In einem Artikel in der NZZ stellt sich der Autor die Frage, ob er Kinder will.
Kinder? Auf keinen Fall
Ich kann es mir nicht leisten, übernächtigt zu sein, wenn ein schreiendes Baby alle paar Stunden gefüttert werden muss und ich natürlich ebenfalls zur Stelle sein will mit dem Fläschchen. Ich kann nicht früher Schluss machen, um das Kind von der Krippe abzuholen. Zumindest dann nicht, wenn es endlich mal läuft mit Schreiben – abends, nach einem mühsamen Geknorze tagsüber.
Ich kann keine Pläne schmieden fürs Wochenende, weil ich mir diese beiden Tage am liebsten freihalten möchte für die Arbeit, zumindest ein bisschen. Es ist dann so schön ruhig im Büro. Ich könnte womöglich gar keine Artikel mehr schreiben – zumindest keine, die mir wirklich etwas bedeuten. Texte, die besonders gut geschrieben sein sollen, sein müssen!
Das braucht Ruhe, Zeit und Energie. Und das haben junge Eltern viel zu wenig. Mein Leben ist meine Arbeit ist mein Leben. So dachte ich damals, als meine Freundin und ich ansatzweise über Kinder gesprochen beziehungsweise vor allem geschwiegen haben. Sie wusste, wie ich mich dabei fühlte. Und sie liebte mich trotzdem.
Ja, Kinder brauchen, gerade in jungen Jahren, einiges an Energie und erzeugen schlaflose Nächte. Und in der Tat ist man etwas weniger flexibel und muss einiges umstrukturieren. Ich hätte da jetzt weniger an das Büro gedacht, aber ich habe natürlich auch den Luxus, dass Südländerin tagsüber einen Großteil der Betreuung übernimmt und er wohl einen feministischen Ansatz hat, bei dem er gleich viel machen will. Wobei er ja anscheinend eine relativ freie Zeiteinteilung hat, da könnte er sich mit seiner Partnerin durchaus abwechseln.
Ich glaube, ich wäre ein guter Vater. Und ja, natürlich würde ich versuchen, ein «neuer, aktiver» Vater zu sein, wie es so schön heisst. Also so viel Zeit mit dem Kind wie möglich verbringen. Da sein, Vorbild sein. Vertrauen schenken, dass er oder sie den eigenen Weg finden werde im Leben. Machen lassen, streng sein. Dinge erklären und erklären lassen. (…)
Ich würde im Haushalt gleich viel erledigen wie meine Partnerin. Ich würde es zumindest versuchen, zum Beispiel so: Wer kocht, muss nicht abwaschen, und umgekehrt. Das hat zwischen meiner Freundin und mir immer gut funktioniert. Und ich würde die Mutter meines Kindes nicht auf ihre Mutterrolle reduzieren, weil ich ja weiterhin eine Liebesbeziehung führen will mit ihr. Mit einer berufstätigen, unabhängigen und daher attraktiven Frau.
Es ist auf jeden Fall schön ein aktiver Vater zu sein und auch wenn ich es nur eingeschränkt sein kann versuche ich schon viel mit den Kindern zu machen. Häufig betreue ich sie in den Morgenstunden, mit Anziehen, Frühstück und dann zum Kindergarten bringen. Mitunter schaffe ich es wenigstens noch in der Woche Fräulein Schmidt zu Bett zu bringen. Aber es ist relativ selten. Mitunter schaffe ich es Mittags nach Hause und hole noch schnell ein Kind vom Kindergarten ab und nehme es mit. Und natürlich das Wochenende. Das ist schon eine schöne Sache dann mit den beiden und wir haben unsere kleinen Rituale die wir dann so machen. Da schaffe ich es mitunter beide zu Bett zu bringen und es freut mich, wenn Fräulein Schmidt von mir zu Bett gebracht werden will, wenn auch vielleicht nur, weil die Mama es zum einen ja sonst schon immer macht und sie bei mir noch etwas länger aufbleiben darf, weil ich ihr noch was vorlese und mich leichter dazu bringen lasse, dass es noch ein Buch mehr ist.
Seine Beispiele mit „Wer kocht muss nicht abwaschen“ lassen mich eher denken „Kauf einfach endlich eine Spülmaschine“ aber das ist eine andere Sache. Und die Mutter nicht auf die Mutterrolle reduzieren, welcher Mann will das schon? Sie soll natürlich weiterhin auch Geliebte, Freundin, Weggefährtin sein. Er denkt eher daran, dass sie Arbeit und deswegen sexy ist. Ich finde es auch gut, dass Südländerin arbeitet und wollte auch keine reine Hausfrau. Aber das ist nicht unbedingt das größte Merkmal für Sexyness.
Schöne Vorstellungen. Ich wäre nicht der erste Mann, der damit krachend scheitern würde. In einer Studie des deutschen Familienministeriums ist zu lesen, dass die Mehrheit der befragten Väter zwar angibt, ungefähr die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen zu wollen. Diesen Vorsatz auch umzusetzen, das hingegen gelingt nur jedem Vierten. Behaupten die Männer. Die Frauen sehen das anders: Nur 10 Prozent geben zu Protokoll, dass sich ihre Männer gleich viel um die Kinder kümmerten wie sie.
Kommen Unternehmen beiden Elternteilen entgegen, oder stehen Väter mit hohen und Mütter mit niedrigen Pensen nach wie vor für das bevorzugte Modell der Arbeitswelt? Warum kosten Kita-Plätze in der einen Gemeinde bis zu fünfmal so viel wie in der anderen? Was, wenn man die Kinder nicht bei den Grosseltern abgeben kann? Neben diesen bekannten Problemen steht die ungelöste Frage der Gleichstellung also auch vor einem Wahrnehmungsproblem: Viele Männer meinen, hier bereits ganz gut dabei zu sein. Ihre Frauen widersprechen.
Es wird sicherlich in vielen Fällen schlicht nicht klappen. Ich kenne Paare, die das ganz gut verteilen, sie müssen aber in der Regel die passenden Jobs dafür haben. Ideal sind Jobs mit einer gewissen Möglichkeit zum Homeoffice. Oder der Möglichkeit früh zu beginnen, so dass man auch früher wieder aufhört.
Natürlich ist auch immer die Frage, was man als Arbeit sieht und was nicht, wenn man über Verteilung redet.
Trotzdem geraten Männer mitunter in eine schwere Krise, weil sie einerseits mit der Zeit gehen wollen und andererseits feststellen, dass ihnen für eine «aktive Vaterschaft» die Vorbilder fehlen, an denen sie sich orientieren können. So zumindest will es die Forschung.
Es ist ja auch keine Raketenwissenschaft für die man großartige Vorbilder benötigt. Man braucht eigentlich nur Zeit. Da ist es die Frage, ob man sie sich nehmen kann oder nicht.
Das Selbstbild der Männer verändert sich. «Weibliche» Eigenschaften wie liebevolle Fürsorge, Hilfsbereitschaft, Zärtlichkeit, Gefühle zulassen gehören ebenfalls dazu. Qualitäten der klassischen Ernährerrolle wie finanzielle Sicherheit, berufliche Fähigkeiten, Leistungswille und Ehrgeiz zählen allerdings immer noch mehr, wie eine deutsche Studie vor Jahren festgestellt hat. «Vaterschaft ist nicht Teil der traditionellen, bürgerlichen, männlichen Identität», sagt Diana Baumgarten vom Zentrum Gender Studies der Universität Basel.
Da ist der Fehler schon diese Eigenschaften als weiblich zu sehen. Was ist an all diesen Eigenschaften bezogen auf ein Kind weiblich? Sicherlich, in der Generation meines Opas oder davor mögen vielleicht einige die Auffassung vertreten haben, dass die Kinder allein Frauensache sind. Aber auch damals werden bereits genug Väter liebevoll zu ihren Kindern gewesen sein, ihnen geholfen haben, wo sie konnten, Fürsorge für sie auf alle möglichen Arten gezeigt haben.
Den konkreten Satz habe ich in der Studie jetzt so auch nicht gefunden. Aber auch vorher waren Männer Väter und wollten Väter sein. Sie haben es aber eben auch als Verantwortung in Bezug auf finanzielle Sicherheit und Versorgung gesehen, einfach weil das natürlich ein wichtiger Faktor ist. Warum sollte das nicht gleichzeitig Teil einer Vaterrolle sein?
Das mag stimmen, aber ich kann damit nichts anfangen. Meine bürgerliche Identität darf doch nicht mein Vaterbild definieren. Es kann doch nicht sein, dass sich Männer bei der K-Frage darauf berufen, keine Vorbilder zu haben. Das ist eine billige Ausrede für alle, die nichts verändern und trotzdem so tun wollen, als wären sie bereit, ihren Frauen auf Augenhöhe zu begegnen und genauso auf Einkommen und Glück bei der Arbeit zu verzichten wie sie.
Da würde ich anführen, dass er da gerade seinen eigenen Strohmann niederreitet. Aber gut.
Ich halte auch wenig von Männern, die andere Männer beratschlagen, auf dass es uns gemeinsam leichterfalle, dem Ideal «aktiver Väter» endlich Taten folgen zu lassen. Männer, die ihre neue Männlichkeit zelebrieren: Das war mir schon immer ein Graus.
Und dann diese Bücher, in denen selbsternannte Feministen das Wort ergreifen und sich dafür kasteien, dass sie auf dem Spielplatz E-Mails checken, statt den Kindern Sandkuchen abzukaufen. Als ob Mütter zwischendurch nicht auch am Smartphone wären. Diese Anleitungen für Väter, in denen rosarote Prinzessinnen in Kinderbüchern verteufelt werden, weil sie prägende Rollenbilder bedienten. Das ist nun wirklich schlimm! Das sieht man ja an den vielen Frauen, die später tatsächlich Prinzessin werden und einen Prinzen heiraten . . .
Klar gibt es in dem Bereich Vaterschaft alle möglichen Ansätze. Es ist ja auch ein hochideologisches Thema für viele (unter anderem auch für den Autoren so wie es aussieht).
Dabei ist man einfach Vater. Es ist auch etwas, was man nicht überlasten sollte mit ideologischen Konzepten. Jeder muss seinen Weg für sich finden und natürlich spielen auch die Kinder und ihre Eigenarten eine Rolle.
Wenn mir die Frage gestellt wird, ob man Kinder haben sollte, dann würde ich sagen, dass es ein einmaliges Erlebnis ist, auch anstrengend, auch einschränkend, aber eben auch einmalig und nicht zu vergleichen. Auch nicht mit Nichten oder Neffen. Wer keine Kinder haben will, der soll keine haben. Aber wer es eigentlich doch will, der sollte vielleicht auch nicht ewig warten. Man wird auch als Mann nicht jünger. Zwar kann man deutlich länger Kinder bekommen, aber zum einen kostet es einen mit fortgeschrittenen Alter mehr Kraft und zum anderen muss man auch eine andere Zeitrechnung aufstellen: Wer mit 40 seine Kinder bekommt, der ist heute 70 wenn sie heiraten und selbst Kinder bekommen. Warten seine Kinder auch bis sie 40 sind, dann ist er sogar schon 80. Um so weniger Zeit hat er sie in dieser Zeit zu sehen und seine eigenen Enkelkinder zu erleben.
Die Soziologin Diana Baumgarten sagt: «Viele Eltern sind erschöpft, weil es ihnen schwerfällt, ihre Vorstellungen einer gleichgestellten Partnerschaft in die Praxis umzusetzen.» Manche erleiden ein Burnout. Wieder andere bereuen, Kinder zu haben, weil sie unterschätzt haben, wie viel Kraft es kostet, wie wenig von ihrem früheren Leben übrig geblieben ist. Weil sie nicht aufgehen in ihrer neuen Rolle. Regretting motherhood, ein Tabu. Regretting fatherhood, ein Phänomen, mit dem sich ganz gut leben lässt, sofern Mann sich auf seine Frau verlassen kann.
Das stellt er sich auch etwas einfach vor. Das Leben wird auch nicht mehr das gleiche sein, wenn er sich in seinem Job verkriecht. Und natürlich gibt es auch Mütter, die viele Bereiche auf dritte verlagern, von den Großeltern bis hin zum Vater.
Das könnte abschrecken. Aber das Thema lässt mich trotzdem nicht los.
Ich habe mich im Frühling von meiner Freundin getrennt. Nicht wegen der K-Frage, sondern weil ich schon lange unglücklich war und mich dann auch noch in eine andere verliebt habe. Es ist nichts draus geworden. Aber mit ihr hätte ich mir vorstellen können, Kinder zu haben und die Betreuung aufzuteilen. Weil ich bei ihr von Anfang an das Gefühl hatte, dass wir das zusammen schaffen würden.
Ein romantisches Bild, gewiss. Gestresst im Job bin ich weiterhin, meine Konflikte deswegen wären nicht aus der Welt. Aber in einer starken, lebendigen Beziehung würde ich mir das zutrauen. Vielleicht ist es ja doch nicht so schwer.
Und wenn es nun nicht mehr sein sollte, wäre es auch okay.
Ich würde ihm zustimmen, dass einer der wichtigsten Punkte beim Kinderkriegen der richtige Partner ist. Ich würde dafür plädieren, dass man bereits länger mit ihm zusammen ist. Kinder sind eine zu ernste Sache für eine nicht durch Zeit getestete Beziehung.