Kochen und der Energieverbrauch des Gehirns

Im Spiegel wird Forschung besprochen, die die Theorie überprüft, nach der Kochen mitverursächlich war für die Weiterentwicklung unseres Gehirns. Es wird geprüft, welcher zusätzliche Nahrungsbedarf durch das große Gehirn entsteht:

Ein Gorilla müsste demnach 122 Milliarden Gehirnzellen zusätzlich entwickeln, damit sein Gehirn zwei Prozent seines Körpergewichts ausmacht. Dafür müsste der Menschenaffe 733 Kilokalorien mehr pro Tag aufnehmen, denn das Gehirn verbrauche für jede zusätzliche Milliarde Neuronen rund sechs Kilokalorien. Um diese zu bekommen, müsste der Gorilla zwei Stunden und zwölf Minuten länger Futter suchen und fressen als die bisher durchschnittlich acht Stunden, schreiben die Wissenschaftlerinnen im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Hätte unser früher Vorfahre, der vor rund einer Million Jahren lebende Homo erectus, sich genauso ernährt wie die heutigen Menschenaffen, hätte auch er mindestens neun Stunden täglich für die Nahrungssuche benötigt, so die Forscherinnen. Für andere Tätigkeiten wie das Werkzeugmachen oder soziale Kontakte wäre dann kaum mehr Zeit geblieben. „Unsere Daten sind eine direkte Bestätigung der Theorie von Wrangham“, konstatieren Fonseca-Azevedo und Herculano-Houzel. Allein mit Rohkost hätten unsere Vorfahren ihr großes Gehirn nicht entwickeln können. „Wenn Nahrung gekocht wird, liefert sie mehr Kalorien, weil die Nährstoffe besser verdaut und vom Körper aufgenommen werden können.“

Hier sieht man auch ein gutes Beispiel zwischen Kultur und Umwelt. Weil eine Kulturtechnik wie das Kochen des Essens Zeit schafft, um andere Tätigkeiten zu übernehmen. Zudem waren dadurch auch weitere Möglichkeiten für eine weitere körperliche Veränderung vorhanden. Weil Nahrung leichter verdaut werden konnte, wenn sie gekocht war, konnte die Verdauung anders gestaltet werden und das Abkochen dürfte auch die Krankheitserreger eingeschränkt haben. Inbesondere aber konnte man sich damit ein so kostspieliges Organ wie das Gehirn leisten. Selbst wenn man nicht den ganzen Tag für die Nahrungsaufnahme verwendete, konnte man das Gehirn mit hinreichend Nahrung versorgen.

Unterschiede in den geistigen Fähigkeiten der Geschlechter und Ökonomie des Gehirns

In dem Artikel „Wachstum, Hoxgene und hormonelle Steuerung“ hatte ich dargelegt, dass es sich lohnt, zwei verschiedene Programme für die Geschlechter vorzusehen. Nun könnte man anmerken, dass es bei den geistigen Fähigkeiten doch günstiger wäre, wenn diese jeweils bei beiden Geschlechtern in jedem Bereich auf dem höchstmöglichen Stand wäre. Dann könnten zB Frauen besser räumlich denken und Männer besser Sprachen lernen.

Dies verkennt aber, dass Gehirnplatz aus zwei Gründen teuer ist:

1. Der Unterhalt des Gehirns ist teuer

Das Gehirn des Menschen verbraucht einen hohen Anteil unseres Tagesbedarfs, ca 18%. Rechenkraft will eben bezahlt werden und ist energieaufwändig. Um so mehr Rechenkraft vorhanden ist, um so teurer ist auch der Unterhalt des Gehirns. Intelligenz in einem Bereich ist insofern nur dann etwas wert, wenn diese auch genutzt werden muss. Ansonsten stehen den Kostens des Unterhalts kein realer Nutzen gegenüber. Ein weniger leistungsfähiges Modell in einem Bereich kann damit bei Arbeitsteilung ebenfalls einen selektiven Vorteil innerhalb eines Geschlechts bieten.

2. Der Platz im Schädel ist begrenzt

Wir Menschen haben einen überproportionalen Kopf. Ein noch größerer Kopf hätte entweder erfordert, dass das Becken der Frau noch breiter wird, damit der Kopf bei der Geburt hindurchpasst, oder aber das das Kind noch unentwickelter geboren wird (was noch geringeren Schutz und stärkere Anfälligkeit und damit noch mehr Betreuung bedeutet). Die Rechenkapazität für eine Eigenschaft auszubauen kann dann bedeuten, die Rechenkapazität für eine andere Eigenschaft abbauen zu müssen. Da die Geschlechterdifferenz eine der größten Unterscheidungen bezüglich der zu erwartenden Eigenschaften in der Steinzeit war, kann es sinnvoll gewesen sein, die platzsparende Optimierung nach Geschlecht vorzunehmen.

Insgesamt wird damit deutlich, dass eine Spezialisierung entlang der Geschlechtergrenzen die Möglichkeiten des Gehirns am besten ausreizt. Auch dies ist vielleicht ein Grund für den Erfolg der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern gewesen.