Über Kaufleute, Verbrechen und Frauen (Gastbeitrag)

Dies ist ein Gastbeitrag von Andy
§ 1 Handelsgesetzbuch:
(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
Als ich das zum ersten Mal las, hatte ich den Eindruck einer zirkulären Definition, die kurzgefasst so lautet: jeder Gewerbetreibender ist Kaufmann, es sei denn, er handelt nicht kaufmännisch. Der Begriff „kaufmännisch“ ist aber von „Kaufmann“ abgeleitet. So darf man eigentlich nicht definieren.
Juristen halten die Definition dennoch nicht für zirkulär, denn der Begriff „kaufmännisch“ wird anderweitig definiert. Nicht im Gesetz, aber in Gerichtsentscheidungen und im Alltagsverstand, zumindest negativ. So ist beispielsweise klar, dass ein Pfannkuchenverkäufer auf dem Schulfest kein Kaufmann im handelsrechtlichen Sinne ist.
Die Definition wirkt auf mich kasuistisch, ungefähr vergleichbar der Definition eines Verbrechens nach StGB § 12: „(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.“ Aufgrund dieser Definition allein weiß man noch gar nichts, man benötigt weitere Quellen. Aber immerhin, der Zirkularitätsvorwurf ist vom Tisch.
Eindeutig zirkulär ist hingegen folgende Definition: „Ein Murpidux ist ein Gegenstand, der von Murpidux-Experten als Murpidux identifiziert wird.“ Solange wie sich in diesem Forum kein Murpidux-Experte findet, halte ich an dem Zirkularitätsvorwurf fest, weil nämlich Definiendum und Definiens identisch sind.
Und nun dies: „Frau ist, wer sich als Frau identifiziert.“ Wie sieht es mit dieser Definition aus, die in aktivistischen Kreisen kursiert?
Wir haben hier das Definiendum „Frau“ (1), das durch das Definiens „Frau“ (2) definiert wird. Zirkulär oder nicht? Ist Frau (1) = Frau (2)?
Die Diskussion darüber, würde sie – Vorsicht, Konjunktiv! – redlich geführt, könnte die Diskutanten ins Schwitzen bringen. Es gibt nämlich keine Rechtstradition, die bestimmt, wer sich als Frau identifizieren darf, außer im Umkreis des Transsexuellen-Gesetzes, das aber abgelehnt wird. Und der Alltagsverstand der meisten Menschen wird biologische Merkmale anführen, was aber gerade verhindert werden soll. „Alltagsverstand“ – für viele Aktivisten ist das schon nahe am „gesunden Volksempfinden“.
Also könnte man sagen, die Definition sei zirkulär. Dann kann sie aber nicht ernsthaft zur Grundlage eines Gesetzes dienen. Diejenigen Juristen, die das aufgrund politischen Wohlwollens erst einmal wegstecken, werden es irgendwann merken. Oder sie schlucken das Sacrificium intellectus und helfen vielleicht sogar mit, uns über das Stöckchen springen zu lassen. Das erzeugt dann Unmut an anderer Stelle.
Gibt es Auswege? In der Diskussion mit einer Teilnehmerin dieses Forums (und selbst Betroffenen) bin ich auf eine Erklärung gestoßen, die ich persönlich zwar plausibel finde, aber um einen bestimmten Preis. Die Erklärung bringt die Transidentität mit dem Krankheitsbild der Xenomelie in Verbindung: „das bedrückende Gefühl, dass ein oder mehrere Glieder des eigenen Körpers nicht dem eigenen Selbst angehören.“
Ich bitte um Entschuldigung für die Spitzfindigkeit, aber nach dieser Aussage gäbe es keine Genderdysphorie, sondern nur eine Geschlechtsorgan-Dysphorie, vergleichbar mit dem Gefühl, dass man einen Arm oder ein Bein zu viel hat.
Diese Ansicht wird für Ärger sorgen, denn mit ihr wird die Nähe zu einer echten Krankheit hergestellt, und die Krankheit besteht nicht darin, dass der Kranke überflüssige Gliedmaßen besitzt, sondern darin, dass er sich dies einbildet. Die Vorstellung, falsche Gliedmaßen zu besitzen, würde somit unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob es sich um Sexualorgane oder ganz profane Organe handelt.
Das kann – wegen der Kürze des Lebens – sogar pragmatisch geboten sein, so dass fallweise operiert werden muss, wenn es dem Lebensglück der Betroffenen dient. Aber eben „fallweise“. Von einer Willkürentscheidung sind wir damit weit entfernt, von Geschlecht als gesellschaftlichem Konstrukt und von einem Massenphänomen, das sich manche Aktivisten erhoffen, ebenfalls.
Auch der Begriff „Gehirngeschlecht“, den ich auf diesem Blog schon gelesen habe, legt die Vorstellung nahe, dass auf biologischer Ebene etwas nicht zusammenpasst, und wäre damit dem gleichen Vorwurf ausgesetzt.
Und was ist jetzt eine Frau?