Colorblindness, Filme und Serien mit diversen Schauspieleresemble und das Eintauchen in die Welt

Aufbauend zu der Diskussion gestern noch etwas zu schwarzen Schauspielerin in einer Welt, wo man sie nicht erwartet etc

1. Colorblindness, Genderblindness etc

Erstaunlicherweise sind bei vielen Serien, die unerwartet schwarze Schauspieler für bestimmte Rollen einsetzen, etwa Rings of Power, aber auch Witcher oder viele andere, diese Rollen oft ohne einen besonderen Kontext, ihre Hautfarbe oder ihr Geschlecht haben keinerlei Auswirkung darauf, wie andere sich ihnen gegenüber verhalten. Dabei ist „Colorblindness“ etc sonst ein NoGo aus Sicht der intersektionalen Theorien: Man darf Hautfarbe und Geschlecht nie ausblenden.

Der Grund dürfte simpel sein: Man will sich den Aufbau der Geschichte nicht erschweren und die Figuren sollen „unkompliziert“ sein und eben nur die Botschaft der Diversität senden (und die Leute ggfs dazu erziehen sich eher auf Diversität einzulassen).

Dabei wäre dies bei einer realistischen Welt durchaus unwahrscheinlich. Zunächst müssten ja schwarze und weiße Menschen/Zwerge/Elfen geografisch über längere Zeit getrennt gelebt haben, damit sich die verschiedenen Hautfarben herausbilden. Um so länger sie unter vollkommener Missachtung der Hautfarben zusammenleben um so eher würde sich eine Vermischung ergeben, so dass man keine unterschiedlichen Hautfarben mehr hätte. Das scheint ja aber nicht der Fall zu sein, so dass es eigentlich eine Hintergrunderklärung benötigt, wenn man eine komplexe Welt haben will: Haben die Länder eine rege Handelsbeziehung? Haben sie sich verbündet? Wie kommt es zB dass Numenor in Rings of Power relativ weiß ist, aber zumindest die Tochter des Königs von einer Frau gespielt wird, deren Mutter aus Ghana kommt und der Vater vermutlich weiß ist? Was hat sich hier abgespielt und was denkt das Volk darüber?

Bei einem sehr guten Aufbau einer Welt würde das dargestellt werden. George RR Martin beispielsweise würde nicht so etwas schreiben ohne die Hintergründe zu erläutern und vermutlich würde es eine Geschichte dazu geben, wo ihre Mutter (oder ihr Vater) herkommt, wie die Völker zueinander stehen, ob das Spannungen ausgelöst hat, ob Teile der Bevölkerung sie nicht akzeptieren, weil sie keine der ihren ist, es würde irgendwo die Rede davon sein, dass der Frieden zwischen den beiden Häusern angespannt ist oder das man doch viel gemeinsam hat. Es würde einen Teil der Bevölkerung geben, der sie hasst, einfach weil sie anders ist oder weil in vorherigen Kriegen zwischen den Nationen zu viel Blut geflossen ist oder es würde Gerüchte darüber geben, dass sie ein Dämon ist, wie alle aus dem Land.

Wir würden vielleicht – ähnlich wie bei Zwergen und Elfen – gewisse Anfeindungen sehen, Freundschaften, Handelsbeziehungen oder was auch immer eine Welt in der Hinsicht mit Leben erfüllt.

Hier soll es aber nicht die Welt komplexer machen und Charaktere sollen nicht in ein Netz von verschiedenen Kulturen, Vergangenheiten, Gebräuchen und Vorurteilen eingebunden sein, es sollen einfach nur andersfarbige Schauspieler vorhanden sein, ohne das es Auswirkungen hat.

Ähnlich bei Frauen: Bei Game of Thrones hatte es einen Nachteil eine Frau zu sein, die wie ein Mann kämpfen wollte: Briene of Tarth war zu stark um hübsch zu sein. Und Cersei hat sie darüber aufgeregt, dass sie wegen ihres Geschlechtes keine Königin sein kann, auch wenn sie ihrer Meinung nach eine sehr gut Königin sein würde. Niemals wäre Tyrion ein so guter Charakter gewesen, wenn man sich entschieden hätte einfach zu ignorieren, dass er ein Zwerg ist, eine Mißgeburt  aus der Sicht vieler und seines Vaters, trotz all seiner Talente, jemand, den sein Vater gerade auch deswegen nicht auf den Thron lassen wird und wenn man das nicht genutzt hätte um daraus ein Drama zu machen, auch wenn es ungerecht für Kleinwüchsige weltweit ist.

Geschlechterunterschiede und unterschiedliche Völker auszublenden  ist eine faule Art des Worldbuilding und das macht die Welt gleich etwas weniger komplex. Natürlich würde es erst recht schief gehen, wenn woke Autoren so etwas darstellen wollen, weil sie einfache Welten wollen, nicht Welten, in denen Leute zB sonst gute Charaktere sein können, aber etwa etwas gegen die Leute aus einem anderen Land mit anderer Hautfarbe haben.

Sie wollen hier eine heile Welt, in der sie ihre Fantasie-Geschichte erzählen können und in der Rassismus nicht thematisiert werden muss.

2. Das kann man doch wohl ausblenden

Ja, natürlich kann man das zu einem gewissen Teil. Und sicherlich kann man es besser, wenn man gar nicht darüber nachdenkt und sich darauf einlässt. Es kann sogar eine Form der Gewöhnung sein, an Idris Elba als Heimdall in den Thorfilmen zb habe ich mich sehr gut gewöhnt. Aber da ist er immerhin auch eine Art Gott, man muss keine komplexen Geschichten daraus machen.

Andere Serien lösen aus meiner Sicht die Sache besser: Wo wir gerade bei Idris Elba sind fällt mir The Wire ein. Eine Serie mit dem wohl coolsten homosexuellen Charakter überhaupt, Omar Little, mit Charakteren, die sich zB als weiße Polizisten bewußt waren, dass sie aufpassen müssen, dass sie keinen Rassismus Vorwurf ausgesetzt sind, in der es schwarze Schauspieler auf jeder der vielen Seiten gab, die alle gute Charaktere waren, bei der aber Spannungen etc auch nicht ausgeblendet worden sind.

Gut, dass ist eine Serie, die in der Neuzeit spielt, noch dazu in Baltimore mit einer überwiegend schwarzen Bevölkerung.

Das ist wohl mit Fantasie nicht vergleichbar.

Aber ich glaube schon, dass es wesentliche Elemente ausblendet, wenn man meint so etwas nicht erklären zu müssen und nicht in eine komplexe Welt einzuordnen. Wenn man erst einmal diesen Ansatz hat, dann meint man auch vieles anderes nicht mehr einordnen zu müssen. Und mit jeder Sache, die „einfach so da ist“ verliert die Welt etwas an Leben, die Charaktere werden etwas weniger interessant.

Natürlich: Man kann nahezu alles ausblenden, wenn die Story gut ist und die Charaktere auch so viele Tiefen haben, passend aufeinander reagieren, andere Facetten sie komplex machen.
Leider ist das bei Rings of Power kaum der Fall. Was es dann noch mehr betont, dass dort etwas fehlt.