Selbermach Mittwoch

Bitte Kommentare bündeln, wenn sie nur aus einzelnen Tweets und kurzem Kommentar bestehen und man sehr viele davon plant.

Zwischen einem Kommentar, der nur einen Link oder einen Tweet ohne Besprechung des dort gesagten enthält, sollten mindestens 5 Kommentare anderer liegen, damit noch eine Diskussion erfolgen kann.

Gesinnungsethik, Erfolgsethik und Verantwortungsethik

Nach all der Evolutionsbiologie ein kurzer Ausflug in andere Bereiche:

Gesinnungsethik

Die Gesinnungsethik ist eine der moralischen Theorien, die Handlungen nach der Handlungsabsicht und der Realisierung eigener Werte und Prinzipien bewertet, und zwar ungeachtet der nach erfolgter Handlung eingetretenen Handlungsfolgen. Auch Gesinnungsethiker müssen jedoch vor ihren Handlungen die erwarteten Handlungsfolgen gründlich und angemessen beurteilen und in ihr Urteil über eine moralisch richtige Handlung einbeziehen.

(…)

Max Weber analysiert in Politik als Beruf die Gesinnungsethik. Es handelt sich um eine Rede, die Weber am 25. Januar 1919 vor Münchener Studenten unter dem Eindruck der Münchner Räterepublik gehalten hat. Die Rede ist nicht die Entwicklung einer ethischen Theorie, sondern die Mahnung, in der politischen Auseinandersetzung nicht der Ideologie den Vorrang vor dem politisch Vertretbaren zu geben. Die Rede wandte sich insbesondere gegen die Auffassung, dass der Zweck die Mittel heiligt. In diesem Sinne ist eine auf einer Gesinnung beruhende Politik zwar legitim, sie soll sich aber in Hinblick auf die Wirkungen politischen Handelns vor allem an einer Verantwortungsethik orientieren:

Man mag einem überzeugten gesinnungsethischen Syndikalisten noch so überzeugend darlegen, daß die Folgen seines Tuns die Steigerung der Chancen der Reaktion, gesteigerte Bedrückung seiner Klasse, Hemmung ihres Aufstiegs sein werden, – und es wird auf ihn gar keinen Eindruck machen. […] „Verantwortlich“ fühlt sich der Gesinnungsethiker nur dafür, dass die Flamme der reinen Gesinnung, die Flamme z. B. des Protestes gegen die Ungerechtigkeit der sozialen Ordnung, nicht erlischt. Sie stets neu anzufachen, ist der Zweck seiner, vom möglichen Erfolg her beurteilt, ganz irrationalen Taten, die nur exemplarischen Wert haben können und sollen.“

Das erinnert mich stark an Sozial Justice Warriors, die auch die Gesinnung besonders stark bewerten, das Bekenntnis zur richtigen Gruppe etc. Selbst wenn beispielsweise eine Reduzierung der Polizei bei der schwarzen Bevölkerung mit die meisten Probleme verursacht hat oder wenn die Polarisierung, die durch die Ideologie hervorgerufen wird, eher die Sache verschlimmert, wird die richtige Haltung (fast unabhängig von dem Erfolg der Maßnahmen) als Maßstab angesehen.

Erfolgsethik

Der auf Max Scheler zurückgehende Ausdruck Erfolgsethik bezeichnet Theorien der normativen Beurteilung menschlichen Handelns, die sich nicht an der subjektiven Gesinnung, sondern dem Handlungserfolg orientieren (siehe auch Konsequentialismus). Scheler stellt diese Theoriefamilie in Gegensatz zu einer anderen, die er Gesinnungsethik nennt und u. a. an der deontologischen Ethik exemplifiziert sieht.

Der auf Max Scheler zurückgehende Ausdruck Erfolgsethik bezeichnet Theorien der normativen Beurteilung menschlichen Handelns, die sich nicht an der subjektiven Gesinnung, sondern dem Handlungserfolg orientieren (siehe auch Konsequentialismus). Scheler stellt diese Theoriefamilie in Gegensatz zu einer anderen, die er Gesinnungsethik nennt und u. a. an der deontologischen Ethik exemplifiziert sieht.

Kritisiert wird die Erfolgsethik, da sie von der Möglichkeit der Wahrheit von Beurteilungsalternativen ausgeht, die aber de facto dem Menschen nicht zur Verfügung stehen. Problematisch ist weiterhin, dass auch offenbar ungerechte oder unmenschliche Handlungen sich mit Hilfe der Erfolgsethik begründen lassen.

Verantwortungsetik:

Die Unterscheidung von Verantwortungs- und Gesinnungsethik geht auf den von Max Weber im Jahr 1919 gehaltenen Vortrag Politik als Beruf zurück. Zuvor hatte Max Scheler in ähnlichem Sinne Gesinnungs- und Erfolgsethik gegenübergestellt.[1] Max Weber formulierte:

„Wir müssen uns klarmachen, daß alles ethisch orientierte Handeln unter zwei voneinander grundverschiedenen, unaustragbar gegensätzlichen Maximen stehen kann: es kann ‚gesinnungsethisch‘ oder ‚verantwortungsethisch‘ orientiert sein. Nicht daß Gesinnungsethik mit Verantwortungslosigkeit und Verantwortungsethik mit Gesinnungslosigkeit identisch wäre. Davon ist natürlich keine Rede. Aber es ist ein abgrundtiefer Gegensatz, ob man unter der gesinnungsethischen Maxime handelt – religiös geredet: ‚Der Christ tut recht und stellt den Erfolg Gott anheim‘ – oder unter der verantwortungsethischen: daß man für die (voraussehbaren) Folgen seines Handelns aufzukommen hat.“[2]
Weber betrachtete die Gegenüberstellung keinesfalls als vollständige Einteilung von Grundtypen der Ethik und nicht notwendig als wechselseitig exklusive Positionen. Die Unterscheidung muss auch unter dem Gesichtspunkt der Diskussion um die Realpolitik gesehen werden. Diese hatte nicht zuletzt im Preußischen Verfassungskonflikt rund 50 Jahre zuvor die deutschen Liberalen, denen Max Weber persönlich verbunden war, gespalten. Dabei ging es um die Frage, ob politische Forderungen, deren Realisierung nicht umsetzbar erschien, zugunsten einer Beteiligung an der Macht aufgegeben werden sollten, um aus dieser Position heraus zumindest in Teilen Verantwortung für das politische Geschehen zu übernehmen, oder ob man an der Gesinnung festhalten und dafür aber in der Opposition bleiben würde, was sowohl einen Verzicht auf Einfluss als auch eine Behinderung des politischen Prozesses bedeutet hätte. Webers Gegenüberstellung und der Versuch, einen Ausgleich zu finden, könnte also auch als Aufruf zur Wiedervereinigung der politisch organisierten Liberalen verstanden werden.