„Wieso Frauen bei der Digitalisierung benachteiligt sind“

Wieder mal so ein Artikel, der alle Klischees trifft:

Frauen haben durchschnittlich weniger digitales Wissen. Wieso das gefährlich ist und was dagegen getan werden müsste

In den vergangenen Jahren haben sich Frauen mehr Gleichberechtigung erkämpft. Doch jetzt droht ein schwerer Rückschritt. Was, wenn hauptsächlich Männer technische Hilfsmittel programmieren und mit digitalen Tools arbeiten? Wenn sich nicht bald etwas ändert, werden Frauen bei der Digitalisierung abgehängt. Und das hätte drastische Auswirkungen. Schon jetzt sind Berufe in technischen Branchen besser bezahlt. Diese sind mehrheitlich von Männern besetzt. Dadurch vergrößert sich Einkommensschere. Doch warum haben Frauen durchschnittlich weniger digitale Kompetenzen?

Die naheliegendste Vermutung wäre, dass Frauen sich für digitale Themen weniger interessieren und daher auch weniger auf dem Bereich tätig sind. Was mal wieder gut zum Personen – Dinge – Unterschied passen würde.

„Zu Beginn der Digitalisierung wurde viel Geld in die Industrie investiert, um die Arbeitenden dort – vor allem Männer – an die Digitalisierung anzupassen. Während die Beschäftigten im Bereich Dienstleistungen, in dem viele Frauen arbeiten, kaum mit Weiterbildungen unterstützt wurden“, erklärt Nadja Bergmann, Forscherin im Bereich Digitalisierung und Arbeitsmarkt am Institut L&R Sozialforschung.

Schau an, in Personenberufen bzw häufig wahrscheinlich in sozialen Berufen wird weniger in die Digitalisierung investiert. In der Industrie hingegen anscheinend schon eher. Das kann nur Frauenfeindlich sein.

Verinnerlichte Klischees

Der im Jänner veröffentliche Projektbericht der Fachhochschule Wiener Neustadt mit dem Namen „Gender Gap 4.0“ zeigt Barrieren für Frauen auf. Digitale Kompetenzen werden eher Männern zugeschrieben. Infolgedessen sind auch Fortbildungen eher auf die Interessen und Kompetenzen von Männern ausgelegt und zugeschnitten. Die interviewten Frauen berichteten, ihnen würde grundsätzlich weniger zugetraut und sie müssten sich stärker beweisen. Fehlt es an Grundlagenwissen, schrecken sie vor Fachbegriffen zurück und halten deshalb von digitalen Themen Abstand.

Da stellt sie in ihrer Einleitung fest, dass Frauen tatsächlich eine geringere Kompetenz haben. Und dann ist sie verwundert, wenn Männer  – wohl ja im Schnitt – als kompetenter angesehen werden.  Eigentlich folgt ja das eine aus dem anderen. Und selbst wenn sie es Gruppenbezogen und nicht auf den Schnitt bezogen ansieht hätte ja das Vorurteil immerhin einen nachvollziehbare Basis.
Natürlich kann der Punkt, dass der einzelnen Frau dann weniger zugetraut wird, durchaus problematisch sein. Die einzelne Person einer Gruppe muss ja keineswegs dem Schnitt der Gruppe entsprechen, dem sie angehört. Aber die Frage wäre natürlich wie man das objektiv messen kann.

Ein Grund dafür ist das mangelnde Selbstvertrauen der befragten Frauen. Sie muteten sich signifikant weniger digitale Kompetenzen zu als ihre männlichen Kollegen. Was wiederum an der stereotypen Zuschreibung von Geschlechterklischees liegt, die sie verinnerlichten.

In feministischen Theorien gibt es auf der einen Seite die hochkompetente Frau, die nur aufgrund von Sexismus nicht nach oben kommt und gleichzeitig die Frau, die sich von Rollenbildern von außen einschränken lässt, kein Selbstvertrauen hat, wesentlich mehr Unterstützung hat und die diverse Nachteile hat, die auszugleichen sind.

Welche Frau man gerade hat hängt davon ab ob es gerade darum geht, dass die Gesellschaft ungerecht ist, weil sie nicht erkennt, dass die Frau genau so gut ist oder ungerecht, weil die Frau nicht hinreichend gefördert wird.

Oft fehle es auch an Unterstützung des Arbeitgebers. Fortbildungen müssen selbst gezahlt und in der Freizeit absolviert werden.

Da viele Frauen in Teilzeit arbeiten, oft aufgrund der Kinderbetreuung, ist eine ganztägige Fortbildung für viele nicht möglich. Gerade nach der Elternkarenz wünschten sich die Interviewten explizit die Zeit und die Möglichkeit, sich in Programm-Updates oder Tools einzuarbeiten. Zwar wurden durch die Pandemie einige Arbeitsabläufe digitaler, aber dies betraf hauptsächlich Kommunikations- und Kollaborationssysteme, so die Forscherin Karin Wegenstein der FH Wiener Neustadt.

Auf deren Pressemitteilung scheint auch der gesamte Artikel zu beruhen.

Aber auch hier interessant, dass man in dem Kontext „Frauen werden benachteiligt und brauchen auf sie zugeschnittene Förderung“ anspricht, dass schon eine ganztägige Fortbildung für viele nicht möglich ist. Was ja wahrscheinlich auch schon einen gewissen „Fortbildungsgap“ ergibt. Ganz zu schweigen von Überstunden bzw der Flexibilität in ein dringendes Projekt über kurze Zeit besonders viel Zeit zu investieren. etc.

Ein Teil der Probleme sollte allerdings durch Online-Schulungen behebbar sein – immerhin kann man dann auf die Kinder aufpassen und gleichzeitig ein Seminar wahrnehmen.

Lösungen

Klar ist: Eine gezielte Frauenförderung ist sinnvoll. Frauen sollten nicht nur Grundlagen erlernen, sondern auch ermutigt werden, Gestaltungskompetenzen zu erlernen, zum Beispiel programmieren.

Eben gerade mal programmieren lernen. Noch dazu in einer Teilzeitstelle.

Damit Frauen aber nicht abgeschreckt werden, sollten eine Fortbildungskursbeschreibung möglichst wenige Fachbegriffe beinhalten und die Anwendungsmöglichkeiten klar sein.

Nur als Feministin darf man wahrscheinlich schreiben, dass Fortbildungskurzbeschreibungen, die nicht unfair gegenüber Frauen sein wollen, doch bitte keine Fachbegriffe enthalten sollten.

Ich glaube für ein Spiel „Wer hat es gesagt, der Macho oder die Feministin?“ könnte man einige schöne Beispiele finden.

„Kurse zu digitalen Kompetenzen mit weiblichen Vortragenden sind für Frauen meist attraktiver“, sagt Wegenstein. Halbtagsworkshops für Frauen in Teilzeit und finanzielle Unterstützung der Firmen für Weiterbildungen sind laut der Studie ebenfalls essenziell. Das nötige technische Equipment sollte den Frauen zur Verfügung gestellt werden.“ Wir brauchen weibliche Vorbilder“, sagt Andrea Koscher, Projektleiterin am BFI Oberösterreich.

Es ist immer wieder interessant, dass für Frauen diverse Sonderrechte gefordert werden die anscheinend für Männer nicht notwendig sind.

Wenn Frauen die Vielfalt der digitalen Möglichkeiten und Berufe kennenlernen, etwa durch Netzwerken, sie in Unternehmen deutlich mehr unterstützt und geschlechterbasierte Vorurteile abgebaut würden, besteht eine gute Chance, aufzuholen. Denn Frauen sollten die Gestaltung der digitalen Zukunft nicht meist jungen Männern ohne Migrationshintergrund überlassen.

Der Satz über weiße Männer ist ja auch schon wieder hervorragend. Nur ist „Gestaltung der digitalen Zukunft“ eben nichts, für das man sich was kaufen kann. Wenn die Frauen dieser Punkt schlicht nicht interessiert (und warum sollte es sie interessieren, welche Gruppe die digitale Zukunft mehr gestaltet?) dann kann man eben damit nicht viel Begeisterung hervorrufen