„Deutschland leistet sich Teilzeit auf Kosten des Wohlstands“

Ein interessanter Artikel beleuchtet Teilzeitarbeit:

Jedes zweite Unternehmen in Deutschland kann nicht so arbeiten, wie es gerne möchte. Es fehlen zu viele Fachkräfte. Unserem Land droht der Wohlstandsverlust. Woran das liegt? Vor allem am schwachen Produktivitätswachstum, antwortet KfW-Volkswirt Martin Müller in einer Analyse, die sich mit dem Fachkräftemangel beschäftigt.

Seit 2012 erhöhe sich die Produktivität je Erwerbstätigen um lediglich 0,3 Prozent, sagt Müller. Dazu kommt, dass aus dem Inland immer weniger Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Bis zum Jahr 2035 müsste die Erwerbsquote der 15- bis 64-Jährigen von derzeit 79 auf 89 Prozent steigen, um die altersbedingt aus dem Berufsleben scheidenden Fachkräfte zu kompensieren, so die Rechnung des KfW-Volkswirtes.

Das wäre dann die Einleitung dazu, warum wir weniger Teilzeit brauchen. Und die nächste Grafik erläutert das:

 

Frauen teilzeit

Aber da sind wir wieder bei dem Problem, dass ein abstraktes Gruppenziel wie „Wir brauchen mehr Arbeitszeit qualifizierter Kräfte um unseren Wohlstand zu erhalten“ für den einzelnen und seine persönliche Lebensplanung relativ egal ist. Denn ihre Erhöhung der Arbeitszeit wäre ein so geringer Beitrag, dass dieser kaum ins Gewicht fällt, so dass es leicht fällt andere Punkte im eigenen Leben, wie Zeit mit den Kindern oder deren bessere Betreuung, höher zu gewichten. Dem kann man entgegen wirken, in dem man einen gesellschaftlichen Druck aufbaut mehr zu arbeiten und Teilzeit abwertet (etwa wie in der DDR) und das geschieht teilweise natürlich auch, hat aber Konkurrenz von dem Konzept der „Rabenmutter“.

Vor allem Frauen sind die stille Arbeitsmarktreserve, die mobilisiert werden müsste. Würden 2,5 Millionen erwerbstätige Mütter, deren jüngstes Kind unter 18 Jahre alt ist und die weniger als 28 Wochenstunden arbeiten, ihre Arbeitszeit um je eine Wochenstunde erhöhen, entstünden so bei einer Wochenarbeitszeit von 36 Stunden 71.000 neue Stellen. Dies hat das Baseler Beratungsunternehmen Prognos in einer Szenariorechnung ermittelt.

Wenn die Kinder älter werden, steigt die Erwerbstätigkeit der Frauen. Doch arbeiten nur 23 bis 26 Prozent der Teenagermütter in Vollzeit – 54 bis 57 Prozent sind in Teilzeit, 20 Prozent sind komplett aus dem Berufsleben ausgestiegen. Bei den Männern liegt die Teilzeitquote dagegen bei 12 Prozent. Von den 49 Prozent der Mütter, die im Schnitt in Teilzeit arbeiten, entscheiden sich nur 17 Prozent mit der großen Teilzeit für eine vollzeitnahe Wochenarbeitszeit von mehr als 28 Stunden.

Auch die Frage, wie lange man wegen der Betreuung der Kinder in Teilzeit arbeiten sollte ist ja durchaus interessant. Und sie wird vergleichsweise wenig gestellt. Wer eine Studie dazu kennt: ich wäre interessiert.

Ich baue mal zwei denkbare Positionen auf:

  • ab einem gewissen Alter brauchen Kinder keine direkte Betreuung mehr. Sie können sich zur Not selbst etwas zu essen machen und man kann auch auf ein gemeinsames Essen am Abend ausweichen. In sofern kann die Mutter dann wieder Vollzeit arbeiten
  • Bis die Kinder Abitur haben brauchen sie jemanden, der aufpasst, dass sie die Hausaufgaben machen, der ihnen durch die Wirren der Pubertät hilft, der sie empfängt, wenn sie aus der Schule kommen und bei dem sie was anständiges zu essen bekommen. Und natürlich haben sie auch noch außerschulische Aktivitäten, etwa in einem Sportverein, Musikunterricht und ähnliches. Dort muss sie jemand hinbringen und wieder abholen

Man könnte hier anführen, dass ein warmes Essen in der Schule und eine Betreuung, die nicht nur eine Aufbewahrung dort ist, sondern evtl für die Kinder interessante Aktivitäten umfasst, da zudem viele Freiräume schaffen könnte.

Die Grafik ist interessant:

Hier sieht man: auch mit Kinder, die 15-18 sind sind 20% der Mütter nicht berufstätig, die allermeisten arbeiten in Teilzeit. Leider ist die Teilzeit da nicht weiter aufgeschlüsselt von geringfügig bis große Teilzeit. Das wäre noch interessant zu wissen. Denn die Große Teilzeit umfasst ja bereits 28-36 Stunden.
Interessant wäre auch, ob Frauen mit einer hohen Qualifikation eher ausweiten (Ärztinnen, Ingenieurinnen etc) oder eher Leute mit einer einfachen Qualifikation, die einfach das Geld brauchen und es sich nicht leisten können lange auszusetzen.

Noch immer ist hier die Vereinbarkeit von Beruf und Familie der Knackpunkt. Ja, Deutschland hat Fortschritte gemacht: Viel mehr Frauen als früher stehen im Berufsleben. Ihre Arbeitskraft ist der Motor für den Anstieg der Erwerbsbeteiligung. Laut der KfW-Analyse ist die Erwerbsquote von Frauen von 1991 bis 2019 von 62 auf 74 Prozent gestiegen. Die der Männer dagegen stagnierte in dem Zeitraum mehr oder weniger bei 83 Prozent.

Aber: Der Trend zur Teilzeitarbeit hält an und schwächt die Wirkung der höheren Erwerbstätigkeit der Frauen ab. Laut der KfW-Analyse ist die jährlich geleistete Zahl der Arbeitsstunden je Erwerbstätigen vor allem durch die steigende Teilzeitquote in den vergangenen Jahrzehnten stetig gesunken. Könne es sich Deutschland als Gesellschaft und Volkswirtschaft leisten, Frauen aus der Voll- in die Teilzeit oder ganz aus dem Arbeitsmarkt zu drängen?, fragt etwa Timm Bönke vom DIW.

EU-Erhebungen zeigen, dass mindestens ein Viertel der Teilzeitbeschäftigten mit reduzierter Stundenzahl arbeiten, weil sie Kinder oder zu pflegende Angehörige betreuen. „Ein Großteil auch hoch qualifizierter Frauen arbeitet in Deutschland aufgrund von Fehlanreizen oder familiären Verpflichtungen oft in Teilzeit oder auf Arbeitsplätzen, deren Anforderungen unterhalb ihrer Fähigkeiten liegen“, konstatiert Müller von der KfW. „Viele verzichten deshalb auch komplett auf eine Erwerbstätigkeit.“

Zu dem fett markierten das Folgende: Ich kenne auch einige hochqualifizierte Frauen, die vorher in Unternehmen auf hohem Niveau gearbeitet haben und sich dann mit den Kindern eine andere Stelle gesucht haben, gerne im öffentlichen Dienst, in der sie weit weniger verdient haben, die aber dafür auch weit weniger Stress und Überstunden bedeutete. Sie haben den Schritt üblicherweise nicht bereut. Sie verdienen häufig immer noch gut, haben aber einfach viel mehr Zeit für andere Sachen.

Und natürlich ist es auch eine beständige Forderung in allen Bereichen Jobs „frauenfreundlicher“ zu machen und es gilt eher als Sexismus, wenn man sich dem entgegen stellt. Aber das bedeutet in der Regel auch, dass man die Möglichkeit für Teilzeittätigkeiten verbessern soll.

Auch das eine interessante Grafik. Sie bezieht sich auf Kinderbetreuung der unter dreijährigen die nur durch ihre Eltern betreut werden, also nicht in einen Kindergarten gehen. Die liegt in Deutschland sehr hoch, auch interessant, dass die Länder in der Mitte da geradezu einen gewissen Korridor bilden, während die südlicheren Länder alle deutlich niedrigere Zahlen haben. Die Niederlande mit 13,8% sind meine ich der Spitzenreiter. Ich schaue mir das vielleicht in einem anderen Artikel noch mal näher an, wie die das organisieren.

Generell stelle sich meist heraus, dass die Frauen sich im Vergleich zu ihrer Arbeitssituation vor der Kinderpause verschlechterten, stellt Eric Thode, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung, fest.

„Teilzeit passt aus Sicht vieler Unternehmen nicht zu höherwertigen, spezialisierten oder verantwortungsvollen Tätigkeiten. Es gibt Anzeichen dafür, dass Führungspositionen sowie Spezialistentätigkeiten seltener in Teilzeit ausgeschrieben werden.“

Wäre interessant, wie das in anderen Ländern ist, aber es bringt aus meiner Sicht auch eine Vielzahl von Problemen mit sich.

Die Hebel, die es für eine Trendumkehr zu bewegen gilt, sind klar und jahrelang viel diskutiert: Kinderbetreuung und Pflege ausbauen, Fehlanreize im Steuer- und Transfersystem wie das Ehegattensplitting abbauen und die kostenlose Mit-Krankenversicherung von Ehegatten sowie die weitgehende Abgabefreiheit von Minijobs, die für Geringverdienende eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit höherer Stundenzahl unattraktiver machen, abschaffen.

Das ist der Nachteil von bestimmten Maßnahmen, die man einer bestimmten Gruppe zukommen lässt: Sie sind für Politiker schwer rückgängig zu machen, weil sie dann einen Aufschrei befürchten. Und natürlich kostet es auch schlicht Geld

  • Kinderbetreuung und Pflege ausbauen
  • „Fehlanreize“ im Steuersystem (da soll meine ich sogar etwas gemacht werden, die Steuerklassen 3 und 5 sollen verschwinden, wobei das ja nichts an der gemeinsamen Veranlagung und ihrer Steuervorteil ändert.
  • Kostenlose Mitkrankenversicherung von Ehegatten: Wäre interessant zu wissen ob das andere Länder haben
  • Minijobs: Da ist der Grad, bis zu dem im „Minibereich“ gearbeitet werden kann, gerade erhöht worden

Das

Die Grafik zeigt nichts neues, wobei sie eben die Motivationen behandelt, aber nicht die Hindernisse, wie etwa der Wunsch der Frau die Kinderbetreuung zu übernehmen.

Auch eine Erhöhung der Vätermonate, die einen längeren Bezug des Elterngeldes garantieren, wird debattiert. „Empirisch lässt sich beobachten, dass sich Väter, die sich in der Elternzeit zu Hause länger engagiert haben, auch in späteren Phasen mehr bei der Hausarbeit und in der Betreuung einbringen“, sagt Thode von der Bertelsmann Stiftung.

Theoretisch ist es für den Arbeitsmarkt wahrscheinlich egal ob ein Mann oder eine Frau aussetzt, wenn man davon ausgeht, dass es üblicherweise der ist, der weniger Geld verdient.

Doch kritische Stimmen sehen hier die Gefahr eines Fehlanreizes, da Männer meist nur ein bis zwei Monate aus dem Berufsleben aussteigen, um sich das Maximum an Elternzeit und -geld zu sichern. Bönke vom DIW stellt die provokante Frage, ob die Gesellschaft hier nicht „übergriffig“ wird und sich in persönliche Entscheidungsprozesse einmischt: „Wollen wir wirklich, dass wir die Frauen, die beim Thema Elternzeit eher indifferent sind, durch staatliche Förderung weg vom Arbeitsmarkt locken?“

den Satz verstehe ich nicht. Vielleicht kann ihn jemand erklären.

Wie man sieht ist im Osten der Betreuungsanteil größer und der Wunsch auch noch größer. Aber insgesamt besteht ein ganz erheblicher Ausbaubedarf.

Der Bundeshaushalt lag um mal einen Vergleich zu haben 2022 bei 495,8 Milliarden, der Landeshaushalt NRW 2022 bei 94,7 Milliarden Euro.

Angesichts des aktuell herrschenden Notstandes in Deutschlands Kinderbetreuungsstätten – laut einer IW-Statistik rangiert die Branche auf Platz zwei der Berufe mit dem größten Arbeitskräftemangel in Deutschland – erscheint der eigentliche Bedarf der betroffenen Eltern ein hehrer Wunsch: Sie würden die aktuelle Betreuungsquote gerne von 34,4 Prozent auf 46,8 Prozent erhöhen.

Dieser Ausbau von Plätzen und Betreuungsqualität würde knapp 14 Milliarden Euro kosten. Die Realität sieht aber ganz anders aus: Befragt nach Maßnahmen gegen die Personalnot, geben 49 Prozent der Kitaleitungen in einer VBE-Umfrage an, dass sie die Öffnungszeiten reduzierten. Also eher noch weniger Betreuungszeit als mehr.

Eine interessante Frage, wo man mehr Kindergärtner herbekommt. Und natürlich auch die Frage: Kann man Teams mit Leuten verstärken, die keine formelle Ausbildung haben, aber gut mit Kindern umgehen können?

Auch eine interessante Grafik:

Frauen wollen eher für die Familie da sein und eher Kinder haben.

Männer wollen eher Erfolg im Beruf, hohes Einkommen, Starke Erlebnisse haben, einen sozialen Aufstieg und eher eine Teilnahme am politischen Leben.

Deutschland ist es noch immer nicht gelungen, die Kinder- und Betreuungsfrage von der Entscheidung der Eltern über die eigene wirtschaftliche Unabhängigkeit zu entkoppeln. Die Formel gilt leider noch immer: Je mehr Kinder, desto geringer das Lebenserwerbseinkommen von Frauen. Das zeigt eine Berechnung des DIW-Forschers Bönke.

Bei einer durchschnittlichen Geburtenrate von 1,5 Kindern pro Frau ist es demnach „normal“, dass Frauen im Lebensverlauf im Schnitt über 45 Prozent (1 Kind) oder 64 Prozent (2 Kinder) weniger Einkommen verfügen als Männer. Die Einkommensschere öffnet sich mit der Geburt. Denn gerade wenn die Kinder noch klein sind, betreuen viele Eltern selbst.

Klar, wenn Frauen weitaus geringere Stunden arbeiten ergibt sich daraus ein geringer Lebenseinkommen. Das ist wenig überraschend. Aber dann müsste man eben den Frauen in der Hinsicht diesen Weg schwieriger machen. Was auch politisch schwierig wird. Es wird immer so geframed als könnten Frauen nicht. Wenn Frauen allerdings gar nicht wollen wird man mit dem Ansatz nicht weit kommen.

Zudem haben Frauen, wenn sie in einer festen Partnerschaft mit einem Mann leben und die gemeinsamen Kinder betreuen ja Anteil an dessen Einkommen. Wenn die Eltern verheiratet sind, dann haben sie Unterhaltsansprüche, Zugewinnausgleichsansprüche, Rentenansprüche

So weit die volkswirtschaftliche Betrachtung. Kommen wir zur Lebenszufriedenheit. Zugegeben ist das eine schwer messbare, sehr subjektive Größe. Oft wird hier von Work-Life-Balance gesprochen. Doch ist diese Gegenüberstellung nicht unlogisch: Arbeit ohne Leben und Leben ohne Arbeit? Das Zitat von Nicola Leibinger Kammüller, der Vorstandsvorsitzenden des Maschinenbauers Trumpf, regt zum Nachdenken an: „Das klingt wie: Der Fron der Arbeit für das Geld, danach fängt das Leben an. Den Großteil des Lebens verbringt man aber bei der Arbeit. Man sollte sie so gestalten, dass sie Freude bringt.“

Das ist ein netter Ansatz. Und in der Tat wäre das ideal. Aber nicht arbeiten kann man eben noch viel leichter so gestalten, dass es Freude bringt. Und viele Arbeit lässt sich auch schwer so gestalten, dass sie eine Quell ewiger Freude ist.

Bei dieser Gestaltung von Leben und Arbeit sind vor allem auch die Arbeitgeber gefragt. Einmal mehr angesichts des herrschenden Arbeitskräftemangels. Denn die Beschäftigten sind in der Position, sich ihren Arbeitgeber auszusuchen: Die Hälfte der Väter in Deutschland hat für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon einmal den Arbeitgeber gewechselt oder denkt darüber nach, belegt eine Studie von Prognos im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Ein nicht unerhebliches Unternehmensrisiko, das es zu adressieren gilt.

Arbeitgeber können dazu beitragen, einen kulturellen Wandel in unserer Gesellschaft voranzutreiben. Sanofi bietet Müttern und Vätern seit Anfang 2022 beispielsweise an, für die 14 Wochen nach der Geburt die finanzielle Lücke zwischen dem auf 1800 Euro gedeckelten Elterngeld und des eigenen Gehalts zu schließen. Unternehmensangaben zufolge haben im Jahr 2022 94 Väter und 72 Mütter dieses Angebot genutzt.

Natürlich kann man das machen. Aber die Frage wäre ob diese Leute dann tatsächlich eher in Vollzeit arbeiten oder sich ansonsten nicht viel ändert.

Führungskräfte sollten Vorbilder für Vereinbarkeit sein und in ihrem täglichen Handeln die Lebenssituation betreuender Eltern oder pflegender Kinder berücksichtigen. Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte also in jährlichen Mitarbeitergesprächen auf der Agenda stehen. Auch bei Vätern und Söhnen. Laut der Prognos-Befragung ist dies aber nicht der Fall: Jeder zweite Vater gibt an, dass dies kein Thema sei.

Das ist dann immer ein merkwürdiger Umschwung: Einerseits sollen Frauen mehr Arbeiten, damit mehr Arbeiteskräfte zur Verfügung stehen. Und dann soll man seine Arbeitskräfte quasi anregen mehr mit der Familie zu machen.

Höchste Zeit, dass sich das ändert. Damit nicht nur die Frauen, die es als Mütter zurück an den Arbeitsplatz geschafft haben, gefragt werden: „Und wie schaffst du das mit deinen Kindern?“

Ein nettes Schlußwort. Und natürlich weiß man als Elternteil eine gewisse Flexibilität des Arbeitgebers zu schätzen. Es kann zB einfacher sein das Kind mal mit auf die Arbeit bringen zu dürfen, wenn man keine Betreuungsmöglichkeit hat als sie deswegen ausfallen lassen zu müssen. Aber das geht ja auch nicht in jedem Bereich.

Der Zeitungsartikel Gender Gap

Ein interessanter Beitrag dazu, „wer Meinung macht“: (gefunden über diesen Thread bei einer der Journalistinnen)

Wer macht in Deutschland eigentlich Meinung? Und wer hat damit Macht und wer hat keine? Über Parität und Repräsentanz wird in Politik und Gesellschaft seit vielen Jahren intensiv diskutiert. Wie sieht es in der Medienlandschaft aus? Wir haben nachgezählt. Als interdisziplinäres Team aus Journalistinnen, Aktivistinnen, Entwicklerinnen und Forscherinnen haben wir die größten Medienhäuser in Deutschland in den Blick genommen.

Mal sehen, was sie gefunden haben:

Wir haben uns gefragt: Wer sitzt in den Redaktionen und schreibt für die Medien dieses Landes? Wie divers ist der Journalismus – und welche Lücken gibt es, was die Vielfalt der Berichtenden anbelangt? Wir wollten herausfinden, wie divers die Redaktionen dieses Landes sind, denn: Wer schreibt, hat Macht und Einfluss. Wer schreibt, beeinflusst damit den politischen und gesellschaftlichen Diskurs. Wer schreibt, gestaltet den Raum mit, in dem wir über Zukunft nachdenken.

Dabei ist Journalismus ja ein sehr weiblich besetzter Bereich vermute ich zumindest.

Weiterlesen

„Umfrage: Wie Ärztinnen und Ärzte den Personalmangel täglich zu spüren bekommen“

Das Ärzteblatt schreibt interessantes zum Personalmangel (und erntet dafür einen kleinen Shitstorm im Netz):

Kai Johanning, Chefarzt der Anästhesiologie, Klinikum Bielefeld

Bei uns in der Klinik haben wir insgesamt zu wenig Ärztinnen und Ärzte, deswegen müssen wir teilweise auf Honorarärzte zurückgreifen. Das liegt unter anderem daran, dass es zu wenig Studienplätze gibt. Die Arbeits­bedingungen sind zudem oft nicht optimal, sodass Studierende nicht in der klinischen Versorgung arbeiten wollen. In meiner Abteilung werde ich die Weiterbildung noch mehr strukturieren und weiterentwickeln.

Zusätzlich bieten wir Teilzeitmöglichkeiten an: 70 Prozent meiner Fach- und Oberärztinnen arbeiten in Teil­zeit, das ist enorm viel. Bei den Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung sind es etwas weniger. Um den Ärzte­mangel zu beheben, sollte die Politik ihrem Auftrag nachkommen und mehr Studienplätze schaffen. Das darf aber nicht einfach so beschlossen werden, ohne Strukturen dafür zu schaffen. Es darf keine zu vollen Hörsäle geben und die Finanzierung muss stimmen. Außerdem darf es nicht auf dem Rücken von Ärztinnen und Ärzten, die in dem System arbeiten, ausgetragen werden.

Interessant natürlich hier, dass es nicht „Fach-und OberärztInnen ist, sondern eben auf die Frauen verwiesen wird.

Und viele der Ärztinnen werden auch zurecht sagen, dass man auch von einem 50% Arztgehalt (oder etwas in der Art) noch ganz gut leben kann, erst recht als Oberarzt mit ca. 8.000 bis 10.000 Euro Brutto im Monat. Um so mehr, wenn der Mann evtl auch noch Arzt Oberarzt ist.

Wenke Wichmann, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Uniklinik Dresden

Es gibt es ja keinen Ärztemangel im klassischen Sinne, wenn ich mir die Zahlen anschaue, sondern es ist ein Arztzeitmangel. Denn wir leben nicht mehr in einem altmodischen Familienmodell. In einer Partnerschaft gehen beide arbeiten und nicht einer hält dem anderen den Rücken frei, macht nicht den ganzen Haushalt. Das führt dazu, dass beide Elternteile reduzieren, sonst ist das Leben nicht zu schaffen und dann fehlt die Arztzeit.

Ich persönlich bin aktuell noch in Elternzeit und ich habe einen Krippenplatz an der Uniklinik bekommen. Aber das war ein harter Kampf, denn diese Plätze sind begehrt und es sind zu wenig. Deswegen muss es mehr Kinderbetreuung geben, in der Kinder auch im Schichtdienst adäquat betreut sind.

Ein anderer großer Punkt für den Zeitmangel ist die Bürokratie. Wenn ich mich mit Kolleginnen unterhalte, merke ich, dass wir alle sehr engagiert sind und Lust haben, Patientenversorgung zu machen. Die große Bürokratie und die vielen patientenfernen Tätigkeiten frustrieren uns. Wenn ich erstmal eine Stunde pro Tag Vorbefunde von Patienten anfordern muss, in dem ich mit anderen Arztpraxen telefoniere, um Befunde per Fax zu bekommen, kostet das auch Arztzeit. Mit einer elektronischen Patientenakte könnte sich das vielleicht verbessern. Viele Informationssysteme von Praxis und Krankenhaus sind zudem nicht kompatibel. Wenn wir zum Beispiel Medikamente einfach übernehmen könnten und nicht händisch abtippen müssten, könnten wir schon viel kostbare Zeit sparen.

Also hier die Einschätzung, dass beide etwas weniger machen und das eben auch „Arztzeit“ kostet. Daneben sicherlich zurecht der Verweis auf die „Verwaltungsarbeit“.

Martin Junker, Allgemeinmediziner Olpe, Gemeinschaftspraxis

Aufgrund des Ärztemangels ist es aktuell nicht möglich, die Versorgung weiter auszubauen, es lassen sich gerade so ein paar Löcher stopfen. Das liegt an vielen Dingen. Unter anderem an der Arbeitsauffassung von uns Ärztinnen und Ärzten. Dass die Work-Life-Balance im Vordergrund steht, kann man beklagen, aber man kann es auch verstehen und man muss es einfach so hinnehmen.

Für uns war es früher selbstverständlich, die ganze Woche Dienste zu machen, aber das kann man heute nicht mehr verlangen. Durch die stärkere Verweiblichung unseres Berufsstandes kann man eine 150-prozentigen Arbeitseinsatz nicht mehr aufrechterhalten. Unsere Nachfolgerinnen haben noch einen Zweitberuf: die Familie, die Kinder. Das heißt, wir werden unsere Arbeitsstruktur auf Teilzeit oder auch auf stundenweise Arbeitszeit umstellen müssen, sonst werden wir gar nicht mehr zurechtkommen.

Es wird dringend notwendig, den vielen Ärzten und Ärztinnen „ohne ärztliche Tätigkeit“ eine Möglichkeit zu eröffnen, wieder in ihrem schönen Beruf tätig zu werden. Das gleiche gilt auch für die vielen, gut ausgebil­deten und meist aus familiären Gründen nicht mehr tätigen Frauen und Männer in anderen Ge­sundheits­berufen, die dringend gebraucht werden. Dafür muss zum Beispiel die Weiterbildungsordnung geändert werden: Auch mit dreißig Prozent sollte es möglich sein, die Weiterbildung zu machen. Hierfür müssen endlich Politik, Kommunen und andere Beteiligten entgegenkommende Möglichkeiten finden, um diese Ressourcen zu heben.

Bei mir persönlich war es so, dass meine Frau, die auch als medizinische Fachangestellte in der Praxis ge­arbeitet hat, mir Gott sei Dank den Rücken auf allen Ebenen freigehalten. Aber meine Kinder habe ich nur selten gesehen.

Das kenne ich in der Tat noch von „damaligen Ärzten“. Da gab es noch Notdienste, die heute eher auf Krankenhäuser verlagert werden. Lange Öffnungszeiten von Praxen. Hausbesuche bei Patienten etc.

Das er als Grund die „Verweiblichung“ des Berufststandes anführt hat natürlich im Netz einigen nicht gefallen. Aber es passt ja durchaus zu anderen Aussagen.

Petra Kob, Fachärztin für Gynäkologie, Gemeinschaftspraxis

Ich spüre den Mangel dadurch, dass wir extrem viele Patientinnen haben, die nach Terminen fragen. Um einen Vorsorgetermin zu bekommen, kann es drei bis sechs Monate dauern. Der Ärztemangel macht sich auch bemerkbar, wenn ich mit 52 Jahren schon eine der Jüngsten bin. In meiner Babyboomergeneration gab es zu viele Ärztinnen und Ärzte. Dann wurde zu wenig ausgebildet. Die Politik ist davon ausgegangen, dass jemand, der Medizin studiert, dann auch hinterher 100 Stunden als Arzt arbeitet. Aber das ist nicht so. Medizinerinnen und Mediziner arbeiten in der Forschung, gehen ins Ausland oder in andere Berufsfelder. Deswegen müssen wir mehr ausbilden, Studienplätze schaffen und auch Werbung für den Beruf machen. Denn für mich ist es der tollste Beruf der Welt.

In der Tat wird man um mehr Studienplätze nicht herumkommen, wenn früher ein Großteil der Ärzte in Vollzeit gearbeitet hat und jetzt ein großer Teil der Ärzte auch in Teilzeit arbeitet.

Teilzeit bringt denke ich in vielen Bereichen mit sich. Die meisten Teilzeitkräfte wollen bei jüngeren Kindern vormittags arbeiten, wenn die Kinder in der Schule oder im Kindergarten sind. Weniger gerne dann eben am Nachmittag oder Abends. Man kann mehr und flexiblere Zeiten rausholen, wenn man zb bei einem größeren Krankenhaus eine Kinderbetreuung anbietet, die entsprechende flexibel ist.

Hans-Martin Wollenberg, Facharzt für Psychiatrie, Burghofklinik Rinteln

Wir können kaum Stellen nachbesetzen. Die Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir Stellen nachbesetzen, kommen größtenteils nicht aus Deutschland. Die Studierenden aus Deutschland sind kaum noch bereit, in die Peripherie zu gehen. Sie bleiben in den Städten, in denen sie studiert haben, oder gehen in Städte mit einer besseren Infrastruktur. Probleme bestehen auch in den nervenheilkundlichen Fächern, insbesondere in der Psychiatrie. Zumindest in Niedersachsen ist die Altersstruktur da noch schlechter als in der Allgemeinmedizin. Um den Ärztemangel zu beheben, muss man verstehen, dass gute Versorgung auch bedeutet, dass wir dafür Geld aufwenden müssen. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass dieses Geld im System bleibt. Die Mittel für das Gesundheitssystem sollten auch nur dem Gesundheitssystem zugutekommen.

Wenn du schon ein Arzt bist mit einem attraktiven Einkommen, warum dann in Pusemuckel oder Hintertupfing leben? Da ist die zumindest mittelgrößere und noch eher die größere Stadt attraktiver.

In der Tat werden dann eben viele Ärzte aus anderen Ländern abgeworben, die der bessere Lohn in Deutschland reizt oder die hier zumindest erst einmal eine Stellung bekommen können und dann mit der Berufserfahrung auch wieder eine bessere Chance in ihrem Heimatland haben.

Konkurrenz im Beruf unter Frauen

Ein interessanter Artikel behandelt Konkurrenz unter Frauen im Beruf:

Konkurrenz unter Frauen ist ein weit verbreitetes Phänomen und gleichzeitig ein Tabuthema. Während Männer beim Aufstieg sich verbünden und gemeinsam in Führungspositionen aufsteigen, kämpfen sich Frauen allein durch männliche Monokulturen an die Spitze. Wie diese Phänomene sich in geschlechtsspezifisch erlernten Verhalten von Konkurrenz, Rivalität, Wettbewerb, Solidarität und Verbündung sowie in dem sogenannten „Zickenstereotyp“ widerspiegeln, zeigt dieser Artikel von Gastautorin Doris Cornils.

Der Ansatzpunkt ist demnach wohl eine eher soziale Begründung unterschiedlichen Verhaltens, aber interessant ist ja unabhängig von der letztendlichen Begründung welches unterschiedliches Verhalten erst einmal vorliegt.

Aufruf zur Solidarität und einem Change in Richtung Diversity

Der Artikel ist gleichsam ein Aufruf an alle Frauen sich zu solidarisieren. Und aktiv den Change hin zu einer diversen Arbeitswelt mitzugestalten, in der wir alle voneinander lernen dürfen! In diesem Beitrag nehme ich nicht die strukturellen Faktoren in den Blick, die dazu beitragen, dass Frauen in geringerer Anzahl in Führungspositionen anzutreffen sind. Vielmehr stelle ich wissenschaftliche Studienerkenntnisse vor, an denen ich mitgewirkt und die ich Laufe der letzten Jahre weiterentwickelt habe.

Ein wissenschaftlicher Einblick ist eine interessante Sache. Hier stellt sie Publikationen dar, allerdings alles eher im deutschsprachigen Bereich wenn ich das richtig sehe.

Konkurrenz oder Wettbewerb? Alles Gender oder was?

Die Begriffe Wettbewerb und Konkurrenz werden oftmals im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendet. Jedoch bestehen hinsichtlich der Ausdrucks- und Bedeutungskraft Differenzen.Laut Duden handelt es sich bei Wettbewerb um eine Situation, an dem mehrere Personen beteiligt sind und die das Ziel verfolgen, die jeweils beste Leistung zu erzielen, um bestenfalls als SiegerInnen daraus hervorzugehen.Konkurrenz, lat. concurrere (zusammenlaufen, -treffen, eilig zusammenkommen, aufeinanderstoßen), beinhaltet darüber hinaus den Aspekt der Rivalität (den Kampf um den Vorrang) und bezieht sich neben dem Wettbewerb auch auf den Wettstreit. Im Rahmen unserer Studie „Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen“ an der Universität Hamburg (2009-2012) konnten wir recht eindrucksvoll nachzeichnen, dass beim Aufstieg in Führungspositionen Frauen untereinander tendenziell eher in Konkurrenz und Männer eher in den Wettbewerb miteinander treten. Dem zu Grunde liegen unterschiedliche Sozialisationserfahrungen und Stereotype, die beide Geschlechter vom Aufwachsen bis ins hohe Alter (unbewusst) erlernen, verinnerlichen und die ihr alltägliches und somit berufliches Handeln prägen.

Die Studie selbst habe ich nicht gefunden, aber immerhin diese Zusammenfassung der Autorin

Die Aneignung mikropolitischer Kompetenz wirkt sich förderlich auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen aus, so ein zentraler Befund aus dem kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt „Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen“ an der Universität Hamburg.
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschungi geförderten Forschungsprojekt untersuchten Prof. Dr. Daniela Rastetter, Doris Cornils und Anna Mucha drei Jahre lang, ob sich die Aneignung mikropolitischer Kompetenz positiv auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen auswirkt. Kernstück der Studie bildete das im Projekt konzipierte Mikropolitik-Coaching©. Im
Rahmen einer Intervention erhielten 30 weibliche Nachwuchsführungskräfte aus großen Unternehmen über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg ein professionelles Coaching in mikropolitischer Kompetenz.
Mikropolitisches Handeln bedeutet, Taktiken und strategische Vorgehensweisen (gezielt) einzusetzen, um die eigene Macht(-Position) aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten und dadurch die persönlichen Handlungsspielräume zu erweitern. Mikropolitische Interaktionen finden während des Aufstiegs und innerhalb von Führungspositionen im Kräftefeld der Organisation in unterschiedlichen Handlungsfeldern statt. Sieben mikropolitisch für den Aufstieg relevante Handlungsfelder wurden von den Forscherinnen identifiziert. Dabei handelt es sich um Selbstdarstellung, Networking/Koalitionen bilden, Unternehmenskultur, Körperlichkeit, Emotionen, Vereinbarkeit von Karriere und Familie/Work-Life-Balance und Verhältnis zu Macht.
Die Ergebnisse zeigen, dass weibliche Nachwuchsführungskräfte im Handlungsfeld Selbstdarstellung besonders mit der strategischen Nutzung gering strukturierter Situationen (wie z. B. Besprechungen) Probleme haben. Da es sich hierbei um karriererelevante Gelegenheiten für die Selbstdarstellung handelt, gilt es für Frauen in Aufstiegspositionen, diese zu erkennen und in ihrem Sinne zu nutzen. Die Selbstdarstellung sollte dabei situativ und flexibel an die jeweiligen kulturellen Parameter anpasst werden, denn dem Handlungsfeld Unternehmenskultur kommt als normativem Rahmen mikropolitischen Handelns für den Aufstieg eine wichtige Bedeutung zu.

Voraussetzung für einen strategischen Umgang innerhalb und mit der Kultur ist es, sich mit der jeweiligen Unternehmenskultur, mit ihrem (informellen) Regelwerk vertraut zu machen. Dass die Unternehmenskulturen häufig von „männlich“ sozialisierten Spielregeln geprägt sind, zeigt sich besonders hinsichtlich des beruflichen Umgangs mit Emotionen. Einer Identifikation mit dem gesellschaftlich weit verbreiteten Stereotyp, Frauen seien „Emotionsmenschen“ und würden deshalb ihre Emotionen unkontrolliert zum Ausdruck bringen, widerspricht jenem Typus „professioneller“ Führung, der sich am etablierten „männlichen“ Managerideal, das mit Emotionskontrolle in Verbindung steht, orientiert. Frauen sind deshalb gut beraten, so ein weiteres Resultat, sog. „Emotionsregulationskompetenz“ zu entwickeln. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass der bewusste Umgang mit Geschlechterstereotypen für Frauen in Führungspositionen von zentraler Bedeutung ist, da diese Schemata und Aufstieg nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Während z. B. die Identifikation mit dem Stereotyp der „fleißigen Biene“ hinderlich für die Selbstdarstellung ist, verhindert eine Reproduktion des Stereotyps der „Zicke“ Solidaritätshandlungen und damit Networking unter Frauen. Für eine erfolgreiche Karriere sind für Frauen jedoch sowohl der strategische Umgang mit
„Old-Boys-Networks“ als auch der Aufbau von karriereförderlichen Frauennetzwerken unerlässlich. Ganz allgemein lässt sich zusammenfassen: Ein positives Verhältnis zu Macht sowie die Bereitschaft mikropolitisch zu Handeln wirken sich positiv auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen aus.

Klingt eigentlich ganz interessant, auch die „Emotionsregulationskompetenz“. Hat etwas von „Agreeableness“ und „Sensitivity„.
Interessant auch die Auswahl der vorhandenen Klischees :“Fleissige Biene“ macht wahrscheinlich ihre Arbeit ohne zu murren, erregt keinen Widerstand, stellt sich nicht in den Vordergrund etc. Die Zicke hingegen legt sich mit allen an.
Stellt sich aber die Frage, warum man nicht ein geschlechtsneutrales Verhaltensmuster haben sollte, wie die „Harte, aber gerechte Königin/der König“ oder etwas in dieser Art. Kollidiert dann aber vielleicht eher damit, dass Frauen ihre Beziehungen eher auf Gleichheit als auf Hierarchien aufbauen.

Die ernsten Spiele des Wettbewerbs

„Männer konkurrieren einfach auf eine andere Art und Weise.“ „…weil man halt von einem Mann denkt, dass der das sportlich sieht. Der Bessere siegt“ (Cornils 2011). Die von Jungen und von Männern laut Bourdieu praktizierten „ernsten Spiele des Wettbewerbs“ spiegeln genau das wider: Konkurrenzsituationen werden als Wettbewerb aufgefasst.

Intrasexuelle Konkurrenz um Status musste bei Frauen eher „entwaffnet“ und ritualisiert werden, da es eher mit erheblichen Folgen belastet war, gerade wenn dieser mit Gewalt ausgetragen werden konnte.
Bei Frauen war dies so gesehen auch der Fall, nur das dort das Konkurrenzverhältnis um Status nicht in gleicher Weise existierte, da es für Männer weitaus weniger wichtig in der Partnerwahl war. Männer konnten es sich für Jagd und Konkurrenz mit befeindeten Gruppen nicht erlauben auf körperliche Auseinandersetzung zu verzichten und mussten daher daneben stehende intrasexuelle Wettbewerbe schaffen, die so etwas auf friedlichere Weise simuliert haben. Ein „faires Spiel“ verhindert den Rückfall auf Gewalt. Es wäre insofern nicht erstaunlich, wenn Männer eher entsprechende Regeln aufgestellt haben bzw auf die Akzeptanz dieser und die Deeskalationsstrategien eher selektiert sind.

Versinnbildlicht am Fußballspiel, das von Männlichkeitsforschern bezüglich des Wettbewerbsverhaltens unter Männern fundiert untersucht ist gilt: Auf dem Spielfeld sind sie Konkurrenten und jeder will gewinnen. Ist das Spiel zu Ende, können alle, Gewinner und Verlierer, gemeinsam ein Bier trinken gehen. Bei den ernsten Spielen des Wettbewerbs sind Wettbewerb und Solidarität zwei Seiten einer Medaille. Sie gehören zusammen: Ich will den Job, du auch, wir sind im Wettbewerb. Und: Wenn du den Job bekommst und aufsteigst, dann hol mich nach. Hier spiegelt sich das ebenfalls geschlechtsspezifisch erlernte Verhalten der Verbündung im Netzwerk und das Prinzip „der Ähnliche unterstützt den ihm Ähnlichen“ wider. Das führt im Netzwerk zu Vertrauen unter Vertrauten.  Dem Netzwerk-Solidaritätsprinzip liegt das Motto, „Eine Hand wäscht die andere“, zu Grunde. Dieses Prinzip trägt maßgeblich dazu bei, dass Männer in Führungsetagen als Gruppe gemeinsam aufsteigen.

Das wäre ja erst einmal ein sehr schlaues Prinzip. Es ist interessant, dass es hier als rein geschlechtsspezifisch erlerntes Verhalten dargestellt wird. Und was müsste man Frauen beibringen, damit sie anders vorbringen? Ein gesünderes Verhältnis zu Konkurrenz? Auch im Frauensport dürfte es üblich sein mit der gegnerischen Mannschaft nach dem Spiel freundschaftlich umzugehen oder nicht?
Könnten die Frauen hier etwa „positives männliches Verhalten“ lernen und ihre „toxische Weiblichkeit“ verlernen?

Beziehungsspiele: Freundin oder Feindin

Frauen hingegen beschreiben sich in der Konkurrenz um Jobs gegenseitig als schlechte Verliererinnen: „Die dreht einem danach den Hals um oder redet schlecht über einen. Von klein auf lernen Mädchen Beziehungsspiele, die innerhalb des sozialen Geschlechterlernens zwischen wenigen, im Laufe der Pubertät zwischen zwei Mädchen erfolgen und nicht, wie beim Geschlechterrollenlernen unter Jungs üblicher, innerhalb einer Gruppe. Frauen, die im Kindesalter mit Jungs aufgewachsen sind, mit Legos gespielt haben oder ähnlich, verfügen ebenfalls über diese Sozialisationserfahrungen und fühlen sich in männlich dominierten Berufsfeldern häufig „wohler“ als unter Frauen.

Dass das Spielverhalten einen starken biologischen Anteil hat ist inzwischen durch Studien gut belegt. Das spricht dafür, dass auch korrelierende Verhaltensweisen einen biologischen Anteil haben könnten.
Interessant dazu auch die „prosoziale Dominanz“

Mädchen gehen eher indirekt vor. Sie suchen bei anderen Mädchen Anerkennung, die sie entweder erhalten oder die ihnen verweigert wird. Aggression äußert sich kaum brachial, sondern vor allem als sogenannte Beziehungsaggression, die im Wesentlichen auf soziale Ausgrenzung abzielt. Zwei reden beispielsweise abfällig über eine dritte oder ein Mädchen droht einem anderen Mädchen an, es nicht mehr mitspielen zu lassen oder es nicht zum Geburtstag einzuladen, um so seinen Willen durchzusetzen. Typisch für Mädchen mit Ranganspruch ist ferner, daß sie sich um das seelische Wohlbefinden der anderen kümmern, sie also im Fall von Kummer zu trösten suchen. Dieses Sich-kümmern kann schnell einmal die Form ungefragter Ratschläge annehmen. Die Psychologie spricht hier von “prosozialer Dominanz”, wobei es sich um eine Mischung aus Besorgtheit einerseits und Bevormundung andererseits handelt. Schon kleine Mädchen im Kindergarten erklären anderen gern, was gut für sie ist und was sie machen dürfen und was nicht.

 

Sie wählen außerdem häufiger sog. MINT-Berufe (Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaft, Technik), in denen mehr Männer mehrheitlich vertreten sind.

Das wäre ein weiteres Indiz.

Bei Beziehungsspielen geht es um das Erlernen von Kooperation und Konkurrenz. Es handelt sich bei Kooperation und Konkurrenz nicht um zwei Seiten einer Medaille, sondern um Entweder-oder-Optionen. Entweder sind wir Freundinnen oder Feindinnen (Rivalinnen). Entweder kooperieren oder konkurrieren wir um das bessere Aussehen, den Jungen beziehungsweise Mann, den Job und so weiter.

Das scheint mir etwas düster gemalt, aber vielleicht ist Kooperation und Unterstützung bei entsprechender Gleichheit (aber mit durchaus vorhandenen geheimeren Hierarchien, siehe die Queen Bee Problematik) eher ein weibliches Modell. Frauenfreundschaften mussten vielleicht eher einplanen, dass die andere die Kinder versorgt und beaufsichtigt und da ist ein gewisses Vertrauen und eine gewisse Exklusivität wichtiger, während bei Männern etwa die Verteilung der Jagdbeute durchaus Hierarchien zulässt.

Konkurrenz unter Frauen wird persönlich genommen

Konkurrenzsituationen zwischen Frauen werden auf der persönlichen Beziehungsebene ausgetragen, deshalb werden sie auch persönlich genommen. Frauen haben gelernt sich als Rivalinnen zu begegnen, die erbittert gegeneinander kämpfen. Wenn eine den Job bekommt und die andere nicht, kann es passieren, dass die Verliererin jahrelang nicht mit der anderen spricht. Eng verbunden mit dem Konkurrenzverhalten steht das sog. „Zickenstereotyp“. Die Äußerung „das ist eine Zicke“ oder „die ist zickig“, wird alltagssprachlich recht gebräuchlich und häufig von Frauen untereinander verwendet. Wenn wir uns das Stereotyp einmal genauer betrachten, hat das keinesfalls positive Auswirkungen auf die Beziehung von Frauen untereinander.

Reputationsbeschädigung bzw der Kampf um die soziale Dominianz etc als klassische Mittel weiblicher intrasexueller Konkurrenz.
Andererseits entwickeln sich auch aus männlichen Konkurrenzkämpfen gerne Feindschaften und die Leute nehmen es persönlich. Insofern ist es eben keine binäre Angelegenheit „Männer kämpfen gegeneinander und helfen sich dann trotzdem, Frauen werden erbitterte Feinde“, sondern „Männer zeigen dieses Verhalten häufiger und andere weniger und umgekehrt“.

Das Zickenstereotyp

 „Also ich denke immer noch die größten Konkurrenten sind Frauen untereinander.“, „Das war ein Gezicke vor dem Herrn, wirklich ganz schlimm unter Frauen“, sie „bekriegen sich dann halt untereinander“, soweit, „dass es Zickenkriege gibt“ (Cornils 2011). Diese Aussagen weiblicher Führungskräfte bringen es auf den Punkt: Es sind überwiegend Frauen, die sich gegenseitig als „zickig“ oder „stutenbissig“ bezeichnen. Dahinter verbirgt sich ebenfalls ein Geschlechterstereotyp. Jedoch eines, das vorrangig Mädchen und Frauen im Laufe ihres Lebens erlernen und verinnerlichen.

Auch eine interessante Formulierung. Da klingt es so als wäre es eher ein Gerücht, etwas was über Frauen behauptet wird. Etwas was Frauen über andere Frauen annehmen.
Die interessante Frage wäre ja, ob es stimmt.

Die Zicke gilt als störrisch, launisch, widerspenstig und eigensinnig. Ihr typischer Laut, das Meckern bedeutet im Stereotyp übersetzt, sich beschweren, keifen, nörgeln oder sich gehässig zu äußern. Geraten Frauen in einen „Zickenkrieg“ miteinander, dann heißt das schlichtweg, sie sind streitorientiert, fallen sich gegenseitig in den Rücken und verhalten sich unsolidarisch. Sie sind dann Konkurrentinnen, die sich bekriegen. Manche Stereotype sind so tief verinnerlicht und unbewusst, dass sie wirkungsmächtig werden. Im Verhalten unter Frauen in der Berufswelt spiegelt es sich darin wider, dass Frauen sich häufig allein an die Führungsspitze kämpfen, während Männer in Grüppchen an ihnen vorbeiziehen.

„Manche Stereotype sind so tief verinnerlicht und unbewusst, dass sie wirkungsmächtig werden“ ist auch eine interessante Formulierung. Eben eine rein soziale Begründung, die einfach auf das Narrativ und seine Wirksamkeit abstellt.

Man möchte in Umkehrung der Theorien zur toxischen Männlichkeit sagen: Frauen müssen diese toxische Weiblichkeit überwinden. Und sie sind dafür verantwortlich, dass sich die Gruppe der Frauen ändert. Aber natürlich wird irgendwie das Patriarchat daran schuld sein.

Vom Netzwerk-Solidaritätsprinzips lernen

Häufig wird von Frauen kritisch angemerkt, dass sie nicht Männer in ihrem Verhalten nachahmen wollen. Für sie fühlt es sich nicht authentisch an, wenn sie sich den männlichen Spielregeln anpassen.

Zumindest für einen Teil der Frauen ist es wahrscheinlich schwieriger. Andere werden sich eben in dem Bereich ganz wohl fühlen. Das ist ja bei Männern nicht anders, nur eben mit anderer Prozentzahl.

Mit diesem Beitrag rege ich zu einer anderen Perspektive an: Meines Erachtens gilt es (übrigens auch für Männer)

  • Geschlechtersozialisationsprogramme bewusst zu machen und diese zu verstehen,
  • sie kritisch zu hinterfragen sowie
  • von den positiven Aspekten des jeweils anderen Geschlechterprogramms zu lernen.

Es zeigt sich, dass das Prinzip der Netzwerk-Solidarisierung unter Männern sehr erfolgreich ist. Beim Aufstieg in Führungspositionen gehen männliche Aufstiegskandidaten auf der einen Seite in den Wettbewerb. Auf der anderen unterstützen sie sich beim Aufstieg, indem sie sich solidarisieren und andere Männer nachholen. Die Wahrscheinlichkeit also als Gruppe in den Führungsspitzen anzukommen ist dadurch groß. Es geht mir nicht darum dieses Prinzip per se zu idealisieren. Kritisch ist anzumerken, dass ausschließlich bestimmte Männlichkeitstypen von der, wie Connell es bezeichnet „patriarchalen Dividende“ (2014) profitieren. Die Folge davon ist, dass nur sozialisationsbedingt ähnliche Männer sich unterstützen.

Tatsächlich scheinen Männer auch Frauen stärken zu unterstützen als etwa weibliche Mentoren. Und das Frauen seltener gefördert werden scheint auch schlicht daran zu liegen, dass es weniger Frauen gibt, die nach oben wollen. Die Gefahr, dass einem eine Affaire unterstellt wird mag dazu beitragen.

Der Thomas-Kreislauf – der Ähnliche wählt den Ähnlichen

Die Allbright-Stiftung identifizierte 2017 den sogenannten „Thomas-Kreislauf“ in den DAX-Vorständen. Sie konnten nachweisen, dass in den Vorständen mehr Männer mit den Vornamen Thomas (50 Jahre alt, deutsch, Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieur) und Michael (insgesamt 49) vertreten waren, als weibliche Vorstandsvorsitzende (Anzahl 46) insgesamt! Es ist folglich hinsichtlich sozialer, nachhaltiger, wirtschaftlicher und chancengerechter Aspekte nicht nur gegenüber Frauen, sondern auch gegenüber anderen Männlichkeitsidentitäten, die dem Typus nicht entsprechen, von Nachteil, wenn Thomas den ihm ähnlichen Thomas fördert und wir in den Führungsetagen eine Monokultur männlicher Manager antreffen. Die ZEIT machte mit dem Beitrag „Die Hans-Bremse“ deutlich, dass das männliche Netzwerk-Solidaritätsprinzip nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in den Behörden somit in der Verwaltung in Deutschland vorherrscht. Seit 1949 gab es bis zum Erscheinungsdatum des Beitrags 692 beamtete Staatssekretäre, davon gerade einmal drei Prozent Frauen. Welcher Vorname dominierte? Richtig: Hans.

Diese Vornamengeschichte ist auch ein eher schwaches Argument. Natürlich sind bestimmte in der relevanten Altersgruppe häufige männliche Vornamen bei Führungspositionen eher vorhanden, wenn Männer ihr Leben eher auf Karriere ausrichten und Frauen eher auf eine Vereinbarkeit mit Familie. Eine Kausalität zum männlichen Namen herzustellen bzw damit zum Geschlecht blendet eben gerade diese Faktoren, die mit dem Faktor „Mann“ zusammen hängen aus, wie etwa die Bereitschaft zu mehr Wochenstunden, das höhere Interesse an Statusaufbau etc

Frauen solidarisiert Euch!

Aus diesen „Fehlern“ der Reproduktion von Chancenungleichheit die folgerichtigen Schlüsse ziehend, können Frauen von dem Netzwerk-Solidaritätsprinzip lernen. Sie können sich bewusst machen, wie ihr eigenes Verhältnis zu Konkurrenz ist. Oder wie stark sie mit dem „Zickenstereotyp“ identifiziert sind und es gegebenenfalls im Alltag weitertragen. Und sie können sich fragen, ob sie sich mit Frauen (diversen Alters, sexueller Ausrichtungen, unterschiedlicher Herkunft etc.) gegenseitig unterstützen und solidarisieren wollen. Sie können einander im Wettbewerb begegnen und sich gleichzeitig untereinander fördern und in Netzwerken kooperieren und unterstützen. Gemeinsam in die Führungsetagen aufzusteigen würde bedeuten, dass sie dort nicht nur zahlreicher vertreten wären (was hinsichtlich sozialer, wirtschaftlicher und nachhaltiger Aspekte für uns alle von Vorteil wäre), sondern auch, dass nicht weiterhin eine männliche Monokultur vorherrscht. Deshalb lautet mein Aufruf an alle Frauen da draußen: Solidarisiert Euch und gestaltet den Change zu einer diversen Arbeitswelt, in der wir alle voneinander lernen dürfen, aktiv mit!

Oder: Eignet euch die „männliche Strategie“ unabhängig von dem Geschlecht eures Konkurrenten ab und seht zu, dass ihr auf diesem Weg selbst nach oben kommt statt euch auf andere Frauen zu verlassen.

„Frauen, lasst die Teilzeit sein“

Ein Text widmet sich dem Umstand, dass Frauen häufig in Teilzeit arbeiten:

Warum also setzen die Frauen ihr Arbeitsmarktpotential nicht in vollem Umfang ein?

Die Antwort ist verblüffend: Ganze Kohorten jüngerer Frauen unterschätzten regelmäßig die Kosten, die ihnen durch ihr Muttersein entstehen, vor allem die „emotionalen Kosten“, die durch die Trennung von den Kindern, durch Schuldgefühle gegenüber Familie und Arbeitgeber oder etwa durch zu wenig Schlaf entstehen. Eine realistische Vorstellung davon machten sich junge Frauen kaum, nicht nur in Deutschland. „Man könnte das Mutterwerden als eine Art Informationsschock bezeichnen, der sich dramatisch auf das Verhalten der Frauen niederschlägt“, heißt es in der Studie. Mit erheblichen Folgen: „Die Wahrscheinlichkeit einer Anstellung nach der Geburt des Kindes sinkt für Frauen in den Vereinigten Staaten oder Großbritannien um 30 bis 40 Prozent. Dabei wirkt der Informationsschock nicht nur lange nach. Er verstärkt sich sogar. Frauen, die direkt nach der Geburt einer festen Arbeit gegenüber skeptisch werden, seien es zwei Jahre später erst recht. Und noch stärker sind die Effekte, wenn das zweite Kind geboren wird. Betroffen sind davon vor allem die gut ausgebildeten Frauen. Bei Vätern indes sind derlei Effekte nicht nachzuweisen.

Noch in den 60er und frühen 70er Jahren haben die Frauen ihren Willen und ihre Chancen auf eine Rückkehr an den Arbeitsmarkt nach der Geburt der Kinder regelmäßig viel zu niedrig eingeschätzt, heute tun sie das Gegenteil. „Genau in den Jahren, in denen die Frauen ihre Ausbildungs- und damit Investitionsentscheidungen in ihr eigenes Humankapital treffen, sagen sie die Kosten des Mutterwerdens völlig falsch voraus“, schreiben die Autoren in der Studie.

Caitlyn Collins, Soziologin an der Universität Princeton, hat versucht, diesen Zusammenhängen mit einer Vielzahl von Tiefeninterviews zu Leibe zu rücken, und das Buch „Making Motherhood Work“ dazu verfasst. Dafür hat sie sich nach London, Berlin und Stockholm begeben. Es scheinen vor allem zwei Dinge die hehren Pläne der jungen Mütter zu verändern, sich nach Geburt der Kinder wieder voll ins Berufsleben zu stürzen: Erstens wirkt sich die gemeinsame steuerliche Veranlagung negativ auf die Erwerbsbeteiligung der Frauen aus, denn Paare betrachten ihre beiden Einkommen zumindest in der Zeit, in der es zwischen ihnen einvernehmlich zugeht, als Familieneinkommen. Und zweitens tendieren Frauen, die Mutterschutz und Elternzeit in Anspruch nehmen, dazu, ihren Anteil an der Hausarbeit deutlich auszuweiten, so dass die gefühlte Möglichkeit der Vereinbarkeit immer kleiner wird.

Die gemeinsame steuerliche Veranlagung macht es einfacher, dass einer der beiden Aussetzt, weil dessen Freibetrag dann auch von dem anderen genutzt werden kann und man in der Progression tiefer rutscht. Es bedeutet aber auch: Man kann die finanzielle Absicherung an den Partner abgegeben und muss nicht unbedingt arbeiten

Eine Wertung erfährt diese Entwicklung der so beliebten Teilzeitbeschäftigung bei Frauen erst dann, wenn man sie vor dem Hintergrund bestimmter gesellschaftlicher Zielvorstellungen erzählt, etwa einer möglichst hohen Erwerbsbeteiligung der Frauen. Mit Brachialgewalt hat die CDU-geführte große Koalition einst unter Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) versucht, dies zu erzwingen. Sie hat dafür eine Reform des Unterhaltsrechts durchgesetzt und den Frauen im Scheidungsfall die Unterhaltsansprüche gestrichen. Beide Ehepartner sollten nach der Scheidung auf eigenen Beinen stehen. Das geht jedoch nur, wenn beide auch während der gemeinsamen Zeit vor der Scheidung arbeiten. Aber: Die neue, sehr eindeutige Rechtslage lässt vor allem die Frauen kalt. Zwar hat sich ihre Erwerbsbeteiligung seit der Gesetzesänderung 2008 deutlich erhöht, allerdings fast ausschließlich in Teilzeitbeschäftigung, steht in dem Bericht „Blickpunkt Arbeitsmarkt“ der Bundesagentur für Arbeit vom Juli 2018. Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen hat sich demnach faktisch nicht verändert. Bei den Männern hingegen treibt die Zunahme der Vollzeitbeschäftigung deren Arbeitsmarktbilanz.

Das blöde an Änderungen im Familienrecht ist, dass sie keine Sau mitbekommt, wenn sich Fälle nicht im nahen Umfeld zeigen. Aber es ist auch nicht zutreffend, dass der Unterhalt ganz gestrichen wurde. Es gilt nur eine strengere Erwerbsobliegenheit und der Unterhalt ist kürzer als früher, der nacheheliche Unterhalt muss üblicherweise für eine Zeit von „Ehezeit geteilt durch 3“ Jahren gezahlt werden und ehebedingte Nachteile müssen so lange ausgeglichen werden wie sie bestehen. All dies hat anscheinend nicht zu einer Veränderung der Teilzeitbeschäftigung geführt.

Auch mit Blick auf die Unabhängigkeit der Frauen ist der Rückzug in die Teilzeit geradezu fatal. Frauen bleiben von ihren Männern abhängig und werden es häufig auch im Alter noch sein. Im Fall der Trennung sind sie kaum auskömmlich versorgt. 60 Prozent der befragten Frauen gaben nach der Studie des Familienministeriums an, bis zur Rente in Teilzeit bleiben zu wollen, obwohl sie von ihrer eigenen Rente später nicht leben könnten. Ein Viertel will sich damit aber gar nicht erst befassen – zu deprimierend ist das Thema.

Vergessen wird immer: Auch der Mann wird abhängig. Wenn seine Frau nicht arbeitet oder nur gering in die Rente einzahlt, dann ist seine Rente auch stark gefährdet. Wenn sie sich im hohen Alter scheiden lässt, dann werden direkt Rentenpunkte übertragen. Es haben dann beide eine geringe Rente. Und hinter „60% der befragten Frauen wollen bis zur Rente in Teilzeit arbeiten“ verbirgt sich eben auch, dass die meisten Frauen ihre Kinder mit 30-35 bekommen und dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind (also bei einem Alter der Frau von etwa 50-55) die Teilzeit dann noch für 12-17 Jahre fortgesetzt wird.

Mehr noch: Einfluss und Gestaltungsmacht erobern sich die Frauen auf diese Art und Weise in der Wirtschaft ganz bestimmt nicht, solange Karrieren noch immer vor allem auf Lebensläufe mit Vollzeitjobs bauen. Die deutsche Wirtschaft ist männlich und wird es auch noch lange bleiben. Das kann an der berühmten „gläsernen Decke“ liegen, an altbewährten, noch immer hervorragend funktionierenden Männerbünden oder gar an einer unbewussten Wahrnehmungsverzerrung in Bezug auf weibliche Qualifikationen. Es liegt aber auch daran, dass sich wegen der Teilzeit-Vorliebe für die Hälfte der erwerbstätigen Frauen eine größere Karriere kaum ergeben kann. Wenn sich das ändern soll – und das wäre aus vielen Gründen wünschenswert –, müssten sich viel mehr Frauen aus der Teilzeit verabschieden als bisher. Sonst ändert sich nichts.

Das stimmt. Es wird aber leider selten als direkter Appell an die Frauen gerichtet. Über Quoten für Frauen wird hingegen unter Ausblendung dieses Umstandes gern geredet.

„Schatz, such dir bitte endlich einen Job“

Ein interessanter Artikel in der Cosmopolitan, in der ein Mann will, dass seine Frau sich endlich einen Job sucht:

Die Zukunft lag verheißungsvoll vor uns – zwei frischgebackene Anwälte mit hilfsbereiten Eltern im Rücken und dem Traum, eines Tages eine Familie zu gründen.

Meine Karriere ging los, und mit ihr die mörderischen Arbeitszeiten und der brutale Stress, den viele junge Anwälte aushalten müssen. Darauf war ich vorbereitet. Was mich überraschte, war etwas anderes: deine Haltung zum Thema Karriere. Plötzlich wirktest du nämlich gar nicht mehr so überzeugt von der Idee, einen guten Job zu finden – oder überhaupt einen Job.

Es brauchte viel sanften Druck von mir (und etwas unsanfteren Druck von der Bank, bei der du deinen Studienkredit abbezahlen musstest), bis du irgendwann anfingst, Bewerbungen zu schreiben. Für Stellen, die nichts mit Jura zu tun hatten, die auch jemand mit einem halb so guten Lebenslauf bekommen hätte. Und die ein entsprechend bescheidenes Gehalt abwarfen.

Da sagt er ja einmal genau das, was auch in der Gender Pay Gap Diskussion immer vollkommen unter den Tisch fällt: Ein Mehrverdienst kann auch schlicht aus Stress und Überstunden bestehen, schlechter bezahlte Jobs können dafür dann auch weniger stressvoll sein oder weniger Konkurrenz- und Erfolgsbezogen: Wo der Rechtsanwalt in den USA (wo der Text vermutlich herstammt) „billable Hours“ schaffen muss und nach seinen Umsätzen bewertet wird haben es Leute in Rechtsabteilungen oder auf einer Richterposition durchaus einfacher. (zum Gender Performance Gap bei Rechtsanwälten)

Dann wurdest du schwanger. Wir beide hatten uns ein Kind gewünscht. Damit hattest du nun einen Job, sogar den wichtigsten der Welt. Und weil wir Glück hatten, bekamen wir nach ein paar Jahren noch ein Kind. Du hast nie wieder gearbeitet. Obwohl beide Kinder jahrelang auf Ganztagsschulen gingen. Demnächst fängt unser Ältester mit dem Studium an.

Die „Flucht in die Kinderbetreuung“ ist glaube ich gar nicht mal so selten. Gerade wenn der Job sehr aufwändig wäre kann das, wenn der andere Partner genug verdient. Und „sehr stressiger und umfangreicher Job führt nach Geburt des Kindes dazu, dass sie in einen weniger stressigen wechselt, der dann auch schlechter bezahlt wird“ auch. Kinder sind in der Hinsicht auch eine gute Entschuldigung dafür, dass man da kürzer tritt „Das Kind geht vor“, gefolgt von „wenn man ein Kind hat, dann verschieben sich eben die Prioritäten“. Und das kann auch alles stimmen und muss eben noch nicht einmal vorgeschoben sein.

Ich bin die Karriereleiter einigermaßen gut hochgekommen. Wir sind die typische, erfolgreiche Mittelschicht-Familie: hübsches Haus in einer sicheren, ruhigen Gegend. Glückliche, gesunde Kinder. Genügend Rücklagen für ihr Studium. Aber all das hat mich enorm viel gekostet – vor allem Kraft und Gesundheit. Ich stehe seit Jahrzehnten konstant unter Druck. Wenn ich Leute treffe, die mich länger nicht gesehen haben, merke ich, wie sie kurz zusammenzucken. Manchmal höre ich sie hinter meinem Rücken flüstern, wie alt ich doch aussehe.

Um es ganz klar zu sagen: Noch mal 25 Jahre schaffe ich das nicht. Ich träume schon länger heimlich davon, meine Firma zu verlassen und mir woanders eine entspanntere Stelle zu suchen. Und, dass du diesen Schritt finanziell ausgleichst, indem du auch wieder arbeiten gehst. Seit Jahren bitte ich dich darum, dir eine Stelle zu suchen, ein paarmal habe ich dich regelrecht angefleht.

Eine Karriere die Stress ist, die einen fertig macht und die einen vorschnell altern lässt. Nicht einfach nur mehr Geld und Ruhm. Es wäre schön, wenn das mal in der Debatte ankommen würde. Natürlich gibt es auch Leute, die den Stress und die Bestätigung in ihrem Leben brauchen. Aber es muss keineswegs so sein, dass der Mann etwas dagegen hat und bremst, wenn es darum geht, dass sie mehr verdienen könnte.

Fast meine komplette Freizeit geht dafür drauf, im Haushalt zu helfen oder die Kinder zu versorgen. Mir ist klar, dass traditionelle Geschlechterrollen fürchterlich beklemmend sein können – aber das gilt auch umgekehrt. Ich käme mir jedenfalls weniger ausgenutzt und allein gelassen vor, wenn du finanziell mithelfen würdest. Wenigstens ein bisschen.

Daraus wird leider nichts. Mir ist klar geworden, dass es für dich völlig in Ordnung ist, wenn ich mich zu Tode arbeite in einem stressigen Beruf, den ich immer mehr hasse.Hauptsache, du musst nicht zurück ins Arbeitsleben, oder?

Überhaupt interessant, dass er meint sich so dafür rechtfertigen zu müssen, dass er will, dass sie etwas macht, wenn die Kinder schon fast aus dem Haus sind. Man könnte das auch als Selbstverständlichkeit ansehen.

Es ist auch nicht so, als würdest du dich langweilen. Du bist sogar ziemlich gut beschäftigt, mit ein paar Ehrenämtern, Sport und angenehmen Hobbys. Oder du triffst dich mit deinen Freundinnen, denen es ähnlich gut geht wie dir. Und die ebenfalls für sich entschieden haben, dass es sich außerhalb des Arbeitsmarktes einfach bequemer lebt. Da sitzt ihr dann und beschwert euch immer wieder über kleinere finanzielle Engpässe.

Und auch das kann in der Tat sehr angenehm sein: Man ist mit Tätigkeiten beschäftigt, bei denen man freiwillig tätig ist, bei denen Leute weniger verlangen können und bei denen man weniger Druck hat, bei denen man aber darlegen kann, dass man etwas tut. Er verdient das Geld und sie lebt gut.

Aber den Druck auf eure Finanzen und eure ausgebrannten Männer zu verringern, indem ihr mal eigenes Geld verdient – das kommt euch nie in den Sinn (zumindest sprecht ihr nicht offen darüber).

Unsere Familie ist dankbar für all die schönen Dinge, die wir genießen dürfen. Und für das Privileg, unser Geld deutlich weniger hart erarbeiten zu müssen als Millionen anderer Menschen. Mir ist auch durchaus bewusst, dass Arbeit keinen Spaß machen muss. Aber ich will ja auch nicht, dass du arbeitest, damit ich mir endlich einen Porsche oder ein Ferienhaus leisten kann – sondern damit ich beruflich kürzertreten kann, ohne dass wir unseren Lebensstandard einschränken müssen.

Ich will, dass du arbeitest, damit ich nicht mehr nachts wachliege mit der Panik im Bauch, dass nur meine Karriere zwischen uns und dem finanziellen Ruin steht. Ich will, dass du arbeitest, damit sich unsere Ehe wie eine echte Partnerschaft anfühlt. Und ich mich weniger fühle wie dein Geldesel.

Es sind ja durchaus berechtigte Kritikpunkte. Ich könnte mir heute auch keine Hausfrauenehe mehr vorstellen.

Ich will, dass unsere Tochter dich arbeiten sieht, denn ich will, dass auch sie sich später einen Beruf sucht, damit sie nie so abhängig von einem Mann sein muss, wie du es von mir bist. Und zwar egal wie sehr er sie liebt (denn das wird er auf jeden Fall). Aber der allerwichtigste Grund, warum ich will, dass du arbeitest, ist folgender: Ich will mich geliebt fühlen.

In Deutschland wäre ja das interessante: Wenn er von ihr verlangt, dass sie jetzt arbeitet, sie macht es nicht, und er trennt sich von ihr, dann könnte sie noch ein volles Jahr Unterhalt kassieren, ohne dass er sie darauf verweisen könnte, dass sie ja auch arbeiten kann. Sie trifft im Trennungsjahr keine Erwerbsobliegenheit.

Wie planen Frauen ihre Führungskarriere? Ernüchternde Antwort: Fast gar nicht.

Genderama wies auf einen interessanten Artikel hin, der mal wieder darauf hinweist, dass es bei der Besetzung von Führungspositionen sehr schwer ist, die passenden Frauen zu finden:

Wie planen Frauen ihre Führungskarriere? Ernüchternde Antwort: Fast gar nicht.

2006 ließ Lindlpower Personalmanagerent eine Studie durchführen, „Wollen Frauen führen?“, so der Titel. Nun, zehn Jahre später, wurde die Studie wiederholt.

Fazit: Frauen gehen noch immer mit einem völlig anderen Motivations- und Mindset an ihre Karriere heran als Männer. Sie planen weniger zielstrebig, definieren sich über Soft Skills und scheitern an der Vereinbarkeit von Job und Familie. Lindlpower-Geschäftsführerin Manuela Lindlbauer und Studienleiterin Helene Karmasin (Karmasin Behavioural Insights) stellten am Dienstag die Ergebnisse vor.

Das ist eine Formulierung nach dem Scheitern, man könnte sie auch anders ausdrücken: Frauen planen nicht, weil sie gar nicht so sehr an Familie interessiert sind, sie wollen lieber einen bestimmten Zeitrahmen für Familie behalten und suchen Arbeitsbereiche, die zu ihrer Persönlichkeit etc passen. Es ist aus meiner Sicht einer der größten Fehler in der Debatte, dass man davon ausgeht, dass Frauen in der Hinsicht die gleichen Prioritäten haben müssen wie Männer und ebenso an Status, Macht und Geld interessiert sein müssen. Einige Frauen mögen daran interessiert sein, dass Frauen als Gruppe genauso häufig an den „Schaltern der Macht“ sitzen, aber vielen Frauen ist das für sich selbst den Aufwand nicht wert.

Ein Gender Shift, wie er seit Jahren als internationaler Megatrend ausgerufen wird, ist demnach in Österreichs Führungsetagen nicht zu erkennen. Zwar sieht Lindlbauer den Einfluss von Männerbünden und die offene Diskriminierung vom Frauen schwinden, jedoch: „Wir schaffen es oft nicht, geeignete Kandidatinnen zu motivieren, sich für die obersten Führungsebenen zu bewerben.“

Den Unternehmen könne man mittlerweile kaum mehr Vorwürfe machen. Es habe sich herumgesprochen, dass gemischte Führungsteams produktiver sind. Die Nachfrage nach weiblichen Top-Managerinnen übersteige das Angebot bei weitem.

Die Firmen suchen also händeringend nach weiblichen Top-Managerinnen, die sich den Stress antun wollen, und finden keine aus den oben genannten Gründen. Viele Feministinnen werden da zwei Punkte gegenhalten:

  • Das Frauen sich noch nicht trauen/noch nicht motiviert für die Führungspositionen sind, zeigt, dass sie doch noch unterdrückt sind und die Rollenbilder noch mehr aufgebrochen werden müssen.
  • Wenn Frauen die Führungsjobs nicht wollen, dann muss man die Führungspositionen eben ändern: Warum sollte man daraus nicht zB zwei Halbtagsjobs machen oder einfach die Arbeitszeiten verkürzen und den Stress einer Führungsposition verbieten? Dann werden auch mehr Frauen kommen.

Das erste passt nicht zu der Erfolglosigkeit bisheriger Bemühungen, das zweite ist praktisch nicht durchsetzbar.

Woran Frauen scheitern
Trotz frauenfreundlicher Initiativen scheitern Frauen an vier Punkten:

  • Sie arbeiten lieber in den „soften“ Abteilungen, für die man soziale Kompetenz braucht und Einfühlungsvermögen, aus denen aber selten der Weg in die erste Führungsebene führt.
  • Sie definieren sich über Soft Skills.
  • Sie haben weniger Selbstbewusstsein.
  • Sie steuern weniger bewusst eine Führungsposition an.

Interessant: Die wenigen Top-Managerinnen unterscheiden sich in genau diesen Punkten signifikant von ihren Geschlechtsgenossinen. Sie ordnen sich selbst stärker Hard Skills zu und streben auch deutlich bewusster nach Führungspositionen.

Also: Die Frauen, die es schaffen, entsprechen genau in diesem Punkten nicht den übrigen Frauen. Wenn sich demnach jemand ändern müsste, dann wären es eher die Frauen. So etwas zu fordern wäre aber natürlich Sexismus.

Für alle Frauen gilt: Sobald sie sich entscheiden, eine Familie zu gründen, schaffen sie es nur mehr schwer, den Anforderungen an ihre zeitliche Flexibilität gerecht zu werden. Das hat sich auch 2016 nicht geändert.

Auch das kann man anders ausdrücken: Sobald sie eine Familie gründen wollen sie im Gegensatz zur männlichen Konkurrenz auch tatsächlich Zeit mit dieser verbringen und sind auch überwiegend nicht an einem Partner interessiert, der die Kinder für sie betreut.

Weitere Beiträge, die dieses Bild bestätigen:

Überstunden

Auf Twitter wurde ich auf eine Quelle mit einigen interessanten Grafiken zu Überstunden hingewiesen:

Dabei ist insbesondere die Grafik zu der Verteilung nach Geschlecht interessant:

ueberstunden-nach-geschlecht2

Wie man sieht ist der Anteil der Männer an den Überstunden durchgängig höher.

ueberstunden-und-ausgleich

Hier sieht man, dass ein Großteil der Überstunden nicht abgegolten werden, weder in Freizeit noch in Geld, also in dem Gehalt enthalten sind. Der Faktor „nicht bezahlte Überstunden“ wird übrigens in den klassischen Berechnungen zum Gender Pay Gap nicht berücksichtigt, weil diese ja nicht registriert und gemeldet werden.

ueberstunden-und-taetigkeit

Hier sieht man auch gut, dass die Überstunden sich auch auf das Gehalt auswirken. Wer wenig bekommt muss im Gegenzug auch häufig weniger damit rechnen Überstunden zu machen, wer viel bekommt, bei dem werden Überstunden eher erwartet. Jede Beförderung ist damit indirekt auch eine Entscheidung dafür, ob man bereit ist mehr Überstunden zu machen.Wer dazu nicht bereit ist, etwa weil er Zeit für Familie und Kinder haben will, der muss sich eben überlegen, ob er die Beförderung (und das damit verbundene Geld) ablehnt

ueberstunden-nach-gehaltsklasse

In das gleiche Horn stößt auch die nächste Grafik: Mit steigenden Gehalt steigen auch die Überstunden. Statt einer 40 Stundenwoche eine 50 Stundenwoche zu haben macht sich dabei schon deutlich bemerkbar.

ueberstunden-anteile-gehaltsklasse

Auch hier sieht man, dass mit steigenden Gehalt diese im Lohn inbegriffen sind. Man wird dafür bezahlt einen bestimmten Job zu machen, mit soviel Einsatz, wie dafür erforderlich ist. Ab gewissen Lohnbereichen machen nahezu alle Mitarbeiter unbezahlte Überstunden.

vgl auch:

Unterschiede bezüglich Arbeitslosigkeit bei Männern und Frauen

Die New York Times stellt unterschiedliche Auswirkungen der Arbeitslosigkeit bei Männern und Frauen dar:

Almost 60 percent of the women say it has improved their relationship with their children, but only 22 percent of men say the same.

Working is in decline for both men and women in the United States. And many of the reasons are the same: weak growth, foreign competition, technological change. But as we highlighted in a pair of articles in recent days, there are also key differences in the out-of-work experiences of men and women — differences with real consequences for the question of what it would take to get people back to work.

The poll results suggest that men are more burdened by pride. They are less willing to take a minimum wage job or an entry-level job in a new field.

So eine Umfrage ist natürlich immer mit Vorsicht zu sehen. Ich kann nicht sagen, wie sauber sie durchgeführt wurde. Die Ergebnisse scheinen mir aber auch nicht ungewöhnlich.

Wenn der Status und das Ansehen bei einem Mann eher davon abhängt, wie er beruflich dasteht und eine Frau eher weniger an Status verliert, wenn sie „ganz Mutter“ ist, dann ist dies durchaus verständlich.

Dann können sich Frauen eher auf die Mutterrolle einlassen und als Ergänzung auch eher einen schlechten Job akzeptieren, da man von ihnen weitaus weniger erwartet, dass sie Haupternährer und Versorger der Familie sind.

Frank Walsh is featured in my article for his unwillingness to work for $10 an hour, which is roughly his wife’s hourly wage as a teacher’s assistant.

“She’s just more willing,” he told me. “She’s just more accepting.”

At the same time, men also come across as more eager to work.

They were almost twice as likely to say they were willing to commute more than an hour each way, and about 50 percent more likely to say they were willing to move to another city. Similarly, men were much more willing than women to return to work for 25 percent less money than they made in their previous job.

Männer waren also eher bereit bestimmte Einschränkungen hinzunehmen, wenn sie dafür den Status ihres alten Jobs wiederbekamen bzw. sich eher von der Familie zu entfernen, wenn dies einen besseren Job bedeutete. Das dies natürlich auch in den „Gender Pay Gap“ einzubeziehen ist, wäre eine andere Sache. Hier zeigt sich, dass sich die Geschlechterrollen und die Erwartungen an den Mann auch so auswirken, dass er einen geringeren Job nicht akzeptiert – Feministinnen würden das vielleicht als Zeichen nehmen, dass er sich für etwas besseres hält, während Frauen es gewöhnt sind schlecht bezahlt zu werden, es ist aber aus meiner Sicht vor dem Hintergrund, dass Männer damit eher ihre Rolle erfüllen, die ihnen bestimmte Pflichten auferlegt, besser zu begründen.

In dem Artikel heißt es weiter:

The reason appears to be that women — particularly those with children — placed a higher value on being at home. Mothers were much more likely than fathers to describe “family responsibilities” as a reason they had not returned to work.

This implies that it will take more to lure those women back to work. “Often the challenge is insurmountable in part because there is a dearth of programs and policies in the United States to support women in their prime career and childbearing years,” my colleagues Claire Cain Miller and Liz Alderman wrote in their article on the recent decline of female employment.

Also auch hier eine Auswirkung der klassischen Rollen: Frauen DÜRFEN eben auch eher zuhause bleiben als Männer. Staatliche Unterstützungen mögen dann ihr übriges tun.

Men who weren’t working reported declines in well-being, with 43 percent saying their mental health was worse and 16 percent saying it was better, and with 41 percent saying their physical health was worse and 19 percent saying it was better. Women reported almost no difference in physical health and a small decline in mental health, with 29 percent saying they felt worse and 25 percent saying they felt better.

The gender difference is also visible in the way nonworkers spend their days.

Nonworking women were more likely to say they were engaged in activities like volunteering, caring for family members and exercising. The activities the men were more likely to be doing than the women? “Non-exercise leisure activities such as reading, watching TV and surfing the Internet.”

A 2013 study of time-used data gathered by the federal government reached a similar conclusion. It found that people who left work in recent years devoted 51 percent of their former working hours to leisure, including sleep, and 30 percent to housework and errands. The study found that women did relatively more housework and got more sleep, while the men watched more television.

Frauen haben also eher eine neue Rolle gefunden, die keine Erwerbsarbeit erfordert, während Männer dies schwierig fanden. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass arbeitslose Männer eher Single waren oder seltener Kinder zu betreuen hatten als Frauen.

„Das Recht zu wählen, was man tut“ vs. „das Recht, die falsche Wahl zu treffen“

Viele Konflikte im Feminismus lassen sich denke ich auf den Unterschied zwischen den beiden Aussagen herunterbrechen:

  • Frauen haben das Recht, zu machen, was sie wollen
  • Frauen haben das Recht, auch die „falsche“ Wahl zu treffen

Ein einfaches Beispiel wäre die Wahl zwischen der Schwerpunktsetzung bei Karriere oder Familie, wobei gleichzeitig nicht hingenommen wird, wenn sich mehr Frauen für einen Schwerpunkt bei Familie entscheiden.

Der Unterschied wird meist wie folgt behandelt:

  • Eine Frau sollte sich entscheiden können, wie sie will, wenn sich aber ergibt, dass sich die Gruppe von Frauen anders entscheidet als es „Richtig“ ist, dann kann es keine freie Entscheidung gewesen sein
  • Schuld daran, dass keine freie Entscheidung getroffen werden kann ist „das Patriarchat“, die „hegemoniale Männlichkeit“ oder „die Geschlechterrollen“, jedenfalls aber kein freier Wille der Frau

Hier entsteht dann die „Unmündigkeit der Frau“, also der Vorwurf, dass der Feminismus den Frauen selbst abspricht, die aus ihrer Sicht beste Entscheidung zu treffen.

Eine andere Variante wäre:

  • Die sich für das Falsche entscheidende Frau trifft eine bewusste, mündige Entscheidung, aber nur innerhalb der bereits für sie nachteiligen Gesellschaft. Würde die Gesellschaft nicht so patriarchisch sein, dann müsste sie die falsche Entscheidung nicht treffen.

Der Nachweis, dass die Gesellschaft negativ für Frauen ist und demnach patriarchisch sein muss wird dann häufig wieder darüber geführt, dass sie sich eben falsch entscheiden. Ein ähnliche Form dieses Arguments wurde zB bei Tom174 besprochen: Die Autorin eines Artikels stellt darauf ab, dass die Männer eben nicht bereit sind innerhalb des Berufs zugunsten der Familie zurückzustecken, deswegen bleibt es eben an der Frau hängen, die deswegen die Kinder betreuen müssen. Hier geben die Väter direkt die Handlung vor, warum sich die Männer durchsetzen und nicht die Frauen und wie diese Willensentscheidung gebildet werden, wird nicht weiter hinterfragt.

In diesem Szenario kann man dann also einen Teil der Unmündigkeit wieder rausnehmen, leider wird eben meist auf den Nachweise dafür, dass Frauen

  1. die Gesellschaft anders gestalten würden, wenn sie könnten
  2. die gegenwärtige Gesellschaft ihre Entscheidung begründet

verzichtet.