Tag: 10. November 2022
„Wohnung gegen Sex: Wie Vermieter versuchen, Frauen auf Wohnungssuche auszunutzen“
Gerade wieder über einen Artikel gestolpert, bei dem ich mich frage ob der geschrieben wurde, weil man weiß, dass Sex Klicks bedeutet und er zu einem wolligen Gruseln einlädt oder ob so etwas ernst gemeint sein kann:
Im August hatte Laura angefangen, erneut nach einem WG-Zimmer zu suchen. In ihrer damaligen WG kam sie nicht gut mit ihren Mitbewohnern zurecht – sie beschloss also, sich vor Beginn des zweiten Jahres ihres Masterstudiums nach einer Alternative umzusehen. Bei ihrer Suche stieß sie auf der Plattform wg-gesucht.de auf ein Angebot, das fast zu gut schien, um wahr zu sein: ein 15 Quadratmeter großes möbliertes Zimmer in einer frisch sanierten Drei-Zimmer-WG in der Nähe des Rosa-Luxemburg-Platzes. Die Miete: nur 390 Euro warm.
Der Grund wurde im Kleingedruckten deutlich. „Wir wollen in einer kinkfreundlichen, offenen Umgebung leben“, hieß es. Wer nicht damit einverstanden sei, solle sich nicht melden. Laura ließ sich davon zunächst nicht abschrecken; schließlich beschreibt sie ihr Sexualleben als „offen und aktiv“. Sie antwortete auf die Anzeige, die von einem Mann erstellt wurde, der sich einfach James nannte. Er fragte nach Lauras Handynummer, sie nahmen über WhatsApp Kontakt auf und telefonierten zu dem Angebot.
Erst dann wurde alles richtig eindeutig. „Er erzählte mir immer wieder, worauf er steht und was er von mir erwarten würde, wenn ich einziehen würde“, sagt Laura. James stand offenbar auf sexuelle Dominanz und wollte eine Mitbewohnerin, die seine Wünsche erfüllt, wann immer er möchte: Zum Beispiel, dass Laura mitmachen müsste, sollte er eine andere Frau in die Wohnung zum Sex einladen. Sie legt den Screenshot einer seiner SMS vor. Er schreibt: „Ich erwarte von Dir, dass Du mich jeden Tag mit Oralsex begrüßt, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme.“
Im Normalfall hätte die Miete für das Zimmer 500 Euro gekostet – aber es gab keine Möglichkeit, die volle Miete zu zahlen und den Sex zu vermeiden. Es gab nur die reduzierte Miete und die Vereinbarung, auf der James bestand – oder gar nichts.
Okay, relativ klar, dass das nur etwas für Extremfälle ist.
Aber der nächste Satz:
Laura sagt, langsam wurde ihr diese Vereinbarung „eklig“. Aber sie war immer noch nicht dagegen, die Wohnung zu besichtigen:
Ernsthaft?
Ab welchem Verlauf des Gesprächs wird die Frau hier von einer Frau, die ihn zurecht ekelig finden kann zu einer Frau, die sich nicht mehr wirklich beschweren kann, dass er so weitermacht.
Auf mehr als 60 Anfragen zu Wohnungsanzeigen hatte sie nur sechs Antworten bekommen – und eine davon war von James. Doch dann legte er seine Bedingungen für die Besichtigung vor. „Er meinte, wir sollten bei dem Termin ein paar Dinge im Schlafzimmer ausprobieren“, sagt Laura, „damit er feststellen könne, ob ich nur verzweifelt nach einer billigen Wohnung suche. Wie bei einem Casting.“ Kondome wären dabei auch nicht infrage gekommen, sagt Laura; das hatte James schon diktiert.
Klingt wie in einem billigen 50 Shades Roman, auch wenn dafür Hauseigentümer in Berlin vielleicht nicht ganz ausreicht um den Milliardär zu ersetzen.
Das ging ihr zu weit, sie sagte den Termin ab.
Das ging ihr also zu weit.
James versuchte immer noch, sie zu überreden, die Wohnung trotzdem zu besuchen – um zu sehen, was passiert. Letztendlich antwortete sie nicht mehr auf seine Nachrichten. „Das ist wirklich ein Ausnutzen von anderen Menschen – gerade jetzt, wo so viele eine Wohnung suchen“, sagt Laura. „Stell dir vor – ich gehe dorthin, wir versuchen es mit Sex, und dann heißt es einfach: Nein, du kriegst das Zimmer nicht. Aber du kannst dich dann kaum beschweren, denn du hast ja offensichtlich zugestimmt.“
Da hat sie recht, da kann man sich in der Tat dann nur noch bei sich selbst beschweren.