Sophie Passman hat anscheinend keine Ahnung von intersektionalen Theorien und den dortigen Feindbildern

Matze hat gestern unter Verweis auf Arne auf eine Reaktion von Sophie Passmann zu dem Shitstorm nach ihrem Interview, welches auch hier Thema war, hingewiesen.

Ich fand diese Passage ganz interessant:

Viele wollten mich auf meinen Fehler hinweisen. Ich habe dabei auch kein Anrecht auf einen höflichen oder sachlichen Ton. Wenn aber nach Tag 1 wegen einer von mir problematischen Aussage schlicht und ergreifend eine Hetzjagd unter Feministinnen auf mich gestartet wird, bei der eine ganze Menge an Missgunst und Hass zu meiner Person endlich mal loskommen konnte, dann finde ich das einfach albern und überflüssig. Ich habe darauf keine Lust. Ich habe auch selbst keine Lust, so zu werden.

Immer wieder erstaunlich, wenn Leute gar nicht merken, dass zumindest Teile ihrer Bewegung vollkommen radikalisiert sind und jede Abweichung von der wahren Lehre als Ketzerei ansehen. Und deswegen eben fast zwangsläufig auf die Ketzerin zeigen müssen und „Steinigt sie, sie hat Jehova gesagt“ rufen müssen unter gleichzeitigen Abstreiten, dass sie irgendwie auch nur etwas mit ihr zu tun haben oder ihre entschuldigende Umstände zugestehen. Wer einen Ketzer in Schutz nimmt ist eben selbst ein Ketzer. Ehrliche Entrüstung und Verächtlichungmachung ist hingegen gutes Virtue Signalling.

Denn das, und das konnte ich ja jetzt selbst schockiert feststellen, ist das, was leider sooft passiert: Frauenhassende Männer reiben sich die Hände. Misogyne Arschlöcher, die in unseren Bubbles seit teilweise Jahrzehnten abhängen, sind freudestrahlend auf den Zug aufgesprungen, um endlich mal wieder so richtig eine Frau abhassen zu können.

Finde ich eine interessante Überleitung:  „Hetzjagd unter Feministinnen auf mich gestartet“ –> „Frauenhassende Männer reiben sich die Hände und können auf den Zug aufspringen.“

Will sie sagen „Fallt doch nicht über andere Frauen her, sonst gebt ihr Männern die Gelegenheit so richtig über eine Frau abzuhassen“.

Eher ein bizarres Argument wenn der Großteil der über sie herfallenden Feministen sind, und zwar männliche und weibliche. Und das beides mal nicht um eine Frau abhassen zu können, sondern eine Verräterin an ihren Theorien.

Konservative Wichser haben mich öffentlich gelobt, nicht, weil sie mich oder mein Interview mochten, sondern weil sie wissen, dass das noch mehr für das sorgt, das sie ja so gerne sehen: Frauen, die andere Frauen öffentlich runtermachen.

Diese konservativen Wichser können ja auch kein anderes Motiv haben. Und konservative Wichser werden ja auch meist von radikalen Feministinnen gelesen und nicht etwa geblockt.
Schon ein sehr einfaches Weltbild die Frau Passmann: Alle wollen entweder über sie oder Frauen im allgemeinen herfallen und sie runtermachen. Selbst Frauen!

Und nein, die ursprüngliche Kritik war für mich kein “runtermachen”. Das, was danach passiert ist, war es. Tweets, die anfangen mit “ich konnte Sophie Passmann eh noch nie leiden…” und glauben, danach noch etwas für den Feminismus nachhaltiges beitragen zu können, machen mich betroffen und langweilen mich.

Lady Bitch Ray war es:

Aber erneut: Interessant, dass sie die Dynamik dahinter echt nicht versteht. Sie sollte mehr „Alles Evolution“ lesen.

Ich habe einen Fehler gemacht, den habe ich hier versucht zu erklären. Ich werde darüber nach lange nachdenken, für mich ist das nicht abgehakt.

Ihr zurückrudern sah übrigens so aus (aus dem gleichen Artikel):

Die Passage, die ursprünglich kritisiert wurde, wurde dafür kritisiert, dass ich in ihr die Daseinsberechtigung Schwarzer Medienschaffender, die sich gegen Rassismus aussprechen, geschmälert oder sogar negiert hätte. Ich habe das, muss ich gestehen, am Anfang nicht verstanden, weil ich die Passage natürlich so nicht gemeint habe. Ich brauchte einige private Gespräche mit Schwarzen Kolleginnen, um zu verstehen, wie das gelesen wurde. Mir tut es sehr leid, dass diese Passage missverständlich war, das war nämlich mein Fehler.

Aber leider: Der Verstoß war zu groß und unverzeihlich. Hätte sie merken müssen. Erneut: Interessant, dass sie die Theorien in der für sie anscheinend zentralen Gruppe nicht versteht.

Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass der Großteil, der bereit ist, sich darauf einzulassen, sich gemeinsam mit mir wieder daran erinnert, dass der Fein ganz woanders steht. Und wenn ihr ehrlich denkt, ich bin der Feind, dann, ja dann, kann ich euch auch nicht helfen. Danke, Schwestern.

Oh Gott, Frau Passmann hat sich anscheinend wirklich überhaupt nicht mit intersektionalen Theorien beschäftigt. Gar nicht anscheinend.

Wie kann man verpasst haben, dass die intersektionalen Theorien nicht mehr „Männer gegen Frauen“ sind, sondern „Privilegierte vs unterdrückte“ und Frau Passmann ist Weiß und hat sich gegen Schwarze ausgesprochen. Wenn sie sich gegen eine Randgruppe der Unterdrückten ausgesprochen hätte und das aus Versehen dann würde ich es noch verstehen. Aber „Schwarz vs Weiß“ ist die Königsklasse des Privilegienkonflikts und wer das nicht mitbekommen hat und alle Äußerungen in der Hinsicht als Feministin auf die Goldwaage legt, der hat seine feministischen Hausaufgaben nicht gemacht.

 

22 Gedanken zu “Sophie Passman hat anscheinend keine Ahnung von intersektionalen Theorien und den dortigen Feindbildern

  1. „dass zumindest Teile ihrer Bewegung vollkommen radikalisiert sind und jede Abweichung von der wahren Lehre als Ketzerei ansehen.“

    Jo, nur die Teile der Bewegung, die in der Politik, den Universitäten, den Medien und den meisten großen Frauenorganisationen tätig sind. Aber ansonsten ist Feminismus gut!

    „Tweets, die anfangen mit “ich konnte Sophie Passmann eh noch nie leiden…” und glauben, danach noch etwas für den Feminismus nachhaltiges beitragen zu können,“

    Wenn also jemand sagt „ich konnte Sophie Passmann eh noch nie leiden..“ kann er danach für Feminismus nichts nachhaltiges beitragen. Ich wusste gar nicht das Passmann so selbstherrlich wichtig ist.

    Business as usual: Feministin unterstellt ihren Kritiker unbelegt „verwerfliche“ Motivationen und Positionen, um diese moralisch abzuwerten und geht dabei mit keinem Wort auf die Kritik ein.

    Und natürlich wurde alles nur falsch verstanden.

    Soviel Rücksicht und Verständnis gewährt Passmann sicherlich auch ihren „Feinden“.

    Die sind alle so kaputt.

    • „„dass zumindest Teile ihrer Bewegung vollkommen radikalisiert sind und jede Abweichung von der wahren Lehre als Ketzerei ansehen.“

      Jo, nur die Teile der Bewegung, die in der Politik, den Universitäten, den Medien und den meisten großen Frauenorganisationen tätig sind. Aber ansonsten ist Feminismus gut!“

      — Nur damit hier kein Missverständnis aufkommt: Ich hab mit der ganz oben zitierten Aussage nichts zu tun (auch wenn ich ihr zustimme, ebenso wie Matzes sarkastischer Kritikintensitätsmangel-Kritik).

  2. „Immer wieder erstaunlich, wenn Leute gar nicht merken, dass zumindest Teile ihrer Bewegung vollkommen radikalisiert sind und jede Abweichung von der wahren Lehre als Ketzerei ansehen. Und deswegen eben fast zwangsläufig auf die Ketzerin zeigen müssen und „Steinigt sie, sie hat Jehova gesagt“

    Erstaunlich ist auch, dass diese Hetzjagden und Shitstorms ausgerechnet aus der Schneeflöckchen-Bubble kommen, die sonst auf Mikroagressionen abstellen, für die Sprache die Realität formt, mit Gümüsays Buch Sprache und Sein unter dem Kopfkissen schlafen und sich als Opfer rassistischer Hassrede sehen, wenn man sie nach ihrer Herkunft fragt.

  3. Auch lustig, wie sie meint, sie könnte ihre Exkommunikation rückgängig machen, indem sie sich entschuldigt. Echt nix mitbekommen die letzten Jahre.

  4. Darüber hinaus würde ich mir wünschen, dass der Großteil, der bereit ist, sich darauf einzulassen, sich gemeinsam mit mir wieder daran erinnert, dass der Feind ganz woanders steht.

    Wenn fanatisch Religiöse sich empören, dass andere fanatisch Religiöse den Wahren Glauben verloren haben, so dass sie den Teufel nicht mehr erkennen können.

  5. Man könnte ja denken: Lasst die sich ruhig selber zerfleischen dann ist die Gewinnerin geschwächt und leichter zu besiegen.
    Leider wird die Gewinnerin selbstsicherer und mit allen Ressourcen ausgestattet sein die zur Verfügung standen und sicher noch mehr Ressourcen vom Staat beitreiben.
    Davon abgesehen, dass beide Seiten sobald es gegen Männer geht ohnehin zwar getrennt marschieren aber vereint schlagen.

    • „Leider wird die Gewinnerin selbstsicherer und mit allen Ressourcen ausgestattet sein die zur Verfügung standen und sicher noch mehr Ressourcen vom Staat beitreiben.“

      Das glaube ich nicht mal. Die schaden nur anderen und gewinnen selbst nicht unbedingt dabei… und unzufrieden mit sich selbst sind sie dann immer noch.

  6. naja, es ist schon hilfreich wenn derartige Absurditäten mal an die Öffentlichkeit gelangen. Und wenn die eine Krähe der anderen wider erwarten doch mal ein Auge aushackt, ist das auch nicht so schlecht.

    Meine stramm feministische (20 Jahre Indoktrination im universitären Umfeld) Nichte überraschte mich neulich mit der Erkenntnis, das in der TAZ doch manchmal ziemlich großer Unsinn steht .. not all hope is lost!

  7. „Frauenhassende Männer reiben sich die Hände“

    Ein verzweifelter Versuch, diejenigen, die jetzt über sie herfallen, zu beschwichtigen, indem sie sie aus der Kritik nimmt und daran erinnert, wer stattdessen der eigentliche Feind ist: Die Judäische Volksfront, äh… die alten weißen Männer!

  8. „Frauenhassende Männer“

    Hm, ist es eigentlich Hass, wenn man alle Männer in Kollektivhaft für die vermeintliche Rape-Culture?

    Ist dann das hier rassistischer Hass?

    Araberwelten.

    Die Frau ist wirklich ganz vorne, was doppelte Maßstäbe angeht. Schön, dass sie ihresgleichen jetzt mal kennenlernen darf.

    • Es ist einfach denkfaul, jedem Mann der sie kritisiert, Frauenhass zu unterstellen. Vielleicht hasst der Mann ja gar nicht Frauen, sondern nur Passmann als Person.

      Das Ding dabei ist, das sie diese Unterstellung von irgendwelchen Motiven schon komplett unbewusst tun. Wie will man solche Leute von irgendwas überzeugen, wenn sie keine Kritik und Argumente, die nicht in ihr Weltbild passen, an sich heranlassen?

  9. „Konservative Wichser“ und „Frauenhassende Männer reiben sich die Hände“.
    Da verstehe ich die Logik nicht. Wie kann man sich als Mann die Hände reiben und gleichzeitig ein Wichser sein? Merkwürdig.

    Die hat glaubich nicht nur das mit der Intersektionalität nicht verstanden, sondern schließt von ihren eigenen Masturbationspraktiken auf die Anderer. Sehr seltsam das alles von dieser Rassistin.

    • Naja, sie hat ja nicht von konservativ Wichsenden gesprochen, sondern von konservativen Wichsern … Ach nee, diese Unterscheidung gibt’s ja bei denen nicht, weil sonst ihre Partizip-Sprachmagie zur LGBTQI-Generalüberholung der deutschen Sprache es noch schwerer hätte.

  10. Am interessantesten finde ich hier die Wortneuschöpfung „jdn./etw. abhassen“. Der Kontext zeigt, dass damit eine Tätigkeit verstanden wird, kein (bloßes) Empfinden (was „hassen“ ja eigentlich ist, nämlich die Empfindung starker/stärkster Abneigung und – im Gegensatz zu „sich ekeln“ – damit verbundenem aggressivem Impuls gegen das diese Abneigung Erregende). Dabei gibt es für eine aus diesem Motiv entstehende Tätigkeit bereits etablierte Termini (etwa „jdn. hasserfüllt mit Schimpf und Schande überziehen“, „zu jdm. gehässig sein/XYZ sagen“, „über jdn. hasserfüllt ablästern“, etc.). Mich dünkt daher, dass diese Wortneuschöpfung sprachlich überflüssig ist und dass intersektionalistische Feministen etc. sie brauchen, um über den Umstand hinweg zu täuschen, den ich im zweiten Satz in Klammern stehend benannt habe und der gleichzeitig die ebenfalls neu eingeführten, aber schon teils etablierten Vokabeln wie „Hasssprache“, „Hassverbrechen“, so wie sie bedeutungsmäßig gefasst sind, als totalitär motiviert entworfene Propaganda-Begriffe dastehen lässt, da das Empfinden des jeweiligen Menschen, der mit so einer Vokabel in Verbindung gebracht wird, gar keine Rolle dabei spielt.

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