belastbare Basis für Festlegungen dieser Art existiert nicht. Eine paritätische Verteilung ist als natürliches Gleichgewicht wegen der hier beschriebenen biologischen Unterschiede aber praktisch ausgeschlossen. Paritätsgesetze sind deshalb kontraproduktiv. Daraus folgt natürlich nicht, dass wir die eingangs genannten Ungleichverteilungen einfach hinnehmen sollten. 84 zu 16 im MINT-Bereich ist mit größter Wahrscheinlichkeit auch nicht das Ergebnis unverzerrter Verteilungsprozesse. Studien zeigen deutlich, dass kulturelle Hürden Mädchen davon abhalten, MINT-Fächer zu studieren und MINT-Berufe zu ergreifen. Sie deuten auch an, dass Interventionen im sozialen Umfeld dabei helfen können, diese Hürden zu beseitigen (DOI: 10.1080/09500693.2018.1540897).

Wer möchte, dass Männer und Frauen mit minimalen kulturellen Verzerrungen ihren Interessen frei nachgehen können, sollte deshalb Paritätsforderungen ablehnen und stattdessen Maßnahmen befürworten, die für alle Menschen die gleichen Wege durchs Leben öffnen. Anders gesagt: gleiche Chancen statt gleicher Ergebnisse.

Der Autor schreibt unter dem Pseudonym @titiatscriptor auf Twitter über
sozialwissenschaftliche Themen