Titiat Scriptor hat auf Twitter einen interessanten Thread geschrieben:
Man kann sagen, „Biologisches Geschlecht ist beim Menschen binär“, ohne deshalb transfeindlich zu sein, irgendwem die Existenz abzusprechen oder damit eine biologistisch-regressive, rechtskonservative Agenda zu verfolgen. Nichts davon folgt ohne Weiteres aus diesem Statement. |1
Letztendlich hängt alles an der Frage, was man unter Geschlecht versteht. Das biologische Geschlecht ist eine in der Wissenschaft der Biologie übliche Einteilung von individuellen Lebewesen nach der Produktion von Keimzellen im Rahmen der geschlechtlichen oder sexuellen Fortpflanzung. Das ist eine in der Biologie sinnvolle Einteilung, weil sich daraus gerade evolutionär viel ergibt und es die grundlegenden Funktionen darstellbar macht. Extreme Sonderfälle wie Transsexualität oder Intersexualität sind dabei für die meisten Spezien relativ egal, weil sie nichts an der grundlegenden Betrachtung ändern und auch keine Fortpflanzungsfunktion haben. Das kann in anderen Spezien anders sein, ich hatte es hier schon einmal anhand des Beispiels der Clownfische und der Frage, wie eingeengt unsere Perspektive in Bezug auf den Einfluss der Biologie ist, besprochen in dem ich eine passende Passage zitiert habe:
You see, a clownfish colony — which doesn’t stray far from its anemone host — is dominated by one male and one female. These two are the only ones who are trading fluids in the entire group. Why? Because all clownfish are born male. Why? Because Mother Nature is one crazy broad
Naturally, the next question is „Where did that male clownfish get his woman bits from?“ Well, clownfish are sequential hermaphrodites, meaning that the male can transform himself into an intoxicating lady quicker than Wesley Snipes in To Wong Foo, Thanks for Everything! Julie Newmar
So what does this mean for Finding Nemo? Well, when the female in the colony dies or disappears, the dominant male will change into the dominant female, and the fish who was waiting in line behind him takes over as the new top guy.
Remember that Nemo’s mom became fish food in the first act, along with all of Nemo’s brothers. This makes Marlin the dominant male, and Nemo the second-most dominant. Are you starting to pick up what we’re putting down, preferably while wearing latex gloves?
You know that tiny fish egg that Marlin nurtured, cared for, and almost died for? Yup, he was totally just trying to get his son home so they could repopulate their colony.
Auch hier gibt es im übrigen zwei Geschlechter, nur das die Spezies eben „sequential hermaphrodites“ sind, also erst das eine Geschlecht haben und dann ins andere wechseln, was beim Menschen gerade nicht der Fall ist.
2| Genauso kann man sagen, „Eine simple Dichotomie von Mann und Frau bildet die Realität nicht akkurat ab“, ohne deshalb die Biologie zugunsten einer radikalkonstruktivistischen Beliebigkeit über Bord zu werfen, Frauenrechte abschaffen zu wollen oder woke Ideologie zu verbreiten
Das könnte man in der Tat sagen, gerade wenn man Männer und Frauen als etwas essentielles versteht, also Männer, die immer männlich sein müssen und Frauen, die immer weiblich sein müssen. Es gibt zwar nur zwei Geschlechter, aber eine gewisse Bandbreite in der Ausgestaltung: Während es bei dem „biologischen Geschlecht“ auf die Gameten ankommt, die klar einer Anzahl (2) zuzuordnen sind, verläuft die Ausgestaltung zumindest zu einem gewissen Teil über Hormone und deren graduellen Stände zu bestimmten Zeiten. Es gibt insofern „Männliche Frauen“ und „Weibliche Männer“, Transsexuelle und Intersexuelle etc. Das eröffnet keine neuen Geschlechter, aber es gibt Vermischungen der beiden Geschlechter. Das kann man zugestehen ohne das dies die Biologie in irgendeiner Weise beeinträchtigt.
3| Die unselige Tendenz, vom Statement direkt auf extreme Implikationen und Motive zu schließen, macht jede Diskussion kaputt. Warum überhaupt noch miteinander sprechen, wenn man die Worte der Anderen sowieso nur als Fassade für Ansichten versteht, die gar nicht geäußert wurden?
Natürlich gibt es auf beiden Seiten Personen, die gar nicht zur Diskussion bereit sind. Immerhin sind auf der einen Seite intersektionale Feministen bzw radikale Transaktivisten und auf der anderen Seite Radfems (in einer gewissen teilweisen Allianz mit Leuten, die Biologie schon lange gegen die andere Seite verteidigen).
Naturgemäß sehe ich es beispielsweise so, dass auf der Seite der intersektionalen Feministen und radikalen Transaktivisten tatsächlich kaum jemand ist, der wirklich zu einer Diskussion bereit ist (wobei sich da ein gewisses „echter Schotte“-Problem stellt). Und gleichzeitig sehe ich die Radfem-Seite ebenfalls kritisch (die Biologenseite aber natürlich nicht).
Gleichzeitig würde ich behaupten, dass ich in den diesbezüglichen Diskussuinen immer offen für eine tatsächliche Diskussion war.
4| Welche effektiven Werkzeuge zur Konfliktlösung bleiben denn übrig, wenn der Reflex zur böswilligen Interpretation irgendwann eine gesellschaftliche Debatte nutzlos gemacht hat? Nur Macht und – im Extremfall – Gewalt. Wollen Sie das? Nein? Lösungsorientiert diskutieren hilft.
Das ist richtig. Aber eben mit Fanatikern schwer möglich.
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