Berlin Wahlen

Ampel will Staatszahlungen an Kirchen beenden

Die Tagesschau berichtet:

Wer in Deutschland Steuern zahlt, finanziert Bischofs- und Pfarrgehälter indirekt mit – selbst wenn man aus der Kirche ausgetreten ist. Denn seit über 200 Jahren bekommen Kirchen Geld vom Staat – allein letztes Jahr rund 600 Millionen Euro. Doch damit soll bald Schluss sein.

(…)  Er zahlt auch nach dem Austritt weiter Geld an die beiden großen Kirchen, sogenannte Staatsleistungen. Die gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Zu Napoleons Zeiten mussten die Kirchen Besitztümer an weltliche Fürsten abtreten. Dafür wurde ein jährliches Entschädigungsgeld vereinbart – das auch im Jahr 2023 noch gezahlt wird. Es soll eigentlich schon lange abgeschafft werden – das ist aber bis heute nicht passiert.F
ür Lars Castellucci von der SPD ist klar, damit muss Schluss sein: „weil das kaum mehr vermittelbar ist in der heutigen Zeit ist und weil es den Verfassungsauftrag gibt, der klar sagt, dass das längst hätte beendet werden sollen“.

 

Der Knackpunkt: Die Höhe der Ablösesumme

Die Ampel-Regierung will die Kirchen nun auslösen, die Zahlungen aber nicht einfach streichen. Die Kirchen sollen nochmal einen Batzen Geld bekommen. Davon und von den Zinsen sollen sie ihre Aufgaben weiter finanzieren können, sagte Castellucci dem WDR: „Ich glaube, dass die Kirchen in diesem Land etwas hinbekommen, was wir politisch eben nicht hinbekommen. Sie organisieren Zusammenhalt, sie schaffen Orientierung.“

Kritiker: Kirchen haben längst genug bekommen

Eine Zahl, die als Ablösesumme im Raum steht: 11 Milliarden Euro. Viel zu viel, argumentiert die Juristin und ehemalige SPD-Finanzpolitikerin Ingrid Matthäus-Meier. „Wenn man schon über 100 Jahre etwas kassiert hat, was ja eigentlich schon abgelöst sein sollte, bin ich der Überzeugung, dass das reicht.“ Das solle auch gesetzlich festgelegt werden.

Immer weniger Mitglieder

Anne Gidion ist anderer Meinung. Die EKD-Beauftrage in Berlin sagte dem WDR, dass die Kirchen selbst bei einer Zahlung von 11 Milliarden Euro ihr Angebot für die Allgemeinheit einschränken müssten. „Kirchliche Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser, die Flüchtlingshilfe, das sind alles Dinge, wo keiner nach der Mitgliedschaft fragt.“

Grundsätzlich sei die EKD mit dem Ende der Staatsleistungen einverstanden – „aber es muss in einer Weise gemacht werden, die die Haushalte der Landeskirchen, die zum Teil erheblich davon abhängen, nicht handlungsunfähig macht“.

Noch mal zu den Leistungen aus der Wikipedia:

Insbesondere die evangelischen und katholischen Kirchen in Deutschland erhalten Staatsleistungen von den Ländern. Für diese beiden Religionsgesellschaften sind in den Haushaltsplänen der Bundesländer für 2022 insgesamt etwa 602 Millionen Euro veranschlagt. (355 Mio. € ev. / 248 Mio. € kath.) Davon beruht ein Teil auf Ansprüchen vor dem Jahr 1919 und ein Teil sind nach Inkrafttreten des Ablösegebotes eingeführte freiwillige Zuschüsse.

Außerdem erhalten auch andere Religionsgesellschaften wie zum Beispiel Alt-Katholiken, evangelisch-reformierte Kirchen (Hugenotten) oder jüdische Gemeinden von den Ländern Staatsleistungen, die auf Ansprüchen vor Inkrafttreten des Ablösegebotes in Artikel 138 Absatz 1 WRV beruhen. Die Staatsleistungen erhöhen sich regelmäßig in jedem Jahr, da sie in den meisten Bundesländern an die Besoldungsentwicklung der Landesbeamten gekoppelt sind. Die Leistungen von Städten und Gemeinden an Religionsgesellschaften (Kirchen) sind bisher nicht erfasst. Auch diese kommunalen Staatsleistungen sind nach überwiegender Rechtsauffassung per Ablösung gemäß Artikel 138 Absatz 1 WRV zu beenden, da die Kommunen nunmehr Bestandteil der Länder sind.

In einigen Bundesländern werden aus Gleichbehandlungsgründen (Parität) auch Zuschüsse an andere Kirchen/Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften gezahlt, die selbst aber keine Staatsleistungen im Sinne von Art. 138 I WRV sind. In den Haushaltsplänen der Bundesländer für 2022 sind insgesamt etwa 688 Millionen Euro veranschlagt. Solche neu eingeführten Subventionen und sonstigen Leistungen sind Teil der staatlichen Kultur- und Grundrechtsförderung. Sie stehen somit unter dem Vorbehalt ihrer Legitimation durch verfassungsgemäße Zwecksetzungen und müssen dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechen. Subventionen und sonstige Leistungen in diesem Sinne erhalten neben den großen Kirchen unter anderem die Altkatholische und Altlutherische Kirche, die Israelitische Synagogengemeinde, Freireligiöse Landesgemeinden und Freigemeinden, teilweise auch die Methodisten,[10] jüdische Gemeinden, Humanistische Verbände sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland.[11]

Und zur Berechnung einer Ablöse aus dem gleichen Artikel:

Für die Berechnung angemessener Ablösesummen sind grundsätzlich die Ansprüche der Religionsgesellschaften (Kirchen) gegenüber den Ländern maßgeblich, die bei Inkrafttreten der Weimarer Verfassung am 14. August 1919 auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechttiteln beruhten. Es ist höchst umstritten, welche Ablösesummen für die Aufhebung der ursprünglichen Ansprüche angemessen wären. Während man auf kirchlicher Seite von insgesamt etwa 11 Milliarden[14] ausgeht, halten kirchenkritische Organisationen nur noch einen symbolischen Wert für angemessenen.[15]

Die Forderungen der kirchlichen Seite entsprächen dabei in etwa der Bewertung der Staatsleistungen als „immerwährende Leistungen“ auf Basis des derzeitigen Jahreswerts von 687,5 Mio. € (vgl. oben, Staatsleistungen#Aktuelle Höhe der Staatsleistungen) mit dem Bewertungsfaktor 18,6 (in Summe 11,2 Mrd. €):

  • Für die Staatsleistungen an die evangelisch-lutherischen Kirchen: Jahreswert von 0,3546 Mrd. € * 18,6 = 6,5955 Mrd. €.
  • Für die Staatsleistungen an die römisch-katholischen Kirchen: Jahreswert von 0,2479 Mrd. € * 18,6 = 4,6109 Mrd. €.

Ich bin eher bei den kirchenkritischen Organisationen. Die Kirchen haben lange genug Geld kassiert, ihre Ansprüche wurden erfüllt.

Insofern hoffe ich, dass die Ampel das durchzieht und die Zahlungen einfach einstellt.

Die Kirche wird dann allerdings natürlich andere Einnahmequellen brauchen. Sie müssen ja weiterhin ihre Ausgaben tragen. Es wäre interessant, welche Auswirkungen das haben würde, wenn der Staat keinerlei Zahlungen mehr leistet, weder die direkten noch das Einziehen der Kirchensteuer.

Denn das würde bedeuten, dass die Kirche entweder direkte Zahlungen ihrer Mitglieder einfordern muss, was diesen bewußter macht, dass sie tatsächlich etwas zahlen und daher vielleicht mehr Leute zum Ausstieg bewegt oder sie müssen allgemein die Bindung der Leute an die Kirche steigern und sich insofern mehr anstrengen, vielleicht damit aber auch radikaler werden, weil die „richtigen Glaubigen“ besser zahlen.