Die Reichsbürgerbewegung macht gerade wieder von sich reden. Aus der Wikipedia
Reichsbürgerbewegung ist ein Sammelbegriff für eine organisatorisch und ideologisch sehr heterogene Szene aus meist Einzelpersonen, seltener teilweise sektenartigen Klein- und Kleinstgruppen,[1] die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat bestreiten und deren Rechtsordnung ablehnen. Zu den von sogenannten Reichsbürgern vertretenen Ideologien gehören oft die Ablehnung der Demokratie, Ideologieelemente des Monarchismus, Rechtsextremismus, Geschichtsrevisionismus und teilweise Antisemitismus, Esoterik bzw. Rechtsesoterik oder die Leugnung des Holocausts. Sie teilen eine Haltung der Ablehnung einer offenen und pluralistischen Gesellschaft und weigern sich, unter anderem Steuern und Bußgelder zu zahlen oder Gerichtsbeschlüsse und Verwaltungsentscheidungen zu befolgen.
Dabei berufen sich „klassische“ Reichsbürger darauf, dass ihrer Meinung nach das Deutsche Reich statt der Bundesrepublik weiterhin fortbestehe, entsprechend ihrer Ideologie entweder in den Grenzen des Deutschen Kaiserreichs oder in denen von 1937. Dieses werde als Organisation durch eine „kommissarische Reichsregierung“ (KRR) oder Ähnliches vertreten, deren Befugnisse die oft miteinander konkurrierenden Gruppen jeweils für sich beanspruchen. Der Szene zugeordnet werden ebenso die in den 2010er Jahren vermehrt auftretenden sogenannten Selbstverwalter, die behaupten, durch einseitige Erklärungen aus der Bundesrepublik und ihrer Gesetzgebung austreten zu können. Dabei beziehen sie sich allerdings nicht unbedingt auf das Deutsche Reich.
Die Innenbehörden bezeichnen die gesamte Szene als „Reichsbürger und Selbstverwalter“.[2] Selbstbezeichnungen sind beispielsweise „Reichsbürger“, „Reichsregierung“, „Selbstverwalter“ oder „Natürliche Personen“; Fremdbezeichnungen sind „Reichsbürger“-Szene oder Anhänger der „Reichsideologie“ bzw. Reichsideologen.
Die „Reichsbürger“-Szene entstand in den 1980er Jahren und tritt seit 2010 verstärkt in Erscheinung, einzelne Akteure seit 2013 auch mit gewaltbereiter Militanz. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) rechnete dem Spektrum mehr als 20.000 Personen zu. Davon gelten etwa 1.000 Personen als Rechtsextremisten (Stand: 15. Juni 2021). Das BfV, die Landesbehörden für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt schätzten 2018, dass von 2015 bis Mitte 2017 über 10.500 Straftaten von „Reichsbürgern“ begangen wurden.
Die Annahmen dort sind in der Wikipedia näher ausgeführt, ich greife nur mal die Überschriften auf:
- Das Deutsche Reich bestehe (statt der Bundesrepublik) fort
- Die Bundesrepublik habe keine (gültige) Verfassung
- Die Bundesrepublik sei eine privatrechtliche Organisation
- Deutschland sei noch immer besetzt
Ich sehe bei dieser Bewegung (neben der Unlogik der dortigen Annahmen, die mir viel zu theoretisch und zu wenig auf Fakten beruhend sind) insbesondere nicht, was sie wirklich erreichen wollen. Selbst wenn die Bundesrepublik nicht richtig gegründet worden wäre würde man sie dann eben gründen. Selbst wenn die Verfassung nicht gültig wäre ist sie letztendlich akzeptiert und wiederholt bestätigt worden. Da wird kaum etwas neues rauskommen. Selbst wenn die Bundesrepublik eine privatrechtliche Organisation wäre (warum auch immer) hält sie sich für einen Staat, so wie der Rest der Welt und wird es nicht zulassen, dass jemand auf ihrem Gebiet einen neuen Staat ausruft. Und die Aktionen, die sie aus „Deutschland ist immer noch besetzt“ herleiten, sind auch zum Scheitern verurteilt. Einfach weil sie eben letztendlich einen Staat gegen sich haben mit allen Möglichkeiten der Polizei etc.
Vielleicht ist das auch der Grund warum mehr Männer unter den Reichsbürgern ist. Es ist eine sehr systemisierende Denkweise, die im wesentlichen dazu benutzt wird, sich mit einem Staat anzulegen, und das für so ziemlich nichts und ohne Aussicht auf Erfolg. Das kann ein gewisses Überlegenheitsgefühl erzeugen, man selbst als Held, der den Durchblick hat und sich heldenhaft wehrt. Und vielleicht kann man noch von der großen Revolution träumen.
Aus meiner Sicht zeichnen sie aber eben ansonsten kein erstrebenswertes Ziel. Würde irgendwer verbindlich feststellen, dass eine ihrer Theorien stimmt, dann würde es wahrscheinlich einfach eine „Staatsgründung“ geben oder es würde das Grundgesetz noch einmal im Bundestag verabschiedet werden, ein Friedensvertrag geschlossen werden oder was auch immer und die ganze Basis ihrer Theorien wäre weg ohne das sich im Leben der meisten Bürger etwas ändert. Klar, das würde sie nicht abhalten sofort eine neue Theorie zu finden, warum sie in den Widerstand gehen können, aber es macht die Bewegung aus meiner Sicht nicht gerade inspirierend.
Deswegen ist der gerade aufgeflogene Coup auch so merkwürdig. Selbst wenn man meint, dass das deutsche Reich noch besteht und man ein Anwärter auf den Thron wäre sind die Chancen für eine Unterstützung eines solchen Putsches durch die Bevölkerung ja minimal. Die Begeisterung für eine neue Monarchie hält sich glaube ich stark in Grenzen, um so mehr, wenn ein vollkommen unbekannter Adeliger, den keiner auf dem Schirm hat, sich zum Herrscher ausruft.
Gut, es ist etwas unfair ihren Plan zu zerreißen, wenn man ihn gar nicht kennt, vielleicht haben sie umfangreich geplant, wie sie ihn bekannt machen, er Unterstützung in der Bevölkerung aufbaut und erst dann den großen Coup macht oder sie wollten auch nur irgendwo ihr kleines Königreich ausrufen und dann daraus mehr machen, mal sehen was man noch erfahren wird.
Was die Wikipedia zu ihren Plänen sagt:
Am 7. Dezember 2022 veranlasste der Generalbundesanwalt im Rahmen einer Razzia die Festnahme von 25 Personen, die der Reichsbürgerbewegung zugerechnet werden, unter dem Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Sie sollen einen Umsturz und die Entmachtung der staatlichen Strukturen sowie ihre Ersetzung durch eine von ihnen selbst gebildete Revolutionsregierung geplant haben. Der Plan der Gruppe war es offenbar, mit Waffengewalt den Bundestag zu stürmen, Abgeordnete zu „verhaften“ und Anschläge auf die kritische Infrastruktur zu verüben; darunter die gezielte Herbeiführung von Stromausfällen, um Unruhen zu provozieren.[244] Unter den Festgenommenen waren der hessische Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß, der als Staatsoberhaupt fungieren sollte und auch Kontakt zum russischen Generalkonsulat herstellte, die Berliner Richterin und ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und ein KSK-Kommandosoldat; andere Mitglieder der Gruppe mit Vergangenheit in Bundeswehr und NVA waren für den Neuaufbau des Militärs vorgesehen
Wäre interessant, welche Gruppenstärke sie dafür eingeplant haben und wie sie das umsetzen wollten. Hat etwas einen „Olympus has fallen“ Vibe
Wie bei jeder größeren Bewegung gab es natürlich auch hier Leute, die es ausgenutzt haben und sich irgendwie darüber Status aufgebaut haben, siehe zB aus dem Wikipediaartikel oben:
Im September 2012 gründete der gelernte Koch, Kampfsportler, Betreiber eines Esoterikladens und Autor esoterischer Bücher Peter Fitzek auf einem früheren Krankenhausgelände in Wittenberg das sogenannte Königreich Deutschland und ließ sich zum „König von Deutschland“ und „Imperator Fiduziar“ krönen.[215][30] Laut Eigenaussage versteht sich dieses „Königreich“ als eigener, durch Sezession entstandener Staat auf dem Gebiet des völkerrechtlich weiter existierenden Deutschen Reiches.[138] Dieses Gebiet werde nur übergangsweise von der Bundesrepublik verwaltet,[138] die Fitzek als „Besatzungskonstrukt“ oder „Firma der Alliierten“ bzw. „Deutschland GmbH“ bezeichnet.[216] Im Falle einer Ausbreitung seiner Rechtsordnung proklamierte das KRD für sich die völlige Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches.[138] Vorher gehörte Fitzek bereits zu den Mitbegründern des Vereins Neu-Deutschland, dessen Ziel es war, das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 wieder zu errichten und Deutschlands angeblich verlorene Souveränität wiederzuerlangen.[30] Fitzek gab seinen amtlichen Führerschein zurück, da er diesen nach eigenen Angaben nicht mehr brauche, weil er nunmehr im Besitz eines Führerscheins des Königreichs Deutschland sei.[217]
In der Folge errichtete Fitzek mehrere krankenkassenähnliche Einrichtungen und veranstaltete kostenpflichtige pseudojuristische Seminare zu den Themen der Staatsbürgerschaft und der Verfassung seines „Königreichs“,[30] aber auch alternativer Heilmethoden oder freier Energie.[218]
Er gründete zudem mit der sogenannten „Königlichen Reichsbank“ eine eigene Bank, bei der mehrere Hundert seiner Anhänger fast drei Millionen Euro anlegten, mit denen er angab, seine Projekte zu verwirklichen.[219] Im Zuge einer antisemitisch konnotierten Zinskritik kreierte Fitzek außerdem die eigene Alternativ- und Regionalwährung „Engel“, mit der er auch seine Anhänger für ihre Arbeit in seinem „Königreich“ bezahlte.[30]
Wegen unerlaubter Einlagengeschäfte in seiner „Reichsbank“ verhängte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Zwangsgelder gegen Fitzek.[220] Im März 2017 wurde Fitzek wegen Veruntreuung der bei seiner Bank angelegten Gelder und unerlaubter Bankgeschäfte zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten,[221] in der Berufungsverhandlung vom 10. August 2017 wegen Betrugs und wiederholten Fahrens ohne Führerschein dann zu 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt.[222] Am 15. Mai 2017 wurde das ehemalige Krankenhausgelände im Auftrag der BaFin zwangsgeräumt,[223] um die verhängten Zwangsgelder in Millionenhöhe zu begleichen.[224]
Also immerhin 3 Millionen eingesackt und ein König gewesen, aber letztendlich kein Modell, welches man langfristig ausbauen kann.
Natürlich entstehen daraus auch Risiken, denn Leute, die meinen, dass der Staat ihnen nichts sagen kann und sie außerhalb der gesellschaftlichen Regeln stehen, sind durchaus gefährlich, wenn eine gewisse Gewaltbereitschaft hinzukommt. Gerichtsvollzieher und andere Vollzugsbeamten dürften die Bewegung sehr kritisch sehen.
Anderen gehen sie wahrscheinlich eher auf die Nerven. Gerade der Bereich Justiz hat damit so seine Erfahrungen gemacht wobei einer der Vorteile der Reichsbürger ist, dass sie zu fixiert auf ein Thema sind und deswegen oft nicht mehr in der Lage sind zu erkennen, was sie eigentlich machen müssten. Sie tragen dann alles mögliche vor, warum der Richter irgendwas nicht darf und Deutschland nicht existiert und der Richter muss darauf noch nicht mal großartig eingehen oder schreibt einen Zweizeiler dazu und gibt im übrigen der Gegenseite Recht, weil zum wesentlichen Inhalt nichts vorgetragen worden ist.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …